2025-02-03

Castelsaraceno und die Ponte tra i due parchi

Nur einen Tag nach meinen grandiosen Flügen zwischen den lukanischen Dolomiten in Castelmezzano wartete ein zweites luftiges Erlebnis in der Basilikata. Die Ponte tra i due parchi!

Wir haben Matera verlassen und auf dem Weg in den Süden zur Küste, wo wir die charmante Küstenstadt Maratea besuchen, machen wir Zwischenstation in Castelsaraceno. Hier wartet die längste tibetanische Brücke der Welt darauf, Touristen ein wenig Höhengrusel und grandiose Aussichten zu bescheren. Wie diese oben im Foto zum Beispiel: Castelsaraceno nach erfolgreicher Brückenbewältigung von der Rückseite des Dorfes. Wie ich dieses satte Grün liebe!
Das Wetter ist an diesem Tag etwas mäßig. Regen ist angesagt, und als wir aus der Altstadt von Matera fahren, fängt es schon an zu nieseln. Wir kommen auf den glatten alten Steinen der Sassi-Straßen, die sich zu echten Rutschbahnen entwickeln, nur vorwärts, weil uns freundliche Menschen am delikat hoch führenden Straßenbereich schieben.


Eine echte Verbindung

So steht bis zu unserer Ankunft die Frage im Raum, wird die Brücke überhaupt geöffnet sein? (Sie war es, sie ist auch bei Regen geöffnet – erst stürmische Winde würden den Betrieb aussetzen.)

Die einspurige Stahlbrücke verbindet im Süden der Basilikata den Nationalpark Pollino mit dem Nationalpark Appenino Lucano-Val d’Agri-Lagonegrese. Castelsaraceno wird daher auch liebevoll das Dorf der zwei Parks – Il paese dei due parchi – genannt. Und so spricht man auch von der tibetanischen Brücke: Ponte tra i due parchi.

Castelsaraceno – ein schmuckes Dorf

Castelsaraceno ist herzförmig angelegt. Das Dorf liegt in 916 Metern Höhe am Nordhang des Monte Alp. Von der Piazza mit dem modernen Tourismuszentrum laufen wir durch die kleinen Gassen. An ihren Seiten stehen die kleinen hübsch floral geschmückten Häuser einer typischen italienischen Altstadt.
Wir entdecken Kleinigkeiten, die viel Liebe zum Dorf spüren lassen.
Kurze Zeit später erreichen wir eine Anhöhe und den ältesten Kern des Dorfes. An dessen Rückseite liegt die Station. Tatsächlich hat man diesen Höhenspaß mit deutlich weniger körperlichem Einsatz als ich ihn noch den Tag zuvor hatte. Vorausgesetzt: Man fährt mit dem Auto vor. Folgt man auf zwei Beinen dem CAI Italia-Wanderweg – auf dessen Strecke Castelsaraceno auch liegt – natürlich nicht.

Wir hatten wirklich Glück an diesem Tag, denn solange wir im Dorf unterwegs und auf der Brücke waren, hatte sich das Regengebiet kurzfristig zurückgezogen und gelegentlich sogar für kurze Momente der Sonne Vortritt gelassen.
Wieder bin nur ich es (oben im Foto auf dem letzten Brückdrittel in der Ferne), die von unserer Truppe „Ja!” sagt zu diesem beeindruckenden Erlebnis. Im Nachhinein auch sehr froh darüber, dass ich das getan habe. Denn natürlich habe ich mir im Vorfeld Gedanken darüber gemacht, ob die beeindruckende Länge der Brücke wirklich mein Ding sein würde.

Die Anderen besuchen derweil im Dorf das Museo della pastorirzia – ein kleines Museum, das multimedial die Geschichte der hiesigen Schafzucht erzählt – und hatten hier sichtlich auch ihren Spaß. Weitere Sehenswürdigkeiten von Castelsaracena findet ihr hier!
Die Brücke hat Castelsaraceno wirtschaftlichen Aufschwung beschert – und sicherlich auch in der Saison deutlich mehr touristischen Trubel. Vor Eröffnung der tibetanischen Brücke gab es hier lediglich zwei Unterkünfte, heute gibt es 16 davon – für die jüngere Generation eine Möglichkeit, in der Heimat zu bleiben und sich eine Existenz aufzubauen. Das merkt man auch im Tourismuszentrum und an der Brücke – Castelsaraceno versprüht als Dorf jugendlichen Charme, das mit großer Freude seine Gäste empfängt!

Mit der Hängebrücke eng verbunden

Die tibetanische Hängebrücke führt in 80 Metern Höhe auf einer Länge von 586 Metern durch unberührte Natur und endet auf der gegenüberliegenden Seite an einem Felsvorsprung zwischen den Hängen des Monte Raparo und des Monte Castelveglia. Es ist irre beeindruckend, wie dieses Stahlwerk in der ganzen Länge vor einem liegt, ihr anderes Ende ist kaum zu erkennen!
Sie ist mehrfach an Stahlseilen gesichert. Ihr Fußweg ist nicht durchgehend, man läuft schon von Stufe zu Stufe, dazwischen: die Tiefe. Das muss man sicherlich mögen.
Tatsächlich sind wir aber sehr gut gesichert mit dem Sicherungsgurt, in den wir vorher gestiegen sind (Frauen sind Hosen zu empfehlen) und den Seilen. Und wir bewegen uns an ihnen mit Karabinern gesichert vorwärts, die man immer wieder über Verbindungen ziehen muss.
Das verinnerlicht man in so kurzer Zeit, dass man es ohne Hinsehen machen kann.
Der Rest ist ein einzigartiger Genuss.
In der Höhe überblickt man die Berge, sicherlich bei besserem Wetter viel weiter als wir es an dem Tag konnten. Unter uns fließt ein kleiner Fluss.
Die Wälder an den Berghängen sind satt und grün und wirken völlig unentdeckt.
Es riecht nach Wald, nach Regen und uns begleitet das Plätschern des Wassers unter uns und die üblichen Geräusche aus dem Wald. Ansonsten: Stille. Grandios. (Die Ruhe aber sicherlich dem etwas mäßigen Wetter geschuldet – im Sommer dürfte es hier ganz anders aussehen.)
Ivana von Ivy Tour begleitete mich dieses Mal, insgesamt waren wir zu dritt alleine an dem Tag auf der Brücke – und haben die Ruhe, geradezu Einsamkeit, sehr genossen. Für mich gesprochen, fühlte ich mich sehr sicher. Das mulmige Gefühl, dass man sicherlich die ersten 25 Meter haben kann, verfliegt sofort, sobald man sich mit der Brückentechnik arrangiert hat. Ab dem Moment habe ich nur noch geguckt, fotografiert, gefilmt und gestrahlt! Ich war wirklich stolz auf mich, dass ich mich getraut habe – und ich habe jeden Moment auf dieser Brücke, auf die man nicht emotionslos geht, genossen.

Am Ende angekommen, darf man sich seines Sicherungsgürtels wieder entledigen und wandert auf einem schmalen Wanderweg entlang der Brücke zurück ins Dorf. Auf der Brücke sind wir ca. 45 Minuten unterwegs. Den Weg zurück erledigt man in schnellen Schritten in 15 Minuten, mit etwas mehr Genuss an der Natur in 20–25 Minuten.
Ich war happy. Und vom Winde verweht.
Eine köstliche Belohnung bei Federico

Nachdem unsere Gruppe wieder komplett vereint war, sind wir ein kurzes Stück gefahren, um zum Mittagessen einzukehren. Mittlerweile hatte sich der Regen formidabel eingelebt – einen Tisch draußen einzunehmen, daran war leider nicht zu denken.
Wir sind bei Federico zu Gast (Via Giuseppe di Vottorio 1, +39-0973-832046. Eine rustikale Trattoria, die uns mit den regionalen Köstlichkeiten verwöhnt, und das sind unter anderem – zu meinem Glück – jetzt im September vor allem köstliche Steinpilzgerichte. Und ein guter Hauswein.
Deftige Antipasti, Bruschetta mit geröstetem rustikalem Brot, Tomaten oder sanft angebratene Steinpilzviertel (fantastisch!) danach Pasta mit einem Steinpilzragout – besonders köstlich mit dem selbst angesetzten scharfen Olivenöl aus Peperonicini.
Das ist, was ich auf jeden Fall – neben dem beeindruckenden Brückenausflug – mitnehme aus Castelseracano: Wie noch besser schmecken frische Steinpilze, wenn man ihnen etwas Schärfe auf den Weg gibt?


Adressen

Castelsaraceno Kommune Castelsaraceno
Nationalpark Appenino Lucano-Val d’Agri-Lagonegrese
Ivy Tour Homepage
Tourismusverband: Entdecke Basilikata!

2025-01-31

Die Basilikata fliegend erleben mit dem Volo dell'Angelo

Ich hatte zwei tolle und sehr luftige Erlebnisse in den Bergregionen der Basilikata. Am ersten Tag führte uns Ivana Scilipoti nach Castelmezzano und Pietrapertosa. Beide Orte liegen in den lukanischen Dolomiten und sind mit zwei (!) Ziplines verbunden. Natürlich heißt das hier nicht schnöde Zipline, sondern mit typischer italienischer Romantik: Volo dell’Angelo – der Engelsflug.

Der Volo dell'Angelo – hier fliegt ihr doppelt und lange!

Die Besonderheit: Wer will, kann hier gleich zwei Mal fliegen – und legt insgesamt knapp drei Kilometer als fliegender Engel zurück! Und das in einer bezaubernden Landschaft mit hohen Bergen und tiefen Schluchten:
Im Vorfeld unserer Pressereise wurden wir natürlich gefragt, ob wir damit auch fliegen möchten. Nach meiner sehr guten Erfahrung im Piemont mit meinem Zipline-Flug, der mich (das sollte sich allerdings erst später zeigen) tatsächlich von meiner Höhenangst geheilt hatte, habe ich sofort zugesagt – und mich von dem Moment an meiner Vorfreude hingegeben. Vor Ort stellte sich heraus, dass ich die einzige Teilnehmerin war, die fliegen wollte.
Castelmezzano liegt auf ca. 750 Metern Höhe. Ein sehr hübsches und farbenfrohes Dorf in dem man einige Stunden verbringen kann – auch ohne die fliegende Attraktion zu buchen. Die anderen Presseteilnehmer hatten auch eine gute Zeit und schöne Aussichten, während sie auf mich warten durften und in der Zeit die eine oder anderen Attraktion öfter besucht.
Die Station, an der wir von dem freundlichen Team zum Abflug präpariert wurden, liegt indes auf 1019 Meter Höhe. Dazwischen lagen ein Ticketkauf in dem kleinen Ort, eine kurze Fahrt mit dem Shuttlebus – und dann der Aufstieg in den Berg zur Abflugstation auf einem gut präparierten Schotterweg.

Muss denn immer der Weg das Ziel sein?

Sagen wir es so, den Volo dell’Angelo erarbeitet man sich hier mit viel Schweiß. Der Aufstieg der Peschiere-Linie hat es durchaus in sich. Der Weg ist hervorragend ausgebaut und zwischendurch schenkte er uns auch die eine oder andere flache Schleife und immer tolle Aussichten in zirpender und duftender Natur. Aber auch zwischendurch muss man sich hochkämpfen. Ende September kann man hier durchaus noch Außentemperaturen um die 30 Grad haben. Und ja, es war sehr warm, die Sonne leuchtete uns intensiv den Weg zum Fliegeglück und ab und an (ständig) war ich wirklich am Schnaufen.

Tatsächlich hatte ich nach den nur ersten dreißig Metern gedacht: „Nein! Mache ich nicht! Ich drehe um und fahre mit dem nächsten Shuttlebus zurück!” Mich beschlich ein leichtes Verständnis für die eine teilnehmende Journalistin unserer Reise – die dieses Erlebnis schon früher einmal erleben durfte – es nicht noch einmal tun wollte. Es lag eher nicht am Flug!

Auf diesem Foto sieht man einen Teil des Weges – ganz oben ist die Station. Und bevor man dieses Foto (keuchend und durchgeschwitzt) machen kann, hat man schon eine gute Anhöhe hinter sich gebracht:
Auf dem Weg und am Leben erhalten hatte mich dann die Erkenntnis, dass die anderen Passagiere, die mit mir in dem Bus saßen – und um einiges jünger waren als ich – genauso keuchten und ihre Pausen brauchten. Und wir alle viel, viel Wasser unterwegs. Das wäre mein unbedingter Tipp: Nehmt auf jeden Fall immer eine Flasche Wasser mehr mit, als ihr denkt, dass ihr sie brauchen werdet. Was von unserem Leid aber durchaus ablenkte, die Aussicht:
Mich packte dann auch der dumme Ehrgeiz. Nachdem ich eines der jüngeren Paare überholt hatte, wollte ich mich auch nicht mehr überholen lassen von ihnen. Das machte die Sache für mich auch nicht entspannter.
Oben angekommen, konnten wir uns erst einmal akklimatisieren und uns über unser erlebtes Leid austauschen. Wir guckten uns in die hochroten Gesichter, stöhnten und schnaubten gemeinschaftlich. Von Trinkpausen unterbrochen.

Dann wurden wir mit Haarnetz und Helm ausgestattet, unser Gewicht erfragt – bei 180 cm und 80 Kilo heißt es dann über das Walkie-Talkie an die Bodenstation „Una donna grande”. Prompt wird man in den Sicherungsuit gesteckt, an das Seil gehängt und bekommt demonstriert, wie wir die Arme zu halten haben (dicht am Körper). Ab geht die Reise mit einem herzlichen „Bon Volo!”
Ein Erlebnis – unbezahlbar!

Bon Volo! heißt, ich flog 1.452 Meter nach Pietratosa mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 120 km/h. Diese Strecke ist eine der längsten Ziplines in Europa – und das wunderschöne Gefühl ist langanhaltend, die Blicke über die Schluchten mit ihrem satten Grün und der Blick auf Pietratosa atemberaubend. Es ist absolut verständlich, wenn man zwischendurch „Juchu!!!” schreit oder laut „Wow!” denkt. Ein riesengroßer Genuss und das Erlebnis machte mich sehr frei im Kopf und glücklich im Herzen.
Tipp: Sich mehr Zeit in Pietratosa nehmen

Drüben in Pietratosa angekommen, kann, wer mag, für kleines Geld sich ein paar Fotos aussuchen, die auf der Station beim Reinflug von uns aufgenommen wurden – sie werden einem dann per E-Mail zugeschickt. Hinter der Station sammelte uns ein neuer Shuttlebus wieder ein und fuhr uns ins Dorf. In Pietratosa folgt man den kleinen Gassen zur zweiten Abflugstation (wer will).
Auch hier geht es die Straßen und Treppen herunter und wieder hoch. (Über Barrierefreiheit brauchen wir nicht spekulieren.) An dem Berg gebaut, ist es ein sehr hübsches, freundliches kleines Dorf – und ich wäre hier sehr gerne noch etwas länger geblieben, aber in Castelmezzano warteten schon die Anderen und das Mittagessen auf mich.
Also ging ich auch hier einen letzten kurzen, dafür wieder steilen Aufstieg (befestigte Straße mit Stufen) zur Station, wo uns das gleiche Anzugsszenario wieder erwartete. Aber die freundlichen Mitarbeiter haben eine Ahnung, was ihre Kund*innen gerade hinter sich haben und signalisieren, dass man sich ruhig Zeit nehmen möge. Ich folgte dann einem kleinen Weg mit dem persönlichen Aufhängegewicht unter dem Arm (Una donna grande!) zur Abflugstation.
Der Rückweg der San-Martino-Line ist etwas kürzer. Wir starten in 1020 Meter Höhe und kommen nach 1415 Metern bei ca. 110 km/h auf 859 Meter wieder an. Diese Strecke führt mehr über die Dörfer – hat also auch ihren sehr berechtigten Reiz. Auch hier sammelt ein Shuttlebus die Verrückten, die das Adrenalin glücklich grinsen lässt, wieder ein und bringt sie zurück zum Parkplatz nach Castelmezzano kurz vor dem Dorfeingang.
Es war so toll! Diese Flüge sind grandios, weil eben so erstaunlich lang. Die Glückshormone, die man dabei ausschüttet, halten sehr lange an. Die Aussichten, die man bei den Flügen hat, sind sensationell. Und alleine, dass man nach dem ersten Flug weiß, dieses Erlebnis gleich noch einmal haben zu dürfen – das ist ein unfassbares Vergnügen!

Im Spätherbst und Winter ist Pause!

Die Flüge des Volo dell’Angelo finden von Mai bis November statt. Sie sind die Haupteinnahmequelle der Ortschaften – und daher gut nachgefragt. Die meisten der mit mir fliegenden Personen kamen z. B. aus der Nachbarregion Apulien. Der Volo dell’Angelo ist also durchaus auch außerhalb der Basilikata bekannt. Man sollte, wenn irgendwie möglich, sich seine Flüge rechtzeitig (online) reservieren und sich in der Hauptreisezeit auf Warteschlangen einstellen. Tatsächlich werden mit Ticketkauf auch etwaige Abflugzeiten auf die Tickets händisch geschrieben als Richtwerte, um einen guten Zeitablauf für alle Teilnehmer zu garantieren.

Jetzt im Herbst, im September und mitten in der Woche, sowie relativ früh am Morgen bin ich gut – heißt ohne lange Wartezeiten – durch beide Flugerlebnisse durchgekommen. Man kann die Flüge alleine erleben oder als Paar. Man wird liegend fliegen – und es sind einige Richtlinien hinsichtlich der Kleidung (z. B. kein Tank Top, Rucksackgröße eher klein und leicht), des Alters und Körpergewichts zu berücksichtigen.
Alle Informationen zum Volo dell’Angelo, den ich als ein traumhaft schönes, das Leben durchaus bereicherndes Erlebnis empfunden habe und somit empfehlen würde, findet ihr auf der offiziellen Homepage. Wenn ihr beide Flüge machen möchtet, kalkuliert ungefähr einen halben Tag Zeit ein. Zusammen mit all den organisatorischen Stationen etwas Wartezeit und die Aufsstiege berücksichtigend.

Ach ja, die Anreise erfolgt mit dem eigenen Auto oder einem Bus, eine Linie, Sita, fährt ab Potenza nach Castelmezzano. Eine andere, Renna, ab Potenza nach Pietrapertosa.


Adressen
Tourismusverband: Entdecke Basilikata!

Volo dell'Angelo: Homepage

2025-01-27

Köstlichkeit aus dem Salento: Granatapfel

Tiefrote Weine, köstliche Olivenöle, fantastischer Käse – alles Produkte, die im Salento, dem Süden Apuliens, überzeugen. Aber dass hier auch köstliche Melograni – Granatäpfel – nachhaltig angebaut werden – das wissen wohl die wenigsten Touristen.


Granatäpfel – schon Jesus soll sie auf seinem Speiseplan geschätzt haben

Es gibt in Süditalien wohl kaum einen Privatgarten, der sich nicht mit mindestens einem Albero di Melograno schmückt. Wenn ich im Herbst durch die Straßen im Salento wandere, reichen mir die Bäume in den Gärten die Früchte direkt an. Und sie schmecken hier köstlich – Granatapfelbäume brauchen Wärme und die bekommen sie in der süditalienischen Sonne in den langen heißen Sommermonaten satt.
Keine Frage, die Salentiner sind sehr stolz auf ihre Melograni. Weite Plantagen mit den in Reihen gepflanzten Granatapfelbäumen, die eher in der Breite als in der Höhe wachsen, kann man im Herbst entdecken. Im Frühling schmücken die zahlreichen kleinen roten Blüten diese Bäume, werden von Bienen bestäubt, was uns in Apulien einen besonderen Honig verkosten läst:
Miele Millefiori al Melograno. Im Herbst leuchten die Bäume erneut mit ihren tiefroten Früchten, die in Massen an ihnen hängen und nur darauf warten, geerntet und frisch gegessen zu werden. Ende September beginnt die Erntezeit der Melograni und dauert bis weit in den November hinein.

Der Melograno-Anbau im Salento wächst

Die Produktion ist in den letzten Jahren rasant gewachsen im Salento. Viele der ehemals Oliven anbauenden Landwirte sind nach der Xyella-Virus-Katastrophe, die die Olivenbäume vor allem im Salento hatte sterben lassen, in den Anbau von Granatäpfeln gewechselt.

So findet man hier unten nicht nur immer größere Anbauflächen dieser Bäume, sondern auch Baumschulen, die ausschließlich Granatapfelbäume in erstaunlicher Vielfalt und auch für den Export züchten.

Zur Ernte bei Melograni Martino

Wir waren im Herbst 2024 eingeladen bei Melograni Martino in Monteroni di Lecce. Auf diesem Event-Bauernhof in der Nähe von Lecce dreht sich wirklich alles um diesen über viele Tausendjahre alten Baum mit seiner besonderen Frucht. 25 verschiedene Sorten wachsen hier, einheimische Varianten wie Dente di Cavvallo, Molar und Sordo und die sehr seltene, fast lilafarbige Viola di Monteroni. Aber auch moderne Züchtungen mit klanghaften Namen wie Wonderful, Ako werden angebaut. Eigene Züchtungen, Sophie, nach der Nichte von Geschäftsführer Daniele de Pascalis benannt, verdeutlichen, dass man die Zukunft des Granatäpfels mitgestalten möchte.

Es war genau die richtige Zeit, um dort zu sein. Erntezeit. Die Bäume hingen über und über voll mit ihren Früchten in erstaunlich vielen unterschiedlichen Farben ihrer Außenschalen. Mitte Oktober sind die Granatäpfel so reif, dass ihre großen saftigen Kerne durchaus die harten Schalen zu sprengen vermögen. Zur Freude der heimischen Vogelwelt. Die so geöffneten Granatapfelkerne versprühen pure Lebensfreude!
Der Pflanzenschutz wird auf biologische Weise betrieben. Hauptsächlich werden Granatapfelbäume im Sommer nur von den Blattläusen heimgesucht, dann allerdings richtig. Bei Melograni Martino werden diese ausschließlich mit Marienkäfer(-larven) im Zaum gehalten.

Granatäpfel als Party-Event

Das Sortiment rund um die Melograni ist hier, neben dem Verkauf der Äpfel, in den Jahren stetig gewachsen. Kunden können Granatapfelmarmelade, Granatapfelhonig, natürlich Saft, Granatapfel-Gin, mal mit, mal ohne Goldeinlage einkaufen.
Eine fest auf dem Gelände installierte Bar, zwischen den Gängen der Granatapfelreihen aufgebaute Strohballen, zaubern hier eine sehr ursprüngliche, wunderschöne und romantische Biergartenatmosphäre.
Biergarten? Natürlich gibt es längst auch ein Granatapfelbier!

So lässt sich im Sommer auf dem Gelände – mit köstlicher und musikalischer Begleitung – die in Italien gerne zelebrierte Sotto le stelle genießen. Die Zeit im August, in der es auch in Italien bei klarem Himmel so viele Sternschnuppen fallen, wie sonst nicht im Jahr, genießt man inmitten der Pflanzen. Dazu ein Picknick in Selbstbedienung mit den Produkten von Melograni Martino. Die Pausen der Gesänge der Zikaden werden dann gefüllt von den Klängen einer Harfe.

Die Antipasti-Platten mit Wurst und Käse und den Produkten der Azienda, in der benachbarten Masseria angerichtet, natürlich dürfen Pasta und Wein dazu nicht fehlen. (€ 35,—/Person, Selbstbedienung mit zugewiesenem Tisch, Voranmeldung erbeten.)
Sind die Granatäpfel im Herbst endlich reif, hat man tagsüber den großen Spaß der eigenen Ernte. Erwachsene zahlen 15 Euro, Kinder 5 Euro und dafür kann man hier so viele Granatäpfel aller Sorten ernten, wie man sie in den Tüten davon tragen kann.

Und wie öffnet man sie nun unfallfrei?

Daniele de Pascalis, der Geschäftsführer der Azienda Melograno Martino, führte uns über das Gelände und ließ uns – unterstützt von seinem freundlichen Team – die vielen Köstlichkeiten verkosten.

Das anschließende Granatapfel-Tasting war spannend. Wer sie noch nicht kennt, lernt hier von Daniele in Carmens Video die einzig wahre Methode, wie man die Granatapfelkerne leicht und sauber gewinnt. Man schneidet oben den Deckel ab, wie z. B. bei einer Orange und sieht dann die Hautwände, die das Innere des Granatapfels in einzelne Segmente teilen. Daran mit dem Messer von außen heruntergeschnitten, kann man perfekt (und mit sauberen Händen) die Segemente herausbrechen. Seitlich die Häute entfernen – und vor einem liegen die puren und unverletzten Kerne für den Gensus.
Wir knabberten uns durch die verschiedenen Sorten, eine davon war besonders süß, eine andere hatte einen leicht bitteren (aber sehr gesunden) Abgang. Manche der Granatäpfel locken mit tiefroten Kernen und besonderer Frische, andere sind sehr blass und wirken fast noch unreif, schmecken dafür aber besonders aromatisch und knacken perfekt im Mund.


Wissenschaftlich bewiesen: Granatäpfel können viel Gutes bewirken

Diese kleinen roten Kerne enthalten viel Kalium, Kalzium und Eisen und sind Lieferant diverser B-Vitamine, wie auch Vitamin E, C, Selen und Carotin. Dank ihrer Antioxidantien können sie positiv auf einen zu hohen Blutdruck einwirken, senken das LDL-Cholesterin – sind quasi Bombe für unsere Herzgesundheit! Auch reinigen sie Leber und Darm. Sie stärken unsere Immunabwehr und wirken Entzündungen hemmend. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Dass die Granatapfelpolyphenole das Wachstum von Krebszellen – insbesondere bei Prostatakrebs – verhindern bzw. verlangsamen können, ist tatsächlich in wissenschaftlichen Studien nachgewiesen. Ihre natürlichen Phytoöstrogene können dabei helfen, Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen zu verhindern.

Die pure Romantik – Picknick unter Granatapfelbäumen

Ob uns nach der Verkostung vom Granatapfelbier bzw. -Gin schon warm war, dank der Magie dieser gesunden runden Früchte? Oder es an der apulischen Herbstsonne bei immerhin noch 26 Grad Celsius im Schatten lag, wer weiß?
Unsere Stimmung jedenfalls war mehr als grandios, als wir die wunderschön eingedeckte lange Tafel aus Strohballen entdeckten, an der wir eben genau das Erlebnis eines Picknicks auf der Azienda Melograni Martino persönlich erleben durften. Alle Köstlichkeiten, die uns serviert wurde, stammten gemäß der Zero-Kilometre-Philosophie aus der direkten Umgebung.

Zum Lunch gab es lange Holzbretter gefüllt mit fantastischer Salami, Mortadella, Prosciutto und Capocollo di Martinafranca, viele apulische Käsesorten, z. B. geräucherter Scamorza aus Arnesano – zu denen Marte, der – natürlich bei Melograni Martion produzierte – Aceto di Melagrane (Granatapfelessig) der Azienda serviert wurde.
Perfekte Brötchen mit Oliven und Focaccia aus dem Holzofen von Rizzo, sowie Obst gab es dazu, es hatte uns köstlich schmeckt. In dieser traumhaften Umgebung sowieso. Dieses tolle Event kann man jederzeit buchen – z. B. für eine Hochzeitsfeier oder Firmenincentive?

Dazu ein kühler Rosado im Glas, eine befreundete Eidechse … … und Grillengesänge. Durchaus möglich, dass es zum Nachtisch noch einen Pasticciotto gibt – es kann passieren, dass sie mit einer Crema di Melogran gefüllt ist. Wir lebten wie … Gott in Italien!

Daniele zeigte mir später noch in der kleinen Masseria auf dem Gelände die Konfitürenproduktion. Dort steht nämlich die Zentrifuge, die mindestens acht Stunden lang bei ca. 80 Grad den Saft der Granatäpfel (mit wenig Zuckerzugabe) langsam eindickt, bevor diese wirklich sehr leckere, tiefrote Confitura extra di Melagrana in die Gläser abgefüllt wird. Ich durfte sie mit nach Hause nehmen (meiner klugen Gepäckbuchung geschuldet).
Purer Granatapfelgeschmack mit überschaubarer Süße, dafür diese leichte Bitterkeit im Abgang, die ich an Granatäpfeln so sehr liebe. So konnte ich dieses schöne Erlebnis mit nach Berlin nehmen und … selten war bei mir Marmelade so schnell aufgegessen!


Azienda Melograni Martino
Strada Provinciale Lecce – Arnesano (SP 119) 73047 – Monteroni di Lecce (Le) – Italy
Tel: + 39 3287937661
E-Mail: info@melogranimartino.com