2023-03-26

Nerven

Gestern habe ich Nerven gezeigt. Habe jemanden auf sehr hässliche Weise seine Grenzen aufgezeigt. Und das Schlimme daran ist: Es tut mir nicht einmal mehr leid.

Ich weiß nicht, ob es euch auch so ergeht, vielleicht ist es ein reines Berliner Ding. Aber in meinem Erleben haben mit der Covid-Zeit die allermeisten Menschen jegliches Benehmen (so sie es denn vorher hatten) an den Nagel gehängt. Und ohne jetzt hier die Männlein/Weiblein-Schiene aufmachen zu müssen – aber ich erlebe schlechtes Benehmen, Ignoranz, Unhöflichkeit vor allem bei den Herren. Was geht eigentlich ab bei euch, Jungs?

Ich bin gerne höflich und erwarte das auch in einem Miteinander. Dass man geschlechterübergreifend sich die Türen aufhält, in Jacke und Mäntel hilft, mit kleinen Aufmerksamkeiten und Taten sich gegenseitig den Tag verschönert. Aufmerksam ist, zur Seite steht. Fürsorglich ist, anderen das Leben hier und da einfacher gestaltet. Aber ich haben zunehmend das Gefühl, ich bin da ein echtes Auslaufmodell. Warum eigentlich?

Dass es offensichtlich eine Selbstverständlichkeit ist, dass Menschen wie ich, anderen Menschen die Tür (noch) aufhalten und dafür nicht einmal mehr ein Dankeschön bekommen, daran ist man in Berlin schon fast gewohnt. Das Einzige, was ich daraus mitgenommen habe, ich halte nur noch sehr ausgesucht anderen Personen Türen auf.

In der letzten Woche habe ich als Rad- bzw. Fußgängerin in drei Situationen AutofahrERn bewusst durch Handzeichen eingeräumt vor mir abbiegen bzw. weiterfahren zu dürfen, habe bewusst an Straßen gewartet – ohne dass ich es hätte tun müssen – damit sie fahren können, ohne stoppen zu müssen. Es gab in keiner dieser Situationen vom anderen Verkehrsteilnehmer ein Nicken oder ein Handzeichen des Dankes. Gut, mir doch in Zukunft egal, wann du die Straße räumen kannst. Ich werde es ab sofort nicht mehr tun und auf mein Recht in Verkehrssituationen bestehen.

Vornehmer Stehempfang neulich anlässlich der ITB. Es gab vereinzelt Stehtische, ein delikates Flying Büfett, ebensolchen Service mit Kellnern, die mit Tabletts umhergingen, um benutztes Geschirr direkt bei den Gästen einzusammeln. Wir stehen zu mehreren Personen am Tisch und essen, der erste Mann schmeißt uns seine benutzte Serviette vor die Teller auf den Tisch. Der nächste ungehobelte Waldschrat stellt – wieder ohne zu fragen – seine benutzten Teller dazu, während gegessen wird.

Der nächste Benimmbrecher trat an den Tisch in eine vermeintliche Lücke, fragte nicht etwa vorher, ob da noch frei sei und machte sich so breit, indem er uns anderen Personen einfach zur Seite drängte – und wir hinterher nicht mehr wussten, welches Glas seines war und welches unseres. Es geht nicht darum, nicht auch andere Menschen an einem Tisch essen lassen zu wollen. Aber seit wann fragt man nicht mehr vorher wenigstens, ob es okay ist? Ob der Platz frei ist? Macht wenigstens am Anfang kurz höflich Konversation – insbesondere in einem Treffen in einem beruflichen Umfeld?

Ich fand es erschreckend. Es ist auch mittlerweile offensichtlich üblich in Restaurationen, dass Stühle einfach von dem eigenen Tisch weggenommen werden ohne zu fragen, ob das okay sei.

Gestern stand ich mittags bei Kaufland in Neukölln (Okay! Drei Fehler in einem Satz: Samstagmittag. In Neukölln. Im Kaufland. Das macht man auch nur, wenn der eigene masochistische Grad sehr frei liegt an dem Tag) an der Selbstbedienungskassenschlange. Ich in der Mitte stehend, als nächste und einzige in der Reihe. Kommt so ein männliches Es, Typ überfüttertes Kronprinzenbaby, angeschlurft und stellt sich seitlich vor mich, mich ignorierend und mir war so klar, was der versuchen würde, sortierte mich schon mal vor ihn, und er stellte sich wieder seitlich vor mich hin. Dann tat er auch prompt bei der nächsten frei werdenden Kasse, was absehbar war, woraufhin ich ihn kurz am Arm packte, an ihm vorbei zog und ihm bestimmt erklärte, dass das Ende der Schlange hinter mir sei.

Und anstatt sich zu entschuldigen, denn er war leider nicht nur überfüttertes Kronprinzenbaby – nachdem er den Mund geöffnete hatte, musste ich nicht nur seine Unhöflichkeit aushalten, sondern auch die Dummheit, die ihm aus dem Gesicht und Mund sprang ertragen – fing er an rumzublöken „Warum ich ihn anfassen würde?“ Antworte ich, „Weil du dich nicht benehmen kannst.“ Dann meinte er diesen typischen Clan-Aggressor raushängen zu lassen, der in Neukölln bei jungen Männern sehr üblich ist und fing an, mich mit seiner Cola-Sucht-Figur körperlich bedrohen zu wollen. Also habe ich mich noch einmal umgedreht, habe mich sehr aufgerichtet (anderthalb Köpfe über seinem) und habe nur gesagt: „Himmel, du kannst doch froh sein, dass du überhaupt mal angefasst wirst, so hässlich wie du bist, musst du doch sonst dafür bezahlen!“

Das hatte gesessen, er ist zusammengesunken und hat nichts mehr gesagt. Gedroht hat er auch niemandem mehr. War fies, ja. Weil ich natürlich diesem spät pubertierendem Bengel in seine echte und richtige tiefe Wunde gestochen hatte. Aber ganz ehrlich, wenn Männer meinen, unhöflich sein zu müssen und in einer solchen Situation sich nicht einmal Mühe geben wollen, das eigene Verhalten zu hinterfragen – insbesondere dem anderen Geschlecht gegenüber – dann sollen sie sich nicht wundern, wenn das buddhistische Prinzip von Ursache und Wirkung ihnen um die Ohren pfeift. Bei ihm hat es gestern ganz gut gepfiffen, fürchte ich.

Jungs, Männer, bekommt euch jetzt bitte mal wieder ein. Hört mit dem Gegeneinander auf und fangt mal wieder mit dem Miteinander an! Es nervt. Vor allem aber: es macht euch so hässlich und so unattraktiv.

Das Problem ist nämlich, wenn – Ursache und Wirkung – wir Frauen das künftig auch so handhaben, weil wir alle null Bock mehr haben von euch so herablassend behandelt zu werden, dann wird es wirklich sehr unangenehm in unserer gemeinsamen Gesellschaft. Das kann keiner so richtig wollen.

2023-03-25

Hosen mit Gummizug

Geständnis: Ich musste heute erst einmal Wermelskirchen googeln. Ich hatte so eine Ahnung, wo das liegen könnte und jetzt, da ich es gegoogelt habe, weiß ich es wieder. Das liegt da im Bergischen Land. Bin ich immer vorbeigekommen, als ich noch nach Aachen gefahren bin. Irgendeine dieser Autobahnabfahrten, die sich in dieser Gegend schnell summieren.

Irgendeine Schule möchte nicht, dass Schüler in Schulen Jogginghosen anziehen. Das Tweet dazu hatte ich letzte Woche schon kommentiert, weil es mich wirklich ratlos zurückgelassen hatte – auf zeitlicher, auf modischer, auf intellektueller sowie auf gesellschaftlicher Entwicklungsebene. Inzwischen vereint dieses Wermelskirchen mit seiner Absage an die Jogginghose in Schulen die alten und neuen Bundesländer, wie es vorher keine Bundeskanzler*innen vermocht haben.

Das ist doch auch schön!

Ganz ehrlich? Man kann zu Jogginghosen eine Meinung haben. Aber schlussendlich sind die Dinger nicht erst Kult seit diesem einen Titanic–Cover. Und auch wenn die pastellisierten Seidenballonanzüge mit Gummizug in der Hose oben und unten von Dieter Bohlen und Thomas Anders nicht die schönste Modeepoche unserer Nation in den 90ern eingeleitet haben, spätestens seit denen ist die Jogginghose salonfähig. Das ist halt so. Die Jogginghose ist das Pendant zu den Leggins, die das Pendant zu den Röhrenjeans in den 50ern sind, die das Pendant zu den weiten Marlene Dietrich-Hosen der 40er Jahren waren.

Mittlerweile gibt es alle möglichen Hosenschnitte auch in Sweat-Stoffen – also ganz ehrlich, wo fängt heute die Jogginghose an, wo hört sie auf? Und da finde ich dann die Befindlichkeitsträger aus Wermelskirchen etwas aus der modischen Zeit gefallen. Grundsätzlich finde ich natürlich gut, wenn es im Schulunterricht hinsichtlich von Kleidung im Alltag – von der unterschiedlichen Wirkung im Alltag – einen Austausch gibt. Wir haben eine gesellschaftliche Entwicklung genommen, die allen Menschen – und vor allem uns Frauen – eine große Freiheit heutzutage ermöglicht im persönlichen Kleidungsstil.

Ich schrieb bewusst große Freiheit und nicht die größtmögliche Freiheit. Diese haben wir erst erreicht, wenn wir Frauen auf BHs verzichten können – ohne dass uns auf die Nippel gestarrt wird oder es Kommentare zu Größe oder Fliehkraft gibt. (Auftrag an die Herren: Eure Stillzeit ist echt vorbei!)

Und ja, stimmt. Ich will nicht alles sehen möchte, was mir so im täglichen Berliner Streetstyle entgegen schlürft. Aber das ist mein Ding. Und ich habe nicht zum Ding des Trägers zu machen. Wenn er/sie sich wohlfühlt in der eigenen Klamotte – who cares?

Kleines Beispiel: Neulich stand mit mir eine junge Frau auf dem Bahnhof, die hatte eine Jeggins an, also eine Leggins mit Reißverschluss und Knopf in einem glänzenden Chintz-Material. Das ist die Hose, die ich zu meiner Kindheit nur an den öffentlichen Frauen gesehen habe, die in der Nacht auf der Straße des 17. Juli autofahrende Herren mit ihren nun formbetonten Körpern und hohen Plateauschuhen zu einem von den Herren finanzierten Beischlaf animieren sollten/wollten. Weil diese Art der Hose bei mir so gesetzt ist aus einer Erfahrung in der Vergangenheit, war also mein erster Gedanke: Das ist wirklich interessant, dass sich die jungen Frauen heute mit einer Selbstverständlichkeit so kleiden, wie es „zu meiner Zeit” (was immer das auch ist) als „nuttig” galt. Aber es heute gar nicht mehr so viele Menschen interessiert. Es gehört zum Alltags-Setting. Streetstyle.

Denn zwischenzeitlich haben viele Frauen (und Männer) solche Hosen in ihrer jeweiligen Kunstform, meist als Sänger*innen erst bühnentauglich, dann clubtauglich und mittlerweile – zurück zur Straße – eben straßentauglich gemacht. Und nein, deswegen sind die Menschen, die solche Hosen tragen, weder an dem oben beschriebenen Berufsbild interessiert, noch haben sie kein Benehmen, sie haben durchaus Bildung (und sind auf dem Weg sie weiter auszubauen) und einen eigenen Stil. Gleiches gilt für die Träger von Jogginghosen.

Und ja, ich würde vermutlich echt tief einatmen müssen, wenn sich in fünf Jahren meine Großcousine mit Vorliebe so kleiden wollte. (Während ich es vermutlich ganz cool fände, würde mein Großcousin selbstverständlich einen Rock tragen, weil er sie schick findet.) Ja, ich begreife mein Problem diesbezüglich natürlich. Aber ich hätte es zu respektieren, denn das ist die Freiheit, die auch ich mir damals irgendwann genommen habe. Z. B. in kurzen Kleidern zur Arbeit zu gehen, weil der Mini mal wieder in war und ich schöne lange Beine hatte, die ich gerne gezeigt habe. Damals war das mein Ding. Heute ist es deren Ding. Und das haben wir gesellschaftlich zu akzeptieren.

Schlussendlich ist es eine Frage, wie man sich selber gesellschaftlich entwickeln will – also offen sein möchte und sich von Konventionen frei machen möchte. Und dazu gehört das Aushalten der unterschiedlichen Kleidungsstille aller Generationen. Ich muss die Klamotten von anderen nicht lieben, aber ich habe sie zu respektieren.

Und dann ist das noch ein Punkt: Wir leben heute in einer Zeit von Fast Fashion. Und wir leben in einer Zeit, in der sich junge engagierte Menschen (wieder) sehr gerne mit Secondhand-Kleidung anziehen – wie es seit Generationen junge Menschen schon tun. Da kauft man solche Klamotten! Aus ökologischen Gründen und übrigens auch (nicht erst seit Covid und Ukraine-Krieg, in einer Zeit in der in vielen Familien das Geld richtig knapp ist) aus ökonomischen Gründen.

Wenn eine Schule nicht möchte, dass Schüler in Alltagskleidung – was die Jogginghose nun längst ist – zur Schule kommen, sollte sie den Schülern das Gefühl vermitteln ein besonderer Ort zu sein und nicht ein Alltagsübel, wo man seine Zeit absitzt und eine derartige schlechte Schulbildung erhält, die einen sehr negativ in die Zukunft blicken lässt. Was, meiner Meinung nach, das größere Problem an Schulen ist, wenn ich die Meldungen zur allgemeinen Schulbildung in Deutschland in den letzten zehn Jahren so überschaue.

Jogginghosen sind cool. Hauptsache sie sind sauber. Wenn Lehrer glauben, Jogginghosen würden für den jungen Träger zu Einbahnstraße im Leben führen, gibt es andere Möglichkeiten diese darauf aufmerksam zu machen – als ausgerechnet ein Verbot.

2023-03-22

Tage wie dieser …

Gestern war so ein Tag, so ein Mix an Emotionen. Tsja, wie soll ich das erklären? Gründe meiner chronischen Erkrankung sind sicherlich ur-anerzogene Überlebensmechanismen, bestimmte Themen nicht an mich heranzulassen, um zu überleben. Und in der therapeutischen Übung ist es meine Hauptübung zu erkennen, wann mich Themen absolut betreffen und etwas in und an mir anrichten. Und zwar ohne, dass ich es abwehre mit einem „nicht so schlimm”, „passiert jedem einmal” oder „musste halt durch”. Im wirklichen Sinne: Augen zu und durch, keine Selbstfürsorge. Das kann man eine relativ lange Zeit machen – bis dann halt auch mal Schluss ist. Und man die Konsequenzen dafür auf anderer Ebene ertragen muss.

Ich bin da bisher in den letzten Jahren ein gutes Stück vorwärts gekommen. Aber dieser Krieg gegen die Ukraine hat bei mir diese alten Mechanismen erneut richtig gut in Stellung gebracht. Da geschehen so viele Dinge, die mir so nahe gehen, dass ich sie ausblenden muss und doch schleppe ich das Leid meiner Mitmenschen, dieses Landes in mein Dasein, denn dazu brauche ich naturgegeben keinen direkten Kontakt zu Menschen. Das ist Talent wie auch Pain in the as gleichzeitg!

Und ich muss so sehr aufpassen gerade, dass ich nicht in diese alten mir alle Kraft raubenden Mechanismen zurück falle. Vermeintlich, weil für mich dann alles einfacher ist. Dass ich auf dem besten Weg dahin bin, fiel mir gerade auf als ich dieses Blogpost mit einem Satz beginnen wollte indem ich behaupten wollte, mir wären gestern so viele emotionale Kicks begegnet, die mich alle tangiert hätten ohne, dass sie mich eigentlich beträfen. Und dann ist mir aufgefallen, dass natürlich alle Momente absolut subjektiv so etwas von mich betroffen und berührt haben, dass der Versuch dagegen anzuschreiben geradezu lächerlich wäre. Was ich als ganz schönes Zeichen deute, denn offensichtlich ist meine Wahrnehmung im positiven Sinne mir gegenüber doch noch etwas aktiv.

Gestern hatte ich einen OP-Vorgesprächstermin. Die nächsten zwölf Monate gönne ich mir je einen Eingriff an den Beinen, rechts und links, das liebe Krampfadern-Erbe von Oma und Papa. Mit der Oma, die diese fantastischen Tänzerinnenbeine bis in ihr hohes Alter hatte, bin ich ja nun leider nicht blutsverwandt. Den ersten kleineren Eingriff im Juni kann ich tatsächlich bei Bewusstsein mit örtlicher Betäubung erleben, was ich ganz interessant finde. Ich habe doch so gerne Kontrolle bei diesen Dingen. Es wird „nur” verödet. Hier hat mein Plan, mir eine Praxis zu suchen bei der meine Krankenkasse die Kosten dafür übernimmt, geklappt. Funktioniert wohl am anderen Bein dank der vorliegenden Diagnose nicht. Aber das ist später dran.

Nun liegt diese Praxis im Ullsteinhaus. Und dieses Wartezimmer kannte ich, weil ich seinerzeit dort mit meiner Freundin S. saß als ihr nach der ersten Krebsdiagnose der Shunt entnommen wurde. Damals als wir noch dachten, dieses Krebsunheil hätten wir von ihr abwenden können. Im Wartezimmer steht ein Flügel, den vergisst man nicht. Was waren wir voller Hoffnung und Freude damals. Irgendwie. Schön war das!

Und sowieso kenne ich diese Räume noch als Kind, denn dort war meine Ballettschule untergebracht. Und heute weist immer noch ein handschriftlicher Zettel im Treppenhaus auf die frühere Vermietung hin. Tatsächlich habe ich aus der Zeit aber keine wirkliche Erinnerung mehr an die Räume, die damals wohl anders aufgeteilt waren – und sehr viel kleiner mir in Erinnerung sind als die heutige Aufteilung. Aber emotional war der Besuch auf zweifacher Ebene ein ganz schöner Ritt durch mein Leben gestern. Wie also kann man so etwas für sich überhaupt abtun wollen?

Auf jeden Fall hat diese Facharztpraxis richtig gute medizinische Fachangestelltinnen – wie ich sie schon lange nicht mehr erlebt habe. Sehr den Patient*innen zugewandt, freundlich und offensichtlich mit viel Spaß im Job. Meine Hauärztin hat vorne eine Dame sitzen, die ist das genaue Gegenteil. Scheint nur überfordert und ich frage mich ob sie nicht tatsächlich eine Autismusdiagnose hat, so fremd wirkt ihr Umgehen mit uns Patienten auf mich. Natürlich – wenn dem so wäre – fände ich gut, dass sie dennoch in dem Umfeld eine berufliche Aufgabe hat und sich das dann doch zutraut. Aber unter dem Strich gehe ich so oft aus der Praxis und denke bei mir, wie fehlbesetzt diese eine Frau an dieser besonderen Position ist, wo Mitgefühl und menschliche Zugewandheit nicht das schlechteste Mitbringsel im Job wäre.

Derzeit lohnt sich generell ein Besuch zu den üblichen Werkzeiten im Ullsteinhaus, weil dort gerade eine drollige Robotnik-Pasta-Installation … Pasta kocht. Aitme heißt die vollautomatische Kochstation. Kann man so oder so finden. Aber den Roboterarmen und der Technik zuzugucken, das hatte mir gestern schon Vergnügen bereitet. Vielleicht probiere ich das Essen (also Pasta) doch einmal nächste Woche aus? Preise pro Portion sind zwischen 6-8 Euro. Kommt jemand mit? Ich habe so einen Automaten schon einmal als Kaffeeautomaten in Karlsruhe erlebt. War ganz lustig – aber schlussendlich die Kaffeemenge zu klein für das Geld und geschmacklich (für mich) weit entfernt von „ich würde dort regelmäßig meinen Kaffee (vor allem für das Geld) ziehen.”

Das ist auch der Punkt bei diesen Maschinen, das, was da rauskommt, benötigt relativ lange Zeit – da ist der Mensch definitiv schneller – und im Ergebnis sind die Produkte schlicht viel zu teuer, weil man die Anschaffungskosten kompensieren muss. Ach ja: Pappgeschirr ist auch so ein Ding. Aber ich glaube nicht, dass Menschen auf lange Sicht viel Geld dafür bezahlen, um das Ergebnis zu erhalten. Also: Beispiel am Aitme-Pasta-Automaten: Alle Zutaten werden von Anfang an in die Rührschüssel gegeben – und genauso sah der Brokkoli dann am Ende auch aus. Ein menschlicher Koch würde Brokkoliröschen frühestens in der Mitte des Kochprozesses hinzu geben. Also falls es euch interessiert – unten in der Eingangslobby im Ullsteinhaus. Kann dort jeder probieren.

Auf dem Weg zurück in der Dockingsstation in der U-Bahn von der unteren zur oberen Plattform von Blaulicht empfangen worden. Die Sanitäer räumten gerade alles weg, was zu einer Reanimation gehört. Der Patient wurde in dem Moment in den RTW verladen und es pressierte, den kaum hatte ich die letzte Treppenstufe auf der oberen Plattform erklommen, fuhr dieser schon mit Blaulicht und polizeilicher Begleitung gen Urban-Krankenhaus. Und ganz ehrlich: Ich war richtig froh, dass ich halt genau in diesem Moment vorbei kam und nicht in dem Moment in dem der Mann zum Patienten wurde. Ich kann ja nun mal Erste Hilfe leisten und würde es auch immer tun. Aber gestern hatte ich einfach die Idee von: „Ein Glück, ich hätte da heute gar keinen Nerv für gehabt.” (Gut, ist vielleicht auch so, wenn man sich mit der eigenen Gesundheit vorher beschäftigen musste.) Ich wünsche dem Mann nur das Allerbeste.

Es gehört zu meiner Entwicklung, dass ich mir solche Gefühle erlaube und eingestehe. Im Grunde habe ich sehr viel erreicht. Für mich.

Zu Hause am Abend stellte ich den Geschirrspüler an, der schon am Anfang der Inbetriebnahme Unlust äußerte, was ich als Salzmangel diagnostizierte. Weil ich schon seit Tagen dachte, der braucht bestimmt Salz und dann … man kennt das ja. Also bekam er Salz, lief eine ganze Weile und fing später panisch an zu piepen, weil seine Gummifüßlein im Wasser standen. Kann ich verstehen. Erschrickt man sich erst einmal ordentlich. Also habe ich gestern Abend noch das Sieb gereinigt. Jetzt pumpt er zwar wieder ab, aber zeigt immer noch seine Fehlermeldung. Aber ich hatte gestern keine Lust und vor allem auch kein gutes Licht um mich dem Thema mit Schraubendreher und Liebe zu nähern. Und Zuversicht. Licht sowieso.

Ihr lest hier also ein prima Prokrastinations-Post.

2023-03-19

Gelöscht – Duolingo

Was ich allerdings seit letzter Woche nicht mehr mache, das ist parallel am Abend gleichzeitig am Smartphone noch per Duonlingo Italienisch zu lernen. Ich tat das als Vertiefung die letzten Wochen, also ca. 50 Tage bzw. vier weiter gekommende Level lang. Eine Woche dazwischen bin ich mal nicht aufgestiegen ins nächste Level, weil die Leute in der Aufstiegsklasse schon Punktzahlen hatten, die man mit der Gratisveriante gar nicht hätte erreichen können.

Mir war es zu wettbewerblastig. Zu sehr auf Gaming programmiert: wer lernt am schnellsten, höchsten, weitesten? Ich habe mich zu oft gezwungen gesehen, etwas unbedingt zu tun (ich bin da zu perfektionistisch), um den Strike nicht zu gefähren, um jeden verdammten Punkt einzuheimsen, den ich erzielen konnte. Und es hat mich am Ende mehr belastet, als dass ich noch Freude hatte an erreichten Punktzahlen. Zudem kam, dass ich schlicht andere Dinge vernachlässigt hatte. Kleines Beispiel: Du hast gerade den XP-Booster, kannst also in den nächsten 15 Minuten deine erreichten Punktzahlen verdoppeln. Da habe ich eben nicht auf die Spielrufe von Shiina reagiert. Die aber einfach in der Freizeitgestaltung immer Priorität haben sollte. und womöglich hätte ich im anderen Kurs einige Vokabeln intensiver gelernt?!

Außerdem war mir zu wenig Erläuterung dabei (also zumindest bei der Gratislösung auf dem Smartphone), wenn Fehler angezählt werden, deren Wissen bzw. Worte vorher gar nicht vermittelt wurden – das kann ich gar nicht gut ab.

Am Ende fühlte ich mich schlecht dabei, war genervt, habe mich unter Druck gesetzt. Tut mir nicht gut. Aber als Anfangsbegleitung war es ganz okay. War schön jewesen, jetzt ist die App vom Smartphone geflogen.

Bin aber für Tipps für eine (bezahlbare) Sprachlernsoftware – bei der ich mich nicht mit anderen Teilnehmern messen muss, keine Freundschaften schließen muss, mich nicht in irgendwelchen Scorelisten wiederfinden muss – sehr dankbar!

2023-03-18

Parlo italiano – un pocchino

„Mi piace la cucina italiana. Mi piacciono l'anitpasti italiani con insalta frutti di mare, olive, arrancini e affettati misti con prosciutto, salam e formaggio, salame e formaggio. E le bruschette di pomodori. Mi piacciono i vini italiani. Anche per il dessert mi piace molto il gelato spumone.

Non mi piacciono tanto il pizze napoli. Perché non mi piace l'impasto. Ma mi piace molto il panzerotto fritto.

Anche non mi piace il goulash di cavalli.”


So oder so ähnlich einfach. Frau @maske_katja hatte Anfang des Jahres (im Zusammenspiel einer Umstellung ihrer Arbeitszeit) die formidable Idee einen Italienischkurz zu belegen und lud mich ein dabei mitzumachen. Da die Präsenzkurse zu diesem Zeitpunkt bereits belegt waren, starteten wir mit einem Kurs bei der Volkshochschule A1 – und zwar online! (War an Covid vielleicht doch nicht alles schlecht.)

Den haben wir jetzt nächste Woche hinter uns gebracht. Zwei Stunden vormittags treffen wir insgesamt sechs Frauen mit unserem Lehrer uns und arbeiten uns wie im Präsenzkurs durch das Buch mit Hausaufgaben, Sprachübungen, Lachen, Fehlern und Korrekturen. Es macht Spaß und bietet durchaus viele Vorteile. Alle Teilnehmerinnen haben zwar irgendwie einen Berlin-Bezug – aber sind teilweise sehr international, deren Muttersprache ist nicht deutsch. Was aber bei den VHS-Kursen relativ egal ist, denn es wird die allermeiste Zeit vom Lehrer italienisch gesprochen und erklärt. „Una domanda!” hatten wir alle schnell in unserem Wortschatz.

Andere wiederum arbeiten oder leben derzeit gar nicht in Berlin – was ich wiederum auch sehr cool finde. Weil ich nämlich ganz oft keinen Italienischkurs belegt hatte, weil sie gerade dann immer anfingen, wenn ich nicht in Berlin war. Ich behaupte nicht, dass man sich die zwei Stunden auf einer Pressereise frei nehmen könnte – aber in einem privaten Urlaub klappt das allemal. Und wir wissen: überall gibt es mittlerweile besseres W-Lan als in Deutschland.

Wir hatten zehn Kurstage à 2 Stunden – und können uns immerhin vorstellen – formel und privat und erzählen, wo wir herkommen bzw. leben. Wir können bis 3000 mindestens rechnen, können Essen bestellen, gestern haben wir gelernt wie z. B. Besteck heißt, wir können also auch fehlender Löffel anmerken (der fehlt in Italien doch immer, wenn wir Deutschen Spaghetti bestellen). Wir kennen die wichtigen unregelmäßigen Verben avete, essere, fare und stare im Präsenz konjugieren. Und wissen, was wir mit den Verben auf -are, –ere und -ire anstellen sollen. Einfach Verneinung ist uns nun auch gegeben und die Bildung der unbestimmten, bestimmten Artikel sowie deren Pluralformen bzw. die der Subjektive.

Ich hatte jedenfalls letzte Woche auf der einen italienischen Pressekonferenz von den vielen sehr viel Spaß! Und was vor allem interessant ist in welch kurzer Zeit man dann auch lesend (z. B. auf Instagram) italienischen Texten relativ gut folgen kann. Man kann kann man schon erstaunlich viel anfangen, finde ich! Es macht Spaß. Und Gehirntraining ist bekanntermaßen in jedem Alter eine feine Sache für sich.

Wir machen also im Mai weiter!

p.s.petzen: Die Katzen von Frau @maske_katja camerabomben immer bei den Kursen. Shiina hatte es gestern zum allerersten Mal gemacht!

2023-03-02

Salento – Wein, Fisch und Kultur in einer der schönsten Gegenden Apuliens

Rund um die Provinzhauptstadt Lecce im Salento Apuliens gilt es eine unglaubliche Vielfalt historischer Schätze zu entdecken. Sei es die Kulinarik, die dieser flachen Landschaft entspringt. Umarmt von den Luftströmungen zweier Meere und auf den ergiebigen satten roten Böden, gedeihen grandiose Weine, Oliven, deren Öle, Früchte und Gemüse, die im Geschmack und Qualität ihres gleichen suchen.
Auch ist es die Vielfalt der Historie Apuliens, die so lang zurückliegt und unglaublich viele Schätze birgt. Die unzähligen mittelalterlichen Olivenölmühlen, die es zu entdecken gilt, sind dagegen geradezu jung zu nennen! Kathedralen, Basiliken mit ihren Fresken und Kunst sind nur ein besonders zu entdeckender kultureller Reichtum dieser Region.
Ganz davon abgesehen, dass schon Lecce von unglaublicher Geschichte und Schönheit zeugt.
Oft habe ich euch schon mitgenommen auf die Seite Apuliens entlang der adriatischen Küste von Bari, Monopoli über Otranto bis hinunter nach Santa Maria di Leuca, dabei ist die andere Seite von Lecce hinunter bis zur Küste am Ionischen Meer genau so erlebens- und liebenswert. Lecce erreicht man von den Flughäfen Bari oder Brindisi schnell mit den modernen Trenitalia-Zügen.
Ab Lecce macht man mit den alten blauen und trotzdem gemütlichen Zügen der Ferrovie del Sud Est Ausflüge in die kleinen umliegenden Städte bis hin zu einem der südlichsten Punkte der Küste des italienischen Stiefelabsatzes. Der Weg ist hier das Ziel, denn schnell fahren die Züge auf den oft auch nur eingleisigen Strecken nicht, auch nicht sehr oft am Tag. Hin und wieder wartet am Bahnhof noch ein Anschlussbus (oder man selbst auf ihn), der einen weiterbringt in die gewünschte kleine Ortschaft. Anschlüsse manchmal erst am nächsten Tag, aber warum auch nicht? Den Salento gilt es mit Muße zu entdecken! Der öffentliche Nahverkehr fährt sicher nicht so oft wie in den Metropolen Italiens – aber er ist sehr zuverlässig unterwegs. Und günstig.
Eine der Bahnstrecken führt – mit Busanschluss – in das wunderschöne lebhafte Porto Cesareo mit seiner berühmten Fischhändlerstraße. Sie ist ein Traum – viele einzelne Geschäfte bieten eine riesige Auswahl an frischem Fisch. Jubel, Trubel, Fischglück! Hier begegnet man Meerestieren, die man vorher noch nie gesehen hatte und die in den fabelhaften Restaurants rund um die Promenade köstlich zubereitet serviert werden. Die Fischer sind laut und herzhaft lebendig. Der Sonnenuntergang bei einem Aperol ein Erlebnis für sich. Für mich ist Porto Cesareo paradiesisch!

Doch schon auf den Weg dorthin kann man interessante Abstecher machen …

Gerade mal acht Kilometer südwestlich von Lecce liegt zum Jahre vor Christus besiedelt! in Arnesano selbst gilt es den Palazzo Marchesale aus dem 17. Jahrhundert zu besichtigen und die Pfarrkirche Maria SS. Assunata. Ihr Ursprung liegt im 16. Jahrhundert n. Chr.

Knapp einen Kilometer entfernt von Arnesano liegt Monteroni di Lecce, ihren berühmten Sohn Carlo Carla hatte ich euch schon vorgestellt. Sie trägt den Namen ihrer früheren Herrscher der Familie Montoroni. Radsport ist hier ein Thema und der Palazzo Baronale ist ebenfalls einen Besuch wert. Mit vorherigem Kontakt zum Tourismusbüro erhält man vielleicht sogar die Chance besonders beeindruckende Palazzi dieser Stadt zu besichtigen – es lohnt sich!
20 Kilometer weiter südwestlich wartet Copertino auf die Touristen, der Bahnhof liegt auf der Strecke Novoli-Galiano-Leuca und lockt mit dem wunderschönen Kloster und Kirche S. Chiara, der Wallfahrtskirche des heiligen Josef von Copertino (in der sein Herz aufbewahrt wird), die Kirchen Chiesa di Santa Maria di Casole und Matrice della Madonna della Nevi und natürlich das umwerfende Castello di Copertino, dessen ursprüngliche Geschichte zurück in das 13. Jahrhundert führt.
Wie entscheiden wir uns? Fahren wir nun an die Küste z. B. nach Porto Cesareo oder Gallipoli – oder folgen wir dem Ruf der Spitze des Absatzes bis vielleicht hinunter nach S. Maria di Leuca, wo sich das ionische und da adriatische Meer das Küßchen der Verienigung geben?
Dann aber auf jeden Fall mit einem Zwischenstopp in Galatina. Ihren Namen hat diese Stadt mit über 20.000 Einwohnern auch dem altgriechischen geerbt „Galactos Athina/Kalos Athina – schöne Athene”, er deutet auf griechische Besiedlung hin nach der hier heute von Archäologen geforscht wird. Petrus soll hier Zwischenstopp gemacht haben auf seinem Weg nach Rom. Aus der Antike stammt die Basilika di Santa d’Alessandria. Sie verbindet viele Baustile aus der Römerzeit, über Gotik bis zum byzantischen Stil. Ihre Fresken und Gemälde sind von seltener Schönheit, sehr gut erhalten – diese Basilika gilt als einer der Gotteshäuser Italiens. Und der prähistorische Naturpark, der alt und jung zeigt, wie hier frühzeitlich gelebt wurde, ist eine Entdeckung wert!

Schönheit wird hier in dieser Region auch im Glas serviert – Malvasia, Chardonnay, Primitivo, Negroamaro oder Susumaniello, wir durchfahren das DOC-Weinanbaugebiet Apuliens. Sich vorher über die vielen Winzer und Weine zu informieren und auch deren Häuser (z. B. Apolonio) einen Besuch abstatten, wird nicht nur Weinkenner Freude bereiten! Oft kann man auch bei ihnen übernachten. Übrigens: Viele Winzer liefern inzwischen ihre Weine auch nach Deutschland. Just saying!
Wein ist hier so natürlich gut – und auch natürlich, die obige Erwähnung von Petrus lässt es schon erahnen, befinden wir uns auf der Pilgerstrecke Apuliens. Daher führt die letzte Station unserer Reise nach Salve.
Fünf Kilometer trennen uns hier nur noch von den traumhaften Stränden des ionischen Meeres, den wundervollen Sonnenuntergängen und natürlich bietet auch Salve besondere architektonische Schmuckstücke der frühzeitlichen Besiedlung.

Der südliche Salento ist eine besonders schöne Perle Italiens!

2023-02-25

Il Tavole di San Giuseppe – Die gedeckten Tische des heiligen Josef

Der Vatertag findet in Italien fest an einem bestimmten Tag statt, immer am 19. März eines jeden Jahres. Dieser Tag ist dem Heiligen Josef gewidmet ist, dem vermeintlichen Vater von Jesus Christus. Tatsächlich wird an diesem Tag nicht wie bei uns maßlos dem Alkohol zugesprochen – der Ursprung unseres Vatertages ist deutlich ein weltlicher.
Die Italiener indes beziehen sich auf den religiösen Ursprung, feiern San Giuseppe, den Heiligen Vater. Der Feiertag wird in kirchlicher Tradition mit Prozessionen begangen. Lebenden Vätern werden an dem Tag rote Rosen geschenkt und dem bereits verblichenen Elternteil werden weiße Rosen auf das Grab gestellt. Gerne werden Feuer angezündet. Man zelebriert in Hochachtung den Todestag des San Giuseppe, der so vom Papst Sixtus IV in den katholischen Feiertagskalender notiert wurde.
Dem Tag ist überall in Italien gemein, dass die Zeppole di San Giuseppe gegessen werden müssen. Was nicht so schwer fällt!
Eine fantastische italienische Süßspeise, die interessanterweise durch alle Provinzen Italiens sehr unterschiedlich zubereitet wird und somit im Norden Italiens komplett anders als im Süden daher kommt. Im Norden ist es ein gefüllter Ravolo, der ab der Höhe Roms gerne frittiert wird. In Apulien ist es ein kleiner Windbeutel mit Cremefüllung, hin und wieder mit einer Amarenakirsche zur Dekoration. Auf Sizilien nennen sie die Köstlichkeit im Dialekt Sfince di San Giuseppe, hier sind es frittierte Pfannkuchen. Allen ist gemein: Sie sind sehr lecker. Und es ist wirklich ein Glück, dass es im Salento Zeppole das ganze Jahr über in den Konditorein zu kaufen gibt.


Le Tavole Di San Giuseppe
Auf eine besondere und sehr charmante, dabei auch recht lange Weise wird dieser Vatertag in Apulien in der kleinen Stadt Giurdignano zelebriert. Wann immer ihr am 19. März in Apulien seid, dann gönnt euch einen Ausflug dorthin! Es ist ein Erlebnis voller besonderer religiöser Tradition, Köstlichkeiten, Historie und Kunst und Menschlichkeit, das mich persönlich sehr beeindruckt hatte und seither begleitet als eines meiner schönsten Erlebnisse in Apulien. Es sind „Die gedeckten Tische des Heiligen Josef”.

Sie fußen in der Historie einer Armenspeisung und Ehrerbietung zum Heiligen Vater und wurde erstmals vermutlich um 900 n. Chr. zelebriert. In Giurdignano ist es ein großes gemeinschaftliches Fest, extra für diese Anlass von einem gegründeten Verein organisiert über lange Wochen vorbereitet, das über zwei Tage zelebriert wird.
Kein Fest im Salento ohne die herrlichen bunten Lichter des Salento. Die machen sofort gute Laune. Vor allem in den noch kühleren Jahreszeiten in den das Leben noch zurückgezogener stattfindet, wirken sie sehr lebensbejahend!
Die gesame Gemeinde vom Bäcker bis zu den älteren Küchengöttinnen helfen bei der Vorbereitung der rituellen Speisen. Am Vorabend des 19. März wird schon im Dorf gemeinsam gegessen, nachdem in dem kleinen Rathaus die Festivität offiziell eröffnet wurde. Natürlich wird dabei die lebendige Pizicca getanzt, die ihre Lebenslust sofort auf uns Anwesenden überträgt – und es gilt eine kleine Fotoausstellung zu besichtigen, die diese Feierlichkeiten in früheren Dekaden dokumentieren.
Einer der Höhepunkte ist die rituelle Speisung an einem langen Holztisch. Er steht auf einer großen Tribüne auf der Piazza vor der Kirche Chiesa Trasfigurazione del Signore. Einer schönen Tradition folgend werden auch Menschen aus der Ferne zu Tisch gebeten. 13 Teilnehmer*innen stellen dann die heilige Personen dar. Später laden die teilnehmenden Bürger Giurdignanos alle Festteilnehmer ein, die in ihrem Haus für den Heiligen Vater gedeckten Tische zu bewundern.
Im späteren Verlauf wird im Familien- bzw. Bekanntenkreis gemeinsam gegessen. Das geschieht am eigentlichen Feiertag, in Italien landesweiter Feiertag. Am Vorabend indes speist man in Giurdignano in offener fröhlicher Gemeinschaft. Die Gemeinde wird dann von vielen Menschen aus der Umgebung Apuliens besucht, denn nun liegt ein ganz besonderer Zauber über dieser Stadt.

Am Abend des 19. März folgt zum Abschluss eine Prozession, dabei wird der Heilige aus der Kirche einmal durch Giurdignano – möglichst im absoluten Schweigen getragen – begleitet von allen gläubigen Bürgern. Es hat besonderen Charme, wenn der Zeremoniemeister während dieser Prozession über ein umhängendes Mikrofon die ganze Zeit mit einem „Pssst!” zum Schweigen ermahnt! Man spürt: Dieser Tag ist der Todestag des Vaters von Jesus Christus.
Opfergabe und der Geist der Nächstenliebe stehen im Mittelpunkt dieser Tradition. Deren Ursprung lässt sich nicht mehr genau bestimmen. Für den Salento liegt dieser höchstwahrscheinlich in der Fürsorge der Basilianermönche, die vom Geist der Nächstenliebe und vor allem der Fürsorge für die arme und von Krankheit und Elend heimgesuchte Bevölkerung Apuliens durchdrungen waren. So war es ihnen ein besonderes Anliegen diesen Menschen Schutz und warme Mahlzeiten anzubieten. Für diese Herkunft spricht die Häufigkeit der Krypten rund um Giurdignano bzw. dem südlichen Teil Salentos.


13 Teller müssen es sein – oder drei!
Während der Speisung – ob öffentlich oder privat – ist sehr wichtig, dass immer eine ungerade Anzahl an Personen am Tisch sitzen. Im Minimum sind es drei und höchstens dreizehn. Ein langer Tisch wird mit einem weißen Tischtuch gedeckt und mit Blumen und Kerzen geschmückt. Natürlich darf das Bildnis des Heiligen Vaters, San Giuseppe, nicht fehlen!
Dann wird das Pane Pugliese – zu diesem Anlass ausnahmsweise gerne im Kreis und mit liebevoller Ausschmückung gebacken – aufgelegt. Die Brotlaibe müssen fünf Kilo wiegen. Ihre Mitte dürfen sich frischer Fenchel und eine Orange teilen. Und drum herum werden aufgereiht: Vermiceddhi, ein frittierter Pastateig aus Kircherbsen. Pasta mit Honig und Semmelbröseln, gekochtes Gemüse, gebratener Fisch oder gedünsteter Stockfisch, Lampascioni (Pamapsciuni im Dialekt, die sauer eingelegten Zwiebeln der Traubenhyazinthe),
Kichererbsen, Cartellate (das typische apulische Weihnachtsgebäck, das aus den Streifen eines süßen frittierten Pastateiges besteht und die Stoffstreifen des Jesuskindes symbolisiert) entweder in Honig oder Vincotto getränkt wird.

Oder Pitulle (Purciddruzzi), ein frittiertes Gebäck mit bunten Streusseln aus Kichererbsenteig in Honigwasser getränkt und natürlich oben schon vorgestellten Zeppole. Purciddruzzi finde ich sehr geschmacklich sehr banal, dem tollen Namen gar nicht entsprechend. Aber Zeppoli sind „to die for”. Selbstverständlich darf nicht auf die Anwesenheit von Flaschen mit dem guten Olivenöl als auch hervorragendem Rotwein Apuliens verzichtet werden. Hiervon gibt es im Salento reichlich in hervorragender Qualität!


Ich war die heilige Agnes

Natürlich haben alle Speisen ihre historische Bedeutung. Nudeln und Kichererbsen stehen wegen ihrer weißen und gelben Farbe für die Narzisse, die Frühlingsblume. Die Lampascioni indes für den Übergang vom Winter zum Frühling, wie naheliegend. Der Fenchel gilt als Symbol für die Rute des San Giuseppe mit deren Aufstamppfen auf dem Boden er den Takt für die Speisung vorgibt, jeden neuen Gang ankündigt und beendet. Dass Fisch Jesus Christus darstellt ist bekannt, die Cartellate hatten wir schon – und der Stockfisch war als Geschenk des Meeres schon immer ein Lieblingsessen bei großen Festen.
Auch die Personen am Tisch ersetzen in ihrer Symbolik jeweils ein/e Teilnehmer*in der früheren Kirchengeschichte. In kleiner Runde San Giuseppe, das Jesuskind und die Madonna. In der großen Runde finden sich neben eben diesen drei Personen zusätzlich: die heilige Anna, die heilige Elisabeth, der heilige Zacharias, der heilige Joachim, de heiligen Philippus, der heiligen Johannes, die heilige Maria Kleopas, die heilige Agnes und der heilige Josef von Arimathäa.


Giurdignano – in engagierter Frauenhand!

Wir wurden als Reisegruppe sehr herzlich von der Bürgermeisterin Monica Laura Gravante und ihrer Stellvertreterin Gabriella Vilei (die sich freute in mir auch endlich eine große Frau zu treffen) empfangen. Beide sind Juristinnen und bildend seit Jahren ein tolles engagiertes Team für diese Gemeinde mit knapp 2000 Einwohnern. Sicherlich ist noch nicht so sehr üblich in Italien, dass sich die politischen Geschicke ein Frauenduo teilt! Aber das merkt man irgendwie diesem Ort an – wir haben uns sehr wohl gefühlt in den Tagen, die wir dort Anteil nehmen durften an der herzlichen Stadt, ihrem wunderschönen geschichtsträchtigen Umland und den besonderen Festivitäten.

Giurdignano liegt in der Provinz Lecce im Salento, knapp 10 Autominuten von Otranto – und somit der Küste des adriatischen Meeres – entfernt. Lecce liegt 40 Kilometer und der Flughafen Brindisi 80 Kilometer entfernt. Die Lage Giurdignano im historischen Megalithenpark „Giardino megalitico d’Italia” spricht für sich – wer sich für die frühhistorische Geschichte Apuliens interessiert und wundervolle Spaziergänge in der Natur schätzt, ist hier genau richtig. Ich beschrieb es bereits.


Ein aufregender Abend!

Wie oben erwähnt, werden zu der offiziellen Speisung auch Gäste aus dem Ausland eingeladen. Einige Teilnehmer unserer Reisegruppe wurde die Ehre zuteil, die eine oder andere Heilige oben auf der Bühne darzustellen. Im Vorfeld für uns eine große Aufregung, im Nachhinein ein wahnsinniger Spaß und Freude. Man stellt sich vor, dass man in Reihenfolge zu Tisch gebeten wird – und die ganze Piazza ist voller Menschen guckt zu wie wir rituell die Speisen zu uns nehmen – und schlussendlich erhält man dafür auch noch Applaus.

Was hatten wir vorher für Sorgen, dass es zu kalt wäre (die zeitlichen Angaben zum Prozedere wurden uns von einer bis drei Stunden vorhergesagt, am Ende war es lediglich eine Stunde) was ist, wenn wir uns verschlucken und und und …?! Dann ließen wir uns aber verzaubern von der ehrenvollem Prozedur. Unser Gastgeber, der Heilige Josef stilvoll gewandet, sprach dabei ein Gebet, schlug von Zeit zu Zeit mit dem Stock auf den Boden, während uns von Zauberhand die jeweiligen Speisen angereicht wurden. Mit einem Stockschlag durften wir davon kosten, mit dem nächsten Stockschlag mussten wir aufhören (was manchmal sehr schade war) und durften uns mit dem nächsten Stockschlag dem nächsten Gang widmen und zwischendurch natürlich einen Schluck Wein genießen. Währenddessen die Gemeinde immer den Rosenkranz betete.

Zum Dank unserer Teilnahme erhielten wir am Ende wunderschöne üppige Blumensträuße und natürlich die tollen Gaben des gedeckten Tisches des San Giuseppe. Die Übergabe des Brotes ist dabei ein besonders wichtiger symbolischer Akt.

Überhaupt sind die Blumen an diesem Tag ein sehr wichtiges Element. Alle gedeckten Tische sind üppig geschmückt, teilweise mit echten Blumen. Wer weiß, wie teuer diese in Südeuropa sind, hat eine Idee, welchen Stellenwert der Tag für die Menschen in Giurdignano hat. Dieses Foto zeigt – nur einen Teil – der floralen Dekoration im Haus der Vizebürgermeisterin Gabrielle Vilei:
Was für ein Zeichen der Gastfreundschaft und Offenheit Süditaliens, wenn auch Fremde, wie wir, zur Armenspeisung eingeladen werden? Die gedeckten Tische sind manchmal sehr opulent, manchmal ganz einfach gehalten in ihrer Präsenz:

Legendäres Brot von Panificio Protopapa
Apropos Brot: Das wird in Giurdignano in der Bäckerei Panificio Protopapa gebacken, Salvatore macht das mit seiner Frau heute in der dritten Generation im fast schon 80 Jahre alten Holzbackofen mit einer noch älteren Livieto Madre. Und natürlich haben die teilnehmenden Foodbloggerinnen dieser Reise es sich nicht nehmen lassen von dieser Livieto Madre etwas nach Berlin mitzunehmen. (Ich habe sie gerade wieder aktiviert, sie wird älter und älter – auch in Berlin.)

Dieser Ausflug nach Giurdignano, die wundervolle Gastfreundschaft dieser Gemeinde war für uns alle ein traditioneller und unerwarteter Spaß! Am Abend nach der öffentlichen Speisung beginenn die üblichen farbenfrohen Feierlichkeiten des Salento mit den Ständen für die kindlichen Freuden. Natürlich die üblichen Getränke, Nussstände, es wird flaniert, gelacht und gefeiert!


Das Mahl des San Giuseppe für alle
Am Stand der Gemeinde, wo tagelang vorher in fröhlicher Stimmung die traditionellen Speisen von den engagierten Damen des Vereines zubereitet wurden (denen wir schon am Nachmittag bei ihrer Arbeit zuschauen und die Ergebnisse kosten durften) werden nun diese gegen einen Obolus abgegeben und es bilden sich sehr lange Schlangen. Nach der gemeinschaftlichen Stärkung wandert man durch die Stadt und besucht die über 50 Menschen in ihren Häusern, die (in Apulien ist der Eingang oft gleichzeitig das Wohnzimmer an dem sich die Küche anschließt oder auch direkt integriert ist) dort die Tische sehr festlich gedeckt hatten und auf die Besucher warten. Hier und dort senden Lebensmittel auf den Tischen auch leichte Werbenachrichten bekannter italienischer Firmen – aber eben immer mit den oben beschriebenen Zutaten und Blumen auf der weiß gestärkten Tischdecke der Familie!
Dabei ist am Vorabend zum 19. März die Stimmung in den einzenen Häusern locker, gelöst und fröhlich. Am Feiertag selber spürt man an der Ruhe, dass mit dieser Tradition dem Todestag Josefs gedacht wird.

Berührende Berührungspunkte
Für mich war besonders zu erleben in diesen Tagen, wie man in Kontakt mit den Menschen und ihrer Lebensweise kommt. (Ich gebe zu, ich bin doch auch so eine Fensterguckerin und bin auf Reisen immer ganz glücklich, wenn ich vor Ort ins echte Wohngeschehen eintauchen darf.) Man trifft auf die Menschen Apuliens, die an diesem Tag durchaus sehr ernst sind und sich dem religiösen Hintergrund dieses Feiertages bewusst sind (was man als Tourist auch nicht vergessen sollte.) Berührend sind diese Hausbesuche, denn man erlebt auch Menschen, die auf dem Sofa an dem Fest teilnehmen, denen man ansieht, dass sie wohl im nächsten Jahr nicht mehr dabei sein können, weil hochbetagt und sichtlich sehr schwach. Aber wie schön ist so eine Tradition, wenn jemand gar nicht mehr vor die Tür gehen kann und dennoch einmal im Jahr viele Menschen vorbei schauen und man sich austauschen kann?
Alle teilnehmden Häuser sind natürlich auf Hochglanz geputzt und im Rahmen der Möglichkeiten ihrer Besitzer festlich geschmückt. Große und opulente Tische sieht man, andere Tische kleiner, sichtlich einfach und dennoch mit viel Liebe gestaltet. Woanders wird eigene Kreativität ausgelebt. Die „Le Tavole di San Giuseppe” sind ein sehr wichtiges Fest in dieser Zeit in dieser Region. Wer an ihnen einmal teilnehmen kann in Giurdignano, ist reich beschenkt!

Schon im Blog

Sehenswertes in und rund um Giurdignano
Apulia Stories
Otranto

2023-02-13

Pasta „La Molisana” aus Molise

Molise … habt ihr schon einmal von dieser Provinz in Italien gehört?
Ich im letzten Jahr zum ersten Mal. Auf unserer Reis-Reise in Frankreich waren Köche und Journalisten aus Italien dabei und als ich von Apulien erzählte, erklärte ein Koch, dass er aus Molise stamme. Worüber sich die anderen anwesenden Italiener etwas amüsierten, die Provinz hat ihren eigenen Ruf in Italien.

Molise liegt zwischen den Abruzzen und Apulien 50 Kilometer entlang der Adria und gilt als zweitkleinste Region Italiens. Und als jüngste, denn sie wurde erst im Jahr 1963 aus der bestehenden Region Abruzzen-Molise heraus gelöst. Die Hauptstadt heißt Campobasso und steht den beiden Provinzen Molisos Campobasso und Isernia vor. Hier leben auf einer Fläche von 4438 Quadratkilometern insgesamt 302.265 Menschen, die sich Moliseslawen nennen und einige davon als ethnische Minderheit: Arbëresh. Kultureller Ursprung der Letztgenannten liegt in Albanien, die sich 1399 erstmals in Italien niederließen.

Wirtschaftlich lebt Molise – wie auch die umliegenden Regionen – vom Wein- und Olivenanbau, Getreideanbau, Fischfang und Tourismus. Besonderes Engagement widmet man dem Erhalt des ursprünglichen Handwerks. „Made in Molise” wird getragen vor allem von der Präsenz authentischer Künstler, die sich als Hüter der wertvollen, alten und typischen Arbeitsmethoden dieses Gebietes verstehen. Hierzu gehört übrigens auch die ehrwürdige Tradition des Glockengießens. Nicoletta von Sonoitalia hat im Norden in Agone die Pontificia Fonderia Campane Marinelli besucht, in diesem Familienbetrieb werden seit 26 Generationen Glocken gegossen – ein lesenswertes Blogpost.

2007-2013 galt Molisa als innerhalb der EU besonderes förderungswürdige Region. Heute wirbt dieser kleine Teil Italiens für sich vor allem für die besonderen Sportaktivitäten und umfangreichen Kulturangeboten in der Region. Und natürlich, eine besonders liebenswerte Eigenschaft Italiens, die wundervolle Küche!

Damit sind wir bei meinem eigentlichen Thema: Meine persönliche Lieblingspasta „La Molisana” Pastificcio extra di Lusso kommt aus Molise!
Ich habe sie im vergangenen Jahr bei Kaufland entdeckt. Nachdem mein bisheriger Pasta-Lieferant meine liebste Variante Linguini (die zarten platten Streifen, die ich lieber mag als Spaghetti, weil an ihnen Sugo – meiner Meinung nach – viel besser haftet) aus dem Angebot geworfen hatte. Dafür nun wenig übersichtliche hundertausend Sorten Pasta unterschiedlicher Bestandteile anbietet, was im Supermarktregal ordinär omnipräsent aussieht, das kann ich ja überhaupt nicht leiden. Vielfalt, gerade bei Herstellern, mag ich nämlich sehr. Jedenfalls war die Pasta von „La Molisana” dort gerade im Angebot, ich sah (endlich wieder) die zarten Lignuini No. 6, nahm zwei Packungen mit – und war später sehr begeistert von den Nudeln auf meinem Teller. Ihre Haptik und Geschmack finde ich besser als mein vorheriger Pastaliebling.

Die Pasta aus „La Molisana” ist sehr ursprünglich und das schmeckt man einfach. Simpler Hartweizengrieß aus unterschiedlichen Weizensorten, in Molise angebaut, wird nach alten (1912) traditionellen Rezepten gemischt und mit dem Wasser aus Molisaner Quellen hergestellt. Diese Pasta ist vegan, weniger der neumodernen Nachfrage geschuldet als der Tatsache, dass in den ärmsten Regionen Süditaliens Pasta schon immer ohne Eier hergestellt wurde. So kocht sie etwas länger, wirkt robuster auf dem Teller, schmeckt aber – meiner Meinung nach – einfach besser zur jeweiligen Sugo.

Mir spielt es zu, ich mochte immer schon Pasta ohne Ei lieber. Andere Struktur, gefällt mir besser, übrigens auch die Farbe – weißere Pasta erlebe ich ästhetischer. Daher bereite ich selber mittlerweile Pasta seltener noch mit Ei zu (Ausnahme: Ravioli).

Pastificio Extra di Lusso (Pasta der Extraklasse) gilt als das Luxusprodukt aus dem Haus „La Molisana”, weil die jeweiligen Pastaformen mittels Bronzeformen gefertigt werden. Diese Formen sind extrem teuer, schenken jeder Pasta aber eine rauere Oberfläche, was die Sugo noch besser an der Oberfläche haften lässt.

Ja ja: die Sugo! Gemäß deutscher Grammatikregularien bilden wir bei Übernahme eines fremdsprachigen Substantives in die deutsche Sprache den Artikel nach der deutschen Entsprechung dieses Begriffes, tatsächlich auch dann, wenn dieser in seinem Ursprungslang einen anderen Genus trägt. Il Sugo = die Sauce/die Soße = die Sugo. (pardon my Klugscheißermode).

Interessanterweise hat es „La Molisana” geschafft und das obwohl sie aus der zweitkleinsten Regionen Italiens stammen, eine der in Italien beliebtesten und somit größten Pastaproduzenten zu werden. Die meisten guten italienischen Online-Stores führen sie – und wie oben geschrieben: bei Kaufland liegen sie ebenfalls in den Regalen. Ich bin für dieses Post nicht bezahlt worden, ich esse einfach nur diese Pasta verdammt gerne, vor allem wenn es schnell gehen soll!

2023-01-11

Die CDU ist zu doof zum …

Lustig. Ich habe neulich erst gedacht, dass die CDU mit Kai Wegner zum ersten Mal seit Diepgen endlich zmindest einen Kandidaten mit einem Hauch von Profil hat. Das hat sie seit Jahrzehnten verschlafen. Nicht, dass ich die CDU je wählen würde für diese Stadt (Diepgen-Overdose). Aber immerhin – nachdem sie es immer noch nicht geschafft hat, wie auch die FDP – im Jahr 2023 vielleicht eine Kandidatin zu ernennen, hat sie es immerhin auf die Reihe bekommen und kapiert, dass wir Berliner nie einen Kandidaten zum Bürgermeister wählen würden, der nicht in Berlin geboren ist. Nichtsdestoweniger bleibt Wegner, meiner persönlichen Meinung nach, ein rechter Hund. Er steht da dem Parteivorsitzenden seines Clans in nichts nach.

Nun ist die CDU bekanntermaßen die Partei, die digital die letzten zwanzig Jahre in und für Deutschland alles verschlafen hat, was man verschlafen konnte. Sie hält immer noch an der Vorratsdatenspeicherung fest wie ein debiler alter Mann, der nicht mehr auf die Reihe bekommt, dass 1936 auch schon wieder fast 100 Jahre her ist.

Sie versteht von digitaler Technik … nichts.
Von digitalem Fortschritt … nichts.

Als Merkel neulich noch anmerkte, das Internet wäre für uns alle Neuland, habe ich gejault wie ein getretener Hund. Ich habe meine erste HTML-Homepage 1996 gebastelt. Für mich ist nichts am Internet Neuland. Und ich möchte von dieser ollen Verweigerin und ihren rückständigen Mannen in dem Punkt nicht vereinnahmt werden.

Heute geht nun in Berlin durch die Tageszeitungen, die CDU hätte nur so zum Spaß sich Internetpräsenzen der FDP und Grünen mit deren Wahlsprüchen reserviert, die – ihrer Meinung nach – eigentlich ihren Gegnerparteien „gehören” müsste und sie biedert die Abgabe der Domains mit einer Aufforderung zu einer caritativen Spende an *twinkle twinkle*. O-Ton, CDU-Sprecher: „„Nachdem Grüne und FDP es wohl vergessen haben, sicherten wir die Domains für sie, damit nicht womöglich undemokratische Kräfte Schindluder damit treiben.”

Nun ist, seit (2001 übrigens, als vor nur zwei Jahrzehnten) die ICANN für Top-Level-Domains eine weitere riesige Vielfalt in möglichen Endungen ermöglichte, die Idee von Domain-Grabbing eher tot und uninteressant. Davon abgesehen, war es nie cool. Sondern mehr so … sehr uncool?! Eher mit einem Bein in der Illegalität verankert. Und man möchte sich wirklich fragen ob die Berliner CDU nicht ganz andere Probleme in dieser Stadt zu dieser Zeit haben sollte aber nun … Sie weiß es halt nicht besser. Digitales Neuland. Lernprozess. Da fällt man schon mal auf blöde Werbeaktionen rein. In diesem Internet.

Sie weiß halt nicht, dass Wahlkampf, wenn er im Internet geschieht heute in den sozialen Netzwerken geschieht und nicht mehr wirklich auf einer statischen Homepage. Aber das kann man nur wissen, wenn man halbwegs im Thema drinnen ist. So wie z. B. Robert Habeck, der seine Wähler wie ein erwachsener Politiker auf Instagram/TikTok abholt und ständig unter Beweis stellt, dass er seine Wähler für souveräne und an relevante Informationen interessierte Personen hält.

Die CDU macht das halt nicht. Sie kann es auch nicht. Kai Wegner ist niemand, der jemals TikTok rocken würde. Und die CDU generell bleibt nun mal die deutsche Partei mit der höchsten digitalen Inkompetenz auf allen Gebieten.

Aber schön, dass sie es unbedingt kurz vor der Berliner Wahl noch einmal so deutlich demonstrieren wollte.

Ich habe derweil meine Briefwahlunterlagen mit dem auf dem Wahlschein aufgebrachten QR-Code angefordert. Digitales Neuland. JESUS!!!

2023-01-10

Vom alltäglichen deutschen Wahnsinn

Vor Weihnachten erhalte ich eine schriftliche Einladung vom Jobcenter. Das passiert immer wieder einmal, es ist nichts Aufregendes.

Dieses Mal aber hatte mich das Schreiben aufgeregt. Oder vielmehr die Art des Versendens. Sie erfolgte nämlich nicht in einem normalen Briefumschlag sondern in einem gelben Umschlag per formeller Zustellung (PZA). Also der Art, dass der Postbote den Brief zwar nicht persönlich überreichen muss aber schriftlich quittiert, wann der Brief zugestellt worden ist. Beziehungsweise vor allem, dass er zugestellt worden ist. Oder im Dienstjargon: „Die förmliche Zustellung erfolgt nach den Regeln der Prozessordnungen durch persönliche Übergabe an den Empfänger oder eine nach dem Gesetz vorgegebene Ersatzzustellung (z.B. Einwurf in den Hausbriefkasten, ersatzweise Niederlegung).”

Mich hatte das maximal geärgert. Ich möchte Briefe dieser Art nicht in meinem Briefkasten vorfinden. Sie machen mir ein ungutes Gefühl und ich habe sehr darum gekämpft die letzten Jahre in meiner besonderen Lebenssituation solche Briefe nicht zu bekommen – was wirklich nicht einfach ist. Ich habe es geschafft. Es gibt also keinen Grund mir Post auf diesem Wege zukommen zu lassen.

Das kommentierte ich auch genauso in meiner E-Mail an meine Gesprächspartnerin, denn ich musste den vor ihr (sehr kurzfristig) vorgeschlagenen Termin leider verschieben. Auch mit dem Hinweis darauf, dass ich bisher zu den Terminen der Behörde immer gekommen bin, pünktlich, sehr selten – genauer: einmal – einen Termin nur absagen musste. Umgekehrt ist es deutlich öfter passiert. Und kurzfristiger. Es gäbe also keinen Grund mir Termine in einer Art und Weise zu schicken, die gefühlt mir den Vorsatz unterstellt, Termine nicht einzuhalten. Und dass ich mir diese Versendeform daher in Zukunft höflich verbitte.

Ich war ziemlich sauer.

Die neue Einladung kam wieder in einem normalen Brief an. Der Termin war heute. Ich war mit Begleitung pünktlich vor Ort. Wir, also vorrangig ich, hatten mit der Dame ein gutes Gespräch hinsichtlich meiner Zukunftsperspektive, meiner Ideen und Vorstellungen. Dazu gehörte, dass ich auch ein bisschen in Details meiner Vergangenheit ging und wir somit nochmals auf diese Versendeform zu sprechen kamen.

Und jetzt kommt's: Die versenden die Briefe so gar nicht aus dem Grund, weil viele Klienten nicht auf die Einladungen reagieren würden. Die versenden neuerdings die Briefe so, weil die Deutsche Post seit einiger Zeit so unzuverlässig Post zustellt, wenn sie Post überhaupt zustellt, dass die Schreiben öfter nach dem Termin erst bei den Klienten eingingen. Sie also aufgrund von Unwissenheit auf die Einladung nicht reagieren können.

Sie versenden also normale Anschreiben per formelle Zustellung, weil die Deutsche Post die bei ihr eingekaufe Dienstleistung nicht oder nur noch schlampig erledigt!

Normaler Brief bis 20 g: 0,85 Cent. Postzustellungsurkunde € 3,45 – mit Glück kauft das Jobcenter die Leistung in der Großpackung ein, dann kostet sie nur noch ab 70.000 PZA/Kalenderjahr € 2,19

Und an der Stelle kommt ihr ins Spiel: Es sind eure Steuergelder!

Ich finde übrigens auch, dass diesbezüglich diese von CDU/CSU und FDP kurz vor dem Bürgergeld angestoßene Sanktionsdebatte noch einmal ein ganz besonderes Nachgeschmäckle erhält.

2023-01-01

Herzlichen Glückwunsch – wir sind sehr weit gekommen!

Ich wünsche euch allen ein gesundes neues Jahr. Möge uns 2023 gut gelingen! Irgendwie.

Ich freue mich über jede Person, die die letzten Jahr überstanden hat, hier noch mitlesen kann und mag. Wir waren wirklich tapfer, fürsorglich und ein bisschen gehören wir wohl zu den Glücklichen unserer Zeit!

Ich muss sagen, 2022 hat mich wirklich an meine Grenzen gebracht. Dabei war es persönlich für mich ein gutes Jahr. Gesundheitlich keine echte Verschlechterung, eher im Gegenteil. Diverse Vorsorgeuntersuchungen ohne Befunde durchstanden. (Darf man in meinem Alter auch happy mit sein.) Immer noch (ihr seht mich gerade auf Holz trümmern) kein Covid eingefangen. Vierten Booster, die Impfungen wirken immer noch gut auf die Fibromyalgie.

Habe mich wieder auf das Plasmaspenden eingelassen, was mir tatsächlich auch richtig gut tut körperlich. Keine Ahnung, ob es der Auftrag ist an den Körper wieder mehr das Blut zu pimpen oder die 250 ml Kochsalzlösung hinterher. I like it!

Mir sind meine mir sehr lieben Menschen alle geblieben, auch die meisten davon halbwegs gesund. Keine Selbstverständlichkeit in dieser Zeit zumal mir unter den Internet-Menschen einige uunerwartet weggestorben sind – nein, ich werde euch nicht vergessen! Und ich bin immer noch entsetzt.

Mein Fahrrad wurde mir auch nicht geklaut. In Berlin. Kann man sich auch nicht vorstellen.

Es sind Freundschaften zerbrochen. Erstaunlich wegen was Menschen andere Menschen aus ihrem Leben werfen. Eine Freundschaft ist für mich zerbrochen, weil man meine Grenzen überschritten hatte. In einem Fall ist in einem Punkt für mich eine neue Freiheit ins Leben getreten –  die ich nun sehr genieße.

Für Shiina gab es in diesem Jahr zwei schlimme Momente. Eine Operation im Gesicht, wie sich herausstellte ein Fibrosarkom. Und im Spätherbst schlimmes Erbrechen und Darmprobleme ohne echte Idee, was es sein könnte und einem Darm-Röntgenbefund, der auch alles Üble hätte sein können. Schlussendlich war es runtergeregelte Darmperistaltik aufgrund ihres (in diesem Jahr) eingesetzten Schilddrüsenpräparates. Und mittlerweile vermute ich, dass auch das Fibrosarkom aus der Ecke kam. Umgestellt auf altbewährte Tabletten. Nicht immer ist neu und state of the art wirklich ein Heilsbringer. Aber im Herbst sah ich uns schon Abschied nehmen. Es war eine schwierige Zeit auf so vielen Ebenen –tausend Dank an B. für deine großzügige Unterstützung und an K. für dein Angebot. Große Hilfe!

Ich habe Silvester gestern in großer Dankbarkeit gefeiert mit Shiina ganz in Ruhe, dass ich das doch noch tun durfte. Wir versuchen es 2023/24 wieder zu tun, haben wir uns versprochen.

Ich durfte viele schöne Reisen unternehmen. Teilweise Einladungen. Aber eben auch zwei eigene von mir gewünschte, geplante und durchgeführte Reisen. Ein wirkliches Wunder, ich kann es immer noch kaum glauben. Und bin zutiefst dankbar für die Erfahrung an sich und das Erleben vor Ort. Ich habe dadurch Matera getroffen. Eine Stadt, die mein Herz so tief berührt hatte, wie selten ein Ort zuvor. Bari, Monopoly, Brindisi. Im Herzen. Ja, dankbar. Das trifft es. Was für ein Glück ich hatte.

2022 war aber auch für mich das Jahr des Unfassbaren. Unfassbar war für mich, wie lange westliche Politiker ernsthaft geglaubt hatten, Putin würde seinen irrsinnigen Armeeaufmarsch an unkrainische Grenzen nur zum Spaß durchführen, Grenzgebiete nur mal eben so annektieren. Wieso dürfen Politiker so vorsätzlich naiv sein?

Ich habe 2022 gelernt zu hassen und auch dazu zu stehen. Ich hasse diesen Mann sehr. Ich wünsche ihm das Allerschlechteste auf dieser Welt und auch danach in aller Ewigkeit. Russische Soldaten sind Mörder, Folterer, Vergewaltiger, Kriegsverbrecher. Und Menschen, wie Wagenknecht und Kretscherm sollen sich in Grund und Boden schämen, wenn sie glauben, man könne immer noch mit Putin reden. Dem Lügner und Kriegstreiber. Was haben manche Menschen eigentlich im Hirn?

Ich bin als in West-Berlin und 1965 geboren eine Person, die natürlich mit dem Russen als Feindbild aufgewachsen ist. Ich habe hart an mir und mit mir arbeiten müssen, um dieses Feindbild nach dem Mauerfall abzulegen und Menschen aus Russland offen und vorurteilsfrei begegnen zu können. Das war ein sehr bewusster Prozess, der in Berlin nicht immer ganz einfach war, wo sich die russische Finanzelite sehr breit gemacht hatte in den letzten 25 Jahren mit einem Gebahren teilweise, dass es schwer machte sie einfach wertzuschätzen. Aber ich habe es wirklich getan: an mir gearbeitet in dem Punkt.

Dann kommt dieser Unmensch und reißt alle alten Wunden auf. Die Wunden, die eine Enkeltochter meiner Generation mit aushalten musste, weil die Großmütter, die im zweiten Weltkrieg von Russen vergewaltigt wurden, es natürlich in welcher Weise auch immer (bei uns war es dieses fürchterliche greifbare Schweigen in bestimmten Situationen) auf uns unbewusst übertragen haben.

Es ist so viel hochgekommen in diesem Jahr. So viel alte Angst. Diese schreckliche Sorge. Dass er mich dazu bringt überhaupt zu überlegen, ernsthaft, ob ich eigentlich auch die Kraft hätte wie sehr viele Ukrainer*innen in ihrem Land zu bleiben und mit der Waffe zu kämpfen, um ihr Land zu Leben zu verteidigen? Was, das sollte uns klar sein nach diesem Jahr – nicht so unwahrscheinlich mehr ist in einer künftigen Notwendigkeit als wir es uns 2021 je hätten denken können. Das hier, da geht es um so viel mehr Grauen als nur um Energieprobleme.

Das ist schwer. Und es braucht ein Ventil. Meines ist der Hass auf dieses Monster und seine blinden Mitläufer.

Okay, das musste auch raus. 2022 hätte ein gutes Jahr, ein viel besseres Jahr werden können. Er hat es uns vermasselt.

Übrigens habe ich tatsächlich zwei Vorsätze für 2023. Habe ich sonst nie, weil meiner Meinung nach eher Quatsch. Beziehungsweise glaube ich an die Macht der sofortigen Veränderung. Nicht der zum Jahreswechsel. Aber man kann ja umdenken. Zum Glück. Vorsatz Nr. 1: Mindestens einmal am Tag für mich ein Lied durchtanzen. In der Wohnung. Meine eigene persönliche Disco! Zum Spaß. Für mein Glücksgefühl. Und ein bisschen Fitness. Ich habe das früher als Kind stundenlang in meinem Kinderzimmer getan. Wann habe ich das eigentlich aufgehört – und vor allem: warum?

Vorsatz Nr. 2: eScooter/Mieträder, die sch… parken – also Fußgängerübergänge zuparken und Rollator-/Rollstuhlfahrer behindern, räume ich ab sofort immer aus dem Weg und stelle sie auf die Straße. Wo sie als motorisierte Fahrzeuge übrigens lt. StVO auch hingehören. Aufenthalt auf dem Gehweg ist für Motorradfahrer, Roller, eScooter nämlich nur geduldet.

2022-12-21

Ich bin sauer!

Ich bin letzte Woche für ein Nachbarschaftsprojekt in finanzielle Vorleistung gegangen. Der verantwortliche Mitarbeiter hatte mich gefragt und gebeten, ob ich einen Einkauf noch in diesem Jahr hinbekomme, wegen der Jahresabschlüsse. Habe ich verstanden, habe zugesagt, obwohl ich wusste, es wird solange die ausgelegte Summe nicht an mich zurückfließt, schwer werden für mich.

Geld auslegen berührt in meiner Lebenslage meinen Alltag immer. Und eher nicht angenehm. Und mit einem letzen harten Monat in dem Shiina sehr krank war, alleine wahnsinnig viel Geld in Futter geflossen ist, bis sie wieder etwas fressen wollte und vertragen hatte, berührt es noch einmal sehr. Und in einem Monat Dezember in dem man irgendwie seinen Lieben auch ein schönes Fest gestalten möchte, auch ich, berührt es dringlich sehr.

Aber ich habe zu der Zusage gestanden, habe das Geld vorausgelegt – habe dabei in der Sache dem Nachbarschaftsfonds sogar 30,— Euro eingespart, die nun in andere Projekte fließen können.

Mit dem Einreichen der Rechnung und Unterlagen habe ich mich vor dem zuständigen Mitarbeiter ein Stück weit nackig gemacht und musste darauf hinweisen, wie wichtig mir eine Überweisug noch vor Weihnachten ist. Ja, das hat mir total viel Spaß gemacht. Nichts mache ich lieber! /*ironietag_off

Nein, es geht nicht wirklich um eine hohe Summe – aber unter dem Strich heißt es für mich, dass mir von dem Anteil im Satz bereit gestellten Anteil für Nahrung und Getränke nur noch € 115,82 blieben in dem einen Monat. Bei 20 % Inflationsrate bei Lebensmitteln derzeit. Kann man so oder so funky finden.

Dämlich für mich, dass ich es trotzdem getan habe aber ich tue es, für die Sache. Für die Nachbarn im Ehrenamt. Mache ich gerne. Sitze jetzt aber leider hier und ärgere mich seit gestern Abend.

Auf mein mich-nackig-machen am Donnerstag letzter Woche folgte keine Reaktion. Kein simples „Geht klar, Frau XYZ, haben Sie vor Weihnachten.” Nun kann absolut passieren, dass einem das durchgeht. Für mich aber bedeutet es dennoch aber, ich hänge seit letzten Donnerstag in der Luft, weiß nicht ob ich diese sicher für viele Menschen geringe Summe vor Weihnachten noch im Einsatz haben werde oder nicht. Unsicherheit ist kein sehr schönes Gefühl. Selbstverständlich ließe sich das kompensieren in dem ich keine Lebensmittel vor Weihnachten einkaufe oder Freunde frage, ob sie mir aushelfen könnten. Es ist schlussendlich mein Risiko, das ich eingegangen bin, geschenkt.

Aber ich würde wenigstens Bescheid wissen dürfen!

So fragte ich gestern kurz per Mail nach. Also kurz, wie man es in E-Mails tut auf Mails auf die keine Reaktion erfolgt ist. Mit dem Hinweis, dass ich bis dato kein Geld erhalten hätte und wenigstens eine Rückmeldung schön fände.

Auf diese E-Mail erhalte ich gestern Abend eine Antwort der Vorstandssekretärin, die den betreffenden Mitarbeiter in dessen Urlaub gerade vertritt. Sie teilt mir mit, er hätte die Rechnung umgehend weitergegeben, die Anweisung würde diese (!) Woche umgesetzt. Und das Ganze wäre ja nun innerhalb von fünf Werktagen passiert oder O-Ton: „Heute ist Dienstag, das sind bisher fünf Werktage und ich denke, dass die Bearbeitungszeit vollkommen angemessen ist, auch unter dem Aspekt, dass die B. solche schönen Projekte fördert.”

Sagen wir es so, mein Gefühl, dass sie mein Anliegen als Peanuts betrachtet und sie sicherlich genervt war, sich darum überhaupt kümmern zu müssen, ziehe ich sicherlich nicht aus der Atmosphäre, sondern aus dem Lesen ihres Einzeilers. Ich kann so eine Überheblichkeit nicht ab. Davon abgesehen, dass ich immer noch nicht weiß, ob ich über die ausgelegte Summe vor Weihnachten verfügen kann, kann „… wird diese Woche umgesetzt …” auch erst Freitag heißen. Weiß ich es?

Und Angemessenheit finde ich, wenn jemand seine Situation offen darlegt und gar keine Reaktion darauf erhält, schlicht nicht gegeben. Es ist nicht angemessen, nicht zu kommunizieren. Punkt. Was nicht heißt, dass ich kein Verständnis dafür habe, dass das jemandem vor seinem Urlaub hinten runter rutscht. Passiert. Und trotzdem steht auf der anderen Seite immer noch die eine Person, die nicht informiert wird. Und vielleicht, nur vielleicht aber wäre ein stellvertrendes kurzes „Sorry!” angemessen?

Gar nicht angemessen ist, wenn jemand nochmals nachfragen muss, dass mit solcher Überheblichkeit geantwortet wird. Ob fünf Tage Bearbeitungszeit angemessen sind noch vor Anweisung, kann man dahin gestellt sein lassen. Je nach Position auf der man steht, hätte ich es auch als angemessen finden können, wäre das Geld schon vergangenen Freitag angewiesen worden. Darüber will ich mich gar nicht erst streiten. Mir geht es alleine um das Feedback. Das zuerst nicht erfolgt ist, dann von der Vertretung sehr von oben herab.

Und ich finde auch „… dass die B. solche schönen Projekte fördert.” frech. Offensichtlich hält mich diese Mitarbeiterin für zu blöd als dass ich nicht wüsste, wer die „schönen Projekte” defacto finanziert. Es sind dann doch die Anteilseigener dieser Genossenschaft , die auch auch mit der Zahlung der Mietzinse immerhin im Jahr hier und da kleine Überschüsse produzieren, die nicht in die Dividendenausschüttungen sondern lt. Satzung auch in solche Projekte fließen sollen. Womöglich zahlen die gleichen Leute unter dem Strich sogar das Gehalt dieser Mitarbeiterin. Könnte das sein?

Davon abgesehen, dass mich und alle anderen aktiven Nachbarn natürlich sehr gefreut hat, dass dieses Projekt auf unseren Wunsch hin überhaupt umgesetzt wurde und sogar viel früher als angedacht. Das ist unbenommen, wurde von mir auch an die involvierten Mitarbeiter mehrfach kommuniziert. Uns ist klar, da ist Geld geflossen, Manpower. Aber unterm Strich sind wir Anwohner, die auch solche Projekte finanzieren.

Gerade den Leuten, die sich so engagieren am Ende des Jahres noch einen Tritt in den Allerwertesten zu geben, das kann man machen. Es ist okay. Es mein persönliches Boule-Spiel mit dem bisher in dem einen Projekt gespielt wurde und das Kinder-Boulespiel, das allen zur Verfügung steht, habe auch ich von meinem Geld gekauft und für die Sache spendiert. Aber offensichtlich fehlt in dem Unternehmen – zumindest einigen Mitarbeitern – an dieser einen Stelle die Sensibilität für das das, was manche Anwohner hier leisten für die gemeinsame Sache. Deren Engagement, man hat es in diesem Jahr gemerkt, nachvollziehbar so immer weniger wird.

Nicht zu kommunizieren ist übrigens die Kernkompetenz dieses Unternehmens. Ich habe mich in diesem Jahr bereit erklärt als Schnittstelle zwischen zwei Mieterprojekten und dem Unternehmen zu fungieren – ehrenamtlich – und kann daher ein Lied singen, wie oft Informationen gar nicht, trotz Nachfrage nicht und nach nochmaliger Nachfrage erst fließen. Es übrigens auch keine Reaktionen auf Vorschläge gibt, wie man die Kommunikation vereinfachen/verbessern könnte. Dass mich dieses Ehrenamt zwei Freundschaften in der Nachbarschaft gekostet hat, weil ich nun ein Sprachrohr bin und einige Menschen das offensichtlich nicht getrennt bekommen von meiner persönlichen Person: geschenkt. Aber ja, es bestätigt sich, was immer gilt: Ehrenamt heißt Opfer bringen.

Ja. Es war für uns alle ein schlimmes, ein hartes Jahr. Nach den anderen harten Jahren. Wir haben alle Nerven gelassen. Und ich will dieser einen Mitarbeiterin das auch zugestehen. Aber ich weigere mich, mich mies behandeln zu lassen und mich für meinen Einsatz noch blöd anmailen zu lassen. Der Sack ist zu. Es ist so typisch, dass die Menschen, die sich einbringen (und dafür ja nicht einmal ein Dankeschön erwarten) schlussendlich noch blöd gekommen wird.

Für mich ist's geklärt. Ich bringe keine Opfer mehr. Meine übernommenen ehrenamtlichen Angebote ziehe ich zurück. Ich habe es gerne gemacht – aber nicht so. Auch die Vorgartenpflege hat sich für mich erledigt. Den unnötigen Ärger tue ich mir nicht mehr an.