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2025-07-28

Fuerteventura: Wasser, Strände, Sonne satt – und ein fantastischer Käse namens Majorero

Letzte Woche war ich auf einem interessanten Event. Der Tourismusverband der kanarischen Insel Fuerteventura hatte vorrangig Reiseoperatoren eingeladen, sich über die umfangreichen Hotelangebote der Insel zu informieren und das umfangreiche Tourismusangebot und natürlich die köstlichen Spezialitäten Fuerteventuras kennenzulernen. Stellvertretend für die gesamte Insel begrüßte uns charmant und in perfektem Deutsch der Leiter des Tourismusverbandes Fuerteventuras Moisés Jorge Naranjo!
Persönlich kenne ich Fuerteventura noch nicht, finde aber die Fotos … überzeugend. Als junge Frau war ich mehrmals auf Lanzarote (und habe es wirklich geliebt dort!). Öfter war ich halt auf Mallorca – der Auswanderung meiner Mum dorthin geschuldet – langjährige Mitleser*innen erinnern sich: Der Erbkater Lino war Mallorquiner. Und Shiinchen ist gebürtige Tenerifferin – auch ohne, dass ich je einen Fuß auf diese sicherlich auch sehr schöne kanarische Insel gesetzt hätte.
Draußen Regen, drinnen Insiderwissen über Fuerteventuras und köstliche Tapeo

Das Event hätte an keinem passenderen Tag stattfinden können, um uns Lust auf Fuerteventura zu machen: Draußen stetiger Regen an diesem Sommertag in Berlin, an dem die Wetterapp 100 % Regen den ganzen Tag versprach und das Wetter sich prompt die Vorhersage einhielt. Dazu im Konferenzraum des Hotels Eurostars großflächige Fotos von den insgesamt 150 Kilometern weißer Sandstrände von insgesamt 300 Kilometern Küste und dem klaren blauen Wasser des Atlantisches Ozeans.
Dazu gab es kanarisches Bier, Weine und Köstlichkeiten am Buffet, die wirklich Lust auf mehr von dieser Insel machten.

Und die interessanten Vorstellungen der insgesamt zehn Hoteldestinationen – und wieder einmal durfte ich feststellen: Tourismus und Kommunikationen – sind ganz klar feminine Berufe.
Fuerteventura (gemeinsam mit Lanzarote) liegt von den sieben kanarischen Hauptinseln knapp 120 Kilometer Luftlinie von der marokkanischen Küste entfernt. Mit immerhin zwei Naturparks, Corralejo mit seinen traumhaft schönen Wanderdünen im Norden und im Süden den Naturpark Jandia und der Oasis Tierwelt Fuerteventura ist das Angebot für Naturfreunde diese Reise wert.

Auf Fuerteventura lebt die größte Population Europas an … Kamelen oder wie es im Fachjargon heißt, hier wird Europas größtes Kamelreserve gehalten. Die Milch der Kamele gilt als blutdrucksenkend, antimikrobiell, antioxidativ, antithrombotisch und anti-ulzerogen. Sie enthält insulinähnliche Proteine und kann den Blutzuckerspiegel senken. Daher wird ihre Wirkung auf den Blutzuckermarker derzeit in einigen Studien hinsichtlich ihrer therapeutischen Relevanz in der Bekämpfung von Diabetes Typ II erforscht.

Kluge Regeln gegen den Sauftourismus

Wer sich von dem Trinktourismus Mallorcas mit seinen gruseligen Auswirkungen, den dieser der Insel brachte, abgeschreckt fühlt, dem ist Fuerteventura wirklich empfohlen, um die Insel als Urlaubsparadies für sich zu entdecken. Hier gelten schon vergleichsweise strenge Auflagen: Alkohol öffentlich auf den Straßen oder am Strand zu trinken, das ist verboten, gleiches gilt für Rauchen und Dampfen.

Und auch in den meisten Hotels ist der Alkoholkonsum in der All-Inclusive-Regel durchaus reglementiert: drei alkoholische Getränke zum Mittagessen, drei zum Abendessen in der Vollpensionsbuchung, dürfte einiges zum Positiven regeln. (Ganz ehrlich, wer darüber hinaus regelmäßig mehr Alkohol benötigt, hat eh ein Problem.) So und so gilt: Die Einwohner freuen sich über Touristen und wissen deren Besuche zu schätzen, solange sie sich höflich und angemessen verhalten. Sauftourismus kann durchaus teuer werden auf dieser Insel (wie auf den anderen kanarischen Inseln auch.)
Davon abgesehen ist Fuerteventura sowieso eine Insel, die eher den gesunden Lebensstil auch im Urlaub fördert! Von dem grandiosen Wassersportangebot abgesehen, kann man dank der milden Winter das ganze Jahr Sport im Freien betreiben! Jedes der sich uns vorstellenden Hotels, kann sich wohl auch Sporthotel nennen – alle haben sie große SPA-Anlagen, Yoga-Offerten und Fitnessbereiche, diese teilweise sogar im Freien.

Wunderschöne Wanderwege sind zu erlaufen, viele davon entlang der traumhaft schönen Küste, der höchste Berg, Pico de la Zarza lockt mit einem Aufstieg mit seinen 813 Metern und einer grandiosen Aussicht. Die Schlucht Barranco de la las Peñitas vermittelt Grand Canyon-Gefühle. Ob kurze Wandertouren oder mehrtägige Trackingtouren – Fuerteventura ist eine Insel, die man sich hervorragend erlaufen kann. Oder erradeln: Radtouren das ganze Jahr über auf gut ausgebauten Straßen – aber dafür stehen die Inseln Spaniens sowieso.


Weine werden eher importiert

Auf Fuerteventura wird auch Wein angebaut, die autochthonen Rebsorten Listán Bianco und Listán Negro bringen feine Weine ins Glas als Vino de la Tierra zur kanarischen Küche serviert wird. Tatsächlich sind die Winzerbetriebe in ihrer Anzahl (noch) übersichtlich und für Fuerteventura gilt, das mehr Wein von den anderen Inseln importiert wird als exportiert

Honigrum ist ein weiteres typisches Getränk Fuerteventuras: Ron Miel.


Die Küche Fuerteventuras

Auf dem Buffet im Hotel Eurostars sind uns einige Köstlichkeiten Fuerteventuras als typische, wie sie im kanarischen Dialekt genannt werden, Tapeo serviert worden. Sehr köstlich der spanische Eiersalat mit Oliven auf frittierten Wan-Tan-Blättern. Gambas, paniert und frittiert, mit einer leichten Orangen-chili-Vinaigrette. Die Küche Fuerteventuras besteht aus deftigen Gerichten kanarischen Ursprungs mit spanischen Einflüssen.
Es gibt herzhafte Eintöpfe, wahlweise mit Fleisch und Fisch und Kichererbsen. Natürlich isst man auch hier die Papas Arrugadas mit Mojo, den pikanten Saucen – wer liebt die nicht? Der Ozean offeriert eine reichhaltige Fischküche und wer Fleischgerichte mag, der wird eine aromatische Küche mit Kanninchen und natürlich Ziegengerichten erleben.

Bester Ziegenkäse der Welt: Majoreo D.O.P.

Und vor allem hervorzuheben der köstliche Käse Fuerteventuras, der Queso Majorero D.O.P. – er gilt als einer der besten Ziegenkäse der Welt und ist wirklich zu Recht mehrfach hoch prämiert. Ich mag ihn sehr!

Ein aromatischer, intensiv würziger Käse aus Ziegenmilch – der auf Fuerteventura pur zum Wein sehr gut schmeckt, aber auch mit Honig und Mojo-Saucen gegessen werden kann. Gerade Honig passt hervorragend, da er im Abgang nach Nüssen schmeckt. Majorero D.O.P. wird in den Restaurants der Insel gegrillt und gebacken serviert. Dieser Tausendsassa kommt mit beinahe weißem Innenleben und seiner roten Rinde, die gerne mit Gofio und Paprika behandelt wird, auf den Tisch zu allen Gelegenheiten.
Seinen Namen erhielt er übrigens von der Ziegenrasse, der Majorera Ziege (von Maxorata, der früheren Bezeichnung für Fuerteventura), die für ihn ihre fetthaltige Milch gibt. Diesen Käse gibt es schon seit Jahrhunderten auf Fuerteventura. Moisés Jorge Naranjo klärte uns charmant darüber auf, dass auf Fuerteventura auf einen Einwohner mindestens zwei Ziegen kämen. Da ich Ziegen als lustige Spielkameraden sehr verehre, stelle ich jetzt schon fest: Da möchte ich hin! Majorero Tierno heißt der Frischkäse, die jüngste Variante dieses Käses, der mit anderen Reifegraden andere Namen trägt, Majorero semicurado für halbreif (3 Monate) und mit dem Zusatz curado ab vier Monaten Reifezeit.

Eine weitere Besonderheit der kanarischen Küche erwähnte ich bereits: Gofio. Geröstete Gerste, die gemahlen als Mehl auf den Kanaren vielfältig verarbeitet wird. Ihr seht also, es gibt viel zu entdecken auf Fuerteventura! Die Insel sowieso, ob zu Fuß, auf dem Rad oder vom Wasser aus. Und es gibt viel zu schmecken.

Manchmal …

Alle Hotels, die sich auf diesem Event vorstellten, hatten für die den Abend abschließende Verlosung großzügige Gutscheine gespendet für mehr oder weniger lange Aufenthalte in ihren Häusern auf dieser sichtlich wunderschönen und interessanten Insel.

Ein immer wiederkehrendes Faszinovum: Du erlebst dann Menschen in Deutschland, die sich zu den auserwählten Gewinnern zählen dürfen, die immer noch meckern. Darüber, dass sie gewonnen haben. Ja. Und genauso haben Viviane (Spreebloggerin) und Theresa (travel and other stories) und ich auch geguckt.

Hotelofferten auf Fuerteventura

Womit wir bei den Hotels wären – alleine 33.000 Betten gibt es auf Fuerteventura in den Hotelanlagen, die Gäste in den 4- und 5-Sternekategorien verwöhnen. Angeboten werden sie in den unterschiedlichen Destinationen von Barceló Hoteles, Coral Cotillo Beach Hotel, Elba Hoteles, Fergus Hoteles, Hyatt Inclusive Collection, Iberostar Hoteles, LIVVO Hoteles, Princess Hoteles und R2 Hoteles. Und da ist alles dabei: Vom kleinen intimen Wellness-Tempel bis hin zu Großanlage mit dem kompletten Angebot von Kinderbetreuung bis Abendbespaßung.

Zwei Anbieter möchte ich hervorheben, zum einen Iberostar Hoteles: Das ist die Destination für Menschen, die sehr großen Wert auf umweltfreundliches Agieren im Tourismus Wert legen. Das Familienunternehmen Rodriguez versucht in seinen Hotels Müll überhaupt zu vermeiden – schon bei Anlieferung der eingekauften Lebensmittel und Verbrauchsmaterialien. Dazu kommt ein Bewusstsein hinsichtlich der Saisonalität der Lebensmittel. Ein Beispiel: Fische werden in ihrer Laichzeit nicht serviert!

Und sonst: kein Plastik – und diesbezüglich auch direkte Ansprache an die Gäste. Lässt sich Müll wirklich nicht vermeiden, wird er recycelt – bis hin zum Mobiliar. Die Bürostühle der Verwaltung kann man da schon mal als Kunstobjekt in der Hotellobby wiederfinden. Das zieht sich durch bis hin zur aktiven Beteiligung im Wiederaufbauprogrammen der absterbenden Korallen.

Die Barceló Hotel Group, weltweit aktiv, halten auf den kanarischen Inseln immerhin 27 Destinationen für Gäste bereit, einige der 4****-Hotels Fuerteventura sind verteilt auf den Süden und Norden der Insel (in der Nähe der Fähranleger, praktisch für Touren auf andere Inseln).

Die Barceló-Group kennt sich seit über 90 Jahren mit Gastfreundschaft aus – und ist Arbeitgeber von 40.000 Tourismusfachkräften weltweit. Das Barceló Fuerteventura Royal Level zum Beispiel gehört zum Barceló Fuerteventura Beach Resort und ist für Touristen gemacht, die es etwas privater und exklusiver mögen. Und: Es können auf Anfrage auch barriefreie Zimmer gebucht werden. Das Hotel liegt direkt am Meer in Caleta de Fuste mit Blick auf den Hafen aber nur sieben Kilometer von der Haupttadt Fuerteventuras entfernt – und ist somit für Fuerteventura-Besucher, die es etwas urbaner mögen, wie gemacht!


Mehr Informationen zu Fuerteventura auf der offiziellen Homepage:
Patronato de Tourismo de Fuerteventura und Visit Fuerteventura!

2025-07-25

Mimmo Bianco – Künstler in der Küche und Grenzgänger

Dass Mimmo Bianco nach Berlin gegangen ist, 1994, also vor vielen Jahren, eher eine Familiensache. Sein älterer Bruder Pino Bianco hatte Jahre zuvor die Heimat, die italienische Provinz Basilikata, verlassen und in Berlin sein Restaurant eröffnet, ihre Mutter Angela war dem Bruder nach Berlin gefolgt.

Die Kunst der Gastronomie liegt beiden Brüdern in den Genen, Vermächtnis des verstorbenen Vaters, der in Scanzano Jonico (Montalbano) immer schon in seiner Pizzeria die Gäste verwöhnt hatte. Mimmo folgte dem Ruf von Mamma Angela und Bruder Pino nach Berlin und eröffnete Jahre später das italienische Restaurant Sotto le Stelle.
2023 war Schluss. Mimmo hörte überdeutlich den Ruf seiner Heimat und folgte diesem gemeinsam mit seiner Frau Rosa. Das Großstadtleben hatte er satt. Die Zwillingssöhne standen längst auf eigenen Füßen. Das Sotto le Stelle wurde verkauft und kurz nach der Covid-Pandemie ging er mit seiner Frau entgültig zurück in die Heimat, in den südöstlichen Teil der Basilikata – kurz vor der Grenze zu Kalabrien. In die Familienresidenz in Scanzano Jonico (Montalbano), die nicht weit vom Meer entfernt liegt.

Die ehemalige Pizzeria des Vaters ist einigen charmanten Ferienwohnungen gewischen. Mimmos Frau, Rosa Massaro, begrüßt hier nun herzlich ihre Feriengäste in den acht vollständig ausgestatteten und hübschen Appartments im Jonico Guesthouse. Und falls Ihr eine Ferienunterkunft sucht in der Basilikata, gar nicht weit vom Meer entfernt – hier kann man sie buchen!

Ein Neuanfang in zwei italienischen Welten

Mimmo ist jetzt ein Grenzgänger, denn er hat sich noch einmal verliebt – in das kleine wunderschöne Dorf Rocca Imperiale. Das erste Dorf in Kalabrien hinter der Grenze der Basilikata. Die Menschen, die hier an den Grenzen beider Provinzen leben, kennen sich und lieben sich und streben auch nach zwei Jahrhunderten weiterhin die kulturelle Vereinigung an.

Bis 1816 gehörte Rocca Imperiale nämlich zu Lukanien (Basilikata) – diese formale Trennung wird von den Bewohner*innen beider Provinzen möglichst ignoriert. Warum auch nicht? Sie sind zusammen zur Schule gegangen, haben im gleichen Fußballverein trainiert, sie teilen sich das gleiche Meer, die Kultur, die Küche. Es wurde und wird sich grenzübergreifend verliebt, geheiratet … was sind da staatliche verordnete Provinzgrenzen?

Und so pendelt Mimmo mehrmals in der Woche von der Basilikata hinüber nach Kalabrien in dieses traumhaft gelegene Rocca Imperiale mit den fantastischen Zitronen Rocca Imperiale I.G.P. und den freundlichen Menschen, die engagiert daran arbeiten, dieses Borgho più bello d’Italia über seine Region bekannt zu machen. Daran arbeitet Mimmo Bianco, der Lunkanier, genauso engagiert wie sein Freund und Geschäftspartner Enzo Arcuri, der Kalabrese, aktiv mit.

Il Ristorante Ferrovie Calabro Lucane

Freunde sind sie schon ewig und haben sich einen lang gehegten Traum erfüllt: das gemeinsame Restaurant Ferrovie Calabro Lucane! Ihre moderne, dennoch sehr gemütliche Osteria begreifen sie als eine Sinnesreise zwischen den Welten. Sie verbinden die Tradition und Moderne beider italienischer Provinzen – und sind, wie sie selber liebevoll philosophisch sagen, auf einer Reise zwischen ihren Schwesterregionen.
In perfekter Lage des Borghos, am Corso Federico II di Svevia 30 – so etwas wie die Hauptstraße im Centro Storico von Rocca Imperiale – haben sie ihr neues Restaurant Ferrovie Calabro Lucane 2024 eröffnet! Das charmante Restaurant mit der kleinen, offenen Küche ist Cocktailbar, Kunstgalerie und kleiner Shop in einem! Die Außenterrasse mit dem sensationellen weiten Blick bis hin zum Adriatischen Meer und den überdimensionierten (sehr bequemen) Sitzkissen ist der abendliche Treffpunkt in Rocca Imperiale.

Die Aufgaben der Freunde sind geteilt, Enzo empfängt als charmanter Gastgeber und Bartender, Mimmo ist sichtlich glücklich an den Kochtöpfen. In seiner Heimat, wo er mit den frischesten und fantastischen Produkte Italiens kochen kann, was auch heißt: Mit den besten Produkten überhaupt kochen zu dürfen!
Beide sind sie überzeugte Anhänger der Slow-Food-Philosophie. Im Ferrovi Calabro Lucane darf man sicher sein, was hier auf den Tellern landet, hat nur die berühmten Zero Kilometre zurückgelegt. Das italienische Siegel für die nachhaltigste Küche, die man servieren kann. Man vertraut den lokalen Produzenten, baut oft sogar selbst an.
Diese Küche ist zwangsläufig eine saisonale. Nur das, was die Saison und das Meer hergibt, wird in Mimmos Kochtöpfen verarbeitet werden. So zeichnet sich das Ferrovie Calabro Lucano natürlich auch durch seine saisonal-flexible Speisekarte aus.


Ferrovie Calabro Lucano – Verbindung auf einfachen Schienen

Ferrovie Calabro Lucane – so hieß die alte ehrwürdige Eisenbahnlinie, in deren Zügen auf der meist eingleisigen Schmalspur die Regionen der Basilikata und Kalabrien (teilweise auch Apulien und Kampanien) verbindend gereist wurde im vergangenen Jahrhundert. In ihrer Glanzzeit befuhr sie ein stattliches, knapp 740 km langes Streckennetz.

1961, nach einem schweren Unfall, wurde dem betreibenden Unternehmen die Konzession entzogen und die Bahnlinie verstaatlicht. Mit dem zunehmenden Autoverkehr in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurden dem Unternehmen immer mehr finanzielle Leistungen gestrichen, Linienabschnitte still gelegt bzw. als Buslinien auf die Straße verlegt.

Im Jahr 1989 ist das übrig gebliebene FCL-Netz aufgeteilt worden und wird von zwei separat agierenden staatlichen Betreibergesellschaften aufgeteilt: die Ferrovie Appulo Lucane (FAL) und die Ferrovie della Calabria (FC). Die Ferrovie Calabro Lucane ist ad acta gelegt worden.
Für Mimmo und Enzo steht der Name Ferrovie Calabre Lucane sinnbildlich für die Förderung und Begegnung, den Austausch zwischen diesen beiden kultur- und traditionsreichen Regionen – und deren Entwicklung für ein künftiges Miteinander.
Das ist, was beide Männer mit ihrem Team hier im Kleinen abbilden: Verbundenheit, Tradition und der natürliche Kreislauf der Kulturen – vor allem den Küchen beider Provinzen –, die so vieles gemeinsam haben.

Köstliche Traditionen auf dem Teller, Kunst an den Wänden

Das trifft auch auf die Kunst zu. Das Obergeschoss des Restaurants ist gleichzeitig eine Galerie, wird selbstverständlich auch bewirtet. Hier, wie auch im ganzen Restaurant, können in regelmäßig wechselnden Ausstellungen lokale Künstler mit ihren Arbeiten die kreative Seele beider Regionen zum Ausdruck bringen.
Wir konnten uns selbst von der vorzüglichen Küche im Ferrovie Calabro Lucane überzeugen. Wer von Mimmo und Enzo begrüßt wird, spürt sofort: Beide haben hier ihren Platz gefunden.
Da strahlt die Freude in Mimmos Augen und grüßt die Herzlichkeit in Enzos Lächeln, beide verleihen diesem Restaurant eine gastfreundliche Aura schon beim Eintreten. Wer hierher findet, gehört zur Familie.

Kann man denn mehr wollen in einer – vielleicht für einen selbst als Tourist noch fremden Umgebung? Also neben der wirklich köstlichen Küche von Kalabrien und Lukanien?
Mimmo serviert eine sehr ehrliche Küche ohne ChiChi oder Fine-Dining-Ästhetik. Da leuchten die Farben des Frühlings auf unseren Tellern im traditionellen Design Süditaliens - mal mit Erdbeeren (und was sind sie köstlich im Frühling in der Basilikata), Fetakäse und bunten Blattsalaten und einer Vinaigrette mit aromatischem Balsamico, den er uns zur Vorspeise serviert.
Ein anderes Mal mit einem strahlendem Grün eines würzigen Erbsenpürees, darauf Calamaretti, Straciatella, Olio und knusprigem Pane oder schöner klingend:Calmari su crema di piselli e straciatella. Möchte ich immer wieder und wieder essen!
Und was für ein köstliches Zusammenspiel von grünem Spargel mit Butter und Walnüssen, Parmesan und dem gebratenem Eigelb mit Trüffel!
Der Salat mit Carosello (Melonengurke), bunten Tomaten und der herrlich weichen, aromatischen Straciatella. Dazu für uns extra noch aufgeschnitten: Prosciutto di Suino Nero Lucanco, zarter köstlicher luftgetrockneter Schinken vom schwarzen Schwein aus der Basilikata.
Weiter geht es mit Ravioli gefüllt mit Ricotta und Zimt in einer Sugo aus Tomaten mit karamellisierter Limone di Rocca Imperiale I.G.P. als Topping. Der Zimt und diese intensive Zitrone, wie können so einfache Zutaten ein Gericht so köstlich, neu und aufregend schmecken lassen?
Oder die Ravioli mit Ricotta auf dem Püree mit Guanciale … Es folgen Orecchiete al Sugo di Pezzente Lucano. Salame Pezzente ist die typische Salami der Basilikata, mit Fenchel und viel süßer Peperoncini gewürzt, dann vier Tage luftgetrocknet und mit mindestens einen Monat Reifung. Dieses Pastagericht ist herrlich fruchtig und würzig.
Dazu (extra anlässlich meiner großen Augen, als er das Gericht dem Nachbartisch servierte, nochmals für uns angerichtet – Danke! Danke! Danke!): Polipo su crema di patate e zafferano servito con crusco olive e capperi – Tintenfisch auf Kartoffel-Safran-Creme, serviert mit Oliven und Kapern. Was für eine Freude! Gebt einfach Safran an euer nächstes Kartoffelpüree – dazu zarter Pulpo – ich würde diesen Gang immer wieder bestellen wollen!

Was war dieser Teller für eine Freude! Überhaupt, habe ich noch keinen Koch getroffen, der ein so geschmackssicheres Händchen für Pürees hat, wie Mimmo. Da gerät das Erbsenpüree, als Beilage gedacht, zum geschmackvollen Hauptdarsteller, würzig mit einer selbstbewussten Existenz auf dem Teller, dass man alleine davon gerne eine Kelle mehr hätte. Und das, obwohl es doch bei den Antipasti lediglich die sanft geschmorten Calamaretti mit Guanciale begleiten sollte.
Der Wein – aus der Basilikata

Dazu trinken wir einen süffigen Aperitivio zur Begrüßung, einem Spritz natürlich mit dem Limoncello der Limone Rocca Imperiale I.G.P.

Und später zur Begleitung unseres Abendessens einen lukanischen Weißwein: Re Manfredo IGT von 2022. Gewürztraminer und Müller-Thurgau, freundliche Fruchtigkeit mit Pfirsich, Birne und Litschi und dann lässt grüner Apfel den Wein überhaupt nicht ins Liebliche abdriften. Dazu die hellgelbe Farbe von reifer Birne mit seiner geschmeidigen Textur, die er an die Glaswände zeichnet. Ja, es mussten einige Flaschen von ihm geöffnet werden an unserem Tisch an diesem schönen Abend.
Angebaut wird der Wein auf dem Bergmassiv eines erloschenen Vulkans im Norden der italienischen Provinz Potenza in der Basilikata – oder wie es einfach heißt, ein Produkt der Cantina Terre degli Svevi. König Manfredi war übrigens der Sohn des hier – in Kalabrien wie auch der Basilikata – sehr verehrten Stauferkönigs Federico di Svevo II. Man entkommt dieser Familie hier einfach nicht!
Also wirklich, wer immer die Basilikata oder Kalabrien besuchen möchte, freut euch an der Grenze beider Regionen auf einen wundervollen herzlichen Austausch dieser italienischen Provinzen, deren Grenzen bewusst nicht gezogen werden wollen.

Und … besucht Rocca Imperiale unbedingt an den Tagen, an denen das Ferrovie Calabro Lucano geöffnet hat! Nach dem Besuch des Castello di Svevo und einem Spaziergang durch die alten pitoresken Gassen des wunderschönen Dorfes, vereint das Abendessen im Ferrovie Calabro Lucano beide Welten geschmacklich auf den Tellern. Ein Abendessen in diesem Restaurant ist eine wundervolle Erfahrung – und macht das Leben einfach reicher.


Ristorante Ferrovi Calabro Lucane
Corso Federico II di Svevia, 30, Rocca Imperiale, Italy
Phone: +39 375 787 0686
E-Mail: ferroviecl@gmail.com
Instagram

2025-07-21

Das Leben der Arbëresh in der Sibaritide

Schon einmal etwas von den Arbëresh gehört? Nun, ich muss es zugeben – bei mir hatte nicht geklingelt, als ich davon in dem Programm der Pressereise gelesen habe. Aber meine Freundin, die smarte Suchmaschine, half mir auf die interessanten Sprünge und brachte mich direkt in fremde Welten Albaniens und doch Italiens. Als Arbëresh wird eine alteingesessene, ethnische Minderheit albanischen Ursprungs in Italien bezeichnet. So geht Reisen in neue Welten online – natürlich sind die Ausflüge in die reale Welt der Arbëria das Leben viel bejahender.

Daher bringt uns der Bus in das Hinterland der Sibaritide, genauer in die Berge des Pollino Nationalparks. Auf den Strade del Benessere – im Verlauf des Abends werden wir den Präsidenten der Gal della Sibaritide, Antonio Pomillo, kennenlernen, der sich mit der Organisation Gal della Sibaritide dankenswerterweise für unseren spannenden Ausflug in diese Region von Kalabrien verantwortlich zeigt.

Und so treffen wir auf die Menschen, die ihre familiären Ursprünge in Albanien haben und den Kontakt zu ihrer Kultur bewusst nie verloren haben. Nachfahren der Menschen, die seit dem 15. Jahrhundert immer wieder aus den unterschiedlichsten Gründen ihre albanische Heimat verlassen mussten und vorrangig im Süden Italiens eine neue Heimat fanden. Im Gepäck: Ihre Sprache, Musik, farbenfrohe Trachten, Gebräuche und die orthodoxe Religion. Arbëresh bedeutet Albaner – und in Italien spricht man von dem Siedlungsgebiet im Land, das durchaus zerstreut zu benennen ist, von der Arbëria – und das beinhaltet die Provinzen Abruzzen, Basilikata, Kalabrien, Kampanien, Molise, Apulien und Sizilien.
Hier in der kalabrischen Provinz Cosenza, in der Gegend der Sibaritide heißen die Dörfer, in denen der Anteil der Italiener mit albanischen Vorfahren groß ist: San Giorgio Albanese, Vaccarizzo, San Demetrio Corone, Santa Sofia d’Epiro, San Cosmo Albanese. Es ist faszinierend, wie in ihrer Intensität die Kultur der albanischen Heimat auch in den jüngeren Generationen überlebt. Zwar sprechen die jungen Arbëreshi in diesen Dörfern zunehmend weniger noch die ursprüngliche albanische Sprache, sondern in der Art, wie sie sich hier über die Jahrtausende entwickelt hatte zu einem Gemisch zwischen Albanisch, Griechisch und Italienisch. Aber die ergreifenden Lieder ihrer Vorfahren, sie werden weiterhin in deren Duktus von ihnen gesungen.

Dies ist wohl auch der italienischen Gesetzgebung geschuldet, 1999 mit der Nummer 482 erlassen, schützt dieses Gesetz historische Sprachminderheiten im Land. Daher sprechen fünf Jahrhunderte nachdem die ersten, nach dem Tod des albanischen Nationalhelden Skanderbeg, nach Italien geflohenen Arber bzw. Arbëri in Italien Fuß gefasst haben, ihre Nachfahren teilweise auch noch neben dem Italienisch die Sprache ihr Ur-Mütter und -Väter. Tatsächlich würden sich die Arbëreshët, so nennen sie sich im albanischen Dialekt, kaum noch mit den heutigen Albanern gut veständigen können in ihrer ursprünglichen Sprache. Man kann davon ausgehen, dass lediglich 45 % der Arbëreshwörter mit der aktuellen albanischen Sprache Albaniens noch übereinstimmen, 15 % sind durch Neologismen der italo-albanischen Sprachentwicklung ersetzt – alles andere ist der Kontamination mit der italienischen Sprache, vor allem den süditalienischen Dialekten geschuldet.

Herzliches San Giorgio Albanese

Begrüßt werden wir nach einer Fahrt über die Passstraße in immerhin 420 Meter über dem Meeresspiegel in San Giorgio Albanese von Bürgermeister Gianni Gabriele, der wie eine fröhliche Lichtgestalt wirkt.
Und was ist das für ein herzlicher Empfang! Ein Großteil der knapp 1300 Einwohner zählenden Gemeinde wartet auf uns, die kleine, gerade acht Journalisten zählende Gruppe. Und zudem ein grandioser Ausblick auf die Landschaft.
Einige Damen leuchten geradezu in ihrer prachtvollen Tracht in der warmen Sonne des Sonnenuntergangs, die sie extra uns zu Ehren angelegt haben.
Gestärkte wunderschön geklöppelte weiße Spitzenblusen passen zu farbenfrohen langen, eng plissierten Röcken mit bestickten Westen, die oft den gesellschaftlichen Stand der Person verraten und auf dem Kopf tragen sie Kopftücher, die Peshqira oder Keza – alles wundervolles Handwerk aus vielen natürlichen Materialien! Viel Silberschmuck gehört auch zum Festkleid.
Sehr viele Musikanten spielen in der riesigen Musikkapelle Santo Patrono auf dem großen Piazzale Padre Daniele Refrontolotto vor der
Chiesa di San Giorgio Megalomartire für uns auf.
In dieser farbenprächtigen Kirche singt für uns später auch ein Frauenchor Lieder in dem mehrstimmigen Kehlkopfgesang, der albanischen Iso-Polyphonie. Immer schwingt etwas Traurigkeit und Leiden in diesem kraftvollen, immer leicht sakral klingenden und doch lebensbejahenden Musik mit, die inzwischen zum UNESCO-Kulturerbe zählt.
Später lädt uns Gianni gemeinsam mit Produzenten der Gemeinde ein, am Buffet die Weine und Wurstwaren zu probieren. Sie teilen großzügig ihr Brot und Olivenöl mit uns – und die Art und Weise, mit welcher Offenheit, Freundlichkeit und Freude die Menschen uns Besuchern begegnen, berührt mich persönlich sehr.

Der Spaziergang durch den Ort ist leider viel zu kurz.
Wir gehen entlang der prachtvollen Straßenkunst – mit eingefärbten Salzkristallen wurden bunte wunderschöne Gemälde auf der – immerhin recht abschüssigen – Via Roma ausgelegt.
In einer kleinen Schneiderei, Creazioni Magicam, werden uns die Trachten der Arbëresh erklärt.
Und im Rathaus singen die Damen noch einmal für uns ihre stimmungsvollen Lieder. Auch dort begegnet uns an den Wänden in den Gemälden diese farbenfrohe Kunst dieser eigenen Kultur, die mir schon in der Chiesa di San Giorgio Megalomartire mit ihren Malereien visuell Freude bereitet hatte. Viel zu schnell müssen wir San Giorgio Albanese wieder verlassen!

Die Fröhlichkeit von Vaccarizzo Albanese

Auf geht’s nach Vaccarizzo Albanese. Der Bürgermeister Antonio Pomillo dieser knapp 1000 Einwohner zählenden Gemeinde, begrüßt uns in der Chiesa di S. Maria di Constantinopoli in der die Gottesdienste nach wie vor im Byzantinischen Ritus zelebriert werden. Sie ruht direkt neben einer lateinischen Kirche Chiesa della Madonna del Rosario, die heute allerdings nicht mehr für Gottensdienste aber für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird.

Beide Kirchen sind miteinander verbunden. Die Chiesa steht für und der Bürgermeister erzählt von der Geschichte der Arbëreshi und der Entstehung der Gal della Sibaritide, deren Vorsitzender er ebenfalls ist. Und erneut erklingen für uns die Lieder der Arbëreshi in diesem Gebäude, das seit 1612 hier steht. Auch in Vacccarizzo Albanese Menschen zeigen sich uns die Bewohner*innen in ihren Trachten!
Die Vereinigung begreift sich als Beschützerin ihrer Kultur in der Gegenwart, möchten vor allem die Jugend davor bewahren, die eigene Kultur zu verlieren und kämpft für die Anerkennung ihrer Sprache, Musik und Kultur. In San Giorgio Albanese geschieht das im Studienzentrum für ethnische Minderheiten (Centro Studi per le Minoranze Etniche).
In Vaccarizzo Albanese ist das Museum Muzeu i Veshjes dhe i Arëvet Arbëreshë die Begegnungsstätte und es zeigt die Vielfalt der Trachten über die Jahrhunderte und von den einzelnen Gemeinden spendierten Trachten für gesellschaftliche Ereignisse, wie beispielsweise Hochzeiten. Übrigens hat jedes einzelne Dorf seine eigene Hochzeitstracht.
Vaccarizzo wurde in den griechischen Vorsilas um 1470 n. Chr. gegründet von den vor den Türken geflüchteten Albanern, das ist auch der Entstehungszeitpunkt von San Giorgio Albanese. Den Zusatz Albanese im Namen erhielt Vaccarizzo erst 1863 nach der Befreiung von den Lehnschaften.

Auch hier wandern wir ein wenig durch den Ort und machen einen Stopp in einem historischen Weinkeller, um köstlichen Wein zu verkosten.
Es ist die Musikforscherin Jessica Novello, künstlerische Leiterin der Musikforschungsgruppe „Ajri i Lumit“, die gemeinsam mit Rosaria Iantorno als zweite Stimme uns in die alten musikalischen Lieder der Arbëresh entführt in der Chiesa.
Später tritt Jessica gemeinsam mit Rocco Marco Moccia auf und begleitet uns durch den Abend mit der Musik einer stolzen und geschichtsträchtigen Zivilisation und vermittelt uns während des Abendessens einen tiefen Einblick in die musikalische Tradition ihrer Vorfahren.
Und wir erhalten einen wundervollen Eindruck von der Lebensfreude der Menschen! Unser Weg führt uns von dem großen Platz vorbei an dem Albero dei Frammenti (dem Baum der Auswanderer) bewundern, ein zeitgenössisches schmiedeeisernes Kunstwerk des Künstlers Cosmo Orofino. Und wenig später finden wir uns an einer langen Tafel vor der Bar Le Cupole wieder, wo uns ein Abendessen mit den köstlichen Produkten und Weinen dieser Region serviert wird. Dabei erklingen immer wieder die klangvollen Lieder der Arbëresh von Jessica und Rocco vorgetragen.
Irgendwann hält es uns nicht mehr auf den Sitzen, wir sind angesteckt von der Lebensfreude dieser Menschen – womöglich ist es auch etwas dem köstlichen kalabrischen Wein geschuldet. Bis in die späte Nacht tanzen und feiern wir mit unseren liebenswerten Gastgeber*innen und den Künstler*innen! Wer eine so schöne Zeit erleben durfte gemeinsam mit den Arbëreshi, wird immer wiederkommen wollen!