Berlins Olympiabewerbung
Okay, also Berlin möchte sich wieder einmal mit anderen deutschen Bundesländern als Austragungsort für die Olympischen Spiele bewerben. Ob für 2036, 2040 oder 2044 ist dem regierenden Senat dabei wumpe. Hauptsache sich bewerben.
Nun, 2036 ist völlig (und unfassbar) geschmacklos. Aber so sind heutige Politiker eben. Null geschichtliche Kompetenz noch Feingefühl dem schwarzen Teil der deutschen Historie gegenüber.
Also … ich kann seit über sechs Jahren nicht in dem Schwimmbad, das ich fußläufig erreichen kann, schwimmen gehen. Weil es aufgrund der desolaten Schwimmbadsituation in Berlin (viele Bäder seit Jahren geschlossen wegen Sanierungsnotwendigkeit, deren Verzögerungen durch jahrzehntelange Sparpolitik sich nur rückwärts statt vorwärts bewegen) es ausschließllich für den Schul- und Vereinssport vorbehalten ist. Es ist ein öffentliches Schwimmbad. Ich kann dort nur schwimmen, wenn Ferien sind.
Berliner Schulkinder müssen seit Jahren mit der BVG in Schwimmbäder außerhalb ihrer Bezirke fahren, um im Schulsport Schwimmen zu lernen. Es gab da stellenweise auch Shuttle-Services, damit die Kinder wirklich Zeit die zugewiesenen Stunden im Schwimmbad verbringen können und nicht on the road.Die Shuttles werden jetzt gestrichen. Eine Folge der Sparmaßnahmen der von CDU und SPD regierten Stadt.
In Kreuzberg gammelt ein veräußertes Hallenbad herum, das alternative geplante Hallenbad im Prinzenbad ist nie gebaut worden – stattdessen hat man den Kids eine Schwimmhalle hingestellt. Energetisch der Obergau. Freibäder, z. B. das Strandbad Wansee, haben in diesem Jahr später geöffnet – wegen Sparmaßnahmen.
Schwimmen ist, soweit ich weiß, olympische Disziplin. Darf ich kurz auf den Umgang der Stadt mit dem SEZ – dem Schwimmzentrum im Ostteil der Stadt aufmerksam machen? Er ist traurig!
Ein ganz kleines Beispiel, wie es aktuell in Berlins Schwimmbad-Situation aussieht, erzählt – nur ein kleines Fazit – dieser aktuelle rbb-Artikel.
Aber eine Olympia-Bewerbung raus hauen.
In ganz Deutschland – das ging gerade durch die Medien – dauern Neubauvorhaben im Schnitt sechs Monate länger als noch vor zwei Jahren. Baugenehmigungen werden deutlich später erteilt, mangels Personal und völlig aus dem Ruder gelaufener Bürokratie. Und wenn man Architekten und Bauleiter gefunden hat, finden die keine Bauarbeiter, noch Handwerker.
Die, die noch vor Ort sind in diesem Land, die schiebt die CDU lieber in deren Heimatländer ab.
In Berlin gibt es Bauprojekte – und das sind lediglich Straßenbauvorhaben – da benötigen alleine Bebauungspläne eine Bearbeitungszeit von mehreren Jahrzehnten.” Source
Aber eine Olympia-Bewerbung raus hauen.
Ich lebe in fußläufiger Weite von vier U-Bahnstationen. Davon wird bei einer, Heinrich-Heine-Straße, seit Monaten der Tunnel saniert – mindestens bis Ende des Jahres. Danach (!) soll dort endlich ein Aufzug eingebaut werden. Danach, nicht etwa simultan mit der aktuellen Großbaustelle.
Bei einer anderen Station, Märkisches Museum, ist seit über drei Jahren ein Bahnhofszugang still gelegt, neulich wurde die angekündigte Beendigung der Baustelle zum 25. Mai 2025 für sechs Monate nach hinten geschoben. Ich habe dort noch nie Bauarbeiter gesehen. Und ich komme dort häufig vorbei.
Auch am dritten Bahnhof, Moritzplatz, ein Platz mit vier Zugängen) sind seit sechs Jahren jahrelang im Wechsel zwei der Zugänge verschlossen. Werden sie wieder geöffnet, fragt man sich, was dort überhaupt passiert ist. Ein Fahrstuhl oder eine Rolltreppe an diesem komplett nicht barriefreien Bahnhof jedenfalls wurde in den Jahren nicht installiert. Man sieht … nichts. Nicht einmal neue Fliesen oder irgendeine Veränderung. Nichts. Nada.
Der S-Bahnzugang in meiner Nähe, Jannovitzbrücke, dort ist die Rolltreppe, wie jeden Sommer, schon seit Monaten defekt. Hier können Menschen mit Behinderungen immer nur hoffen, dass nicht auch noch der Fahrstuhl ausfällt.
Von der aktuellen völlig desolaten Personalsituation im und dadurch auch der des öffentlichen Nahverkehr Berlins, reden wir mal nicht.
Aber eine Olympia-Bewerbung raus hauen.
Berlin steht seit Jahrzehnten in einem kompletten Wohnkollaps. Gebaut werden immer noch vorrangig Büro- und Hotelflächen. Erstere stehen in dieser Stadt in riesigen Mengen leer! Wohnraum wird kaum noch gebaut. Wirklich finanzierbarer Wohnraum für normale Bürger schon gar nicht.
Wir wissen alle, was solche Sportgroßveranstaltungen in den jeweiligen Ländern, deren Städten mit den Menschen dort gemacht haben: Sie sind massiv verdrängt worden. In Berlin könnten derzeit selbst Bauarbeiter aus anderen europäischen Ländern gar keinen Wohnraum finden.
Aber eine Olympia-Bewerbung raus hauen.
Ein Snippet aus dem Internet zu der seit Jahren diskutierten dringend notwendigen (Neubau hatte man schon ad acta gelegt mittlerweile) Vollsanierung des Olympiastadions in Berlin:
(Und nein, ich möchte genau dort keine Olympischen Spiele 1936 ausgetragen sehen. No fucking way!) Ach, und weil es gerade so schön passt auch eines zum geplanten eigenen Stadion von Hertha BSC:
Nichts gegen Olympia. Aber sollten wir nicht erst einmal die Realität betrachten und diese Stadt so fit machen, dass sie Olympische Spiele überhaupt auch nur ansatzweise auf die Beine stellen kann? In ihren Bauvorhaben, in ihrer Infrastruktur? In ihrer personellen Leistungsfähigkeit? Man mag ja die Bewerbung noch hinbekommen – aber die Stadt und die Menschen werden die Ausrichtung nicht realisiert bekommen.
Einfach mal keine Olympia-Bewerbung raushauen. Zumindest, wenn man die realen Bedürfnisse einer Stadt so schon nicht geregelt bekommt.