Ich arbeite ja gerne mit Ton. Und irgendwann schieße ich mir noch bei den üblichen verdächtigen Portalen eine Töpferscheibe (Tischränderscheibe). Neulich nach einem persönlichen Gau, erhielt ich den ergotherapeutischen Auftrag den Ton am Tisch zu erschlagen, alternativ den Tisch mit dem Ton zu verprügeln. Da hatte es erst spät bei mir geklingelt: meinen Frust hätte ich nun wirklich schon Tage früher mit einem guten Stück Hefeteig aufbereiten können.
Also lautete die mir selbst gestellte Hausaufgabe in diesen Tagen, dass ich viel mit Teig zu arbeiten habe. Und den wundervollen Umstand geschätzt, dass ich nun einen elektronischen Ofen habe, also kein schnell das Keksgut verbrennendes Gas mehr, und zwar mit Eieruhr inside, habe ich mich ans Plätzchen backen gemacht. Ein Spaß, den ich mir in den alten Gemäuern mit dem eh auch schrottigen Herd nicht mehr zumuten wollte.
(Links die Sablés, rechts die Marzipanplätzchen.)
Den Anstoß gab mir neulich Eva Ohrem mit diesen wundervoll aussehenden Pistazien-Sablés. Da ich es grundsätzlich nie nie nie schaffe bei dem Originalrezept zu bleiben und ich zum akuten Zeitpunkt meiner Backlust keine Pistazien im Haus hatte, wanderten bei mir in den Teig dafür gehobelte Mandeln. Den roten Pfeffer bekam ich dann Freitag auch nicht auf dem Markt, weil dieser sich einer Xaver-Pause hingegeben hatte. Somit wanderten die dafür mittlerweile zugelaufenen Pistazienkerne in den Zucker und wurden gemeinsam gemahlen und dienten als Umrundung der Kekse.
Mangels der Zutaten schlief mein Teig dann noch eine Nacht im Kühlschrank. Und die Eiweiße hatte ich vorher zu Schnee geschlagen. Einfach, weil ich Bock hatte auf Eischnee schlagen. Die Kekse sind verführerisch lecker! Die mache ich bestimmt noch mal in der originalen Variante mit Pistazien und dem roten Pfeffer.
Die zweiten Plätzchen sollten Marzipan-Plätzchen sein. Einfach weil … Marzipan-Plätzchen müssen sein. Da ich wiederum keine Butter mehr im Haus hatte, passte mir das Rezept von cakeinvasion ganz gut in die Küche, denn diese Kekse werden mit Öl gemacht. Praktisch dabei, dass ich die beiden Eigelbe von den Sablés hier verwenden konnte. (Das Originalrezept habe ich um die Hälfte reduziert. Aus der Masse habe ich ungefähr 40 Kekse herausbekommen.) Als Zucker habe ich früher mit übrig gebliebener Orangeschale versetzten Orangenzucker genommen, damit sich die Schale der Orange nicht so alleine fühlen musste. Den Rum musste der Rumtopf spenden. Der Rest passierte tatsächlich wie im Originalrezept von Shia. Im Bild sind es die mit den Zierkirschen und Mandelblättern.
Auch diese Kekse sind fein, jedoch würde ich für eine nächste Variante die Menge an Backpulver drastisch reduzieren.
(In der Mitte Grieß-Herzen mit Lavendelblüten, die einfach keine Grieß-Herzen mit Lavendelblüten werden wollten und einige wirklich legendär tolle Schmalznüsse drum herum.)
Im Sonderheft von LandIDEE „Adventsbacken” standen dann die Rezpte für die nächsten beiden Kekse. Das Heft leistete ich mir neulich anstelle der üblichen Frauenzeitschriftenbeilagen. Ich fand sehr charmant, dass hier die Kekse nämlich auch mal nicht perfekt und gelackt aussehen.
Als erstes sprangen mich die Schmalznüsse bzw. Schmalzplätzchen an. Die lasen sich so lapidar, dass ich sofort dachte, das muss noch ein Kulturgut aus Kriegstagen sein. Und weil ich sie noch nie kennengelernt habe zuvor, dachte ich, es würde nun Zeit werden.
So wanderten laut Rezept 75 g Schmalz, 50 g Butter, 85 g Zucker und 2 EL Vanillezucker in einen Topf und wurden schaumig geschlagen. Ich sage es mal so, LandIDEE nimmt es stellenweise nicht so ganz genau mit den Rezepten. Man muss sich schon denken, dass Schmalz und Butter auch vorher geschmolzen sein dürfen bzw. sehr sehr weich sein müssen. Auch bei dem einen Teelöffel Hirschhornsalz erwähnen alle anderen (von mir später gelesenen) Rezepte im Web, dass man es in etwas Wasser auflösen soll. Steht hier nicht, tat ich also auch nicht, sondern mischte es einfach unter die 200 g Mehl und 50 g gemahlenen Mandeln. Ich habe keine Ahnung, was nun Pluspunkte bringt oder nicht.
Mehl, Mandeln, und Hirschhornsalz werden zu Schmalz/Butter gegeben, der Teig vermengt, was eine sehr schöne entspannende Arbeit ist, denn der Teig lässt sich gut kneten und pflegt die Hände und duftet sehr gut nach Schmalz.
Oder auch zu sehr nach Schmalz. Jedenfalls bekam ich kalte Füße und mengte noch anderthalb Teelöffel Spekulatiusgewürz darunter. Dann durfte mein neuer Freund in den Kühlschrank wandern und sich dort 12 Stunden lang frisch machen.
Heute früh habe ich den Teig aus dem Kühlschrank genommen und ihm etwas Zeit gegeben, sich weicher zu machen. Er scheint ein Morgenmuffel zu sein, vorher war nämlich nichts mit ihm anzufangen. Dann habe ich ihn gevierteilt, Rollen geformt und ca. 1 cm dicke Scheiben abgeschnitten und Kügelchen geformt, die leicht platt gedrückt werden.
Da ich ein klein wenig Hoffnung habe, mein Schweizer Nougat-Vorrat könnte demnächst wieder aufgefüllt werden, spendierte ich einigen Kugeln für ein wertvolleres Inneres kleine Nougatstücke. Andere Kugeln bekamen schöne Zartbitter-Bohnen aufs Haupt gesetzt. Und die Kugeln, die mehr oder weniger Solo blieben, erhielten etwas Zimtstaub und Pistazienkrümel. Man gibt eben, was man hat.
Als diese dann in den vorgeheizten Ofen wanderten und sich dort bei 180 Grad Ober- und Unterhitze ca. 15 Minuten lang aufwärmten, durchzog ein sehr stringenter Duft meine Küche, der mich leicht panisch an eine Katze mit Niereninsuffizienz erinnerte. Es roch schlicht und immer zunehmend ziemlich stark nach Katzen-Pipi! Und auch wenn mich beruhigte, dass der Duft gar nicht dem Mülleimer entwich, sondern ein olfalktorisches Geschenk des Ofens war, muss ich gestehen, war dies der Moment in dem meine sehr neue Beziehung zur Schmalznüssen ernsthaft auf der Kippe stand. Kurz: als sie fertig waren, traute ich mich kaum noch sie zu probieren und überlegte ernsthaft, sie zuerst testweise in Tüten an Freunde und Nachbarn zu verteilen und erst einmal still aber sehr gespannt auf deren Gesichtsausdruck zu vertrauen.
Dann war ich aber doch eine bessere Freundin und Nachbarin und probierte tapfer selbst. Prompt habe ich mich in Schmalznüsse so etwas von Hals über Kopf verliebt, denn sie knuspern total schön am Anfang und zerschmelzen dann auf der Zunge und der leichte salzige Schmalzgeschmack harmoniert sehr fein mit der Süße. Kurz: zum Glück habe ich noch einen halbvollen Tiegel Schmalz, denn die paar Plätzchen können unmöglich reichen. Jedenfalls nicht, will ich weiter eine gute Freundin oder Nachbarin bleiben und mit ihnen teilen.
Also wenn sich das mit den Schmalznüssen so verhält, wie mit den Steckrüben, nämlich dass sie ewig lange vernachlässigt wurden, weil man sie wegen Kriegstagen vom Adventstisch verbannt hat oder weil vegetarische/vegane Kekse viel mehr en vogue sind: ändert das bitte! Die Schmalznüsse sind unglaublich wundervoll und ich bin sehr froh, sie endlich getroffen zu haben.
Das nächste Rezept aus dem gleichen Heft, das mich ansprach, war das mit den Grieß-Herzen mit Lavendelblüte. Weil nämlich: ich hatte noch zwei Tüten Mohnmasse vom letzten Jahr, als ich keinen Mohnstollen gebacken hatte, wie auch dieses Jahr – und die mussten nun weg. Ich suchte also nach einem Rezept für Mohnkekse, las „Grieß” und „Lavendel” und blieb hängen!
Lavendel kann ich im Essen eher nicht leiden, mir schmeckte ein einziges Mal leicht mit Lavendel parfümierte Sahne. Ansonsten mag ich den Geschmack einfach nicht. Ich wollte aber der ganzen Chose noch einmal eine Chance geben und wähnte noch irgendwo Lavendelblütenvorräte, die ich aber offensichtlich schon vernichtet hatte, weil ich nämlich wirklich Lavendel im Essen gar nicht mag. Dabei fiel mir ein, dass ich tatsächlich mit den Blüten letzten Sommer Lavendelzucker angesetzt hatte (wegen der Sahne) und ich beschloss den Zucker zu verwenden, was ich dann aber doch nicht tat, weil ich mich lieber entschied den Rosenzucker zu nehmen.
Dann wurde ich völlig wild und gab noch Rote Beete-Pulver zu dem Gemisch von 150 g weicher Butter, 120 g (Rosen-)Zucker, Abrieb einer Orange und einem Ei. Denn Rote Beete-Pulver hatte ich irgendwann für Nudelteig gekauft, den ich dann doch nie rot gemacht hatte und ich dachte, wenn schon dann richtig anders machen. So fügte ich noch zwei große Esslöfel von der Mohnmasse hinzu bis ich 150 g Weichweizengrieß, 100 g Mehl, 1 Teelöffel Backpulver und 50 g gehackte Mandeln unter die Masse rührte.
Diese Masse war eine verdammt nasse Masse und ich besserte mit etwas Mehl nach und tat sie in den Kühlschrank – so wie es nicht im Rezept stand. Die größte Schwierigkeit bestand dann darin, denn immer noch ziemlich feuchten Teig auszurollen. Wozu ich die supertollen Teighölzer verwendet habe, die ich letztes Jahr von der lieben Monika aus der Schweiz mitgebracht bekommen habe – nachdem ich diese zaghaft fragte, warum ihre Plätzchen so perfekt gleich hoch sind. Ich finde die Dinger ungemein praktisch!
Das Ausrollen klappte dann irgendwie mit List und Tücke und unter der Masse liegendem Backpapier, über der Masse liegender Einkaufs-Gefriertüte. Da ich nur bescheuerte, mich meine letzten Nerven kostende, echt blöde Ausstechformen habe, swichte ich elegant zum Raviolistempel rüber und stempelte schöne große runde Teige, die allerdings ein bisschen gouvernantenhaft aussahen, so als müsste man noch etwas mit ihnen anstellen.
Meine Wildness kannte mittlerweile keine Grenzen, also füllte ich die runden Kekse mit etwas Mohnmasse, denn die zweite Tüte musste ja auch immer noch weg und krümelte etwas Pistazienkerne vorne an die eine Seite. Hinten wurden die Kekse hoch und zusammengeklappt und so wanderten sie hübsch in pink in den Ofen bei 160 Grad (180 Grad Umluft) für knappe zehn Minuten.
Wenn ich mir das Foto von den in der Vorkonzeption angesteuerten Grieß-Herzen mit Lavendelblüten im Heft angucke und meine finalen Grieß-Mohn-Rote-Beete-Pistazien-Hochklappkekstüllen, dann könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Aber Letztere schmecken unglaublich gut. Leider muss ich auch die als gute Freundin und Nachbarin teilen.
Irgendwas ist ja immer.