Posts mit dem Label creezy on tour werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label creezy on tour werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

2024-09-28

Manchmal …

Gestern eine interessante Situation beim Mittagessen in Porto Cesareo.

Da ich hier alleine unterwegs bin, gehe ich alleine essen. Mit Selbstverständlichkeit. Ich bin gut mit mit mir und kann mich daher gut aushalten als Tischnachbarin.

Vorher hatte ich einen sehr langen Spaziergang von einem Ende Porto Cesareos bis zum Zentrum gemacht. Fast zehn Kilometer am Strand entlang inklusive Sehenswürdigkeiten. Und hatte dann ein gutes Mittagessen. Frutti di mare, einen gemischten Salat, gönnte mir ein Eis. Und den obligatorischen Caffè. Alles auf Italienisch geordert.

Neben mir vier Leute am Tisch, ich vermute zwei Paare – mein Alter ungefähr. Sie sprachen Deutsch.

Irgendwann bin ich das Thema.

Ich würde da so alleine sein– aber es mir immerhin es gut gehen lassen. So ein Mittelding zwischen Bewunderung und Mitleid. Bevor es dann zu peinlich wurde (für wen auch immer), erklärte ich dann, dass ich sie verstehen könne. Also sprachlich. Und erzählte ihnen auch, dass es mir wirklich geradezu fantastisch ginge so alleine.

Ich kann nur sagen, ja, manchmal ist es zu zweit oder mehreren sehr schön – aber oft für mich auch irre anstrengend. Aber man muss sich wirklich nie Sorgen machen um mich, wenn man mich alleine trifft. Ich bin gut darin, es lädt meine Batterien auf – ich kann das sehr genießen.

Aber ich finde es schade, dass viele Menschen in meinem Alter es sich oft nicht trauen, sich deswegen schöne Dinge versagen. Was soll denn passieren? Schlimmstenfalls seid ihr Tischgespräch.

2024-09-17

Ein Ausflug in die Basilikata zur Cripta del Peccato Originale – und zu den Weinen der Dragones

Knappe 10 km² Gesamtfläche. 570.000 Einwohner. Die Basilikata (Lukanien) ist keine allzu große Provinz im Süden Italiens. Aber sie ist eine wunderschöne Region, die mit langen Wäldern, kurzen Meeresküsten, wilden Bergregionen und geschwungen Hügellandschaften lockt. Sie bietet viel Grün und vor allem einfach viel unberührte Natur. Ihre abwechslungsreiche Landschaft schenkt aromatische Olivenöle und tiefgründige Weine, Getreide, Hülsenfrüchte und die Peperone Crusco wird hier angebaut, auf dem Tisch serviert liebevoll Cruschi genannt.
Drei Tage durfte ich (endlich!) durch die Basilikata reisen, nachdem mich 2019 schon Matera verführt hatte. Und dieses Mal, nach zwei selbst gestalteten Tagestouren dorthin, erfüllte sich mein großer Wunsch: Einmal in den Sassi di Matera schlafen dürfen. Und ich durfte sogar zwei Nächte hier an diesem magischen Ort ruhen – aber auch die südliche Vielfalt der Basilikata sollte ich entdecken dürfen. Ihren Nervenkitzel auf ZIPLines oder auf einer ewig langen tibetanischen Brücke erleben, tief in ihre Historie eintauchen. Und die köstliche lukanische Küche genießen.

Von Matera im Norden der Basilikata nach Maratea an die lukanische Küste – alles geht im Prinzip an einem Tag. Obwohl man sich natürlich deutlich mehr Zeit nehmen sollte, um diese schöne und vielfältge italienische Region zu entdecken! Es war traumhaft.

Die Basilikata, deren Süden vor allem noch wenig vom internationalen Tourismus entdeckt ist, bietet wohl als eine der nur noch wenigen italienischen Regionen ein sehr unverfälschtes italienisches Leben.
An unserem ersten kompletten Reisetag haben wir Matera sehr früh mit dem Auto verlassen. Ivana Scilipoti von der Reiseagentur Ivy Tour Basilicata, hatte unsere Reise im Auftrag des Tourismusverbands der Basilikata nicht nur organisiert, sondern uns höchst charmant begleitet. Unser erster Weg führte nach ca. 1,5 Stunden Fahrzeit nach Castelmezzano in die lukanischen Dolomiten (Dolomiti Lucane). In dem kleinen Ort kann man das aufregende Erlebnis eines ZIPLine-Fluges erleben. Quatsch, hier wird das Erlebnis jeder anderen ZIPLine Europas noch getoppt, denn hier fliegt man – wer es möchte – gleich zweimal kurz hintereinander. Hier fliegt man nicht nur über eine Schlucht … die Reise durch die Luft führt auf den nächsten Hügel zu dem gegenüberliegenden Ort Pietrarossa. Und von dort kann man gleich noch einmal zurück nach Castelmezzano fliegen, wenn man es denn möchte.

Wir wären nicht in Italien, dem Land der puren Romantik; wäre hier der neumoderne Sprachgebrauch „ZIPLine” nicht ersetzt worden. Natürlich bucht man in Castelmezzano oder in Pietrarossa den Volo dell’Angelo – den Flug der Engel. Natürlich bin ich geflogen (ja, das bin ich auf dem Foto oben), teile meinen Einsatz als Engeline ein anderes Mal intensiver mit euch hier im Blog.

Die Cripta del Peccato Originale

Den Nachmittag verbrachten wir wieder in der Nähe Materas. Eingeladen waren wir, die „Cripta del Peccato Originale” zu besichtigen. Sie liegt ca. 15 Kilometer von Matera entfernt auf dem Gelände der Azienada vitivincola Casal Dragone an der Via San Biagio. Ein Agriturismo, ein Familienbetrieb, der seit mehreren Jahren in der Basilikata Getreide anbaut und seit dem letzten Jahrhundert auch Weine keltert. Erst 1963 wurde diese Krypta auf dem Gelände der Familie entdeckt. Familienpatron Vincenzo Dragone hatte am Ende der 2000er die Krypta einer Stiftung geschenkt, damit sie mit Spendengeldern und staatlicher Unterstützung restauriert, konserviert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte, was einige Jahrzehnte dauern sollte. Seit 2023 sind die Restaurationen der Fresken aus dem 8. und 9. Jahrhundert abgeschlossen und die Krypta der Erbsünde kann von interessierten Besuchern (in kleinen Gruppen) besichtigt werden.

Wir waren begeistert von diesem Ort. Es ist ein einfaches multimediales Erlebnis, dem man sich sehr entspannt – zumal nicht fotografiert noch gefilmt werden darf – in der Höhle hingeben darf. Nur 20 Personen dürfen während einer Führung in den Raum und werden auf dem Boden sitzend platziert. Was schon einmal ein sehr geerdetes Erlebnis verspricht, denn der Kontakt zu dem Höhlenstein schafft eine seltene Verbundenheit. Eine musikalische und tonale Führung (es gibt Kopfhörer und Übersetzungen in den üblichen internationalen Sprachen), während die besprochenen Objekte – natürlich alle relevanten Persönlichkeiten des christlichen Geschehens – der Wandmalereien durch Lichter hervorgehoben werden, lässt diesen Ort in Ruhe und mit erstaunlicher Spannung erleben. Die Fresken sind wunderschön, teilweise erstaunlich gut erhalten. Die Besonderheit dieser Krypta sind die Mohnblumen, die die bemalten Wände über und über schmücken und diesem Ort eine fröhliche Leichtigkeit vermitteln.

Apericena und Wein-Tasting in der Azienada vitivincola Casal Dragone

Die Familie Dragone verwaltet die Besucherströme zur Krypta in ihrem Empfangsgebäude und bietet in den Räumen ihres Agriturismo Azienda Viticonala Casal Dragone nun vier Zimmer zur Übernachtung an und serviert eine bodenständige Küche aus eigenen Produkten und die der Landwirte aus dem direkten Umland. Natürlich wird hier auch der Wein verkauft, den wir verkosten dürfen, denn wir sind zu einem Apericena eingeladen. Ein Aperitivo, der direkt hinüber in das Cena, das Abendessen, schwelgen lässt. Wie gut kann es einem gehen?

Im Jahr 1882 zogen die beiden Geschwister Antonio und Cristina Dragone nach Matera, die Stadt hatte damals schon einen Namen als Umschlagplatz für Weine. Das erste eigene Familienweingut wurde 1920 in der Via San Biagio eröffnet. Der erste Wein wurde 1955 in Flaschen auch für den Verkauf abgefüllt: Es war das Produkt von Reben, die auf einem zehn Jahre zuvor erworbenen Grundstück in Contrada Pietrapenta, wenige Kilometer von Matera entfernt, angebaut wurden. Heute baut die Familie in der fünften Generation auf fünfunddreißig Hektar ihre Weine an. Die Cantina gehört zu den Gründungsmitgliedern der 1990 entstandenen Initiative Matera DOC (Denominazione di origine controllata), die sich für die Vermarktung der besonders hochklassigen Weine aus Matera engagiert.

Nach dem Abschied von Vincenzo im Jahr 2011 führt nun sein Sohn Cataldo Dragone mit seinen drei Geschwistern die Azienda und hat pünktlich zur Eröffnung der Krypta das alte Familienhaus restauriert und erweitert, sodass hier heute Verkostungen aber auch Feierlichkeiten in großem Rahmen zelebriert werden – und sie natürlich einen Shop beherbergt, wo man die fantastischen Weine und Produkte der Küche erwerben kann. Und natürlich alles, was begeisterte Besucher an die Krypta erinnert. Sagen wir es so: Der Vater hatte mit seiner Entscheidung, die Krypta abzugeben, sehr gut vorgesorgt für die seinen.
Wir wurden herzlich von Angela Dragone empfangen, die Schwester von Cataldo, die uns mit ansteckender Freude durch das kleine, jedoch sehr feine Weinangebot probieren ließ, während uns aus der Küche immer wieder neue Köstlichkeiten serviert wurden. Hier auf dem Foto zeigt sie uns voller Stolz die Teigschüssel ihrer Mama, mit der sie heute noch in der Küche arbeitet. Ich verstehe sie so gut.
Natürlich probieren wir die knackigen Taralli, aber auch die köstlichen, knusprigen Cruschi. Es sind an der Luft getrocknete rote Peperoni, die kurz in – natürlich – Olivenöl frittiert werden und sehr viel Freude machen beim Essen! Man muss sich keine Sorge vor etwaiger Schärfe machen. Cruschi sind eine typische lukanische Spezialität, die man außerhalb der Basilikata wohl nicht finden wird. Denn die süßlichen Früchte der Peperoni di Senise sind seit 1996 in ihrem Ursprung geschützt und dürfen nur um Matera und die Provinzhauptstadt Potenza angebaut, so bezeichnet werden.
Apropos Olivenöl. Natürlich stellt die Familie auch ihr eigenes Olivenöl her; die Bäume auf dem Weg zur Cripta tragen jetzt im September reichhaltig große und kleine Früchte je nach Sorte. Uns wird das hausgemachte Öl zum hausgemachten Pane serviert – und es ist unvergleichlich gut. Fruchtig, mild, mit einer fröhlichen Säure! Leider verkaufen sie es noch nicht, sondern verwenden es ausschließlich in der eigenen Küche. Darüber war ich richtig traurig! Nun, so musste getrocknete Pasta und die schwarzen Kichererbsen – eine Besonderheit Apuliens und der Basilikata – in die Tasche wandern.
Es war ein heißer (und mittlerweile langer) Tag und der sehr herunter gekühlte Pietrapenta aus der autochthonen Traube der Malvasia-Rebe, ein trockener, beinahe leichter Weißwein mit 12,5 % Alkohol-Gehalt von 2023, war genau der richtige Wein zu den Cruschi (Kruski) und der Platte mit Prosciutto, Salami (wie gut schmeckt bitteschön die Salami aus der Basilikata?!!!) und einer Käseauswahl aus drei unterschiedlichen Sorten Pecorino.
Pietrapenta natürlich nach dem Terroir benannt, auf dem die Dragones ihre Weine ausbauen.
Glücklich machte mich der Teller mit Ruccola und zarten Nodini (Mozarella zu Knoten geformt). Ich bin immer noch verspielt genug, um mich an diesem kleinen, so liebevoll geformten frischen Käse zu erfreuen! Große Zustimmung an unserem Tisch erhielt der Brotsalat (Panzarella), der in Lukanien anders heißt. Nur wie? Ich habe es vergessen!
Als besondere Zutat enthält er diese köstliche Gurke Süditaliens, Carosello (in Apulien) und Barratiere (Basilikata), die mit ihrem süßlichen Melonenaroma spielt. Diese Gurkensorten enthalten kein Cucurbitacin, den typischen Bitterstoff hiesiger Gurken. Für mich eines der besten Gemüse in der Hitze Süditaliens – reich an Wasser und sie werden eiskalt gekühlt serviert in den Sommermonaten zum Aperitivo. Köstlich! Gut gewürzte und gegrillte, hauchdünn geschnittene Zucchini und Auberginen, sowie sehr aromatisch gegrillte (und deswegen) besonders köstliche Peperoni machten die Vorspeisen komplett.
Zwischenzeitlich hatten wir auf den zweiten Wein, den ersten Rotwein im Angebot der Cantina Casal Dragone gewechselt. Kistos Cisto Rosso, ein Cuvée aus Primitivo, Merlot und Cabernet – schwarz wie die Nacht im Glas, 2021 abgefüllt. Der Wein ist üppig, mit ausgewogenem Tanningehalt, weich im Abgang.
Ich persönlich hatte leider wieder mein typisches genetisch bedingtes Cuvée-Problem. Bei mir schmecken weiße Verschnitte nach Bier, roter Verschnitt schenkt mir einen muffigen Abgang. Dem anwesenden Wein-Profi hat der Wein gemundet, und das lasse ich herzlich gerne als Empfehlung so stehen. (Das ist wirklich mein Problem und spricht mitnichten gegen den Wein!)
Der letzte Wein unseres Tastings, der Pietrapenta Primitivo 2020, konnte mich zufriedener stimmen. Ein strukturierter Wein mit der tiefen Säure der Primitivo-Traube und grandioser Substanz im Abgang. Weit weg von den leichten Tischweinen, von denen wir an Primitivi hierzulande mittlerweile leider überschwemmt werden. Dieser Primitivo ist ausbalanciert und lockt mit den Aromen von Holz, roten Beeren und Vanille, außerdem hat er für einen Primitivo eine erstaunliche Eleganz. Ein feiner Wein – für 10,— Euro die Flasche zu haben. Übrigens, der höchste Preis für die Weine der Familie Dragone.
Hier begleitete er ein geradezu faszinierend einfaches, dennoch ganz köstliches Gericht. Wir bekamen die „armen Ritter” Italiens in herzhafter Variante serviert! In Milch und Ei eingelegtes und in der Pfanne frittiertes altes Pane, das mit aromatischem Tomatensugo satt serviert wurde. Und unser zartes Dessert, ein Mandelgebäck, mit intensiver Schokolade bestrichen. Sehr einfach, zart und intensiv im Geschmack.
Fazit: Unser Nachmittag in der Cripta del Peccato Originale war ein faszinierendes Erlebnis, dem ein köstliches Abendessen mit soliden, hervorragend zu trinkenden Weinen in der Azienada vitivincola Casal Dragone folgte – alles mit der typischen herzerfrischenden, fröhlichen Gastfreundschaft Süditaliens präsentiert.
Wir haben diesen Abend sehr genossen – und später auf der Terrasse unseres B&B in Matera und einer Flasche Pietrapenta Malvasia von diesem wundervollen Weingut ausklingen lassen.


Adressen
Tourismusverband: Entdecke Basilikata!

Homepage der Krypta: Cripta del Peccato Originale

Homepage der Azienda Dragone: Azienada Vitivincola Casal Dragone

2024-08-04

Lecce – und das Alvino Suite & Breakfast an der Piazza Sant'Oronzo

Lecce ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Salento, der südlichen Region Apuliens. Das Centro Storico, die Altstadt, ist voller Geschichte, architektonischer Schönheit und besonderer Kunstfertigkeit – und voller Lebenslust. Heute nehme ich euch mit zu nur einem der zentralen Plätze dieser wundervollen Stadt in Süditalien.

Die Piazza Sant'Oronzo

Die große Piazza Sant'Oronzo liegt zentral in der Altstadt von Lecce. Lecce ist klein aber fein. Diese Stadt zählt nicht einmal ganz 100.000 Einwohner und wartet mit historischer Kunst und Architektur auf. Und sie ist vor allem im Sommer am Tag voller Touristen und in der Nacht voller italienischer Lebensfreude.
Stichwort für Lecce ist „Barocco leccese” – Lecceser Barock. Aus Tuffstein sind viele der historischen Bauten, der Dom, Kathedralen und Kirchen und die hochherschaftliche Palazzi gebaut – mit zahlreichen schmückenden Ornamenten und Figuren. Ehrlich, man weiß vor allem im Centro Storico der Stadt nicht, wo man zuerst hinschauen soll, wenn man nur durch die Straßen spaziert. In den Souvenir-Shops der Straßen wimmelt es von Kunstfertigkeiten aus diesem Stein. Aber meist befindet sich die beeindruckende Kunst oben an den Palazzi.



Jedes der vier Stadtore, das man zur Altstadt Lecces durchschreitet, führt mit der anschließenden Straße früher oder später zur zentral gelegenen Piazza Sant'Oronzo. Sie ist groß und weiträumig und voller historischer Schätze. Der Platz ist dem Heiligen Orontius gewidmet, der Schutzpatron war der erste Bischof dieser Stadt. Neben dem Amphitheater (s. u.) steht stolz eine 29 Meter hohe Säule, die Colonna di Sant’Oronzo, auf der die Statue des die Stadt segnenden Heiligen ruht.
Sie wurde von Giuseppe Zimbalo errichtet, der im Hafen von Brindisi eine der römischen Zwillingssäulen, die das Ende der Via Appia markierten, sichergestellt hatte. 1660 begannen die Arbeiten an der Säule. Ihre Einweihung erfolgte 1686. Sie gilt als ein Zeichen der Danksagung für die Befreiung von der Pest, die, der Legende nach, nach dem Tode von Tausenden von Einwohnern im Jahre 1656 dank der Fürbitte des Heiligen Orontius ein plötzliches Ende fand.
Heute aber steht man vor ihrer Replik, denn das Original der Statue ist 1737 abgebrannt. Ausgerechnet während der Feierlichkeiten zu Ehren des Heiligen Orontius. Die heutige Statue wurde in Venedig angefertigt und 1739 an ihrem heutigen Platz aufgestellt. Auch sie war im Oktober 2023 gerade zu Restaurationszwecken verreist.

Direkt an das Amphitheater schließend und hinter der Säule befindet sich der Palazzo del Seggio (1592), genannt Il Sedile. Einst war hier der Sitz der alten Gemeinde, gebaut von Alessandro Saponaro. Von vier quadratischen Pfeilern getragen, beeindrucken die beiden großen Spitzbögen, die früher wohl offen lagen. Der Bürgermeister hielt in der Loggia seine Anhörung und verwaltete die Justiz. Über den Bögen sieht man gemeißelte militärischen Trophäen, die man in ähnlicher Art an den Toren der Stadtmauern zum Centro Storico von Lecce sieht. Das Obergeschoss, mit drei Bögen auf jeder Seite, war früher überdacht und diente als Munitionslager.
An Il Sedile schließt sich die kleine Kapelle San Marco an, die 1543 von Gabriele Riccardi für die vielen Venezianer erbaut wurde, die damals in dieser Gegend lebten. Das aufwendig verzierte Portal, das von der Lünette mit dem Löwen des Heiligen Markus − Symbol der Republik Venedig − überragt wird, sticht in der sonst sehr einfach gestalteten Kapelle besonders hervor.

Auf den Stufen rund um diese Gebäude tobt heute das Leben, man trifft sich, hält ein Schwätzchen und geht dann gemeinsam oder wieder getrennt seines Weges – zum Duomo del Lecce, zur Basilikata Santa Croce oder zu einem der vier Stadttore, Porta San Martino (Osten, Hafen von San Cantaldo), Porta San Biagio (Süden, Capo di Leuca), Porta Napoli (Nordwesten) und
Porta Rudiae (Westen), die zur Altstadt führen. Um sie herum haben sich eigene Stadtteile entwickelt und es finden sich immer nette kleine Bars oder Restaurants,
für einen schnellen Caffè am Tresen.


Alvino Suite & Breakfast im Centro Storico von Lecce

Das Bread and Breakfast Alvino Suite & Breakfast** liegt in mehrfacher Hinsicht besonders prominent in Lecce! Zum einen befindet es sich in den ehemaligen Redaktionsräumen der apulischen Tageszeitung Leccesette.

Und zum anderen liegt das Haus, das aus dem 17. Jahrhundert stammt, direkt an dieser Piazza Sant’Oronzo! Zentraler und lebensbejahender, glaube ich, kann man in Lecce kaum nächtigen – der Blick auf die Piazza von den Balkonen, den man in einigen der Zimmer hat, ist grandios.
In der kleinen Nebenstraße der Piazza, Via Roberto di Biccari, 6, 73100 Lecce, liegt der unscheinbare Eingang (elektronischer Zugang) zu einem imposanten Treppenhaus aus Marmortreppen und Holzvertäfelung.

Ich hatte die Freude, dank meiner Freundin Carmen Mancarella, eine Nacht in der wunderschönen Suite Pizzicata des Alvino Suite & Breakfast schlafen zu dürfen.
Ein exklusives Erlebnis! 40 Quadratmeter hat dieses Zimmer; es ist stilvoll eingerichtet mit einem traumhaft schönen Bad.
Und: Es ist genau der Raum, in dem Carmen Mancarella, die heute das salentinische Magazin Spiagge herausgibt, als Journalistin für die Tageszeitung Leccesette gearbeitet hatte. Selbstverständlich mussten wir sie an „ihren” alten Schreibtisch setzen.
Der Blick von dem Balkon schenkt zu jeder Tageszeit eine besondere Stimmungsaufnahme dieser wunderschönen Stadt!
Vom ersten Stock aus blickt man linker Hand auf das römische Amphitheater von Lecce. Es stammt aus dem 2. Jahrhundert nach Christus und ist aus dem typischen Pietra Lecccese errichtet und stellenweise mit weißem und farbigem Marmor verziert. Wieder entdeckt, übrigens erst 1900 unter dem Fundament eines Bankgebäudes. Ein Teil des Theaters liegt heute noch teilweise unter den Gebäuden der Piazza. Es ist leider nur zu besonderen Anlässen begehbar aber von oben frei liegend und kostenlos zu betrachten.
Die Piazza Sant’Oronzo ist der Lebensmittelpunkt in Lecce. Darauf muss man sich einrichten, wenn man in den wunderschönen Räumen der Alvino Suite & Breakfast nächtigt. Einige kleinere Zimmer gehen nach hinten zum Patio hinaus und liegen sicherlich ruhiger. Das Frühstück wird unterhalb der Räume im ehrwürdigen Caffè Alvino serviert – hierfür liegen Gutscheine im Zimmer bereit. Das ist nach dem Blick vom Balkon auf die erwachende Szenerie der Piazza ein weiterer, so charmanter Einstieg in den Tag! Erst der beeindruckende Blick vom Balkon auf die Piazza. Dann einen Cappuccino und ein Pasticciotto Leccese. Ich empfehle, trotz der schönen Terrasse, auf jeden Fall einen Caffè – oder einen Rustico IM Caffè zu genießen; das Interieur ist wunderschön und stilvoll historisch

L’Orologio delle Meraviglie

Vom Balkon des Appartements, sieht man rechter Hand ein ganz besonderes Kunstwerk. Auf der fast gleichenr Höhe hängt die historische Wanduhr am Gebäude der Banco di Napoli in Lecce. Seit 1955 zeigt dort die „L’Orologio delle Meraviglie” (die Uhr der Wunder) die Zeit an, seinerzeit von der Banca Commerciale Italiana in Auftrag gegeben. 15 Jahre hatte diese Uhr geschwiegen, mittlerweile restauriert, erklingt sie wieder und zeigt pünktlich die Uhrzeit an. Sogar in der Nacht, denn ein moderneres Facelift hat ihr eine nächtliche Beleuchtung spendiert. Ein wirkliches Kunstwerk!

Francesco Barbiere, Bildhauer aus Lecce, arbeitete drei Jahre lang an der Entstehung dieser Uhr. Damals galt ihr Zifferblatt als größtes und eindrucksvollstes der Welt. Immerhin ist die Uhr der Wunder 10 Meter hoch, drei Meter breit – und wiegt 20 Doppelzentner! Das Blatt zeigt ein Zyklopenauge, dessen Iris durch das Zifferblatt mit roter Emaille hinterlegt, präsentiert wird.

Der obere Teil der Uhr ist von Elementen geprägt, die auf das Wappen von Terra d'Otranto zurückgehen: der Delphin und die Mondsichel, die von der Sonne begleitet wird, mit Oliven- und Granatapfelzweigen an den Seiten, die den Reichtum und die Fruchtbarkeit des Landes symbolisieren. An den Seiten befinden sich die beiden Figuren der Verkündigung: links der Engel mit erhobenen Armen und rechts die Jungfrau, die die Verkündigung empfängt. In der Mitte des Rahmens befindet sich der „Sonnenwagen".
In der Mitte befinden sich die zwölf Tierkreiszeichen, die alle in einer weiblichen Tonart dargestellt sind.

Die römischen Ziffern der Stunden ruhen auf blauem Emaille und wechseln sich mit Tarot-Figuren ab: Liebe, Gerechtigkeit, Tapferkeit, der Teufel, das Kreuz-Ass, die Sieben, die Prinzen, das Schwert mit der Krone, die Zwillinge mit der Sonne, Wasser und die Blumenvase. Die große Hand hat an ihrem Ende den Nordstern und die Seraphim, und die kleine Hand den krähenden Hahn und die erste Mondphase. Diese Uhr ist ein beeindruckendes Kunstwerk. Sie ist ein attraktiver Treffpunkt – nicht nur für Straßenkünstler und -musiker in Lecce.


Alvino Suite & Breakfast
Piazza Sant'Oronzo
73100 Lecce - Puglia - Italy
E-Mail info@alvinosuiteandbreakfast.it

2024-07-04

Mit dem Rad entlang des Sile bis nach Jesolo

Von Treviso hatte ich euch schon vorgeschwärmt. Wer gerne Rad fährt oder wandert, der wird in Venetiens Marca Trevigiana traumhaft schöne Touren machen können in einer flachen, dennoch abwechslungsreichen schönen Landschaft, die den Augen viel Weite gönnt!

Woher ich das weiß? Tsja. Tatsächlich wurde ich gar nicht nach Treviso eingeladen, um Tiramisù zu verkosten oder in traumhaften Castelli zu schlafen. Ich wurde eingeladen, um Fahrrad zu fahren. Genauer, ich sollte hier die Erfahrungg machen mit dem neuen Angebot von Treviso.bike „Bike & Boat” – wir wollten vom Castello auf ein Hausboot wechseln. Der Plan war zwei Nächte auf dem Boot zu schlafen und mit diesem die pittoresken Inseln in Venedigs Lagunen anzusteuern und sie dort mittels Rad zu erleben. Der Plan war klasse, das extreme Regenwetter der vorangegangenen Woche indes nicht.

Die Lagunen waren durch die aufgestellten Schutzwälle vom Hochwasser geschützt – kein Durchkommen mit dem Boot. Also sind wir Strecken gefahren, die befahrbar waren – und haben uns trotzdem köstlich amüsiert, hatten Spaß und sind mit wunderschönen Momenten in der Natur belohnt worden!

Treviso.bike

Treviso.bike ist ein Bike Store in Treviso, der sich als Full-Service-Spot rund um das Fahrrad sieht in Treviso. Vier gestandene Männer haben ihre früheren Jobs u.a. im sozialen Management oder als Architekt an den Nagel gehängt und ihre eigene Leidenschaft, das Radfahren, zum Beruf gemacht. Die Jungs kennen nur einen Gott – und der heißt Fahrrad!
Giovanni, Andrea, Riccardo, Filippo und noch einmal Andrea erfüllen ihren Kunden jeden Radwunsch und verkaufen in ihrem extrem nett designten Shop, Fahrräder in der Preisklasse von 1.000-11.000 Euro. Der Shop liegt übrigens keine 100 Meter vom Sile entfernt, hat im Prinzip eine eigene Bootsanlegestelle – und bietet sofortigen Zugang in die reichhaltige Natur.
Nebenbei vermieten sie Fahrräder an Touristen. Filippo repariert zusammen mit Andrea in der peinlichst sauber geführten (so etwas habe ich noch nicht gesehen!) Werkstatt alles, was zwei Räder hat. Wirklich, in dieser Werkstatt kann man vom Boden essen!
Sie organisieren Verkehrserziehungs- und Reparaturkurse für Schulkinder, machen mit ihnen Radtouren. Sie begleiten Radtouren, entwickeln individuellen Touren je nach Kunden-Gusto und -Fitness und bieten einen Abholservice an. Das alles mit einer unglaublichen Freude, Begeisterung und Professionalität.

Und sie leben ihren sozialen Anspruch. Wenn man sieht, wie sie alle mit Freude mit ihrem Kollegen Andrea umgehen, den sie aus einer Behinderteneinrichtung abgeworben haben und wie sie von ihm sprechen – ihm übrigens „Boss of it all” auf die Visitenkarte gedruckt haben – sich einfach darüber freuen, ihn in ihrem Team zu haben, mein Herz hat's berührt. Auch die Hingabe, mit der sie Kinder in respektabler Gruppengröße in allem rund um das Fahrrad schulen und auch Touren mit ihnen fahren, es beeindruckt. Sie sind mit Freude sozial aktiv und leben es motivierend vor. Ich mag die! Im Foto übrigens Andrea oder Andreone „The Boss”, Giovanni, ich, Riccardo und – whatelse? – ‘nen Bike.
Unser erstes Date mit Tourguide Riccardo war ein Online-Date. Früh wurde eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet, Riccardo erkundigte sich nach unseren persönliche Radvorlieben und Fitnessstand, um uns die besten Bikes für unsere längeren Touren zu empfehlen. Jorge, der seit Jahren erst Mountain-Bike-Rennen und nun Gravel-Bike-Rennen fährt, bekam sein Gravelbike umgebaut für seine professionelleren Ansprüche. Hester und mir hatte Riccardo e-Bikes empfohlen; wir hatten nichts dagegen einzuwenden.

Mieten kann man bei Treviso.bike alles, was man sich für seine Touren persönlich wünscht: Mountainbike, Tourenrad, e-Bike, Gravelbike – für Familien gibt es natürlich auch Lastenräder für die Kinder (oder Hundebesitzer) und für die Kids, die selber fahren können, natürlich auch kleinere Fahrradmodelle. Solange es ums Fahrrad geht, erfüll dir Treviso.bike jeden Wunsch!

Let’s get the Party startet!

Tag 1. Riccardo fährt mit dem großen Treviso-Van im Castello di Roncade vor und sammelt uns gutgelaunt ein, damit wir den Shop kennenlernen und unsere Räder in Empfang nehmen können. Als Erstes werden wir im Shop zum Caffè eingeladen (Dankeschön @Andrea!), dürfen unsere gesattelten neuwertigen Ponys bewundern, auf unsere Größe einrichten. Wir bekommen Helm, Radtasche und Wasserflasche – Ricardo erklärt uns die Tour. Und ab geht der Spaß.

Dabei begreifen sich die Jungs wirklich als extrem gute Gastgeber. Auch wenn die Tour nicht von ihnen persönlich begleitet wird, man erhält von ihnen grandiose Tipps zu Sehenswürdigkeiten, Food-Stops, ob Agriturismo oder Gelateria. Und sie sind extrem professionell organisiert. Panne unterwegs? Anruf, einer wird kommen. Ihre Touren sind in Komoot eingepflegt, alternativ haben sie Tourenflyer. Der Wohlfühlfaktor hier ist groß, die lieben einfach so sehr, was sie tun.
Wir, das sind Hester aus den Niederlanden und Jorge aus Spanien (hier nach den ersten 20 Kilometern im Schatten), fahren kleine Testrunden mit den Bikes auf dem großen Parkplatz neben dem Laden. Vor dem Shop links abgebogen, fahren wir direkt auf den Sile zu. Unsere erste Tour von den drei geplanten Tagestouren führt von Treviso nach Jesolo an den Strand. Die Strecke verläuft flach ohne nennenswerte Steigungen; sie ist ca. 63 Kilometer lang und in fünf Stunden zu schaffen. Pausen, Genussmomente und ständige „Fotostopp!“-Zwischenrufe nicht eingerechnet.

Riccardo von Treviso Bike begleitet uns mit seiner personifizierten guten Laune auf zwei Beinen bzw. Rädern. Er erklärt uns die Umgebung, löst kleine Pannen und serviert uns eine schöne Aussicht nach der anderen. Er bringt uns in das perfekte Lokal, wo wir ein fantastisches ursprüngliches Mittagessen serviert bekommen – und eine kleine Siesta in den Liegestühlen im Garten halten dürfen.
Tatsächlich verläuft unsere Tour etwas länger. Knappe 70 Kilometer fahren wir am ersten Tag, denn aufgrund der Regenfälle in der Vorwoche sind noch nicht alle Wege wieder passierbar. Daher müssen wir einen Bereich komplett auf der Straße umfahren, weil dieser noch gesperrt ist.

Hier liegt Venedigs Historie vor Anker: Cimitero dei Burci

Den ersten Höhepunkt haben wir knapp vier Kilometer hinter dem Shop. Im kleinen Vorort Silea wartet der Cimitero dei Burci. Auf dem Sile wurden früher die abgeholzten Baumstämme auf großen Holzkähnen, Burci, nach Venedig transportiert. Stämme, aus denen die Pfähle gearbeitet wurden, auf denen heute Venedig immer noch steht. Erst als der Transport über die Straße mit Motorkraft einfacher und schneller vonstattenging, stellte man den Wassertransport ein.

Wir befinden uns hier im Naturpark des Sile (Parco Naturale Regionale del Fume Sile) und müssen über eine kurze Strecke mit Holzbohlen die Räder schieben. Dafür erleben wir hier echte Historie Venedigs – den Friedhof der Burci. Auf dem Gelände eines ehemaligen Steinbruchs, heute geflutet, wurden von 1968 bis 1975 insgesamt 13 dieser traditionellen Transportboote aufgegeben und den Gezeiten überlassen. Von ihnen sind heute noch neun Boote vorhanden – Mitte der 90er Jahre sind vier Boote verschwunden. Niemand weiß, wohin.
Nicht weit von der Stadt befinden wir uns in einer völligen Stille und blicken auf den Untergang einer Geschichte, die schon im 13. Jahrhundert begonnen hatte. Die Boote sind – aufgrund des Unwetters in der Vorwoche –, als wir vor ihnen stehen, beinahe komplett vom Wasser bedeckt. Alles ist friedlich, Schwäne schwimmen im Wasser bzw. brüten, Schildkröten liegen auf der aus dem Wasser schauenden Bootreling und sonnen sich. Hierher möchte ich zu gerne noch einmal im Herbst kommen. Wenn der Sommer den Wasserstand des Sile verringert haben wird, das kann man auf den Fotos im Internet sehen, ragen die Boote beinahe komplett aus dem Wasser. Zusammen mit etwas Herbstnebel muss ihr Anblick in dieser reichhaltigen Natur mit den Tieren und der besonderen Stimmung grandios sein.

Ich, die ich eh so ein Ding mit Schiffswracks am Laufen habe, bin hin und weg von diesem Ort!

Friedlicher Sile, friedliche Strecke

Tatsächlich erleben wir, wie die italienische Polizei auf dem Weg die Absperrungen aufhebt und die Bänder entfernt. Wir haben doch etwas Glück mit unserer Tour. Zwei Tage früher hätten wir diese Strecke größtenteils wohl auch nicht fahren können. Auf der Höhe von Casier überqueren wir den still fließenden grün leuchtenden Sile (was wir auf der Strecke immer wieder tun werden) und reisen nun auf der anderen Uferseite entlang.
Die uns begleitenden Reisfelder haben natürlich nasse Böden, auf Brachen leuchten Kolonien von rotem Klatschmohn.
Auf der gegenüberliegenden Seite von Casier ist ein malerischer Fotostopp fällig. Immer wieder sehen wir hübsche historische Villen an den Ufern des Sile, da und dort verlassene Fabriken. „Lost Places”-Fans sind auf der Strecke gut bedient. Und was ich auch immer wieder spannend finde, sind die industriellen Brüche in der Landschaft. Es gibt definitiv viel zu sehen!
Es folgen kleine charmante Ortschaften wie Casale sul Sile und Musestre
wirkt sehr charmant mit der kleinen Kirche und dem Turmspeicher. Quarto d’Altino und Portegrandi – jetzt kommen wir in die Gegend der Lagunen und die Landschaft ändert sich langsam. Zwischendurch mussten wir die üblichen Strecken mit ca. sechs Kilometern Umweg fahren. Die zogen sich etwas, wir rollten aber auf perfekter Straßenqualität mit erstaunlich wenig Autoverkehr. Dafür begleiteten uns Weinreben, Reis- und Getreidefelder im frischen Grün des Frühlings. Wunderschön!


Il Pranzo in der Osteria Alle Vigne Ca Tron di Roncade

Mittagessen gibt es in der Osteria Alle Vigne Ca Tron di Roncade. In dem für uns von Riccardo ausgesuchten Restaurant, gibt es eine authentische venezianische Küche zu mehr als akzeptablen Preisen, einen sehr schnellen und freundlichen Service. Riccardo musste uns ein wenig drängen, denn wie so oft auf dem Land, wird hier das Essen bis zu einer bestimmten Uhrzeit nur serviert – danach ist bis zum Abendessen auch dieses Restaurant erst einmal geschlossen.
Die Mittagskarte bietet pro Gang vier Gerichte zur Auswahl. Wir genießen Mozzarella Caprese, ich ein feines Rinder-Carpaccio und Penne all’Arrabbiata, einen sehr guten Hauswein. Ich konnte hier meine allerersten Trippa alla parmigiana essen.
Endlich fand ich sie auf einer Karte. Riccardo orderte eine kleine Portion für mich zum Probieren. Denn ich traute mich nicht, sie als meinen Hauptgang zu bestellen. Das war eine weise Entscheidung; die Jungs, die Trippa schon kannten, bezeichneten sie als sehr gut. Ich fand sie geschmacklich schon sehr nahe am … Stall. Noch einmal würde sie wohl eher nicht bestellen (probieren aber immer wieder.) Für Kinder gibt es hier einen Spielplatz im Garten. Für uns standen einige Liegestühle draußen bereit für eine kurze Siesta.

In den Lagunen von Venedig

Ab Caposile beginnt die Lagunenlandschaft Venedigs. Jesolo, wo der Sile in die Adria mündet, ist nun nicht mehr weit. Wir bestaunen die „Ponte di barche a Caposile sul fiume Sile.”
Eine Stahlbrücke, die auf flachen Metallbooten (Barken) ruht. In der Saison sitzt übrigens jemand in einem Wärterhäuschen und man entkommt dann dem „Don’t pay the ferryman!” nicht. Einen Euro kostet die Überfahrt für Autos.

Kurz vor Jesolo erblicken wir die ersten Bilance da pesca, die hier sogenannten Fischerwaagen, Fischerhäuschen, von denen aus die Besitzer die Reusen an hohen Holzstativen ins Wasser lassen, um Fisch zu fangen. Diese hübschen Häuser findet man überall entlang der Adriaküste. Im Süden Italiens kenne ich sie als Trabucco, das Letzte von ihnen steht dort wohl in Barletta. Ihr Charme ist unbeschreiblich. Ihre Sinnhaftigkeit unbestechlich. Noch sind wir am Ufer des Sile – aber jetzt schnuppern wir auch etwas Meeresluft. Wir fahren auf einer wunderschönen ruhigen Strecke mit seltenem Autoverkehr, der Besitzer der Bilance da pesca, die hier nur fahren dürfen.
Links der Fluss, rechts viel Grün. Die Räder rollen auf befestigtem Schotterboden, dem aber der Regen beeindruckende Schlaglöcher verpasst hat. Diese Strecke ist wunderschön – aber verlangt unbedingte Aufmerksamkeit für den Untergrund ab. Und gutes Radmaterial.

Lido di Jesolo und Lio Piccolo

Am Strand von Jesolo begrüßt uns dessen Leuchtturm – und die ruhige Adria sagt auch „Hallo!” Wenn am Ende einer Tour, mit was auch immer, „il Mare” steht – ist es dann nicht auch die schönste Belohnung vor dem Meer zu stehen?
Mit dem Umweg sind wir 67 Kilometer gefahren, das ist eine ordentliche Strecke. Ich glaube, nach einer längeren Pause am Strand und einem Getränk hätte ich zehn Kilometer noch gut durchgehalten. 20 Kilometer … da hätte ich etwas gelitten. Unsere echten Radprofis, Riccardo und Jorge ziehen durch, lassen uns zurück und fahren noch durch die Lagune, eine wunderschöne Strecke bis nach Lio Piccolo.
Hester und ich indes genießen einfach den Strand von Jesolo, der jetzt am frühen Abend fast leer ist. Wir gucken den Wellen zu und lassen Beine und Seele baumeln und sind einfach glücklich mit diesem Tag, der traumhaften schönen Tour und den vielen wundervollen Eindrücken! Später sammelt uns Giovanni mit dem Treviso Bike-Van und Trailer ein. Das ist auch deren Service auf Wunsch – am Abend gewisse Streckenpunkte abzufahren und die Kunden, deren Räder wieder einzusammeln. Die Räder sind schnell aufgeladen und gesichert und wir fahren den Jungs hinterher nach Lio Piccolo.
Lio Piccolo, ein sehr kleines Dorf mit vielleicht zwanzig Einwohnern und einer Kirche Santa Maria della Neve, gebaut 1791, liegt inmitten der Lagunen von Cavallino-Treporti und bezaubert am Abend mit seiner Stille und einem Blick auf die Vogelvielfalt, die sich hier zum gemeinsamen Abendessen zusammen findet. In der Römerzeit soll sich hier ein wichtiger Handelsposten befunden haben, wie Reste von Handelshäusern beweisen. Heute verhandeln hier weiße Flamingos, Kormorane, Stelzenläufer, Klatschvogel, Seeschwalben, Seeschwalben, Stockenten und Reiher unterschiedlicher Couleur und Größen im abendlichen Sonnenschein um die Fischbestände. Ein guter Ort! Wahnsinnig gerne wäre ich hier einmal mit dem Kajak unterwegs.
Das ist wirklich eine großartige Tour. Ich würde sie vermutlich mit etwas mehr Zeit und Muße auf zwei, drei Tage strecken, mit Übernachtungen auf der Strecke, um die Sehenswürdigkeiten in den kleinen Ortschaften, die wir durchfahren haben (bzw. haben rechts liegen lassen) zu besuchen. Da kann etwas mehr Zeit die Eindrücke intensivieren. Und: Auch wer nicht im Fahrradtraining ist, kann dann mit einem normalen Tourenbike entspannt die Strecke bewältigen. So oder so – ist die Landschaft traumhaft schön – und ihr intensives Erleben auf dem Fahrrad ist sie mehr als wert.


Treviso.bike
Stradella Interna A, 8a
31100 Treviso – Italien
phone: +39 0422 1783822
mail: rent@treviso.bike

Osteria Alle Vigne Ca Tron di Roncade
Via Nuova, 64, , Italien
31056 Ca' Tron di Roncade – Italien
phone: +39 392 248 4369