2025-05-18

Rocca Imperiale – ein Borgo der Emotionen

Was für ein Name: Rocca Imperiale!
Kaiserlich wie die ganze Erscheinung dieses Ortes in Kalabrien. Dieses Dorf, wie Italiener sagen: il Borgo, seine fröhlichen Menschen, die fantastische Küche – und vor allem dieser Duft der Zitronen, die an den Hängen und rund um das Dorf wachsen, schenken ein wundervolles Potpourri voller Emotionen. Rocca Imperiale schmiegt sich schon beim ersten Anblick, noch im Auto sitzend auf dem Weg zu unserer finalen Destination, in mein Herz und es wird mich wohl so schnell nicht mehr loslassen!
Royal erhoben thront das Borgo in 250 Metern über dem Meeresspiegel. Es findet in seiner deutlich jüngeren Küstenstadt Marina Rocca Imperiale, die in drei Kilometer entfernt entlang der Küste am Ionischen Meer liegt, seine Fortsetzung. Lediglich zwanzig Kilometer hinter der Grenze der Basilikata zu Calabrien, liegt Rocca Imperiale in der kalabrischen Provinz Cosenza.


Rocca Imperiale – das Tor zu Kalabrien

Rocca Imperiale ist das erste Dorf auf kalabrischer Seite, nachdem wir auf der Autostrada die Grenzschilder der Basilikata zu Kalabrien passiert haben. Stimmig ist der Ausdruck Tor zu Kalabrien für das Borgo, das im Jahr 1296 noch den Namen Castrum Carcari getragen hatte. Erste Ansiedlungen gehen in das 8. Jahrhundert zurück.
Als Friedrich der II, Herzog von Schwaben, hier im Jahr 1225 eine die für damalige Verhältnisse hochmoderne Befestigungsanlage erbauen ließ, entwickelte sich das Borgo stufenförmig rund um die imposante Burg. Liebevoll Castello Svevo genannt – die schwäbische Burg – ist sie dank Restaurationsarbeiten hervorragend erhalten und kann täglich besichtigt werden.
Wer hierher findet und den Aufstieg zu dem Castello Sveso durch das Dorf nicht scheut, wird mit traumhaften Aussichten auf eine besonders vielfältige Landschaft beschenkt. In der Ferne glitzert das türkis klare Wasser des Ionischen Meeres in einem unendlichen Streifen, bis es mit dem Horizont verwächst. Der Strand von Marina Rocco Imperiale ist 2025 erneut mit der Bandiera Blu ausgezeichnet.
Im Hinterland leuchten die grünen, hügeligen Landschaften. Der Schafabtrieb am Abend, nachdem sie sich an den Kräutern der Böden zwischen den Olivenbaumreihen satt gefressen haben, lässt die Glocken der Schafe mit den Glocken der zahlreichen Kirchen des Borgos und dem Gebell der Hütehunde zu einer friedlichen Klanginstallation mischen. Dieser Moment schenkt tiefen Frieden!

Weinreben reihen sich mit ihrem dichten Grün in das Übermaß der Zitronenplantagen, die ab Juni die gesamte Region mit ihrem Blütenduft einhüllen und mit vielen Gelb- und Orangetönen der Zitrusfrüchte leuchten. Der intensive Blütenduft wechselt dann zum Duft der reichen Früchte. Was übrigens das besondere Merkmal der italienischen Zitrone zur spanischen Konkurrenz ist: Italienische Zitronen duften herrlich von sich aus! Spanische höchstens dann, wenn man ihre Schale malträtiert.
Zur anderen Seite fällt der Blick auf die beeindruckenden Calanchi, die in die Schlucht abschießenden Kalkhänge, die die Landschaften von Kalabrien und Basilikata so spannend aussehen lassen. Über ihnen erhebt sich im Hintergrund das Dorf Rotondella in der Basilikata.

Es ist so wunderschön hier!

Die Art der Besiedelung rund um den Berg macht auch heute noch einen sehr großen Charme dieses zum Borghi più belli d’Italia gekürten Ortes aus. Der tiefe bzw. hohe Kern des Centro Storicos ist motorisiert allenfalls mit Ape oder Vespa zu erreichen.
Die Dichte der sehr gut erhaltenen Fiat Pandas, das Modell noch aus dem letzten Jahrhundert (die mit den ersten hohen Radständen bei einem Kleinwagen), ist in und rund um Rocca Imperiale erstaunlich groß.
Die Aufstiege im Borgo bewältigt man zu Fuß und ja, man wird dabei interessante Steigungen bewältigen. Rocca Imperiale per Pedes zu besteigen – und man kommt nicht darum herum, möchte man die Schönheiten dieses Borgos erleben – definiert eindrücklich die eigene Kondition. Bucht euch ein B&B direkt unterhalb des Schlosses – und das tägliche Fitnessprogramm ist gratis inkludiert!
Aber auch nur so entdeckt man die vielen charmanten Ecken, kleinsten Straßen und Eindrücke dieses besonderen Dorfes, das zum Glück noch nicht komplett vom Tourismus eingenommen ist. Die kurzen Pausen im Gucken, Staunen und Fotografieren, die so beim Aufstieg entstehen, erleichtern ihn auf charmante Weise. Natürlich gibt es Zuwegungen für Autos bis hoch an das Castello. Aber der Rest ist immer Laufarbeit. Zumal es im Centro Storico schlicht keine Parkplätze gibt.
Es ist die Schutzpatronin Madonna della Nova, die die ca. 3.100 Einwohner des gesamten Rocca Imperiale beschützt. 500 von ihnen leben in dem Borgo. Ihr Heiligtum ist in der Contrada Cesine zu besichtigen. Die ersten Kirchen im Dorf können anlässlich einer religiösen Führung besichtigt werden.
Den Anfang macht – in chronologischer, nicht in geografischer Reihenfolge (was in Rocca relevant sein kann) die Chiesa Madre, die im Jahr 1239 im Auftrag von Friedrich II. errichtet wurde. Es folgten die Chiesa di San Giovanni (1400), Chiesa Sant’Antonie da Padova (1500), Chiesa del Carmine (1600) und der Chiesa S. Rosario (1600) und das Kloster dei Frati Osservanti … natürlich – wir sind im Süden Italiens – habe ich hier nur eine dezente Auswahl aller im Dorf vorhandenen Gotteshäuser genannt

Rocca Imperiale – das Borgo dei Limoni

Gehen wir von den Mengen im Zitronenanbau aus, kommt die Region Calabrien in dem „Land wo die Zitronen blühen” an zweiter Stelle nach Sizilien. Hier wird die größte Vielfalt von Zitrusfrüchten in ganz Italien angebaut: Cedra, Bergamotte, Kumquats, Mandarinen, Orangen und unendlich viele Arten der gelben Königin!

Rocca Imperiale zeichnet sich insbesondere durch den Anbau der Limone di Rocca Imperiale IGP aus. Eine fantastische Zitrone voller Saft mit zarter, leicht bitterer Schale und auch der weiße Bereich der zweiteiligen Schale, das Mesokarp, schmeckt von ihr sehr fein.
Die, meist kernlose, Zitrone erhielt im Jahr 2013 das Qualitätssiegel der geschützten geografischen Angabe in der EU. Es lohnt sich, sich auf die Suche nach dieser wundervollen Frucht zu begeben. Selbst jetzt, noch im Mai, hängen die Bäume voll mit den prallen und hellgelben Früchten.

Der Duft der Zitronen liegt schon seit Erntestart in den Wintermonaten überall in der Luft – und dass sich Rocca Imperiale als das Dorf der Limonen begreift, sieht und spürt man überall. Die Limone di Rocca Imperiale IGP begegnet uns poetisch, im Glas und auf den Tellern, integriert in der Keramik oder Kosmetik – in großer Vielfalt und mit viel Geschmack. Eine einzig wundervolle gustatorische Wahrnehmung begleitet unseren Aufenthalt. Überall erfreut uns diese köstliche Frucht in den unterschiedlichen Gerichten – von Antipasti bis Dolce mit ihrem frischen Aroma in dezenten Dosen!
Übrigens: Anfang Mai wird im Dorf bis hinunter zur Küste die Festa di Limone di Rocca Imperiale IGP zelebriert.

Im Centro Storico wird man kleine charmante Geschäfte finden, die ein breites Spektrum der hiesigen Köstlichkeiten anbieten, das sind – neben der Limone di Rocca Imperiale – unter anderem natürlich auch hier die Cruschi. Viele Produkte werden in Kalabrien mit Paprika – auch aus der Cruschi Zafarano (dem kalabrischen Pendant zur Peperoni Cruschi di Senise) – hergestellt. Zum Beispiel die sehr aromatische Nduja, und Salame oder Coppa liegen vom Paprika eingefärbt auf den Tellern. Und uns begegnet eine große Produktvielfalt dank der Trüffel, die in den Wäldern rund um Rocca Imperiale auf ihren Fund warten.

Rocca Imperiale – das Borgo della Poesia

Als Ferdinando di Leo Bürgermeister von Rocca Imperiale war, hatte er die wunderschöne Idee, das Kunstfestival „Il Federiciano” für Rocca Imperiale zu inszenieren, das in der letzten Woche des Monats August mit einem Poesiewettbewerb endet. Nur eine der zahlreichen kulturellen Veranstaltungen, die hier über das Jahr veranstaltet werden. Aber: einige der schriftlichen und preisgekrönten Texte und Gedichte der teilnehmenden Künstler finden sich auf Fliesen geschrieben und mit zitronigen Rahmen umfasst an den Wänden der Häuser des Borgos wieder. Wie charmant man sich durch dieses Dorf lesen und sich dabei der Poesie hingeben kann!

In dem kleinen, von seiner Frau Franscesca geführten, Geschäft „Bottega del Limone” (Corso Vitorio Emanuelle 62, Rocca Imperiale) – einem Mix zwischen Galerie und Lebensmittelladen – können die Produkte, die hier im Dorf mit der Limone produziert werden, eingekauft werden. So ihr fantastischer Limoncello di Leo, bei dessen Herstellung und Abfüllung wir dabei sein … und ihn natürlich verkosten durften!

Unterkunft und Anreise

Ich habe sehr gut im Casa Castello in der Via Frederico Svevo bei Maria Antonietta geschlafen – in einem geräumigen B&B mit Küche, einem Schlafzimmer mit zusätzlicher Schlafcouch direkt zu Fuße des Schlosses gelegen. Man beachte die schmalste Hausspalte, der ich je angesichtig wurde direkt neben meinem Casa.
(Ja, ich habe vor dem Aufenthalt noch durchgepasst.)
Casa Castello liegt direkt an der kleinen über und über mit Blumen geschmückten Piazza von Maria Antonietta, die mit einer der schönsten Aussichten ins Grüne – wo in den warmen Monaten auch das Frühstück serviert wird, aufwartet. Oder dem Blick direkt auf das Castello! Rundherum befinden sich hier die B&Bs von ihr, die modern ausgestattet sind, den modernen Standard der Bäder und Klimaanlagen betreffend.
Ich habe mich dort wohlgefühlt, zumal mir dieses B&B tägliche Auf- und Abstiege durch das Dorf garantierte – und somit mir die größte Vielzahl von Wegen und Aussichten schenkte. Sehr zu empfehlen. (Kontakt via Instagram: @casascastello_affittacamere)
Anreise: Wir sind ab Berlin mit Ryanair direkt nach Bari (BRI/Apulien) geflogen und von dort aus mit dem Minivan – und einem kurzen Abstecher nach Matera – in knapp 90 Minuten nach Rocca Imperiale gelangt. Dabei beträgt die direkte Distanz ca. 115 Kilometer. Es gibt wohl täglich auch Verbindungen mit dem Bus – in der Marina mit Umstieg in den Borgo-Shuttle.

Die Flughäfen von Brindisi (BDS/Apulien) sind 130 Kilometer und Lamezia Terme (SUF/Kalabrien) 140 Kilometer entfernt. Eine Bahnverbindung ab Foggia fährt allenfalls in den Sommermonaten und eher selten, kann daher leider ignoriert werden.


Möchtet Ihr mehr von Kalabrien in meinem Blog lesen? Dann hier entlang!

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