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2024-06-12

Kalabrien entdecken!

Als die Spitze des Stiefels, so wie Italien figürlich beschrieben wird, wird Kalabrien gerne verortet. Im Süden Italiens gelegen und auf zwei Seiten von dem Thyrrenischen und dem Ionischen Meer umflossen, bietet Kalabrien (wie auch die Basilikata) noch den besonderen Charme der italienischen Ursprünglichkeit, die andere Regionen Italiens leider längst hinter sich gelassen haben. Die naturbelassenen Regionen Kalabriens, ihre Dörfer strahlen noch historischen Zauber aus. Und es lockt eine köstliche Küche – mit Produkten, die heute noch mit Liebe und Leidenschaft von den kalabrischen Landwirten hergestellt werden.
Natürlich laden traumhafte Strände mit weißem Sand oder faszinierende Felsküsten zum Urlaub im und am Meer Kalabriens ein. Nicht wenige von ihnen mit der Blauen Flagge für einen sicheren Strandaufenthalt mit Kindern ausgezeichnet. Trotzdem: Kalabrien kann so viel mehr als Sonne, Meer und Strand. Wer weiß schon, dass man im Norden von Kalabrien sogar Wintersport betreiben kann? Kalabrien lädt ein, rund um das Jahr entdeckt zu werden!
Die Sila, die Hochebene im Norden Kalabriens garantiert im Winter Schnee und lockt nicht nur mit den höchsten Kiefern Europas, den „Giganti della Sila” im Nationalpark. Zur Pilzzeit streift man durch die fantastischen Wälder und sammelt deren Schätze, ein – Kalabrien ist eines der italienischen Steinpilz-Gebiete. Auch weißen und schwarzen Trüffel findet man in den Wäldern.
Klettern, Mountain-Bike, Urlaub auf dem Pferd oder im Kajak paddeln auf den Seen Arvo und Ampollino. In Kalabrien kann man so viel mehr erleben – als nur Strandurlaub. Kalabrien muss man entdecken.
Noch aus der Zeit der Magna Grecia – als Italien von den Griechen kolonialisiert wurde – findet man hier Festungen und uralte Schätze in den Museen. Wer sich für Geschichte interessiert, sollte beispielsweise unbedingt nach Santa Severina fahren. Das Dorf, auf einem Berg gelegen, gilt nicht nur als eines der schönsten Dörfer Italiens. Den Reichtum an historischen – kulturell, wie künstlerisch und architektonisch – Schätzen, findet man hier konzentriert wie selten sonst. Wer moderne Kunst liebt, alleine das Spektrum an Straßenkunst, das die öffentliche Galerie z. B. von Cosenza offeriert, hatte mich begeistert.

Nach Cosenza hatte ich euch schon einmal mitgenommen. So eine spannendende, vor allem auf künstlerische Art, einzigartige Stadt! Seither habe ich immer den Traum dorthin noch einmal im Herbst zurück zu kehren, um Steinpilze zu sammeln. Oder Maroni. Wie wäre es mit einer geführten Trüffel-Suche?

Damit sind wir auch schon bei meinem Lieblingsthema: Essen. Aus Kalabrien stammen nicht nur die inzwischen weltbekannten roten, süßlichen länglichen Tropea-Zwiebeln und eine der Königinnen der italienischen Zitronenvielfalt: Die Bergamotte! Auch die Cedra wächst hier! Buddha Zitronen. Nichts gegen die Zitronen der Amalfi-Küste – aber auch Kalabrien ist eine Hochburg der Zitronen aus Italien!

Maronen in der Saison frisch, außerhalb der Saison getrocknet oder zu Kastanienmehl verarbeitet – sind ein Muss, das in den Reisekoffer gehört. Selbstverständlich wird auch in Kalabrien Wein angebaut, wenngleich es sicherlich nicht als die Wein-Region Italiens gilt und hier nicht die komplexesten Weine gekeltert werden. Aber vor allem die kalabrische Rotweine sind Weine voller Intensität, Tiefe und einem Hauch Mystik. Sehr köstlich!

Der Cirò Rosso in der im Südosten gelegenen gleichnamigen Region wird aus der autochthonen Rebe Gagliopo ausgebaut, gilt als Rotwein mit präsenter Tabakstruktur und hohem Alkoholgehalt. In Cirò oder Cirò Marina angebaut, wird er als Cirò Classico D.O.C. angeboten. Er gilt als der Nachfolger des ältesten Weines der Welt: Cremissa. Und auch wenn Kalabrien sehr gute Weißweine produziert, 90 % der Weinanbauflächen werden in diesem schönen Teil Italiens von roten Trauben belegt.
Rund um Cosenza, Lametino und der Reggio Calabria wird in Kalabrien auch das flüssige gelbe Gold angebaut. Olivenöle von feinster Qualität. In uralter Tradition, denn auch die Olivenbäume haben die Griechen mitgebracht. In der Ebene von Gioia Tauro gibt es Olivenbäume, die 22 Meter hoch gewachsen sind aufgrund ihres Alters! Drei Sorten Olivenöl Kalabriens Bruzio, Lametia und Alto Crotonese sind in ihrer Herkunft geschützt mit dem DOP- bzw. g.U.-Siegel. Die bekannteste Olivensorte Kalabriens ist die Carolea.
Aromatischer Honig von Bienen, die Zitrusblüten umschwärmen. Die pikante weiche Rohwurst 'Nduja, warm auf das Brot geschmiert – oder als pinkante Pastasauce verarbeitet. Ich liebe sie sehr!

Der süßlich aromatische Caciocavello, der besonders geformte Kuhmilchkäse, der auf der in Kalabrien üblichen Pinsa schmilzt und sein süßliches Aroma offenbart! Überhaupt, die Pinsa! Findet man sie hier mittlerweile im Kühlregal, bietet sie längst nicht die Einzigartigkeit und den besonderen Knusper und Schmelz, kommt sie in einer kalabrischen Trattoria im Holzofen gebacken auf den Tisch.

Kalabrien zu entdecken, heißt einen traumhaften Urlaub zu erleben – und das zu jeder Jahreszeit. Denn Kalabrien kann wirklich so viel mehr als traumhaften Strandurlaub garantieren: Spannender Städteurlaub, aktiver Agriturismus, Urlaub mit Sport verbunden – und natürlich Trattorien, Salumerien und Restaurants, die das Beste aus Kalabrien ihren Gästen servieren!

Informationen: Tourismusportal Kalabrien

2025-05-18

Rocca Imperiale – ein Borgo der Emotionen

Was für ein Name: Rocca Imperiale!
Kaiserlich wie die ganze Erscheinung dieses Ortes in Kalabrien. Dieses Dorf, wie Italiener sagen: il Borgo, seine fröhlichen Menschen, die fantastische Küche – und vor allem dieser Duft der Zitronen, die an den Hängen und rund um das Dorf wachsen, schenken ein wundervolles Potpourri voller Emotionen. Rocca Imperiale schmiegt sich schon beim ersten Anblick, noch im Auto sitzend auf dem Weg zu unserer finalen Destination, in mein Herz und es wird mich wohl so schnell nicht mehr loslassen!
Royal erhoben thront das Borgo in 250 Metern über dem Meeresspiegel. Es findet in seiner deutlich jüngeren Küstenstadt Marina Rocca Imperiale, die in drei Kilometer entfernt entlang der Küste am Ionischen Meer liegt, seine Fortsetzung. Lediglich zwanzig Kilometer hinter der Grenze der Basilikata zu Calabrien, liegt Rocca Imperiale in der kalabrischen Provinz Cosenza.


Rocca Imperiale – das Tor zu Kalabrien

Rocca Imperiale ist das erste Dorf auf kalabrischer Seite, nachdem wir auf der Autostrada die Grenzschilder der Basilikata zu Kalabrien passiert haben. Stimmig ist der Ausdruck Tor zu Kalabrien für das Borgo, das im Jahr 1296 noch den Namen Castrum Carcari getragen hatte. Erste Ansiedlungen gehen in das 8. Jahrhundert zurück.
Als Friedrich der II, Herzog von Schwaben, hier im Jahr 1225 eine die für damalige Verhältnisse hochmoderne Befestigungsanlage erbauen ließ, entwickelte sich das Borgo stufenförmig rund um die imposante Burg. Liebevoll Castello Svevo genannt – die schwäbische Burg – ist sie dank Restaurationsarbeiten hervorragend erhalten und kann täglich besichtigt werden.
Wer hierher findet und den Aufstieg zu dem Castello Sveso durch das Dorf nicht scheut, wird mit traumhaften Aussichten auf eine besonders vielfältige Landschaft beschenkt. In der Ferne glitzert das türkis klare Wasser des Ionischen Meeres in einem unendlichen Streifen, bis es mit dem Horizont verwächst. Der Strand von Marina Rocco Imperiale ist 2025 erneut mit der Bandiera Blu ausgezeichnet.
Im Hinterland leuchten die grünen, hügeligen Landschaften. Der Schafabtrieb am Abend, nachdem sie sich an den Kräutern der Böden zwischen den Olivenbaumreihen satt gefressen haben, lässt die Glocken der Schafe mit den Glocken der zahlreichen Kirchen des Borgos und dem Gebell der Hütehunde zu einer friedlichen Klanginstallation mischen. Dieser Moment schenkt tiefen Frieden!

Weinreben reihen sich mit ihrem dichten Grün in das Übermaß der Zitronenplantagen, die ab Juni die gesamte Region mit ihrem Blütenduft einhüllen und mit vielen Gelb- und Orangetönen der Zitrusfrüchte leuchten. Der intensive Blütenduft wechselt dann zum Duft der reichen Früchte. Was übrigens das besondere Merkmal der italienischen Zitrone zur spanischen Konkurrenz ist: Italienische Zitronen duften herrlich von sich aus! Spanische höchstens dann, wenn man ihre Schale malträtiert.
Zur anderen Seite fällt der Blick auf die beeindruckenden Calanchi, die in die Schlucht abschießenden Kalkhänge, die die Landschaften von Kalabrien und Basilikata so spannend aussehen lassen. Über ihnen erhebt sich im Hintergrund das Dorf Rotondella in der Basilikata.

Es ist so wunderschön hier!

Die Art der Besiedelung rund um den Berg macht auch heute noch einen sehr großen Charme dieses zum Borghi più belli d’Italia gekürten Ortes aus. Der tiefe bzw. hohe Kern des Centro Storicos ist motorisiert allenfalls mit Ape oder Vespa zu erreichen.
Die Dichte der sehr gut erhaltenen Fiat Pandas, das Modell noch aus dem letzten Jahrhundert (die mit den ersten hohen Radständen bei einem Kleinwagen), ist in und rund um Rocca Imperiale erstaunlich groß.
Die Aufstiege im Borgo bewältigt man zu Fuß und ja, man wird dabei interessante Steigungen bewältigen. Rocca Imperiale per Pedes zu besteigen – und man kommt nicht darum herum, möchte man die Schönheiten dieses Borgos erleben – definiert eindrücklich die eigene Kondition. Bucht euch ein B&B direkt unterhalb des Schlosses – und das tägliche Fitnessprogramm ist gratis inkludiert!
Aber auch nur so entdeckt man die vielen charmanten Ecken, kleinsten Straßen und Eindrücke dieses besonderen Dorfes, das zum Glück noch nicht komplett vom Tourismus eingenommen ist. Die kurzen Pausen im Gucken, Staunen und Fotografieren, die so beim Aufstieg entstehen, erleichtern ihn auf charmante Weise. Natürlich gibt es Zuwegungen für Autos bis hoch an das Castello. Aber der Rest ist immer Laufarbeit. Zumal es im Centro Storico schlicht keine Parkplätze gibt.
Es ist die Schutzpatronin Madonna della Nova, die die ca. 3.100 Einwohner des gesamten Rocca Imperiale beschützt. 500 von ihnen leben in dem Borgo. Ihr Heiligtum ist in der Contrada Cesine zu besichtigen. Die ersten Kirchen im Dorf können anlässlich einer religiösen Führung besichtigt werden.
Den Anfang macht – in chronologischer, nicht in geografischer Reihenfolge (was in Rocca relevant sein kann) die Chiesa Madre, die im Jahr 1239 im Auftrag von Friedrich II. errichtet wurde. Es folgten die Chiesa di San Giovanni (1400), Chiesa Sant’Antonie da Padova (1500), Chiesa del Carmine (1600) und der Chiesa S. Rosario (1600) und das Kloster dei Frati Osservanti … natürlich – wir sind im Süden Italiens – habe ich hier nur eine dezente Auswahl aller im Dorf vorhandenen Gotteshäuser genannt

Rocca Imperiale – das Borgo dei Limoni

Gehen wir von den Mengen im Zitronenanbau aus, kommt die Region Calabrien in dem „Land wo die Zitronen blühen” an zweiter Stelle nach Sizilien. Hier wird die größte Vielfalt von Zitrusfrüchten in ganz Italien angebaut: Cedra, Bergamotte, Kumquats, Mandarinen, Orangen und unendlich viele Arten der gelben Königin!

Rocca Imperiale zeichnet sich insbesondere durch den Anbau der Limone di Rocca Imperiale IGP aus. Eine fantastische Zitrone voller Saft mit zarter, leicht bitterer Schale und auch der weiße Bereich der zweiteiligen Schale, das Mesokarp, schmeckt von ihr sehr fein.
Die, meist kernlose, Zitrone erhielt im Jahr 2013 das Qualitätssiegel der geschützten geografischen Angabe in der EU. Es lohnt sich, sich auf die Suche nach dieser wundervollen Frucht zu begeben. Selbst jetzt, noch im Mai, hängen die Bäume voll mit den prallen und hellgelben Früchten.

Der Duft der Zitronen liegt schon seit Erntestart in den Wintermonaten überall in der Luft – und dass sich Rocca Imperiale als das Dorf der Limonen begreift, sieht und spürt man überall. Die Limone di Rocca Imperiale IGP begegnet uns poetisch, im Glas und auf den Tellern, integriert in der Keramik oder Kosmetik – in großer Vielfalt und mit viel Geschmack. Eine einzig wundervolle gustatorische Wahrnehmung begleitet unseren Aufenthalt. Überall erfreut uns diese köstliche Frucht in den unterschiedlichen Gerichten – von Antipasti bis Dolce mit ihrem frischen Aroma in dezenten Dosen!
Übrigens: Anfang Mai wird im Dorf bis hinunter zur Küste die Festa di Limone di Rocca Imperiale IGP zelebriert.

Im Centro Storico wird man kleine charmante Geschäfte finden, die ein breites Spektrum der hiesigen Köstlichkeiten anbieten, das sind – neben der Limone di Rocca Imperiale – unter anderem natürlich auch hier die Cruschi. Viele Produkte werden in Kalabrien mit Paprika – auch aus der Cruschi Zafarano (dem kalabrischen Pendant zur Peperoni Cruschi di Senise) – hergestellt. Zum Beispiel die sehr aromatische Nduja, und Salame oder Coppa liegen vom Paprika eingefärbt auf den Tellern. Und uns begegnet eine große Produktvielfalt dank der Trüffel, die in den Wäldern rund um Rocca Imperiale auf ihren Fund warten.

Rocca Imperiale – das Borgo della Poesia

Als Ferdinando di Leo Bürgermeister von Rocca Imperiale war, hatte er die wunderschöne Idee, das Kunstfestival „Il Federiciano” für Rocca Imperiale zu inszenieren, das in der letzten Woche des Monats August mit einem Poesiewettbewerb endet. Nur eine der zahlreichen kulturellen Veranstaltungen, die hier über das Jahr veranstaltet werden. Aber: einige der schriftlichen und preisgekrönten Texte und Gedichte der teilnehmenden Künstler finden sich auf Fliesen geschrieben und mit zitronigen Rahmen umfasst an den Wänden der Häuser des Borgos wieder. Wie charmant man sich durch dieses Dorf lesen und sich dabei der Poesie hingeben kann!

In dem kleinen, von seiner Frau Franscesca geführten, Geschäft „Bottega del Limone” (Corso Vitorio Emanuelle 62, Rocca Imperiale) – einem Mix zwischen Galerie und Lebensmittelladen – können die Produkte, die hier im Dorf mit der Limone produziert werden, eingekauft werden. So ihr fantastischer Limoncello di Leo, bei dessen Herstellung und Abfüllung wir dabei sein … und ihn natürlich verkosten durften!

Unterkunft und Anreise

Ich habe sehr gut im Casa Castello in der Via Frederico Svevo bei Maria Antonietta geschlafen – in einem geräumigen B&B mit Küche, einem Schlafzimmer mit zusätzlicher Schlafcouch direkt zu Fuße des Schlosses gelegen. Man beachte die schmalste Hausspalte, der ich je angesichtig wurde direkt neben meinem Casa.
(Ja, ich habe vor dem Aufenthalt noch durchgepasst.)
Casa Castello liegt direkt an der kleinen über und über mit Blumen geschmückten Piazza von Maria Antonietta, die mit einer der schönsten Aussichten ins Grüne – wo in den warmen Monaten auch das Frühstück serviert wird, aufwartet. Oder dem Blick direkt auf das Castello! Rundherum befinden sich hier die B&Bs von ihr, die modern ausgestattet sind, den modernen Standard der Bäder und Klimaanlagen betreffend.
Ich habe mich dort wohlgefühlt, zumal mir dieses B&B tägliche Auf- und Abstiege durch das Dorf garantierte – und somit mir die größte Vielzahl von Wegen und Aussichten schenkte. Sehr zu empfehlen. (Kontakt via Instagram: @casascastello_affittacamere)
Anreise: Wir sind ab Berlin mit Ryanair direkt nach Bari (BRI/Apulien) geflogen und von dort aus mit dem Minivan – und einem kurzen Abstecher nach Matera – in knapp 90 Minuten nach Rocca Imperiale gelangt. Dabei beträgt die direkte Distanz ca. 115 Kilometer. Es gibt wohl täglich auch Verbindungen mit dem Bus – in der Marina mit Umstieg in den Borgo-Shuttle.

Die Flughäfen von Brindisi (BDS/Apulien) sind 130 Kilometer und Lamezia Terme (SUF/Kalabrien) 140 Kilometer entfernt. Eine Bahnverbindung ab Foggia fährt allenfalls in den Sommermonaten und eher selten, kann daher leider ignoriert werden.


Möchtet Ihr mehr von Kalabrien in meinem Blog lesen? Dann hier entlang!

2024-02-18

Bergamotte – das gelbe Gold Kalabriens!

Versteht ihr, warum in der italienischen Flagge der weiße Part nicht längst durch die Farbe Gelb ersetzt worden ist? Immerhin ist Italien das Land der Zitronen! Insbesondere: Das Land der duftenden Zitronen! Kein anderes Zitronen anbauendes Land innerhalb der EU versteht sich auf den Duft des gelben Goldes so sehr, wie es die Zitronenbauern Italiens vermögen.
Und die Zitronenvielfalt Italiens, die ist groß wie ihre Anhängerschaft. Kein Wunder, in Südeuropa verehrt man die meist saure Frucht immerhin schon seit dem 13. Jahrhundert. Jede Sorte hat ihre Fans: die voluminöse, kaum Fruchtfleisch beinhaltende Cedre, bei der alleine die Schale und das weiße Fruchtfleisch Albedo (Mesokarp) zählt. Den einen ist es die (ursprünglich wohl aus China stammende) Meyer Zitrone, andere verehren die Königin der italienischen Zitrone: die Amalfi Zitrone.

Pino Bianco schwört auf das Aroma und den Saft der Rocca Imperiale aus der italienischen Provinz Kalabrien. Sie ist nach einer Provinz nahe Cosenza bekannt – dorthin hatte ich euch schon einmal mit hingenommen. Pino setzt mit dem Produkt seiner Heimat eigenen Limoncello an oder macht ein herrliches Basilikum-Limonen-Pesto für sein Restaurant Trattoria al Muntagnola daraus.

Ich indes liebe den besonderen Duft und Geschmack der Bergamotte. In meiner Kindheit gab es einen Tee zu trinken (von dem ich heute nicht mehr weiß, wie er hieß). Dieser hatte ein spezielles Aroma, das ich so sehr mochte – und irgendwann vermisste. Dieses Aroma habe ich erst wiedergefunden, als ich vor einigen Jahren eine frische Bergamotte in der Hand hielt.

Auch die Heimat der Bergamotte ist Kalabrien. 90 % der Weltproduktion entstammen einem Anbaugebiet entlang der Küste zwischen dem Ionischen und Tyrrhenischen Meer, zwischen den Orten Villa San Giovanni und Monasterace. Achtet beim Einkauf auf das DOP-Siegel bzw. g.U.-Siegel (der EU), die die geschützte Herkunftsbezeichnung ausdrücken. Stark in der Kosmetik- und Pharmaindustrie nachgefragt, wird sie nämlich inzwischen weltweit angebaut. Aber das Original, das kommt aus dem schönen Kalabrien.

Der Geschmack der Bergamotte ist eigen und vor allem intensiv und kann bei Überdosierung schnell „über“-schmecken. Da das aus der Schale der Bergamotte gewonnene Öl gerne in der Parfum- und Kosmetikindustrie verwendet wird, mag ihr Duft natürlich auch eher daran erinnern. Das in der Bergamotte enthaltene Bergapten gilt als photoxisch – kann in zu hoher Konzentration u. U. zu Hautreizungen führen. Aber in Maßen genossen, ihre getrocknete Schale im Tee, hebt sie den Geschmack von vielen Gerichten und Getränken ungemein mit ihrer grünen, frischen Note.

Im Gegensatz zu anderen Zitronen erhält man die Bergamotte nicht das ganze Jahr über im Handel. Sie blüht ausschließlich im Frühling und kann ab November (grün) bis in den März (gelb bis orange) nur geerntet werden. Ihr Fruchtfleisch schmeckt sehr sauer und bitter. Denkt daran: Unsere Leber liebt sauer und bitter! Wenn ihr im Handel eine Zitrone findet, die sehr rund daher kommt – eine raue, gegerbte Schale besitzt und eine kleine Ausstülpung am ehemaligen Blattstiel aufweist – und sehr intensiv duftet, dann habt ihr das große Glück, diese besondere Zitrusfrucht in den Händen zu halten.

Jetzt im Februar wird man sie nur noch selten noch in ihrer frühen grünen Färbung erhalten. Im März schon wird sie zur Rarität im ausgesuchten Fachhandel. Also … haltet euch ran.

Die Fruit Logistica ist eine internationale Fachmesse in Berlin, die dem Handel, Lagerung, Verpackung, Vertrieb, Marketing, Einkauf von frischem Obst und Gemüse gewidmet ist. Auf der diesjährigen Fruit Logistica bin ich zwei Persönlichkeiten aus Kalabrien begegnet, die sich in dem Anbau und der Verwertung der Bergamotte engagieren. Salvatore Friscia, (Friberga) im Foto rechts, und Frammartino Luigi (Azienda Agricoltare Frammartino Luigi) beide Mitglieder im Konsortium UNIONBERG O.P. Soc. Cons. ar.l., das für den biologischen Anbau und sortenreiner Produktion der Produkte aus der Bergamotte Kalabriens steht. Mein persönliches Aha-Erlebnis hatte ich nämlich, als ich den nicht gesüßten Bio-Bergamottensaft Bergold aus 100 % Bergamotte von Frammartino Luigi kosten durfte. Bitter, frisch, pure Bergamotte – ein kleines Glas und der Saft wirkt wie ein Elixier im Körper. Ingwer-Shot war gestern! Nach dem ersten langen Messetag war dieser Saft ein bisschen wie meine persönliche Wiederauferstehung.
Auch Salvatore Friscia produziert in seinem Unternehmen Friberga Saft aus der Bergamotte, das hochwertige (daher unfassbar teure) desstillierte Öl und offeriert weitere Produkte aus dieser besonderen Frucht.
Auch sie bauen ihre Früchte in den kleinen Gemeinden entlang der kalabrischen Küste am Ionischen Meer an. Immer eine Meeresbrise und lange Sonnentage – das sichert den Anbau nach biologischen Maßstäben. Hier muss nicht gespritzt werden! Die Bergamotte eignet sich auch hervorragend für Cocktails: Ich ziehe beispielsweise einen Bergamotte-Spriz dem aus Limoncello bzw. dem Original mit Aperol immer vor – einfach weil nicht so süß wie das Original.

Tatsächlich wird die Bergamotte inzwischen auch über die italienischen Grenzen hinaus hinsichtlich ihrer gesunden Eigenschaften hochgeschätzt. In ihrem Fruchtfleisch sind zwei Substanzen enthalten, die als natürliche Statine auf die Triglyceride und den Blutzuckerspiegel wirken, sowie die Cholesterinproduktion im Blut hemmen können. Der Saft der Bergamotte ist außerdem – natürlich reich an Vitamin C – bei Knochen- und Muskelbeschwerden hochwirksam. Zudem enthält er Flavonoide, die die Bildung freier Radikale begrenzen.

In der Medizin wird die Essenz der Bergamotte verwendet, denn sie hat antiseptische, antibakterielle, antimikrobielle, antimykotische sowie antivirale Eigenschaften. Zudem moduliert sie die Melatoninausschüttung – Menschen mit depressiven Verstimmungen können von ihr also profitieren.

Jetzt, im Februar, habt ihr noch die Chance, die Bergamotte frisch im gut sortierten (meist Bio-)Gemüsehandel zu finden. Im italienischen Fachhandel und natürlich auch online! In Berlin sind das mindestens in der Markthalle 9, bei Centro Italia und im Frische Paradies.
Und auch fast jetzt – im Frühling – habt ihr natürlich auch die außerordentliche Chance den Frühling in Kalabrien in der Zitronenblüte zu erleben. Was muss das für eine Schönheit und ein Duft sein?!

Übrigens: Im Rahmen der EU-Kampagnen-Familien Enoy it's from Europe gibt es eine neue Kampagnen-Buddy I love Fruit&Veg from EUROPE wirbt besonders für frisches Obst und Gemüse aus der EU. Und möchte bei uns Konsumenten innerhalb der EU-Länder ein Bewusstsein dafür schaffen, das wir – wenn wir überregionle frische Produkte kaufen – einfach mehr darauf achten, die hervorragenden Produzenten unserer Nachbarn zu wählen. Und nicht aus Übersee!

2019-03-13

Bacco & Cecere in Cosenza – und meine allererste Pinsa



Was ich am Verreisen mehr als liebe ist das Kennenlernen der Speisen und Getränke der regionalen Küche. Neue Zutaten kennenlernen, alte Zutaten in neuer Weise serviert bekommen und ihnen so neu begegnen dürfen. Das macht Reisen zum ganz großen Teil für mich aus. Deutsche heimische Küche auf Mallorca – ich hab sie nie begriffen. Wenn ich dann Menschen begegne, die sich der eigenen heimischen Küche mit Leib und Seele verschrieben haben, ihren Worten zu lauschen oder ihnen sogar im Schaffungsprozess zuschauen zu dürfen … das ist der perfekte Urlaub für mich!

In der reichhaltigen Küche Kalabriens, sind drei Gemüsearten vorrangig immer im Menü zu finden, egal wie rustikal oder fein die Küche dort ist. Als erstes ist die Kartoffel zu benennen, die muss ich Euch nicht erst vorstellen. Dann die in den Wäldern der Berge wachsenden Steinpilze in ungeahnter Menge. In Sila war ich in einer Salumeria, die war das getrocknete Steinpilz-Paradies! Der Steinpilz steht für sich selbst und kann hier getrocknet zu so sehr günstigen Preisen in allen möglichen Qualitätsklassen erworben werden. Im wärmeren Süden wachsen natürlich Olivenbäume – im Osten in den Wäldern wachsen zudem die Kastanien. Kastanienmehl ist in der kalabrischen Küche eine Instanz. Und: Kalabrien ist auch das Land der Bergamotte, wenn wir über Zitronensorten reden wollen. Aber der begegnen wir in einem späteren Blogpost.

Während meines kurzen Ausflugs nach Cosenza durfte ich mich wieder an sehr reich gedeckte Tische setzen und mich von der liebevollen Gastfreundschaft und der feinen Küche Kalabriens überzeugen zu lassen. Ob traditioneller Ausflug in die bodenständige Küche des Agrotourismus – oder fein herausgeputzt mit liebevoller Cocktail-Begleitung. Meine Begeisterung war groß – und auch hinsichtlich der Weinbegleitung kann ich Euch die guten Roten aus Kalabrien sehr ans Herz legen.

Gleich am ersten Abend direkt nach unserer Ankunft in der Trattoria Pinseria Bacco & Cecere twitterte ich schon: „Ich habe heute die beste Pizza meines Lebens gegessen.”

Ja, Pustekuchen: Es war nämlich die erste und beste Pinsa meines Lebens!



Die Pinsa wird gerne „bianca” gegessen – ohne Tomatensoße. Ein Sugo ist so nicht zwingend nötig. Die bekannteste Pinsa ist die Pinsa Romana – sie gibt es aber in mindestens so vielen namentlich unterschiedlichen Variationen wie ihre Kollegin mit dem doppelten Z.

Der Pinsa ihre wahre Größe liegt in diesem rustikalen Teig, der im heißen Ofen gebacken wahnsinnig knusprig und dennoch saftig ist. Das Geheimnis der Pinza ist einerseits ihre besondere Zusammensetzung aus Weizen-, Reis- und Sojamehl, andererseits ihre sehr lange Gare. Unter 48 Stunden Ruhezeit im Kühlschrank kommt die Pinsa nicht in den Ofen, besser noch lässt man ihre Zutaten sich 72 Stunden miteinander beschäftigen, auch 120 Stunden Gare sind hier und dort überliefert.

Aus dem Ofen kommt dann ein Gebäck mit großen Lufteinschlüssen, die die Pinsa so sehr knusprig machen. Der Geschmack ist einmalig und braucht nur einfachen Belag wie Mozarella, aromatisch Steinpilze oder Tomate und die kleinen aromatischen Oliven mit gutem Olivenöl. Mehr braucht’s nicht! Robert von Lamiacuccina hat schon seit langem ein gutes Rezept in seinem Blog stehen (lieber Robert, an Deinem Blog kommt man einfach nicht vorbei!) und den durchaus sinnvollen Hinweis, dass die Ur-Pinsa aus zeitlich relevanten Gründen keineswegs Sojamehl kennen konnte. Während Robert sich alternativ für Kichererbsenmehl entschieden hatte, was durchaus naheliegend ist, könnte ich mich auch den Einsatz von Kastanienmehl aus historischen Gründen ebenso gut vorstellen. Da die Pinsa sehr rustikal herkommt und zumindest in Kalabrien die Kastanie früher Lieferant für das Mehl des armen Mannes war, würde es allemal passen.

Alleine aus diesem Erlebnis heraus, wird das Bacco & Cecere immer in meinem Herzen bleiben. Wir haben an diesem Abend aufgrund unserer späten Ankunft wohl eher einen kleinen Auszug aus deren fantastischer Speisekarte mit sehr viel Herzlichkeit serviert zu uns genommen. Und alles war grandios.



Die Cìceri e Tria, die ich nun schon ganz oft gegessen habe. Es ist interessant, wie dieses einfache Gericht Süditaliens über Können und Nichtkönnen eines Kochs Auskunft geben kann. Oft zum Niederknien, weil die Grundlage guter Speck in der Brühe dieser die Kichererbesen umschmeichelnde Soße eine fantastische Grundlage bietet und man gar nichts anderes mehr essen möchte. Leider kommt er manchmal auch nur als ein ganz fader Eintopf mit langweiligen Nudeln daher. Im Bacco & Cecere war sie genauso fantastisch wie die zuvor servierte Pinsa, gleiches kann man nur über die nachfolgende Pasta mit Fisch und Muscheln sagen.



Ehrlich? Alleine für die Pinsa im Bacco & Cecere muss ich unbedingt noch einmal nach Cosenza reisen.

Oder sie selber machen …



Habe ich getan, letzte Woche! Sie ließ mich nicht los. Außerdem habe ich mir Steinpilze aus Sila mitgebracht! Ich habe das Rezept von Roberts Blog verwendet, tatsächlich aber anstelle des Mehls aus Kichererbsen das in allen anderen Rezepten propagandierte Sojamehl genommen. Und ja: 120 Stunden Geduld aufgebracht für die Gare im Kühlschrank. Chemie pur!

Die erste Variante wurde belegt wie meine neue Entdeckung des Herzens in Kalabrien, nämlich mit Mozarella und den von mir aus Sila mitgebrachten Steinpilzen. Beträufelt mit gutem Olivenöl. Bitte hierfür wirklich darauf achten, den guten Mozarella aus dem Bio-Laden oder einer italienischen Salumeria zu kaufen. Dieses Rezept, bei dem natürlich die Steinpilze auch durch aromatische Champignons ersetzt werden können, Discounter-Analog-Mozarella funktioniert hier garantiert nicht!

Wahnsinnig lecker – und es ist so eine Freude mit diesem Teig zu arbeiten, der bevor er in den Kühlschrank wandert fast flüssig ist und sich in der langen Zeit so faszinierend verändert. Im Ofen hat es keine Minute gedauert bis der Teig am Rand zu seinen charakteristischen knusprigen Blasen aufstieg. Ich war ein bisschen stolz auf mich: Cosenza in meiner Berliner Küche! Ich muss nur beim nächsten Mal die letzte Minute nochmal den Grill aktivieren.

Für den Teig eine Küchenmaschine zu besitzen, ist gar keine schlechte Idee. Er wird sehr lange gerührt. Bei meiner Maschine hatte er tatsächlich die eingebaute 30 Minuten-Sperre (ich glaube, so einen Stopp haben Küchenmaschinen alle irgendwann aus Sicherheitsgründen) berührt und sie abgeschaltet: Novum. Und er ist sehr sehr feucht, kann dann nur gegossen werden – wird aber im Kühlschrank nach zwei Tagen fester in seiner Konsistenz und lässt sich später mit viel Mehl gut verarbeiten.



Meine zweite Variante habe ich mit gemixten getrockneten Tomaten (kurz in Wasser eingelegt und mit Olivenöl und Pfeffer püriert) bestrichen und mit Pancetta, Mozarella und Oliven belegt. Himmlisch.

Aber probiert sie unbedingt einmal im im Bacco & Cecere in Cosenza … aus Gründen!

Dieser junge Mann, Marco Montuori, italienischer Pizza-Meister, hält übrigens ein nettes Filmchen für eine mit Kartoffeln und Bier-Karamell (!) gefüllte Pinsa für Euch bereit und zeigt darin, wie vorsichtig man mit ihrem Teig nach der letzten Gare umgeht.

Kichererbsenmehl und Sojamehl in Bio-Qualität gibt es überall in den Supermärkten, Kastanienmehl (mein nächster Versuch findet damit statt) habe ich bisher nur bei der bio company in Berlin gefunden (alternativ: online bestellen). Guten Mozarella, den besten Pancetta gibt es in Berlin bei Centro Italia.

Bacco e Cecere
Via Francesco Capoderose, 13
87100 Cosenza CS
Italien

2019-02-10

Cosenza – eine Reise durch die reichhaltige Kultur Kalabriens

Ich durfte auf Einladung des Tourismusministerium der Stadt Cosenza, sowie auf Einladung von Carmen Mancarella, Geschäftsführerin von Mediterranean Tourism, am zweiten Tourismusforum der Stadt Cosenza teilnehmen.



Viel kenne ich noch nicht von Italien, mir kam früher doch immer dieses Frankreich dazwischen. Nun durfte ich nach Apulien eine neue Region dieses Landes mit den vielen schönen Gesichtern bereisen: Kalabrien, genauer: die Region Cosenza.



Cosenza ist die nördlichste und größte der fünf Provinzen Kalabriens und zählt ca. 700.000 Einwohner. Davon leben in der Provinzhauptstadt Cosenza ca. 68.000 Menschen. Die Provinz bietet alles, was das Urlaubsherz begehrt: Cosenza selbst liegt dem Sila-Gebirge zu Füßen und in nur 30 Autominuten laden traumhafte Wälder zum wandern oder Abfahrten auf Skiern ein. Selbst in Italien wissen die wenigsten Menschen, dass man in Kalabrien auch Ski fahren kann. 20 Autominuten weiter südlich kann man schon wieder im Ionischen oder Thyrrenischen Meer baden. Auch Kalabrien ist, wie Apulien, von zwei Meeren umschlossen.



Die Stadt Cosenza ist eine kulturelle Perle! Sie ist eine sehr lebendige, kunstreiche und aktive Metropole. Viele Studenten, die in der sehr nahe liegenden Nachbarstadt Stadt Rende an der Università della Calabria studieren, leben hier und machen diese Stadt jung und lebendig.

Überall lauert hier Kunst: In den 14 Klöstern dieser Stadt, von denen die meisten mittlerweile anderen Zwecken zugeführt wurden, warten Museen mit historischer und zeitgenössischer Kunst aller Couleur auf ihre Besucher. Das als „Stadt der Dichter und Denker” bezeichnete Cosenza, hat Bernadino Telesio, Philosoph und Naturforscher (1509-1588) hervorgebracht, auch der Modeschöpfer Gianni Versace ist ein Kind dieser Stadt gewesen. Die Historie über die Jahrhunderte ist immens.

Bruttier – so heißt die Urbevölkerung Cosenzas. In Landessprache bedeutet dies „Rebellen”. Abtrünnige Lukaner sollen sie gewesen sein. Die zähen Menschen aus den Bergen galten lange Zeit als unbesiegbares Volk! Zwei Mal biss sich Rom an ihnen die Zähne aus – bis sie sich beim dritten Versuch im II. Jahrhundert der feindlichen Übernahme der Römer doch geschlagen geben mussten.

Der Westgotenkönig Alarich I (370 – 410) soll mit seiner Beute, die er auf seinen Raubzügen durch Westeuropa und der Plünderung Roms erbeutet haben soll – angeblich 25 Tonnen Gold, Silber und Edelsteine – im Flussbeet an der Mündung des Busento in den Crati begraben sein. August von Platen war diese Sage das Gedicht „Das Grab im Busento” wert. Seit 1600 Jahren versucht nun die Menschheit Alarichs Grab zu finden. Mit moderner Technik offiziell letztmalig im Jahr 2015. Vergeblich. Die Legende sagt, römische Sklaven mussten hierfür das Wasser des Busento zunächst umzuleiten, um seine letzte Ruhestätte besonders gut zu verstecken. Keiner von ihnen durfte die Schufterei überleben – damit sie nicht etwa den Bestattungsort ausplaudern konnten.

Die Tourismusexperten der Stadt nehmen das weiterhin unfauffindbare Grab Alarichs und dessen Legende sportlich: „Wenn Millionen von Touristen an die Spielorte einer Fantasiefigur namens Harry Potter reisen, was sollte sie daran hindern, ein nicht entdecktes Grab nicht auch spannend zu finden?”, kommentiert Josep Ejarque, italienischer Tourismusexperte, während des 2. Tourismusforums und ruft zweistellige Wachstumszahlen für Cosenzas Tourismus aus.

Alarichs Spuren findet man dennoch überall in der Stadt – auch als Skulptur nahes des Flussbettes. Die Mär über den Schatz treibt feine Blüten: Junge Frauen aus Cosenza sollten in dem Fluss ihr Haar waschen, damit es zu Gold würde. Nun, ich habe bei meinem kurzen Aufenthalt keine Frau mit goldenem Haar hier entdecken dürfen.

Die venezianischen Gebrüder Bandiera, italienische Freiheitskämpfer des Risorgimento, die für ein geeintes, freies und demokratisches Italien eintraten, fanden nach einem blutigen Aufstand, in den Bergen von Sila gefangen genommen, den Tod nahe bei Cosenza. Am 25. Juli 1844 riefen sie noch während ihrer Hinrichtung „Freiheit für Italien!” Sie gelten heute als Helden des vereinten Italiens und die Menschen in Cosenza werden nicht müde überall auf ihre Spuren zu verweisen.


Castello Svevo



Mit dem Castello Svevo, dessen Ursprung den Byzantinern im 5. Jahrhundert zugerechnet wird, hatte sich Friedrich II. von Schwaben ein Denkmal gesetzt. Das Castello liegt weit oben über der Altstadt Cosenzas auf dem Berg. Friedrich hat es nach einem schweren Erdbeben im 13. Jahrhundert erneut aufgebaut.

Der achteckige Turm zeugt aus dieser Zeit für die Leidenschaft des damaligen Herrschers für die schwäbische Architektur. Über die Jahre wurde das Castello von allen Eroberen Cosenzas genutzt: Sarazane, Normannen, die Staufern, Anjou und Aragonesen … Im Garten steht ein uralter Weinstock und soll noch aus der Zeit Friedrichs II stammen. Wenn es stimmt, beeindruckend!



Der Ausblick vom Castello über Cosenza ist grandios …



Erst im Jahr 2015 wurde die letzte Restaurierung dieses immer wieder bei Erdbeben größtenteils zerstörten Monumentes abgeschlossen und steht nun den Touristen zur Besichtigung und für Events zur Verfügung.




Villa Rendano



In der Villa Rendano führt eine beeindruckend kreative Multimedia-Show (wirklich!) durch all die Geschicke der Provinz und Stadt Cosenza. Kurzweilig wird in jedem Raum die jeweilige historische Episode aus dem Blickwinkel eines Protagonisten seiner Zeit erzählt. Künstlerisch mit beeindruckender liebevoller Ästhetik installiert. Auf Wunsch kann diese Show übrigens auch in Englisch betrachtet werden. Sie ist eine absolute Empfehlung für einen Besuch dieser Stadt! Bitte knapp eine Stunde ist für den Besuch einzukalkulieren und danach mit wissendem Auge über die Stadt durch Cosenza streifen. Übrigens finden das gesamte Jahr über in der Villa kulturelle Veranstaltungen, z. B. Konzerte statt. Ein Blick in den Terminkalender lohnt sich.





In der Villa gibt es noch einige Gegenstände der früheren Besitzer zu sehen, einer Familie, die mit Seidenproduktion sehr reich wurde und wieder bettelarm, als ein Schiff mit den von ihnen bereits verkauften Waren im Meer versank. Die Villa wurde zwangsläufig verkauft. Mehrfach. Der heutige Besitzer hat sich bemüht ihren räumlichen Zustand von 1871 wieder herzustellen. Die Treppenhausgestaltung ist beeindruckend schön:



Ein besonderer Ort von innen und außen, auch hier ist die Aussicht vom Dach auf Cosenza in alle Richtungen bonfortionös.




Piazza Bilotti

Auf zur architektonischen Schönheit der Moderne: der Piazza C. F. Bilotti am nördlichen Ende der Salita U. Adamo (die in den Corso Mattini mündet).



Oberhalb ein Platz mit beeindruckender Architektur – und natürlich Kunst –, unterhalb eine Tiefgarage und eigene kleine Stadt mit Bibliothek und Kultur.




Leonardo da Vinci – 500 Jahre Genius



Auch Cozenza feiert, wie wohl ganz Italien, über 500 Jahre das Genie des Leonardo da Vinci und hat eine weitere junge multimdediale Köstlichkeit zu bieten, die man sich wirklich nicht entgehen lassen sollte! Direkt unterhalb der Piazza Bilotti neben dem Restaurant einer Fast-Food-Kette ist das Leben und Schaffen, die Philosophie des Genies Leonardo da Vinci berührend visuell und musikalisch in Szene gesetzt. Modern, mitreißend … wow! Auch für diesen Aufenthalt sollte man ungefähr eine Stunde einkalkulieren.

Danach lässt man sich über den autofreien Corso Mattini treiben. Er führt ca. 2 Kilometer bis zur Piazza de Bruzi mit der Skulptur eines großen Soldatenhelmes im Wasser – zum beeindruckenden Gedenken gefallener Soldaten weltweit.



Aber vorher laden viele Läden auf dem Weg dorthin zu einem Einkaufsbummel ein. An seinen Querstraßen stehen Bauern, die ihre frischen Gemüse frisch vom Feld oder direkt vom Baum, die Zitrusfrüchte aus ihren Kastenwagen verkaufen.



Eine Tüte frischer und so gut schmeckender Mandarinen für unterwegs für einen Euro. Das ist einfach Glück!


Museo All'Aperto Bilotti Cosenza



Wer sich nicht all zu sehr für feine italienische Schuhwaren oder Mode interessiert, kann sich auf den Corso Mattini wieder den schönen Künsten widmen. Überall auf dem Weg warten beeindruckende Skulpturen zeitgenössischer italienischer Künstler darauf, bestaunt zu werden. 1,5 Kilometer „Museo All’Aperto Bilotti” – Kunst im Freien! Zwischendurch kann man in einem der vielen Caffes sich einen Espresso gönnen und feinste italienische Pasticceria genießen. Hier ist schon am frühen Morgen Cosenza voller Leben, das menschliche Treiben ist enorm, denn unweit vom Piazza C. F. Bilotti liegt der Busbahnhof.




BoCs Art Museum

Nicht weit vom Piazza de Bruzi in der Piazza Tommaso Campanella, steht zu Füßen der Altstadt die Chiesa di San Domenico. Ihr Kirchenschiff lässt sich ins Mittelalter datieren und ihr Inneres demonstriert den Spätbarock. Zur Zeit wird sie restauriert, so dass wir sie nicht besuchen können.



Aber in das dazu gehörige antike Kloster mit Kreuzgang, Complesso monumentale di San Domenico, ein architektonisch exemplarisches Beispiel vom Übergang der gotischen Form zur frühere Renaissance wurden wir eingeladen. Der Philosoph Tommaso Campanella war hier im Jahr 1588 zu Gast. Ihn beeindruckte das Denken und Schaffen des Philosophen Bernadino Telesio. Zur Zeit des zweiten Weltkrieges wurde das Kloster vom Militär fremdgenutzt. Mittlerweile der Gemeinde Cosenzas gehörend, residiert hier das Kulturdezernat der Stadt mit dem Tourismusbüro.

Ein Ort der kulturellen Begegnung, wie wir selber erleben dürfen. Wir Journalisten sind eingeladen anlässlich des 2. Tourismusforums der Stadt und dürfen den Organisatoren und dem Bürgermeister Mario Occhiuto zuhören, welche Pläne sie in Zukunft für die Stadt haben. Occhiuto, im Hauptberuf Architekt, ist ambitioniert und möchte sein Cosenza noch weiter zu einem Ort der modernen und kulturellen Begegnung ausbauen. Für ihn gehört im Stadtinnenbereich das Auto nicht dazu: „Die Stadt soll den Menschen gehören und nicht den Autos.”, erklärte er in seinem Vortrag. Der Plan sieht den Ausbau der Straßenbahnen und viel grünen Passagen vor. Cosenza wird in zehn Jahren noch einmal ein anderes Antlitz zeigen – und das kann sehr schön werden!

Dieses ehemalige Kloster aus dem Jahr 14681 beheimatet aber auch das BoCs Art Museum. Konzeptkunst von Künstlern aller Couleur wird hier gezeigt. Die Stipendiaten ziehen im Sommer für zwei Wochen in die Boxen am Fluss, um auf Kosten der Stadt zu logieren und zu arbeiten. Verpflichtung:







Die dort entstandene Kunst steht der Stadt zur Verfügung und wird hier in einer jährlich wechselnden Ausstellung hier im Museum aber auch an anderen Orten in der Stadt präsentiert.



Ein großartiges Projekt für Kunstschaffende. Die Kunst, die wir dort sehen, bedrückend, spannend … auf alle Fälle beeinflussend. In der jüngsten Vergangenheit haben geflüchtete Menschen Kunst geschaffen und das schreckliche Erlebte in ihrer Kunst (hoffentlich) ein wenig verarbeiten können.





Immer noch nicht genug Kunst gesehen? Kein Problem, es geht noch weiter, und … noch waren wir nicht einmal in einer Kathedrale, nicht wahr? Vom Kloster aus geht es über eine kleine Brücke, Ponte Mario Martire, die über den Busento führt hoch in die Altstadt.


Galeria Nazionale Di Palazzo Arnone



Einige andere Kunstobjekte aus dem Projekt des BoCs Museums, sind in der Galeria Nazionale Di Palazzo Arnone, dem ehemaligen Gefängnis von Cosenza, zu sehen. Ein riesiger Palazzo auf dem Hügel Triglio. Das Gebäude wurde im Anfang des 16. Jahrhunderts gebaut und noch vor Fertigstellung vom Bauherren Bartolo Arnone an die Stadt Cosenza verkauft. Das Gelände ist von beeindruckender Größe und wurde zwischenzeitlich auch als Gerichtshof und Gefängnis der Bourbonen genutzt. Die Freiheitskämpfer Attilio und Emilio Bandiera sollen hier wohl ihre letzten Tage verlebt haben. Volksaufstände und wieder die Erdbeben, setzten dem Palazzo immer stark zu. Seit 2009 ist hier die Aufsichtsbehörde für das historische, künstlerische und ethnisch-anthropologische Erbe Kalabriens ansässig.



Die Gemäldesammlung beinhaltet Momente der italienischen Kunst Süditaliens vom 16. bis 20. Jahrhundert. Wir sehen hier Werke von in Kalabrien geborenen Malern, Pietro Negroni über Mattia Preti bis Umberto Boccioni und angesichts der historischen Abhängigkeit Kalabriens von Neapel natürlich neapolitanische Künstler, die die lokale Malerei beeinflussten.

Das Museum ist innenarchitektonisch beeindruckend neu gestaltet. Dem in Cosenza geborenen Zeichner und Illustrator Umberto Boccioni ist dort eine eigene feste Ausstellung gewidmet, alleine die Innenarchitektur dieser Ausstellung steht für sich!



Seine Skulptur Unique Forms of Continuity in Space lässt sich hier ebenso bewundern.



Ein Ausstellungskomplex widmet sich der Contemporary Art – und hier findet man auch wieder einige Exemplare der Künstler aus dem BoCs Art Museum-Projekt. Die künstlerische Ästhetik dieses Museums treibt selbst bei der Feuersicherheit bemerkenswerte Blüten …

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Museo dei Brettii e degli Enotri



Wenige Meter weiter besuchen wir in der Salita Sant’Agostino erneut ein Kloster in dem heute das Museo dei Brettii e degli Enotri – das archäologische Nationalmuseum residiert. Wir werden durch die Zeitgeschichte der Region bis zurück in die Bronzeezeit geführt.



Fundstücke aus archäologischen Grabungen in und rund um Cosenza und in ganz Kalabrien kann man hier chronologisch sortiert sehen! Beeindruckend die Münzsammlung: Römische Münzen



in exzellentem Zustand sowie griechische, brettische, spätromanische und mittelalterliche Münzen sind hier ausgestellt.



Für diese umfangreiche Ausstellung sollte man sich etwas mehr Zeit nehmen – die Zeitreise beeindruckt. Es ist sinnvoll dieses Museum gemeinschaftlich mit der Galeria Nazionale Cosenza zu besuchen. Dieses hier wenn möglich zuerst, danach sollte man sich der Kunst Cosenzas zuwenden.


Teatro di tradizione Alfonso Rendano



Wir dürfen einen kurzen Stopp im Teatro di tradizione Alfonso Rendano der Commune Cosenza machen. Dieses Theater hat eine lange Geschichte, die Ursprünge dieses Kulturortes liegen weit zurück in der Renaissance. Mehrfach aufgebaut, zerstört, daher wieder abgerissen, steht es heute an diesem Ort in seiner Form, wie es 1877 gebaut wurde – aber erst 1909 eröffnet worden ist. Auch hier gab es im ersten und zweiten Weltkrieg Fremdnutzung durch das Militär und infolge vielfache Beschädigungen. Der heutige Zustand dieses Theatro im neoklassischen Stil wurde 1960 beauftragt.



Der historische Vorhang, der von Domenico Morelli entworfen und 1901 vom Neapolitaner Paolo Vetri ausgeführt wurde, ist bis heute erhalten!



Der große Zuschauersaal der heute noch bei Gastauftritten gefüllt ist – ein festes Ensemble hat das Theater leider nicht mehr – die große Bühne bis hinter in die Kulissen,



wir dürfen überall hin, gucken und staunen. Es ist toll mal wieder auf einer Bühne zu stehen! Wenngleich …



Hier ist die ganze Geschichte des Teatro in Gänze zu lesen, ich empfehle deepl.com für die Übersetzung.


Museo Diocesano



Wir gehen weiterhin durch die Altstadt. Nahe des Doms in der Piazza Aulo Giano Parrasio lädt das Museo Diocesano ein, das Kreuz von Friedrich II. zu bestaunen, die Ikone der Madonna del Palero, der Schutzheiligen Cosenzas



und sehr viel mehr.



Ein kleines feines Museum, dessen Artefakte mir gelegentlich etwas gruselig scheinen.


Kathedrale Il Duomo

Und da wir nun in der Nähe sind, können wir auch einen Fuß in die Kathedrale setzen. Il Duomo. Liegt auf der Piazza Duomo, der alten Piazza Grande, die einst der Mittelpunkt Cosenzas im 19. Jahrhundert war. Die Kathedrale gehört seit 2011 zum Friedenskulturerbe der UNESCO. Die Grundmauern der Kathedrale aus dem 11. Jahrhundert wurden in Erdbeben zerstört. 1222 wurde die Kathedrale in Anwesenheit von Kaiser Friedrich II. feierlich nach ihrem Wiederaufbau eingeweiht.

Hier wurden eine Zeitlang die sterblichen Überreste der schon erwähnten Gebrüder Bandiera aufgebahrt bis sie 1967 nach Venedig überführt worden sind. Noch heute liegen hier die Gebeine von Henry dem Skyanx, dem angeblich ungeliebten Sohn Friedrichs II. über dessen Tod durch die Hände des eigenen Vaters bis hin zum Selbstmord gemunkelt wird. Ebenso ruht Isabella von Aragon, Gattin von Philipp dem Kühnen König von Frankreich, die mindestens genauso kühn gewesen war, soll sie einem Sturz von einem Pferd an einer Fehlgeburt zugrunde gegangen sein. Übrigens habe ich bisher noch nie so viele Beichtstühle in einer einzigen Kathedrale gesehen.

Dieses ist ein klitzekleiner Umriss der Kunst und Kultur, der ich in nur drei Tagen Cosenza begegnen durfte – und das sind beileibe nicht alle Sehenswürdigkeiten und Schönheiten dieser Region – denn, wir waren noch nicht einmal gemeinsam essen, nicht wahr?

Ich möchte wirklich so sehr gerne noch einmal nach Cosenza – ich bin noch überhaupt nicht fertig mit diesem wunderschönen Ort!