Wenn man sich umhört, sei es unter Freunden und Bekannten oder im Internet - so fragt man sich stellenweise, wer Weihnachten überhaupt mag. Man stöhnt über die Einkäufe, darüber, dass einem keine Geschenkideen einfallen, über den nadelnden Baum, die anstrengende Verwandtschaft, den Feiertags-Marathon, Kirchenzwang, Blockflötengetute, das Essen und so weiter und so fort. Das muss nicht sein, denn es geht auch anders, selbst wenn es denen, die ein Leben lang in einer Feiertagsroutine gefangen sind, die sie zu hassen gelernt haben. Hier ein paar praktische Tipps zum Thema "Weihnachten muss kein Schicksal sein".
– Geschenke: Viele verzichten überhaupt darauf, da sie sich dem Konsumterror nicht ergeben wollen. Andere kaufen gängige Artikel wie Parfum, Socken, Krawatten oder den "aktuellen Bestseller", der nach dem Fest zum Staubfänger mutiert. Das kommt für mich nicht infrage, denn ich liebe das Schenken an sich, sowohl als Schenkende als auch als Beschenkte. Eine gute Möglichkeit ist, etwas zu kaufen, was der Beschenkte wirklich haben möchte, und das ist meist nicht sonderlich praktisch. Oder, für die Ich-brauche-nichts-ich-habe-alles-Fraktion etwas wirklich Originelles, Witziges. Das muss nicht teuer sein. Wichtig ist, dass es die gestresste Runde unterhält, zum Beispiel eines dieser über den Tisch hüpfenden und dabei mit den Zähnen klappernden Gebisse für die Oma, als Zugabe für ein paar leckere Sachen (Essbares hat immer den Vorteil, dass es auf natürliche Weise verschwindet und nicht diskret im folgenden Sommer entsorgt werden muss).
Ganz wichtig: Nie am Wochenende einkaufen, es sei denn, man ist Masochist (dann will ich nichts gesagt haben). Lieber online bestellen, da gibt es auch alles.
– nadelnde Bäume: In Wohnungen nadeln die Dinger schon, wenn man sie zur Tür hereinbringt, was an der Wärme liegt. Natürlich kann man den Baum in einem ungeheizten Zimmer unterbringen, doch dort will sich kaum jemand aufhalten. Falls es ein Trost ist: Weihnachtsbäume sind eine neue Tradition (aus dem betulichen 19. Jahrhundert, dass uns mit vielen Errungenschaften bis heute dafür bestraft, dass es es gab). Außerdem sind so offensichtlich sterbende Bäume in der Zeit immer kleiner werdender Wälder und Grünflächen ein deprimierender Anblick. Wie wäre es mit einem Kerzenmeer nebst Räucherkerzen für den angemessenden Duft, großen Sternen etc.?
– Die anstrengende Verwandtschaft. Die drangsalieren einen meist mit ihren Vorstellungen von Weihnachten, die selbst die furchtbarsten unter ihnen selbst nicht schön finden können. Ich hänge der Theorie an, dass die, die früher unter so was leiden mussten, heute versuchen, uns leiden zu lassen. Da hilft nur: Nicht hingehen, sondern selbst einladen. Dann sagt Ihr, wo es langgeht in und mit der Heiligen Nacht. Hähä.
– Kirchenzwang: Hier ist die Empfehlung kurz: Nicht hingehen, wenn's Euch nicht gefällt (falls Ihr gern zur Kirche geht, diesen Punkt überspringen). Oder, falls es gar nicht anders geht: Ein kleinformatiges Buch, das man im Gesangbuch verstecken kann, mitnehmen und sich von der Pelzmantel-und-Perlenketten-Leistungsschau, die mit Gottesdiensten so viel zu tun hat wie Weihnachten in Deutschland mit der Geburt Christi, ablenken. Ein MP3-Player mit diskreten Kopfhörern kann auch gute Dienste leisten, vorausgesetzt, man dreht nicht zu laut auf. Ich empfehle für diesen Zweck ein Hörbuch. Wem das zu innovativ ist, der halte sich an den anfänglichen Vorschlag: Einfach nicht hingehen.
– Blockflötengetute, Weihnachts-CDs und plärrende Fernseher: Die Kinder sollte man erlösen (wäre auch mal ein Thema für den Jugendschutz) und den Fernseher sollte man ausmachen, der läuft ohnehin das ganze Jahr über. Weihnachts-CDs sollte man nur hören, wenn man WIRKLICH Lust darauf hat. Ansonsten kann man Musik auswählen, die einem wirklich gefällt (vor zwei Jahren lief bei uns die CD "Volk" von Laibach zu Heiligabend, und auch der Mutter hat's gefallen). Für Authentizitätsfanatiker empfiehlt sich arabische Musik aus dem vorderorientalischen Raum. Da kann man die schockierte Verwandtschaft mit dem Satz "Das hätte auch Jesus gehört" zum Schweigen bringen.
– Ach ja, das Essen. Wer keine Lust hat, bis Silvester noch von der Gans zu essen, Geflügel nicht leiden kann oder wer Würstchen mit Kartoffelsalat spießig findet, greife auf Alternativen zurück. Die syrisch-palästinische Küche ist köstlich, die Gerichte sind leicht und schnell zuzubereiten und den meuternden Gästen sagt man einfach, dass auch Jesus und seine Familie so gegessen haben. Oder macht was Afrikanisches. Das isst man mit den Händen, was auch die steifste Veranstaltung nachhaltig in Schwung bringt. Ein Fingerfood-Buffet ist die etwas formellere Variante. Ansonsten: Die Welt ist voll mit kulinarischen Traditionen, die es wert sind, entdeckt zu werden. Wenn's Geflügel sein soll, geht auch Entenbrust im Pekingenten-Stil (die hätte Jesus bestimmt gegessen, hätte er sie gekannt, und sie ist mengenmäßig überschaubar). Ich habe mal einen großen Erfolg mit Lammfleisch in Tscherkessensauce gehabt. Es war enorm lustig und vor allem lecker, und die Irritation meiner damals 82-jährigen Großtante, als ich sagte, dass wir nun alle das Fleisch und die Sauce in die Brottasche füllen, hielt auch nur ganz kurz an.
– Der Feiertagsmarthon: Wenn Ihr meint, dass ein Weihnachtstag reicht, dann ist das so. Für die beiden anderen Tage empfehlen sich DVD-Themenabende, Wellness-Kuren, Terrassen-Grillparties, sportliche Betätigung etc.
Wer die traditionelle deutsche Weihnacht nicht mag, der ändere sie, frei nach dem Motto: Besinnlichkeit auf Knopfdruck muss kein Schicksal sein. Macht einfach 'ne Party draus, ladet Eure Verwandtschaft zu Euch an und wartet, was passiert.
Dieser Beitrag wurde mir im Rahmen der diesjährigen Blogwichtelei 2009, von Frau Bhuti organisiert und dank Madame Toulouse ordnungsgemäß geprüft, überreicht. Und ich finde das ist eine ganz wundervolle Wichtelei, die sich da jemand für mich ausgedacht hat, denn es geht hier nicht nur um Essen, nein: bitte nehmt diese grandiose sehr feine Ironie zwischen den Zeilen zur Kenntnis! Ich glaube, da hat jemand wirklich großartige Erfahrung mit diesem Fest. Und scheint mich oder mein Blog gut zu kennen. Ich habe zum jetzigen Zeitpunkt nicht den Hauch einer Ahnung von wem dieses bonfortinöse Blogwichtel stammen mag, aber eins steht fest: ich finde es wirklich und ungelogen grandios und bedanke mich sehr herzlich für die mehr als charmant-kluge Blogwichtelei, die mir ja so etwas von auf den Leib geschrieben wurde! Und falls ich den/die Blogwichtel/in nie in Erfahrung bringen sollte, wünsche ich ihr/im fröhliche Weihnachten und viele Gebisse am Tisch, einfach damit das Fest viel Spaß macht! Merci!