2018-11-19

Apulien – Leverano und Copertino



Disclosure: Ich durfte auf Einladung der Europäischen Union, Apulien (Ministerium für Tourismus und Kultur), Pugliapromozione (Verband der Region Union 3) und dem Tourismus- u. Kulturmagazin Spiagge nach Apulien reisen.

Der erste Tag in Apuliens Union 3 führt uns vorbei an dieser unglaublich grünen Landschaft Apuliens im November nach Leverano zur Cantina von Conti Zecca.



Hier wird Wein im ganz großen Stil produziert. Gleich vier Weingüter: Cantalupi, Santo Stefano, Saraceno und Donna Marzia liefern auf über 320 Hektar Weinfläche typische Trauben des Salento mit diesen so schönen klangvollen Namen wie Negroamaro, Primitivo, Altri Vitigni, Malvasia, Vermentino aber auch zugereiste Sorten wie Chardonnay und Montepulciano.



Clemente Zecca, der jüngste der vier Brüder von Conti Zecca, die heute das große Unternehmen leiten, begrüßt uns gemeinsam mit Greta Persano, der PR-Fachfrau der Cantina, die uns weiter durch das Gebäude führen wird.



Seit 500 Jahrhunderten besitzt das Grafengeschlecht Zecco diese großen Ländereien und baut auf ihnen Wein an. Und seit Anfang des 20. Jahrhunderts produziert man hier den Wein nun auch selbst. Der Weinkeller in dem die alten unverkäuflichen Raritäten aufbewahrt werden, spricht seine eigene Sprache …





Im Keller von Conti Zecca, inmitten der großen bis zu 30 Hektoliter fassenden Holzfässer, erfahren wir viel über die Produktion der unterschiedlichen Weine. Der Negroamaro – früher in der Betonung auf seine tiefdunkelrote, fast schwarzer Farbe als „Schwarzschwarz” bezeichnet, wird heute im Sprachgebrauch mit „Schwarzbitter” übersetzt. Diese Traube besitzt einen hohen Anteil an Bitterstoffen, die sie so besonders macht und hervorragend für den Verschnitt eignet. Hier in der Cantina wird sie mit 20 Prozent Malvasia verschnitten, um die Bitterkeit im Gaumen etwas aufzufangen, geschmacklich für den Export gefälliger zu gestalten. Denn während der Negroamaro mit seinem herben Geschmack zu der sehr erdigen Küche Apuliens hervorragend passt, tun sich andere Geschmäcker und Küchen außerhalb Apuliens doch etwas schwer mit dieser besonderen Dominanz. Dabei ist er der perfekte Wein zum Essen, regt er so die Verdauung an.

Auch der hier produzierte Rosato wird ausschließlich aus der Traube des Negroamaro gewonnen, 12 Stunden gärt der Most noch in seinen Traubenschalen, um diese schöne kräftige Farbe zu erhalten.



Die zweite relevante Traube im Salento, Primitivo, besitzt deutlich mehr Süße. Sie wird mit der Hand geerntet. Es ist wie in einem italienischen schwarzweiß Film mit der Poesie der 50iger Jahre: Frauen wählen die besonders guten Trauben, schneiden und sammeln vorsichtig die Früchte, die dann von den männlichen Erntehelfern in Kisten zu den Traktoren getragen werden. Nebenbei werden lauthals italienische Lieder gesungen, um sich bei der anstrengenden Arbeit bei Laune zu halten. Der Primitivo reift 12-14 Monate im Eichenfass und erhält danach noch vier Monate Flaschengärung bis er in den Verkauf kommt.





Schon hier bei unserer erst zweiten Cantina, die wir besuchen, ist der Klimawandel ein Thema. In Südeuropa stellt man sich zunehmend darauf ein, dass sich das Wetter künftig verändern wird und Südeuropa künftig mehr Feuchtigkeit bescheren wird. Conti Zecca reagierte frühzeitig auf das sich ändernde Klima, das schon in diesem Jahr dem Süden Europas deutlich mehr Gewitter und Regenfälle bescherte als sonst im Sommer im südlichsten Teil Italiens üblich. Seit bereits zwei Jahren werden dort die Weine nach den strengen Regeln der Ministerien für Agrarpolitik in nachhaltiger Landwirtschaft angebaut. „Ein lebendiges Land, unbehandelt, schenkt ein lebendiges Produkt,”, sagt Clemente Zecca. 30 Prozent der Weine werden in Bioqualität angebaut – Tendenz steigend.

Der Salento von zwei Meeren umgeben – dem Ionischen und Adriatischen Meer – trotzt den Winden von beiden Meeresseiten, die es den Bauern und Winzern ermöglichen den Einsatz von Pestiziden stark einzuschränken bzw. sogar ganz darauf zu verzichten. (Es gibt wohl in Europa kaum eine zweite Generation, wo immer schon so viel natürlich in Bioqualität angebaut wurde, wie im Salento.) Die vier Brüder Alcibiade, Fancesco, Luciano und Mario Zecca, von Conti Zecca sind einen weiteren Schritt in Richtung biologischer Weinanbau gegangen und haben im vergangenen Winter erstmals Klee und Hafer zwischen die Rebstöcke gepflanzt – so haben die Böden im Sommer nicht unter der Hitze gelitten, waren aber dennoch ausreichend aufgelockert als der Regen kam, um das Wasser gut abfließen zu lassen. Das Ergebnis ist eine im Vergleich zu anderen Regionen sehr gute Weinernte 2018 voller gesunder, schöner wohlschmeckender Trauben.



Noch früh am Tag verkosten wir schon die ersten Weine. Den Rosato Cantalupi und den Rifugio,



einen Primitivo. Ich esse Taralli, die mir zum ersten Mal wirklich mehr als gut schmecken. Bisher stand ich mit diesem Gebäck eher auf Kriegsfuß aber diese hier sind knackig, zart und frisch im Geschmack. Den Teller mit dem feinen Käse schmückt wie immer hier traditionell üblich der gute Laune bringende bunte Hahn, das Wappen des Salento. Der Wein schmeckt uns hervorragend …



… und ab geht es für uns in die erste Kirche!

Nur sechs Kilometer entfernt – zu Fuß wäre man knapp anderthalb Stunden unterwegs – gelangen wir nach Copertino.



Der erste Weg führt uns in die Kirche und anliegendem Kloster Santa Chiara. Kleiner, trotzdem interessanter wird es keine 100 Meter Fußweg weiter:



Hier besuchen wir die Geburtstätte …



… und die ihr gegenüberliegende Kirche des heiligen Giuseppe da Copertino.



1603 dort als Giuseppe Gesa in einem Stall geboren, der heute dort als Gedenkort erhalten ist. Bettelarm, sein Vater vestarb noch vor seiner Geburt, wurde er als schwer krankes Kind im Marienheiligtum Maria della Grazia in Galatone geheilt. Über Umwege wurde er als Ordensbruder im Santa Maria della Grottella aufgenommen und 1682 zum Priester geweiht.







Offensichtlich verstand sich Giuseppe von Copertino ganz gut darauf in Ekstase zu geraten und Levitationen zu betreiben, was ihm einerseits den Ruf und die Verehrung einbrachte, ein Fliegender zu sein und heilen zu können – andererseits den Verdacht und Ärger Messianismus zu betreiben.



Vielleicht war das auch nur der Neid anderer Priester auf die sehr großen Pilgerströme, die er zu bewegen vermochte. Wie auch immer: ersteres machte ihn bis heute zum Schutzheiligen aller Flieger, letzteres brachte ihm leider zu Lebzeiten die Verbannung aus seiner Heimatstadt ein. Er starb 1963 in Osimo und sein Körper liegt – bis auf sein Herz – dort in einer Basilika begraben.

In Copertino heiligt man seinen Reliquien. Der einst verstoßene Sohn der Stadt gilt heute als ihr Schutzpatron. Sein Herz (wohl nur noch Asche) in Gold umfasst, wird in der Sakristei aufbewahrt.



In den Räumen nebenan kann man eine alte Bibel, …



… Gewänder …





… bzw. von ihm benutztes Besteck besichtigen. Kein Wunder, dass er auf vielen Bildnissen als edler Flattermann gezeigt wird:



Und … immerhin ist Cupertino in den USA nach zu Ehren des Heiligen Copertino benannt worden – und heutige Partnerstadt von seiner Geburtsstadt. Copertino hat Bars mit sehr lustigen Namen …



… und offenbart viele schöne Motive.



Draußen vor der Kirche fordert mich dieser ungemein hübsche vierpfötige Dickkopf zum direkten Körperkontakt auf, wer bin ich ihm zu widersprechen?



Die Sonne scheint, uns wärmen 20 Grad Temperatur im November, die Bougainville blüht – und überhaupt finde ich alles sehr schön und hübsch italienisch in diesem Copertino.



Aber wir müssen weiter. In einer weiteren kleineren Cantina, der Azienda Vitivinicola Marulli, möchte unter den strengen Augen der verblichenen Großeltern Wein verkostet werden (ich kaufe nebenan im kleinen Lebensmittelgeschäft meinen geliebten Quarta Caffe, den Kaffee dieser Region, dem ich verfallen bin mittlerweile.)



Ich kann die Großeltern im Geiste beruhigen, ihre Nachfahren verstehen sich sehr gut auf die Weinkunst!



Eine israelisch-italienische Gärtnerei mit Schwerpunkt auf Granatapfelpflanzen gucken wir uns vor dem Mittagessen auch noch an. Riesige Granatäpfel:



Und dort diesen freundlichen alten Hund.



Von dem ich ein wahnsinnig tolles, richtig lustiges Video gedreht habe.
Also gedreht hätte.
Hätte ich nur den Button richtig gedrückt.

6 Kommentare:

Sanddorndiva hat gesagt…

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Gerne gelesen

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(Kommentaromat-Fake) ;-)

creezy hat gesagt…

@sanddorndiva
Ich liebe Dich sehr, weiße ne? :-)

Rain hat gesagt…

Das hier habe ich mit Genuss gelesen, habe ich doch gleichermaßen ein Freund Apuliens werden dürfen in den letzten zwei Jahren :-).

Lediglich an die für meine Gewohnheit zu kühlen Trinktemperaturen des dortigen Rotweins muss ich mich noch gewöhnen. Aber speziell für die Weinvorstellung ganz herzlichen Dank! 🍷

Unknown hat gesagt…

Off-Topic.
Ich musste an Sie denken:
Hier gibtes ein DS Cabrio zu gewinnen:
https://www.frankreichs-schoenste-ecken.com/

creezy hat gesagt…

@Rain
Oh danke für die freundlichen Worte, das freut mich sehr – und ja, ich verstehe die Freundschaft zu Apulien sehr! :-)

Das mit der Weintemperatur dort … ja, das ist stellenweise speziell. Aber ich bin auch immer wieder fasziniert, wie sehr die dort in der Küche auf Salz und Pfeffer verzichten können … :-)

creezy hat gesagt…

@Dr. JAY
DANKESCHÖN! Das Spiel ist ja der Burner. Ich bin bis jetzt tatsächlich nur bis zum Roller gekommen! Das ist gut, das Spiel – das macht richtig Spaß und ist etwas anspruchsvoller als andere „Spiele”. Sehr schön, danke dass Sie da an mich gedacht haben! :-)

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