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2024-02-28

Matera

Dieter Weirauch von einfachraus.de ist schuld. Er hatte mir auf unseren gemeinsamen Reisen durch Apulien immer wieder von Matera vorgeschwärmt. Und als ich 2022 das erste Mal Urlaub in Monopoli verbrachte, was mir gleichzeitig etwas mehr Mobilität verschaffte, andere Orte zu besuchen, als unten im Salento es mir möglich war, stand Matera ganz klar auf meiner Must-See-Liste.

Wenn man reist, gibt es Orte, die berühren. Es gibt Orte, da setzt man den Fuß hin und ist glücklich. Oder mag die Energien überhaupt nicht und möchte nur schnell weg. Orte, die faszinieren. Matera ist der Ort, der mich berührt hat, wie kein anderer Ort zuvor. Matera macht mich sehr glücklich. Matera hat mich so viel gelehrt über die Großartigkeit der Menschheit. Kein Ort hat mich so sehr die Urfrage der Menschheit stellen lassen. Matera finde ich unendlich faszinierend, besonders – und ganz einmalig. Dorthin möchte ich immer und immer wieder und ich wünsche mir sehr, noch viele Tage in diesem UNESCO-Weltkulturerbe herumwandern zu können.
Tatsächlich ist es von Bari oder Monopoli dorthin ein kleiner Reisekatzensprung – immerhin fährt man in eine andere Provinz Italiens. In die Basilikata oder, wie die Einheimischen gerne sagen, nach Lukanien.

Ich nahm einen frühen Zug um 06.42 Uhr in Monopoli, um in Matera Villa Longo um 9.31 Uhr auszusteigen. Die Tour beinhaltete zwei Umstiege. Einen in Bari Centrale auf die höher gelegene Plattform Bari Centrale F.A.L. – der Ferrovie Appulo Lucano – benannt nach den historischen Bezeichnungen für Apulien und Lukanien. Hier gehen die Züge in die Basilikata, mein Zug endete in Altamura, dort wartete schon der Zug nach Matera Villa Longo. Nette Bahnhofsmitarbeiter stehen dort auch außerhalb der Saison auf dem kleinen Bahnhof und zeigen den richtigen Zug für die Weiterfahrt. Diese einfache Fahrt kostet in 2024 € 9,80.

Vom Bahnhof Villa Longo läuft man ca. 30 Minuten hinunter bis zur Altstadt von Matera. Die Sassi di Matera sind sehr gut ausgeschildert. Entlang der Via Nazionale, die an dem kleinen Park Villa dell'Unità Italia in die Via delle Beccherie über geht, einen Schlenker nach rechts und auf Höhe der Handelskammer von Matera noch einen nach links gemacht – an der kleinen Markthalle vorbei. Hier ist Matera schon voller Leben, pittoresk großstädtisch.

Alternativ läuft man hinter der Villa dell’Unità Italia die Via T. Stigliano geradeaus und ist direkt im Centro Storico von Matera. Verpasst dann aber die faszinierenden Eindrücke auf der Piazza Duomo und den Blick vom Balkon auf die Altstadt, den ich unbedingt empfehlen würde. Außerdem locken auf der Piazza beeindruckende Palazzi, diversen Museen, u. a. die Multimediaausstellung über die Sassi in der Casa Noha und der Info-Point für Touristen. Rund um diese Piazza kann man locker einen ganzen Tag mit Ausflügen in die Kirchen und Museen verbringen.
Aber hier wartet vor allem der legendäre Balkon Belvedere Luigi Guerrichhio detto dei „Tre Archi”. Der Blick, der sich von hier auf die Altstadt von Matera offenbart, ist überwältigend.
Für mich wurde in diesem Moment alles, war ich bis dahin unter Centro Storico in Italien gesehen hatte, gänzlich neu definiert. Zu meinen Füßen – in nicht unerheblicher Tiefe – öffnete sich der Blick auf die riesige Altstadt Materas. Und ich sollte zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen, das „Tre Archi” durchaus ein sinngebender Begriff ist, da sich die wunderschöne Altstadt Materas noch weit nach rechts und links weit erstreckt. Auch wenn dieser Balkon selber vergleichsweise unspektakulär scheint – seine Königsdisziplin ist der Blick!

Ich war übrigens sehr froh, dass ich diesen Moment damals alleine für mich haben durfte. Nicht in einer Reisegruppe während einer z. B. Pressereise. Auch waren Anfang März bei mäßigem Wetter, die Touristen in der frühen Morgenstunde noch rar gesät. So konnte ich in Ruhe und angemessen lange diesen Blick auf diese faszinierende alte Schönheit mit ihrer sichtlichen Geschichte still genießen.
Das Centro Storico Materas teilt sich in drei geografische Bezirke auf: Im Nordwesten Sasso Barisano (in Blickrichtung Baris gelegen), die Civita – das Zentrum, das ist das, was man vom Belvedere aus lediglich sieht – und Sasso Caveoso, im Süden gelegen und gleichzeitig der Bereich mit den meisten Höhlenwohnungen.

Vom Balkon aus geht es bergab!
Was ich auch noch nicht ahnen konnte, dass hinter dem Wall alter Häuser und Treppen, die tief unter mir lagen, an deren Ende sich eine Panoramastraße mit der Brüstung zur Gravinaschlucht befinden sollte, und es dort noch einmal sehr tief bergab gehen würde.
Der Fluss Gravina verläuft durch die Schlucht, die heute den Namen Nationalpark Parco della Murgia Materana trägt. Die stabile Hängebrücke Ponte sulla Gravina führt wander- und kletterfreudige Touristen hinüber in den Teil des Nationalparks, der mit etwas Kletterbegabung bewältigt werden möchte.
Hier kann man stundenlange Wanderungen machen. Führungen dafür zu buchen, lohnt sich schon aufgrund der historischen Erläuterungen. Oder man wandert entlang des Flussbettes bis hoch zu Materas kleiner Schwesternstadt Gravina.
Aber bevor man zur Schlucht aufschließt, muss man viele Treppen hinab und wieder aufsteigen. Lässt man sich von rechts nach links treiben, entdeckt hier Kunst, trinkt dort einen kleinen Caffè, freut sich über herum schleichende Katzen (ich), lauscht den Glockklängen der Kirchen.
Alleine 26 Kirchen mit der Kathedrale, Crypta und diversen Felsenkirchen sind in meinem kleinen Stadtführer vermerkt.
Es bimmelt also ordentlich und lange zur vollen Stunde in Matera. Je nach Jahreszeit freut man sich über erste Blüten und Flora (ich) oder legt sich auch mehr und weniger elegant auf dem glatten Stein ungeplant hin (auch ich).

Wer ganz Matera zu Fuß erfassen und durchwandern möchte, sollte mindestens zwei Tage einplanen. Wollen auch die vielen Kirchen und Höhlen ausgiebig erkundet werden, sollten zwei weitere Tage einkalkuliert werden. Wer sich auch den faszinierenden Wanderwegen durch die Schlucht und hoch auf die Seite, wo heute noch die offenen Höhlen, die Sassi, liegen, gönnen möchte, rechne nochmals zwei Tage hinzu.
Matera sehr intensiv entdeckt, das kann unter einer Woche nicht funktionieren. Es wollen schließlich auch die vielen kleinen Kunsthändler*innen besucht werden, die überall versteckt lauern. Und natürlich sollte man das eine und andere Restaurant mit der typischen lukanischen Küche für sich entdecken.
Das ist das eine Erleben Materas. Das andere ist, dass einem hier – in einer der ältesten Städte Europas – die Geschichte der Menschheit in einer ursprünglichen Dimension präsentiert wird, wie man es selten erlebt.

Die Geschichte der Sassi di Matera findet ihren Ursprung in den Villaggi Trincetari, den ersten festen Ansiedlungen von Menschen. Da reden wir von der Neusteinzeit. In der Nähe von Altamura wurde das vollständige Skelett eines Hominiden gefunden. Und die haben vor 250.000 Jahren gelebt! Das ist Matera auch und dieses Erleben, wie sich Menschen in so früher Zeit mit einfachsten Hilfsmitteln Höhlen geschaffen haben.
Aber auch die Tatsache, dass diese Höhlen noch 1950 von den Menschen bewohnt wurden. Was man in einigen frei stehenden Höhlen immer noch fühlen kann.

Als ich in die Schlucht auf den Gravina geguckt habe, war ich gefühlt sehr nahe an der Lösung auf die Frage: Was war zuerst da? Das Huhn oder das Ei? Wenn man Menschheit begreifen möchte, dann kann man das in Matera. Diese Stadt ist ein einziges Faszinosum der Geschichte.

Tipps für einen gelungenen Matera-Besuch

Matera braucht keinen gleißenden Sonnenschein. Die Stadt und die Höhlen wirken eindrücklicher, wenn der Himmel auch bewölkt ist. Auch würde ich Matera-Besuche immer außerhalb der Saison empfehlen – und vielleicht nicht ausgerechnet am Wochenende. Seitdem Matera 2019 Kulturhauptstadt in Europa war, ist das Interesse der Touristen groß und da bleibt aufgrund der Menschenmassen oft viel ungesehen.
Flache und bequeme Schuhe anziehen. Und zwar ausschließlich. Will man zur Schlucht hinunter sowieso, der Abstieg geht über Stock und Stein, da sind Schuhe mit festen Sohlen das Must-have. Ich habe schon junge Frauen aka Influencerinnen mit Trolley und in Highheels durch die Altstadt zum B & B stöckeln sehen – die sahen nicht sehr glücklich aus. Schnieke Absatzschuhe sind hier einfach keine gute Idee.
Generell sollte man gut zu Fuß sein, um diese Altstadt zu erkunden. Es sind nur wenige Straßen in der Altstadt überhaupt mit dem Auto befahrbar. Und das dürfen lediglich die Anlieger. Natürlich gibt es Shuttles mit e-Apes. Sonst sind die Fußwege meist uralte Steinwege und -treppen, deren Steigungen durchaus anspruchsvoll gelegentlich sind.

Anreise

Die Anreise erfolgt per Bahn oder Flugzeug (Bari Karol Wojtyła Airport) mit den öffentlichen Verkehrsmitteln immer über die Stazione Centrale Bari. Von dort aus kann man mit dem Zug, wie oben beschrieben, in ca. drei Stunden in Matera sein. Es gibt auch eine Buslinie ab Bari nach Matera.

2025-02-28

Gut geschlafen: Das L’Artiere Dimore nei Sassi in den Sassi di Matera

Mein persönlicher Jackpot anlässlich der Reise in die Basilikata, der war natürlich die Freude zwei Nächte in Matera schlafen zu dürfen. In den Sassi. In der Altstadt, dem Bereich in dem die früheren Höhlenwohnungen heute noch existieren, die Sassi di Matera, wofür Matera heute noch steht. Seit ich das erste Mal auf eigene Initiative hin einen Tagesausflug in diese bezaubernde und – im wahrsten Sinne des Wortes – alte Stadt, gemacht hatte, hat sie mein Reiseherz gewonnen!
Dort auch einmal zu schlafen, das stand auf meiner Wunschliste ganz weit oben.

Ich glaube nicht, dass ich je von diesem Ort genug bekommen könnte. Es liegt ein Zauber über diese alten Höhlen und Gemäuer, über die Natur der Gravina, deren Schlucht die Stadt begleitet. Die Besonderheit, die immer noch existierenden Zeichen der extremen früheren Armut, den kann auch der zunehmende Luxustourismus nicht auslöschen. Die Liebe mit der die Materani ihre Stadt schmücken, kunstvoll und überall mit kleinen Details. Jedes Mal, wenn ich in Apulien bin, lockt es mich, wenigstens einen Tagesausflug in die Basilikata nach Matera zu machen.
Am Flughafen Bari Palese abgeholt, dauert es mit dem Auto ca. 45 Minuten und ich fahre zum ersten Mal in die Sassi hinein – anstatt über die Piazza Dumono die Treppen hinabzusteigen – direkt zu unserem B&B.

L'Artiere Dimore nei Sassi

Cinzia und ihr Bruder Nicholas haben ganz zentral im Bezirk Sasso Caveoso ein entzückendes Refugio für ihre Gäste geschaffen. Das L’Artiere Dimore nei Sassi ist ein B&B, das in einigen der früheren zusammenhängenden alten Häuser integriert ist, die – und das ist doch das Besondere an den Sassi – teilweise in das Gestein der Felsen eingehauen oder auf die früheren Höhlen gebaut wurden. Hier ist eine eine riesengroße ehemalige Zisterne, die diese Anlage unterkellert.
Vier traumhaft schöne und große, autark gelegene Appartements warten auf Gäste – alle sind modernisiert und mit Liebe und Charme gestaltet. Sie sind benannt nach den typischen historischen Berufen, die einst in Matera hoch geschätzt waren, es teilweise heute noch sind. Il Ceramista, il Cartapestaio, il Vetraio und il Ferraio – der Keramiker, der Papiermacher, der Glasmacher und der Eisenwarenhändler.
Feine kleine Details in den Räumen deuten auf den jeweiligen Berufsstand hin. Ich – als Enkeltochter eines Kunstschmieds – darf im Il Ferraio schlafen. Und das tue ich, wie ein Engel, in einem wunderschönen Eisenbett mit Baldachin. Das Zimmer ist erstaunlich groß, bietet bequeme Sitzmöbel, einen kleinen Esstisch und eine ebensolche hübsche kleine Küche im Nebengelass. Der Mix des Mobiliars zwischen Antike und Moderne ist gelungen und unterscheidet sich angenehm von der üblichen Stilistik monotoner Hotelzimmer.
Auch das Bad ist modern, groß und lässt mich in einer großen Dusche meine ebensolche genießen. Eine charmante kleine Terrasse, die nach hinten hinausgeht und von der man einen Teil der Sassi überblicken kann, lädt zu ruhigen Momenten ein.

Nach vorne habe ich einen grandiosen Ausblick auf die Via Bruno Buozi. Sie ist eine der relevanten Straßen in den Sassi, durch die auch – der in den Sassi nur partiell geduldete – Autoverkehr geht. Allerdings ist hier lediglich ein Anlieger- und Lieferverkehr zu bestimmten Uhrzeiten gestattet. Ruhe ist garantiert.

B&B, Galerie und Cocktails in der Zisterne

Schräg gegenüber des L'Artiere Dimore nei Sassi liegt die bekannte Pasticceria (und Bar) Il Forno nei Sassi, die das Pane di Matera selber backen und verkaufen. Die Rezeptur ist über 500 Jahre alt und trägt längst das IGP-Siegel. Ein Stück weiter das Restaurant Pane e Pomodorro, hier habe ich immer sehr gut gegessen bei meinen bisherigen Ausflügen nach Matera. Besonders das Fave di Cicoria habe ich hier in leckerer Erinnerung. Da ich diesen Bereich von Matera also schon gut kenne, fällt es mir überhaupt nicht schwer, mich sofort wie zu Hause zu fühlen.

Zum L’Artiere Dimore nei Sassi gehört eine kleine Boutique Bar in der uns das Frühstück nach freier Wahl serviert wird. Überall faszinieren hübsche Details. Bei der Restaurierung und Einrichtung war sehr viel Liebe zur Tradition im Spiel.
Die zur Via Bruno Buozzi liegenden Außenplätze lassen uns den willkommenen Spritz später genießen, Gästen können auch kleine, typisch lukanische Spezialitäten bestellen.
Die Bar ist gleichzeitig eine Galerie auf kleinem Raum. Überall hängen Gemälde und Zeichnungen, sind Keramiken und Skulpturen befreundeter Künstler aus Matera ausgestellt, die man natürlich auch erwerben kann. Gemeinsames Thema, es wird nicht wundern: Matera.
Über eine spektakuläre Wendeltreppe gelangt man in den unteren Raum. In die frühere in den Felsen gehauene ehemalige Zisterne ist heute ein Restaurant und Bar eingezogen und kann natürlich als Eventlocation gebucht werden. Es ist ein wirklich besonderer Ort mit historischer Atmosphäre, den das Geschwisterpaar aus dem für Zisternen typisch runden hohen Raum gemacht haben.
Und aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass die Flasche Pietrapena von der Casal Dragone, die wir gemütlich oben auf der grandiosen Dachterrasse trinken, sie für alle Gäste zugänglich und bietet einen Rundumblick auf den Sasso Caveoso, ein besonderes Erlebnis ist. Klarer Sternenhimmel on top!
Ach ja: Die kleine Katze, die sich dem B&B verpflichtet gehört, heißt Eva. Ihre Anwesenheit und diese tiefe Ruhe, die dieser wirklich schöne und gastliche Ort auf mich ausstrahlt. Jackpot eben!

Mitten drin!

Die Sehenswürdigkeiten der Sassi di Matera insbesondere in den Sasso Caveoso sind vom L'Artiere Dimore nei Sassi aus zu Fuß bequem zu erreichen. Nicht weit vom B&B entfernt, führen von der Via Bruno Biozzi schmale Treppen auf die höhere gegenüberliegende Ebene und von dort wieder hinunter zur Panoramastraße.
In den verwinkelten kleinen Gassen wohnen Manterani und sie gestalten ihre Außenflächen sehr charmant mit der typischen lukanischen Vegetation. Und das erstaunlich üppig in einem Untergrund, der nur aus Felsen besteht.
Eine Besonderheit dieser Region sind keramische Arbeiten jeglicher Art. Der Berufsstand scheint schon deswegen gerettet, weil überall in der Stadt die Wasserableitungen an den Häusern aus Ton gestaltet sind. Das sieht zum einen sehr harmonisch aus und zum anderen haben sie den Vorteil, dass sie gestückelt installiert sind. Geht also einmal eine Röhre kaputt, kann sie alleine ersetzt werden.
Auf einem Platteau etwas südlich gelegen, ungefähr oberhalb der Chiesa S. Lucia alle Malve, kann man noch Reste von früheren Nekropolen entdecken. Die in den Stein gehauenen Gräber der frühen Materani.
Dieser ruhige Ort, wo heute Touristen auf Felsen sitzen und die Aussicht auf die gegenüberliegende Seite der Sassi genießen, war also einmal ein Friedhof.

Auf der anderen Seiten hinab gestiegen, sind wir wieder auf der Panoramastraße, Vicinato di vico Solitario, auf der wir den Tag zuvor die zahlreichen Sehenswürdigkeit besucht haben. Alles zu erreichen und man ist lediglich einmal über den Berg geschlendert.

Mein Geschenk an mich

Am letzten Tag unseres Aufenthaltes gehe ich genau diesen Weg noch einmal. Ich wollte unbedingt einmal den Sonnenaufgang in den Sassi di Matera zu erleben, der Wecker klingelte um fünf Uhr. Tatsächlich zeigt sich der Charme der frühen Sonne eher von der anderen Seite der Sassi. Aber diesen friedlichen Moment ganz früh am Morgen, nur für mich, die Ruhe zu dieser besonderen Zeit, das war ein persönliches Geschenk an mich. Lediglich ein Müllauto und ein Mann, der zur Arbeit eilte, sind mir begegnet.

Ich habe mich auf die Felsen gesetzt und über die Schlucht geguckt, den kleinen Katzen beim morgendlichen Mäusefang zugesehen und durfte zuhören, wie die Vogelwelt langsam erwachte mit dem ersten Gruß der Sonne.
Etwas Grillenzirpen mischte sich in Klaviatur. Eine so friedliche Welt, die sich farblich von einem tiefen dunklen Blau der Nacht zur morgendlichen blauen Stunde, später zum hellen Morgen wandelte.

Links von mir liefen zwei Glühwürmer den Abhang zur Gravina hinunter, deren Stimmen in der Ferne entpuppten sich dann doch als Menschen, die sich in der Dunkelheit aufgemacht hatten auf die gegenüberliegende Seite zu wechseln. Faszinierend war zu verfolgen, wie sich deren zwei Lichter durch die Dunkelheit erst hinab, über die Hängebrücke und dann wieder hinauf bewegten. Und eine dieser frühen Menschen ließ es sich nicht nehmen, später mit einer wunderschönen Stimme und klassischem Gesang die Sonne zu begrüßen. Für dieses besondere Erlebnis bin ich ihr dankbar!
Das war mein perfekter Moment in der Basilikata, in den Sassi di Matera. Und ich weiß genau, was ich anlässlich meiner nächsten Übernachtung in Matera auch tun möchte: Den Sonnenaufgang über die Stadt von der anderen Seite der Schlucht ansehen. Keine Sorge, ich werde nicht singen! Die Stille dort – vielleicht mit einem ersten Cafè aus der Thermoskanne – wäre mir Stimmung genug!

2025-02-25

Ein Spaziergang durch den Sasso Caveoso di Matera

Der Himmel ist strahlend blau über den Sassi di Matera in der Basilikata, kleine Schäfchenwolken schweben, die Sonne leuchtet die alten Häuser aus Tuffstein freundlich, beinahe weiß aus.
Müde Katzen, die sich von den Restaurants haben mit den Resten füttern lassen, liegen entspannt im Schatten.
Die Kunsthandwerker beziehen um zweiten Mal an diesem Tag ihre Outdoor-Werkstätten und die Straßen füllen sich langsam wieder nach der ruhigen Mittagszeit.

Hora Contróra

Es ist nach der Hora Contróra, der in Süditalien praktizierten Mittagszeit, in der sich alle Menschen aus der Hitze zurückziehen in ihre Häuser, um sich nach dem Mittagesseen etwas ausruhen. Wenn um ein Uhr die Schulen aus sind und die Kinder abgeholt werden, wird es sehr geschäftig in den Städten und Gemeinden Süditaliens. Eine Art Feierabendverkehr zu einer, für uns, ungewohnten Zeit setzt ein.

Und ganz plötzlich zieht sich das Leben völlig zurück. Alles wird ruhiger, gelassener. Die Innenstädte leeren sich. Sogar die Züge fahren jetzt in einem deutlich reduzierten Takt. In den Restaurants bzw. in die Familien wird zusammen Mittag gegessen und danach geht man dorthin, wo es kühl ist.
Das kann durchaus heißen, das man in den Restaurants gegen 14 Uhr gebeten wird, langsam zum Ende zu kommen mit seinem Besuch. Und es erklärt auch, warum man in Süditalien um zwei Uhr bei sehr vielen Restaurants vor geschlossenen Türen steht. Die meisten Geschäfte sind nun zu. Keine Unhöflichkeit, die hart arbeitenden Menschen benötigen in der Hitze einfach ihre Ruhe!

Auch in den Familien ziehen sich alle Mitglieder nach dem Essen in ihre Zimmer zurück und ruhen sich aus. Ja, auch die Kinder genießen diese Zeit in Ruhe. Die Sicherheit, dass sie nichts versäumen in der Zeit, scheint ihnen eine gute Beruhigung zu vermitteln. Erst zwischen 16-17 Uhr kehrt das Leben zurück in die Straßen.

Und genau jetzt, um diese Zeit, beginnt unsere geführte Wanderung durch den Sasso Caveoso von Matera.

Kirchen aus Stein im Stein

Unser B&B L'Artiere Dimore nei Sassi liegt in diesem Bereich der unteren Altstadt Materas, den Sassi di Matera, Wir folgen von dort aus dem Verlauf der Via Bruno Buozi, die auf einer Piazza endet, wo uns der Blick auf die beeindruckende tiefe grüne Schlucht, durch die der kleine Fluss Gravina plätschert, erwartet. Ihrem Verlauf folgt die untere Altstadt von Matera mit ihren berühmten Höhlenwohnungen. In dem Felsmassiv gegenüber liegen die früher auch bewohnten Höhlen und sind als größere dunkle Löcher im Gestein zu erkennen.

Diese Seite ist jedoch nie bebaut worden. Heute führt eine kleine Hängebrücke nach einem Abstieg über den Fluss, und man kann auf angelegten Wegen wandern. Eine Führung hierfür zu buchen, um die geschichtlichen Zusammenhänge erklärt zu bekommen, kann sich sehr lohnen.

Auf der Piazza San Pietro, auf der wir stehen, befindet sich auch die Chiesa San Pietro Ceveoso, die Kirche stammt aus dem Jahr 1300. Ihre heutige Fassade erhielt sie im Jahr 1706.
Beeindruckend thront dahinter ein großer Kalksteinfelsen – der Monterrone. Oben bzw. in seinem Inneren befindet sich die Kirche Santa Maria de Idris aus dem 13. Jahrhundert. Es gibt einige Höhlenkirchen in Matera – aber eine, die so in die Höhe gebaut wurde, findet man weltweit nicht oft.

Sie scheint das rustikalere Spiegelbild des ebenfalls erhöht gebauten Duomo auf der gegenüber liegenden Seite, den Sasso Barisano, zu sein. Wer ausreichend höhenfest ist, kann über eine kurze steile Treppe diese Kirche erreichen, äußerlich blieb sie immer über die Jahrtausende unverändert. Von ihr aus gelangt man in die Krypta von San Giovanni in Monterrone (11. Jh. geweiht). Dort warten Fresken aus dem 12. bis zum 17. Jahrhundert, gemalt, aber auch in den Stein gehauen.

Diese Schande Italiens

„Die Schande Italiens!”, so sprach der italienische Ministerpräsiden Alcide De Gaspari von den Sassi di Matera nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und ließ die Stadt 1953 räumen. Zuvor wurden am Rande der heutigen Altstadt viele Wohnblöcke hochgezogen und in diese die 15.000 Bewohner der Sassi zwangsweise umgesiedelt.
Die untere Altstadt wurde gesperrt, eingezäunt und verfiel.
1986 vergab Italiens Staat einen Kredit von 50 Millionen Euro (damals waren das ca. 100 Milliarden Lire) für den Wiederaufbau und die Modernisierung der Sassi. Immerhin gilt Matera – zusammen mit dem syrischen Aleppo – als eine der ältesten Städte unserer Welt. Eine Frischwasserversorgung wurde installiert, ebenso ein Stromnetz und die Kanalisation wurde angelegt. Die Besiedelung erfolgte neu, heute leben ungefähr 3.000 Menschen wieder in den restaurierten Häusern.

Viele Häuser wurden in den letzten Jahren restauriert und in Luxus-Etablissements für Touristen umgewandelt. Aber man findet auch noch viele Höhlen, die zwar vor Zugängen gesichert sind, aber mit den erkennbaren Spuren der Bewohner aus ihrer Vergangenheit.
Darin liegt – von der Historie abgesehen, der man hier folgen kann – der besondere Charme der Sassi: diese Brüche. Ruinen, die hoheitsvoll in ihrer Bedeutung neben dem touristischen Ausverkauf liegen. Aber ich möchte fair sein, es gibt auch viele Häuser, die sehr bedacht auf die besondere Geschichte Materas rücksichtsvoll neu aufgebaut wurden, in denen die Menschen wirklich noch leben. Und hoffentlich nicht so verdrängt werden, wie es an vielen anderen Orten geschieht.

Bei der zum Wiederaufbau dazu gehörigen Inventur zählte man alleine 3000 Höhlenwohnungen und 162 Höhlenkirchen, die zum Teil immer noch einen unfassbaren Schatz an den Wänden mit oft hervorragend erhaltenen bunten Fresken tragen.

Man erkennt von außen nicht, dass sich hinter den kleinen Häusern oder Kirchenfassaden teilweise Räume und Gänge mit bis zu 15 Metern Tiefe in das Gestein gehauen befinden. Die Höhlen, die nachweislich in der Steinzeit bereits bewohnt waren, wurden erst im Mittelalter mit Türen verschlossen.

Chiesa Santa Lucia alle Malve

Unser Spaziergang folgt der Panoramastraße und wir besuchen die Chiesa Santa Lucia alle Malve. Eine kleine Felsenkirche mit drei unterschiedlich geformten Schiffen, die durch ihre sehr gut erhaltenen Fresken aus dem 11. bis 17. Jahrhundert besticht.
Zwölf wunderschöne Fresken sind hier zu sehen. Unter anderem sieht man das Bildnis einer stillenden Madonna. Im dritten Seitenschiff kann man einen besonderen Fresko der Heiligen Lucia sehen. Ihr Martyrium bestand in einer Blendung und in dem Bildnis hält sie uns Betrachter*innen ihre beiden Augen hin.
Ich begegne an diesem Ort erstmals dem Abbild der Heiligen Agnes – deren Vertretung ich anlässlich der Feierlichkeiten der Il Tavole di San Giuseppe in Apuliens Giurdignano einmal bei der feierlichen Speisung übernehmen durfte.

Sant'Agostino al Casulvuovo

Mit dem gleichen Eintrittsticket kann man die direkt daneben liegende Höhlenkirche Sant'Agostino al Casulvuovo besichtigen. Deutlich rustikaler im Ausbau enthält sie eine der Schneezisternen, die, lange vor der Erfindung des Kühlschranks, für die Wasserversorgung und Speisekühlung verantwortlich waren. Man differenzierte den weißen und den schwarzen Schnee. Der weiße Schnee war für die menschliche Versorgung geeignet, den verschmutzten schwarze Schnee bekam die Landwirtschaft bzw. wurde für die Reinigung verwendet.

Unterhalb der Kirche existierten sogar Wohnungen.
Diese Höhlenkirche aus dem 13. Jahrhundert interpretiert sich heute gleichzeitig als eine Galerie für moderne Kunstobjekte und landwirtschaftliches Museum.
Gerade werden Feierlichkeiten für die Vernissage vorbereitet.
Ich liebe das so in Italien, diese unbekümmerte und durchaus auch liebevolle Verknüpfung uralter Geschichte mit der heutigen Zeit.

Storica Casa Grotta di Vico Solitario

In unmittelbarer Nachbarschaft können Interessierte die Casa Grotta besuchen, und ich möchte es jedem Besucher Materas empfehlen. Die ehemalige Höhlenwohnung der Familie Vico Solitario wurde mit zahlreichen erhaltenen Möbeln und Gegenständen des gelebten Alltags ausgestaltet, sodass man einen guten Einblick in das frühere Leben der Materani erhalten kann.
Diese Art Museum ist klein, so klein, dass die Besucher in kleineren Gruppen eingelassen werden – und nach angemessener Zeit auch wieder zum Verlassen gebeten werden. (Das gilt für viele Sehenswürdigkeiten hier in den Sassi.)
Aber die ganzen Artefakte sind so liebevoll aufbereitet und diese Höhle so anschaulich eingerichtet – sie ist sehr entzückend!
Tatsächlich waren diese nicht allzu großen Behausungen, in denen die Großfamilien lebten und schliefen, gleichzeitig auch die Ställe für die Tiere, Toiletten und Waschräume – und nicht selten erledigte man das alles in einem einzigen großen Raum.
Im Winter war die zweifache Nutzung als Stall und Wohnung durchaus praktisch, weil das Stroh Feuchtigkeit aufnehmen konnte und die Tiere auch Wärme spendeten.
Die Wohnungen hatten keine Fenster, waren dunkel, viele von ihnen bis in die Mitte des letzten Jahrhunderts ohne Stromversorgung. In der Casa Grotta steht das Pony mitten im Raum – gegenüber dem großen Bett der Eheleute. Ein interessanter Ausflug in eine Zeit, der uns das Leben in den Sassi um einiges bewusster erleben lässt – im Nachhinein. Alleine von dem olfaktorischen Erlebnis der damaligen Zeit wird man heute verschont.
Natürlich wurde in der früheren Zeit fast überall so gemeinsam gelebt, purer Pragmatismus. Aber dass in den Sassi di Matera lange, bis Mitte des letzten Jahrhunderts, in einem sonst zivilisierten Europa so gelebt wurde und erst durch eine politische Agenda verändert wurde … Ich nehme einige besondere Eindrücke für mich mit aus der Casa Grotta.

Storica Casa Grotta di Vico Solitario
Vicinato di vico Solitario, 11
75100 Matera (MT) Italia
e-mail: info@casagrotta.it

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