2013-12-02

Orgel

Mein Verhältnis zu klassischer Musik ist: ich höre sie. Ich höre sie nicht zu Hause, klassische Musik auf CD gibt mir nicht so viel. Aber wann immer ich die Chance erhalte, echte Streicher, Pauken, Fagotte, Flöten, Harfen und ein ordentliches Cello zu hören, bin ich dabei. Ballettmusik liebe ich, aus Gründen, sowieso.

Wenn es etwas gibt, wofür ich meiner Mum heute noch einmal danken würde wollen, dann dafür, dass sie dafür gesorgt hatte, das ich als Kind sehr früh Zugang zu allen möglichen Musikrichtungen erhalten hatte. Ob es nun Klassik war oder Jazz oder der ganze neumodische Kram, dem ich als Konsumentin sicherlich am ehesten zugetan bin. Es gab in unserem Umfeld viele Musiker und so erhielten wir die Chance mit Freikarten in alle möglichen Konzerte zu gehen. Oft weniger, weil wir Fan der Musikrichtung waren (ein Bekannter spielte im RIAS Tanzorchester) sondern weil wir die jeweiligen aufspielenden Freunde unterstützen wollten. Ich durfte, na gut, manchmal musste ich auch, mit. Und es hat mir nie geschadet – obwohl ich sicherlich in jungen Jahren nicht immer verstand, was ich da hörte. Die Jazz-Konzerte, vor allem vom zweiten Lebenspartner (nach der Trennung meiner Eltern) meiner Mutter, einer Vertreter der deutschen Jazzszene, hochintelligent – deswegen auch im Vorfeld ungemein anstrengend – dass er mir als Kind den Spaß an seiner Kunst prima stahl. Der erste Lebenspartner indes, Afro-Amerikaner, der guten erdigen mitreißenden Jazz mit seiner Band spielte, hat in mir Ohren, Herz und Gemüt für diese Musikrichtung geöffnet.

Aber zurück zur Klassik. Benennen nach dem Hören könnte ich die üblichen „Klassiker”. Ansonsten liege ich da beim Level Schulbildung. Mittlerweile habe ich mich auch der Modernen geöffnet, obwohl meiner unwissenden Meinung nach da unglaublich viel Mist komponiert wird.

Es ist Musik, es ist der Respekt vor diesen Menschen, die Talent besitzen und viel Mühe aufgewendet haben, um ein Instrument „zu beherrschen” (wobei dieses Wort ein ungemein hässliches ist, das sie sich die deutsche Sprache dafür ausgedacht hat – als ginge es bei Liebe zu einem Instrument und zur Musik um Krieg.), das mich zusätzlich zum Hörgenuss immer sehr beeindruckt.

Wofür ich eine ganz besondere tiefe Zuneigung hege, das ist die Orgel. Musik in Kirchen ist sowieso meinem Empfinden nach besonders schön, die Stimmen klingen schöner. Und Instrumente sowieso. Aber wenig kommt dagegen an, wenn in heiligen Hallen dieses Monster eines Instrumentes erklingt. Orgelmusik bläst mir mein Hirn frei. Nach der Orgel kommt erst einmal ganz lange Zeit gar nichts.

Neulich habe ich entdeckt, dass in fußläufiger Weite in der St. Hedwig Kathedrale, die ich aufgrund ihrer Architektur sehr mag, an der Museumsinsel, am 1. Sonntag im Monat um 19:30 Uhr ein Orgelkonzert stattfindet. Der Eintritt ist frei, um eine angemessene Spende wird gebeten. Übrigens kann man dort auch jeden Mittwoch um 15:00 Uhr in den Genuss einer halben Stunde Orgelmusik kommen.

Gestern war also der 1. Sonntag im Monat und erster Advent. Ein guter Tag, um sich die Kunst der Orgel zu gönnen. Es spielte der zweite Organist der Kirche auf, Dr. Florian Wilkes. Und es war großartig. Es waren viel weniger Menschen anwesend als ich vermutet hatte. Schließlich sind in fußläufiger Weite zwei Weihnachtsmärkte offen. Ich hatte gedacht, der Zulauf wäre viel größer.

Gespielt wurden Werke von Franz Liszt und Richard Wagner. Wobei Liszts Consolation No. IV schon, höflich umschrieben, harte Kost war um es von einer Orgel interpretiert zu hören. Quasi Metal an Orgel. Vielleicht bin ich auch nur derzeit etwas empfindlich, schließlich höre ich auch Hard Rock. Nun denn … Die ausgewählte Stücke von Wagner, dessen Talent ich, gebe ich, deutlich weniger erlegen bin als der Rest der Welt. indes waren vergleichsweise anmutig und öffneten das Herz. Interessanterweise gab man den „Karfreitagszauber” aus dem Parsifal, passend zur Jahreszeit.

Es war wundervoll, wir forderten zwei Zugaben. Dann war uns kalt genug, um in das vorweihnachtliche Berlin wieder hinaus zu treten. Schön!

Am 5. Januar spielen Dr. Susanne Ehrhardt und Thomas Sauer Werke von Bach, Mozart und Vivaldi für Flöte und Orgel.

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