2025-05-21

Matera – immer eine Reise wert!

Regelmäßige Leser*innen dieses Blogs haben schon verstanden: Ich habe einen leichten Crush auf Matera. Diese einzigartige Stadt in der Basilikata zu besuchen, macht mich immer happy. Als sich anlässlich unserer Reise nach Rocca Imperiale in Kalabrien am ersten Tag zumindest ein halber Tag in Matera in unser Programm schmuggelte – es lag auf dem Weg – waren meine Emotionen natürlich mehr als freudig gestimmt. Es gab einen kurzen Moment der Ekstase, durch einen Happy Dance ausgedrückt. Aber es ist so: Ich setze den Fuß in diese Stadt und bin voller Frieden.
Das Flugzeug landete nach einem sehr frühen Start um kurz vor neun Uhr in Bari. Eine knappe Dreiviertelstunde später waren wir in Matera, blauer Himmel, Schäfchenwolken und eine dezente Brise – perfektes Reisewetter! Eingeladen waren wir von Michele Brucoli, der uns gemeinsam mit Claudio Latorre die Zeit in dieser wundervollen Stadt mehr als angenehm bereitete. Claudio führte uns zuerst durch Matera – und entpuppte sich später als profunder Sommelier, der uns einige spannende Rebenschätze der Region vorstellte. Aber zuerst nahm er uns mit zur Panificio Il Forno di Gennaro der Familie Perrone.
Diese Bäckerei zelebriert ihre Backkunst seit dem Jahr 1890 – in den aktuellen und jüngst modernisierten Räumen schon seit 1960 – und nunmehr in der vierten Generation.

Panificio Il Forno di Gennaro

Nicola startete das familiäre Geschäft Ende des 19. Jahrhunderts am Holzofen, gefolgt von seinem Sohn Giuseppe, in dessen Fußstapfen später Enkel Gennaro in den 40igern im letzten Jahrhundert trat.
Eine unzählbare Menge Pane di Matera wurde seither gebacken, heute ist der Betrieb immer noch Familiensache und wird von Gennaros Töchtern und Enkeltöchtern sehr modern geführt.
Seit 2000 vertreiben sie ihre Backwaren auch in der Distribution – und ein Seminarraum ist auch in die Bäckerei eingezogen.
Patrizia und Sabrina bieten neben dem besonderen Brot saftige Focaccia und die berühmten Friselle an. Bei den doppelt gebackenen Friselle musste ich zuschlagen, einfach weil sie so eine schöne dunkle Farbe hatten.
Enzo – der seit 62 Jahren hier das Pane di Matera im Holzofen backt – zeigte uns gemütlich, wie souverän und gelassen, dennoch rasant schnell er das Pane faltet, schneidet und – für uns Zuschauer – stempelt – und in den Ofen schiebt. 1000 dieser Brote verlassen täglich die Bäckerei!
Enzo schien sehr in sich zu ruhen – ich glaube, Brot backen ist ein sehr medidativer Prozess. Das Brot, mit der fast ebenso alten Mutterhefe Lievito Madre, angesetzt, erhält eine lange Teigführung und ist daher sehr bekömmlich. Das von Il Forno di Gennaro verwendete Hartweizengrieß bzw. -mehl entstammt der Region Genzano di Lucania.
Die Stempel entstammen noch der Zeit als die Familien ihre Brote selber herstellten und in den großen Gemeinschaftsöfen backten und mit diesen Stempel ihr Brot mit ihren Familienkürzeln kennzeichneten. Er wird nach dem Falten und dem Schneiden der Dreifaltigkeitskrone in den Teig gedrückt. Dieses Brot ist ein Geschenk aus Backkunst, traditionellen unverfälschten Zutaten – und sehr viel Zeit. Seine Kruste ist irre knusprig und kracht im Ohr beim Reinbeißen. Es braucht nur leckeres Olio di Olivi – herrlich!


Die Piazza Vittorio Veneto di Matera – unendlich viele Sehenswürdigkeiten

Weiter ging es zu Fuß in Richtung Sassi di Matera zur Piazza Vittorio Veneto. Auf die vielen Sehenswürdigkeiten dieses Platzes mit der Chiesa di San Domenico; dem Palazzo dell’Annunziata aus dem 18. Jahrhundert, heute Ort für viele kulturelle Veranstaltungen; der Springbrunnen: die Fontana Ferdinandea, als auch auf die Palombaro Lungo: eine Zisternenwelt unterhalb von Matera, die immerhin 5 Millionen Liter Wasser fassen konnte, sowie die Ausgrabungsstätte des früheren Marktes Fondaco de Mezzo konnten wir aus zeitlichen Gründen lediglich einen kurzen Blick werfen. Viele kleine Appetizer – es gibt für mich in Matera immer noch so viel zu entdecken. Ich brauche unbedingt einmal eine ganze Woche in Matera!
Claudio führte uns zum Balkon Belvedere Luigi Guerricchio. In der Vorbereitung zu dieser Reise war es mir ein Herzanliegen, dass meine mitreisenden Kolleg*innen, die Matera zuvor noch nie besucht haben, von hier einen allerersten Blick auf die Sassi werfen konnten. Und danke schön an Claudio und Michele, dass sie es ihnen ermöglicht haben!

Vor Jahren hatte ich dort selber meine erste Berührung mit den Sassi und das besondere Gefühl angesichts dieses Wimmelbildes von Steinhäusern, das ich damals empfinden durfte beim Blick vom Balkon, hatte mich nicht mehr verlassen. Das wollte ich weiter gegeben wissen. Selber war ich wieder glücklich bei diesem grandiosen Anblick auf einen relativ kleinen Teil der Sassi!
Zumal ich dort mit Pino Bianco sein konnte – auch so ein Wunsch von mir, mit Pino einmal seine Heimat entdecken zu dürfen. (M)Ein Geschenk!
Als Nächstes zeigten uns Claudio und Michele zuerst den kleinen täglichen Markt, Mercato storico di Matera centrale, der keine zwei Minuten entfernt in einer Querstraße an der Piazza Ascanio Persio liegt. Er ist übersichtlich in seiner Größe, täglich geöffnet und bietet bis 14 Uhr alles, was man für die gute lukanische Küche braucht, …
… einschließlich frischem Fisch- und perfektem Fleischangebot. Mit Fans.
(Hier wanderten Face di cravatta, Caroselli und natürlich viel Oregano in meinen Rucksack.)
Nächster Stopp, die Salumeria Il Buongustaio Matera direkt auf der Piazza. Dort gibt es alles! Käse, Wurstwaren (ja, auch die aus Pferd hergestellt), Trüfffel, Konserven, Gewürze, Süßigkeiten – nur frisches Gemüse (kauft man natürlich auf dem Markt). Alle Spezialitäten der Basilikata, können hier in viel menschlichem Gewusel erworben werden.
Ich finde diesen Feinkostladen sehr charmant, auch dank seines schönen alten Interieurs aus Holz, würde es aber vorziehen, dort einzukaufen, wenn andere Touristen noch schlafen – also eher um 08.30 Uhr.


Traumhafte Lofts in der Il Granile

Unser nächster Stopp führte mich in eine Straße von Matera, in der ich zuvor noch nie gewesen war. Und Michele als auch Claudio entpuppten sich plötzlich als großzügige, sehr charmante Gastgeber (Michele), Claudio als ebensolcher Sommelier. Michele, mit seiner Frau Ferdinanda, als talentierter Kunstsammler.
Il Granile – die ehemalige Speicherstadt von Matera, wo z. B. das Getreide gelagert wurde – galt früher als eine der sehr reichen Wohngegenden Materas in früheren Jahren. Hier hat Michele gemeinsam mit Ferdinanda drei Lofts ausgebaut.

Wir befanden uns auf der zweiten Ebene im Palazzo Malvinni Malvezzi, einem beeindruckenden weitläufigen Gebäude, das um 1857 erbaut wurde. Unter ihm befindet sich ein weitläufiges Areal, das aus von Menschenhand in den Fels gehauenen Höhlen besteht. Von der Straße aus führt eine steile Treppe hinab zu den Höhlen, die früher als Lager und für die Konservierung landwirtschaftlicher Produkte der großen Adelsgüter rund um Matera dienten. Natürlich gab es hier auch Weinkeller, Ställe für die Maulesel und Zisternen.
Haben wir nicht besichtigt, denn wir waren indes herzlich eingeladen, uns die Lofts anzusehen! Sie sind mindestens genauso beeindruckend. Die Eheleute verbindet die Liebe zur Kunst und zu Antiquitäten – und so haben sie die Contemporary Lofts quasi zu bewohnten Galerien umgestaltet und vor allem mit den Exemplaren ihrer Sammlungen ausgestattet bzw. in das Loft-Design integriert.

Und sie stellen auch Kunst aus! Aktuell hängen dort zum Beispiel die Exponate des Künstlers Nicola Kalura mit seiner PopUp-Installation „Munnu Era”. (Die Gang: Michele Brucoli, Pino Bianco und Nicola Kalura v. l. n. r.)
So ein cooler Ort! Der Mix aus Elementen, die aus ihrer früheren Funktion in die heutige Gestaltung implementiert wurden, wie hier zum Beispiel eine alte Waage …
… heute als Treppenelement – der ist einfach großartig und gelungen. Spannendes Interieur, integriert in die sinnvolle Innenarchitektur heutiger Moderne, gelungen, faszinierend.
Überall gibt es etwas zu entdecken. Eine alte Getreideschütte, die die ursprüngliche Nutzung des Speichers unter Beweis stellt, der TV-Screen steht auf einer Malerstaffel.
Und alle Räume mit Heizung ausgestattet. Ich fand die Heizkörper so schön im Design, …
… also es gibt keinen Grund diese Lofts nicht auch einmal außerhalb der üblichen sommerlichen Reisesaison zu buchen. In einem der Lofts die Faltküche!
Ein Problem, das Gäste in diesen Unterkünften haben dürften, ist, dass sie gar nicht mehr verlassen wollen. Was ein heftiger Zwiespalt wäre in dieser spannenden Stadt. Ich hatte früher schon Fotos gesehen von Micheles Appartements – im Real Life sind sie viel besser. Gleichzeitig durften wir die Kunst von Nicola bestaunen, die derzeit in den Appartements aushängt.

Der perfekte Aperitivo

Nun, in dieser exklusiven Umgebung servierte uns das Ehepaar Brucoli einen leckeren, mehr als reichhaltigen Aperitivo. Zum Teil sogar selbst hergestellt von Micheles Ehefrau (die er übrigens einst aus Bari nach Matera entführt hatte). Ihre stark angerösteten Peperoni in Olivenöl mit Kapern und Rosinen – ein Rezept ihrer Nonna – werde ich auf jeden Fall nachkochen! Die haben uns alle sehr begeistert. Die Parmigiana oder überbackenen Muscheln … ging es uns gut!
Auch Claudio, der uns feine Spumante (ich kann italienische Spumante nicht hoch genug preisen!) und exzellente Weine von Winzern aus der Basilikata in die Gläser schenkte. Diese Weinverkostung war wirklich besonders.
Die Basilikata als Weinland sollte unbedingt mehr entdeckt werden. Vor allem, finde ich, dürften hierzulande die lukanischen Weißweine endlich mehr Beachtung finden!


Im Cabriolet durch Matera

Sehr satt und zufrieden wurden wir in ein Auto gesteckt. Einem Van von Mercedes, als Cabriolet umgebaut, der uns durch die Sassi von Matera fuhr. Hatte ich jemals einen echten touristischen Moment in Matera – da war er! Mit Zwischenstopps unten in den Sassi di Matera, oberhalb der Gravina (der Fluß in der Schlucht).
Mit erfrischenden Kaltgetränken (Touri-Mode) fuhren wir aus den Sassi raus. Immer wieder beeindruckend die Steigung am Ende der Sassi – ja, das Anfahren am Berg, sollte man hier beherrschen dürfen. Wir fuhren über die Landstraße durch die blühenden Landschaften genau auf die andere Seite der Schlucht, mit dem traumhaften Blick auf die Totale von Matera.
Wow! Das war etwas, was ich mir immer gewünscht hatte (gut, ich wäre mit mehr Zeit irgendwann dorthin gewandert und möchte das auch immer noch einmal machen.) Was für ein einzigartiger Blick auf die gesamte Stadt! Diese Historie. Wie skurril dann im Hintergrund die Neubauten wirken, so klein und unbedarft. Und diese Stille dort. Ein wunderschöner, mich tief beeindruckender Ort.

Nur etwas mehr als fünf Stunden waren wir in dieser besonderen Stadt – und ein schönes Momentum reihte sich an das andere! Grazie Michele e Ferdinanda e Claudio (und an alle anderen, die uns die Zeit in Matera so schön gestaltet haben.)

Ich möchte wirklich immer, immer, immer wiederkommen.


Il Granile Contemporary Loft
Via XX Settembre, 14, 75100 Matera MT, Italien
Homepage e-Mail: booking@mateintravel.com


Stadtführungen in Matera und Weinverkostungen
Claudio Latorre
Phone: +39 348 325 6103

Damasco Travel Service (Autoservice mit Fahrer)
info@autoservizdidamasco.it


Möchtet Ihr mehr von Matera in meinem Blog lesen? Dann hier entlang!

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