In der aktuellen Ausgabe vom Sweet Paul Magazine ist nicht nur auf dem Cover ein Foto einer unglaublich Pavlova (Baiser-Torte), die mich extrem anmacht – obwohl mich Baiser nie extrem anmacht. Es sind auch wirklich feine Ricotta-Rezepte enthalten – und ein Grundrezept für ein „Mach ihn selbst”-Ricotta. Ricotta selber machen ist wirklich einfach, und zwar so etwas von einfach.
Die erste und einzige komplizierte Hürde meinerseits: ein Thermometer musste her das in Flüssigkeiten Temperaturen misst. Hatte ich nicht. Nachdem mein Backofenthermometer neulich kaputt gegangen ist, habe ich nach Intuition Gargut im Ofen bedient (was unter uns gesagt auch vorzüglich funktioniert.)
Also habe ich das Internet befragt, das warf als günstige Variante, gut rezensiert dieses Modell in den Raum. Nun lebe ich in Berlin und bin oft der naiven Meinung: „Das bekommste auch im Handel!” Wenn der Preis sich in einem ähnlichen Verhältnis dreht, unterstütze ich hier gerne den Laden vor Ort.
Natürlich bekommt man Thermometer dieser Art, aber zu was für interessanten Preisen? (Das gleiche Thermometer gibt es auch bei einem ebay-Händler zum Amazon-Preis incl. der Versandgebühren.) Der Handel ruft also Markenprodukte für ab 17,– bis 29,– Euro auf. Bei Karstadt, Conrad Electronics (gleiches Produkt 10,– Euro teurer, also teurer als bei denen im eigenen Online-Shop!) und Media Markt. Lange Rede, kurzer Sinn. Ich kaufe gerne im Handel vor Ort. Aber manchmal macht er es einem wirklich nicht leicht.
Als ich frustriert nach Hause schleichen wollte, um doch das Internet bemühen, lagen im MM solche Thermometer für fünf Euro auf der Sonderverkaufsfläche. Und ehrlich, dafür dass ich das Produkt bisher nie in meiner Küche vermisst habe und es vielleicht 3-4 Mal im Jahr zum Einsatz kommen dürfte?
Beflügelt ob des neuen Thermometers ging ich zum Supermarkt mit dem schlimmen Deppenapostroph im Eigennamen und erwarb zwei Liter Hemme-Vollmllch und zwei Becher Hemme-Sahne. Sowie einen Sack Zitronen. Auf die Milchprodukte von Hemme schwöre ich. Die Milch schmeckt wie Milch schmecken soll. Und die Sahne bildet noch echten Rahm, wenn sie etwas länger steht.
Im Originalzezept bei Sweet Paul wird ein ganzes Kilo Ricotta produziert, ich habe mich erst einmal mit der Hälfte zufrieden gegeben – meine Mengenangaben daher in Klammern.
Zutaten
3,8 l Vollmilch (1,6 l Vollmilch)
480 g Sahne (240 g Sahne)
80 ml Weißweinessig oder frischer Zitronensaft (40 ml Zitronensaft)
Zubereitung
Die Milch kommt zusammen mit der Sahne in einen Topf auf den Herd. Die Herdplatte soll mäßig heizen, also eher auf 5-6 stellen denn auf 9. Nun heißt es geduldig sein. Zeitung oder ein Buch neben dem Herd liegen haben hilft prima gegen Langeweile. Ich habe – mein erstes Mal halt – das Thermometer die ganze Zeit in die Flüssigkeit gehalten und mir angeguckt wie über (gefühlt sehr) lange Zeit die Temperatur ansteigt. Übrigens kocht so Milch viel viel langsamer hoch (und gegebenenfalls auch über), wenn man direkt daneben steht. Könnt Ihr glauben!
Irgendwann – eine automatische Thermometerabschaltung und eine quenglige unter dem Rock in den Strumpfhosen hängende Katze später – erreichten wir gemeinschaftlich die 88 Grad Celsius, auf die die Flüssigkeit maximal erwärmt werden sollte. Dann nahm ich den Topf vom Herd, rührte den Zitronensaft hinein, woraufhin sich Milch und Sahne prima schüttelten und ordentliche Gerinnungsmerkmale zeigten. Laut Rezept erhielt der Topf eine Abdeckung mit einem Küchentuch und Milch, Sahne und Zitrone durften sich gemeinschaftlich abkühlen.
Diese Menge goß ich nach einer guten Stunde des Chillens durch ein Sieb in dem ich ein Mulltuch ausgelegt hatte und tatsächlich hatte ich so ratzfatz meine erste selber gemachte Portion Ricotta im Sieb. Zart, fluffig, fein. Ich ließ ihn dann über Nacht weiterhin im Kühlschrank noch abtropfen und am nächsten Morgen, war die Masse recht schnittfest.
Toll!
Einen Teil vom Ricotta habe ich zum Frühstück mit Honig verdrückt, ein weiterer Teil wanderte in den Kühlschrank, der wird sehr wahrscheinlich noch in Ravioli wandern. Aus dem letzten Teil formte ich kleine Bällchen und legte diese (auch durch an ein Rezept von Sweet Paul inspiriert) mit Salz, Pfeffer, frischen Knoblauch, Chili, roten Pfeffer in gutem kretischen Olivenöl ein. Frischer Thymian und Rosmarin dran – das wird sicherlich sehr nett heute Abend mit frischem Brote.
Übrigens habe ich anlässlich der Ricotta-Bällchen erstmals von einem sehr tollen Trick von Jamie Oliver, neulich aufgeschnappt, profitiert. Ihr kennt das sicherlich auch, man kauft ein Bund oder eine Packung frischen Chili. Und wenn dieser nicht sehr schnell verbraucht wird, ist er ganz schnell vertrocknet oder im Kühlschrank verschimmelt. Jamie riet die Schoten einfach einzufrieren, bei Bedarf aus dem Tiefkühler entnehmen und kurz unter Wasser zu halten und schon hat man sehr frischen Chili zur Hand. Funktioniert ganz wunderbar!
Jetzt werde ich mal gucken, ob ich im Dreh Lab bekomme. Bin jetzt angezickt und möchte mich als nächstes an Mozzarella probieren!
Edit: Der Einwurf von Hande, @vinoroma, kam, dass ich gar keinen Ricotta, sondern nur Frischkäse gemacht habe, weil Ricotta aus Molke zubereitet wird. Einen ähnlichen Hinweis gab es ja gestern auch von Peggy Schatz Insofern ein guter Hinweis, weil das halbe (deutschsprachige) Netz die Frischkäsezubereitung als Ricotta-Zubereitung verkauft.
Noch einmal genauer hingeguckt und tatsächlich, die zweite Hälfte im deutschsprachigen Netz sagt, der Ricotta entsteht aus der Molke, die früher aus der Zubereitung von Pecorino gewonnen wurde. Also aus Schafsmilch. Ursprünglich.
Es bleibt spannend.
Das ist dann aber leider ein elementarer redaktioneller Fehler im Sweet Paul Magazin.