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2024-12-11

Gerne gelesen: Dein Geld und die Welt

Untertitel: Was du mit deinem Taschengeld alles bewirken kannst

Dieses kluge Kinderbuch (ab 7 Jahren) von Cecile Biccari (Autorin) und Naïade Lacolomb (Illustratorin), übersetzt von Silv Bannenberg, beantwortet intelligent ganz viele Kinderfragen rund um unser Geld.

Dabei beginnt die Geschichte des Geldes charmant in einem bunten Comic namens Noras Schatz. Als Noras Oma beim Waldspaziergang über einen Schatz stolpert, begegnet ihnen beiden Kiko, die freundliche Maus, die von sich behauptet Experte für Schatzwirtschaft zu sein. Kiko führt Nora in die bunte Welt der Schatzwirtschaft, wo sie schnell lernt, dass auch ein Schatz nicht immer ausreicht , um sich all das zu kaufen, was man davon kaufen möchte.
Aber es gibt in der Schatzwirtschaft viele geheimnisvolle Türen! Wie die Rücklagentür oder die Spendentür und so führt Kiko Nora in die spanende Welt der Rücklagen, Spenden, Investitionen und auch Finanzkrisen und Pleiten, also in die vielen anderen Möglichkeiten ein, die man mit Geld entdecken kann.
In den folgenden Kapiteln wird erklärt, wozu man überhaupt Geld braucht. Was Kinderarbeit ist und wie man sie stoppen kann. Was Unternehmen sind, was Produktionskosten sind. Ob Geld überhaupt notwendig ist, um glücklich zu sein – was macht das Gefühl in unsere Körper, wenn wir Geld ausgeben?
Warum verdienen manche Menschen viel Geld, manche zu wenig? Welche Berufe sind für die Gesellschaft besonders wichtig? Woher kommt Geld überhaupt, wer stellt es her, wo wird Geld gelagert? Pragmatisch niedlich wird erklärt, was ein Tauschhandel ist:
Und wie sieht die Zukunft unseres Geldes aus?

Es ist faszinierender, bunter und vielfältiger Einstieg für kleine Volkswirtschaftler und Betriebswirtschaftler in die heutige Welt des Geldes, die nach der Lektüre ihr Taschengeld und Sparbüchse vielleicht mit neuen Augen sehen können.
Auf jeden Fall ist es ein auf sozialer Ebene guter Ratgeber, der sich auch immer wieder kritisch mit durch Reichtum und Armut geprägte Lebensverhältnisse vieler Menschen auseinandersetzt. Und daher: Eine tolle Investition.

„Dein Geld und die Welt”
Autorinnen: Cecile Biccari und Naïade Lacolomb
Verlag: Helvetiq
ISBN: 978-3-03964-044-7

2024-10-19

Gerne gelesen: Mediterran Express von Ali Güngörmüs

Ali Güngörmüs, der TV-Koch Deutschlands mit der eindeutig schönsten Augenfarbe, hat ein neues Kochbuch vorgelegt: Mediterran Express. Die vorgeschlagenen Rezepte sollen mit maximal sieben, im Schnitt eher nur fünf Zutaten binnen 30 Minuten auf dem Tisch stehen. 80 Rezepte sind eingeteilt in Vorspeisen, Suppe, Hauptgerichte – je nach Hauptzutat differenziert in vegetarische Gerichte und solche mit Fleisch oder Fisch als Hauptzutat – gefolgt von Desserts. Die Zutaten – sollte beim Titel nicht wundern – haben ihren Ursprung im südeuropäischen Raum, manche Zutat werden Leser*innen suchen müssen bzw. im Handel erfahren, dass sie nach einem Saison-Produkt suchen (Cedrat Zitrone).

Natürlich sind die Rezepte in diesem Buch keine große Revolution. Irgendwie sind einem viele Rezepte in der einen oder anderen Art schon einmal begegnet. Geringfügig abgeändert. Tabouleh ist hier halt geschichtet. Der gute italienische Brotsalat erfährt lediglich dadurch Veränderung, in dem er in Paprikahälften serviert wird. Lammspieße werden mit einem Bohneneintopf serviert, dem – warum auch immer – zusätzlich zum Lamm noch Chorizo beigefügt wird.

Als Dessert wird Biskuit durch Cantuccini ersetzt, Ricotta springt für die Mascarpone ein – Kaffee bzw. der Alkohol weicht Orangensaft – also doch nur ein abgewandeltes Tiramisù. Einmal Lammkoteletts, zwei Mal Lammspieße, einmal Hühnerbrustspieße. So richtig viel Abwechslung wird kaum serviert. Das Innvoationslevel der Rezepte ist nicht wirklich hoch. Zumindest, wer häufiger mediterran kocht oder essen geht – dem sind diese Rezepte alle schon irgendwie in der einen Art oder anderen Weise begegnet.
Gerichte in 30 Minuten auf dem Tisch? Hm. Nur dann, wenn diverse Zutaten, wie die Gemüse- oder Hühnerbrühen für die Suppenrezepte bereits parat stehen. Die macht man eben nicht in nur 30 Minuten. Und auch die Cay-Pflaumen möchten 24 Stunden mariniert worden sein. Da gibt es immer wieder zeitliche Hänger, deren Express sich ordentlich dehnt. Ich gebe zu: Ich tue mich etwas schwer mit diesem Buch! Das fängt damit an, dass hier Spaghetti mit Pimientos de Padrón serviert werden – alleine durch den Zustand der Lebensmittel finde ich das Rezept in seiner Haptik des Essens eher fragwürdig. Ganze Pimientos zusammen mit Spaghetti auf die Gabel bekommen? Klar, geht alles – aber kein Italiener würde ein derartiges Pasta-Gericht servieren.
Bohnen-Kartoffel-Spaghetti – mit Bohnen und Sardellen-Cremolata. Das ist mir zu gewollt „Pasta irgendwie fancy ” machen zu wollen. Pasta und Kartoffeln? Wenn der Wettkampf heißt, möglichst viel Kohlenhydrate in einem Gericht zu servieren – dann haben wir hier sicher einen Sieger. Maccheroni mit Thunfischcreme und Kapern – da lädt das Foto mich überhaupt nicht ein. Also gerade bei den Nudelrezepten möchte man dem Ali zurufen: Lass das die machen, denen die Pasta in der Genetik liegt.
Ich will nicht nur meckern. Meine Favoriten indes: Die schnelle Fischsuppe, die Ofenkarotten mit Orangen-Joghurt – schnell gemacht und eine fantastische Vorspeise, auch das Carpaccio mit der Cedrat (die Fenchelsalami – spurenhaft im Foto – kann man wirklich weglassen), ist eine feine Sache. Aber vielleicht beim nächsten Mal für das Produktfoto ruhig auch eine echte Cedrat nehmen und nicht die herkömmliche Zitrone? Denn das sind nun einmal geschmacklich Riesenunterschiede.
Die Sobrasada Salsa mit Polenta ist super schnell gemacht und lecker – ein feines Herbstessen. Sobrasada lässt sich prima mit Paprikagemüse oder z. B. scharfen Garnelen gut ersetzen. Fan bin ich von seinen Dessertvarianten. Die Cay-Pflaumen auf Orangen mit frittierten Salbeiblättern – das ist ein innovatives Dessertgericht, sehr lecker! Auch die karamellisierten Blaubeeren mit der türkischen Mascarpone-Variante Kram Kaymak, mag ich. Den Mandelmilchreis – hier mit frischen Himbeeren. Mit seinen Desserts hat er mich bekommen – vielleicht das nächste Mal das perfekte Dessertbuch vom Ali?


„Meditereran Express”
Autor: Ali Güngörmüs
Verlag: DK Verlag
ISBN: 978-3-8310-4845-8

2024-07-02

Gerne gelesen: Das Gemüsekisten Kochbuch

Das Gemüsekisten Kochbuch (saisonal kochen das ganze Jahr) von Stefanie Hiekmann (DK Verlag Dorling Kindersley) ist für mich jetzt schon mein Lieblingskochbuch des Jahres! Ein grandioses Konzept-Kochbuch mit feinen Rezepten, das in meine Küche frischen Wind gebracht hat!

Zugegeben: Ich selber beziehe keine Gemüsekiste. Mit mittlerweile fünf Bio-Supermärkten in fußläufiger Umgebung, davon einem, der nur regionale Obst- und Gemüsesorten anbietet und auch als für eine Person kochend, erschien für mich das Gemüsekisten-Konzept nicht sinnvoll. Für mich. Für alle anderen auf jeden Fall sehr!

Aber ich kenne durchaus die verzweifelten Tweets oder Tröts in den sozialen Netzwerken, in denen Gemüsekistenbezieher nach der fünften Lieferung Rosenkohl in Folge, die Timeline um neue Rezeptideen anbetteln. Nichts ist online so sicher, wie die Verzweiflung von Gartenbesitzer*innen während der Zucchini-Ernte ab Juni. Die Antworten lesen sich immer sehr spannend – manch geniales Rezept wird offeriert, das mich dann veranlasst hatte, das Gemüse zu kaufen. Aber … Gemüsekisten können im dritten Zucchini-Monat irgendwann eine Herausforderung sein!
Stefanie Hiekmann ist Food-Journalistin und -Fotografin, schreibt für den Feinschmecker und das FAZ-Magazin, visuell kennen wir sie als Jurorin aus der (leider nicht mehr produzierten) ZDF-Sendung Stadt Land Lecker. Das Gemüsekisten Kochbuch ist ihr viertes Kochbuch, das Fünfte rechnet man noch eines hinzu, das sie als Ghostwriterin für eine prominente Dame geschrieben hat.

Auch wenn es Gemüsekisten Kochbuch heißt. Hiekmann ist da nicht doktrinär. Hier und dort legt sich auch ein Stück Hähnchen oder Kabeljau auf die von oben, meist in der Totalen, fotografierten Teller. Und dass sich in den Rezepten auch Gemüse finden, die in Deutschland nicht unbedingt in den regionalen Gemüsekisten sich finden lassen, auch das passiert. Warum auch nicht? Längst haben auch internationale Gemüsestände auf heimischen Märkten Einzug gefunden. Insofern hilft dieses Buch auch dabei, zu erfahren, dass man aus dem passiven Modus „Ich sehe das immer am Marktstand – was ist das eigentlich? Was mache ich damit?” in die Aktion gehen kann. Herrlich!
Stefanie Hiekmann will ihre Leser*innen nicht überfordern. So hat sie sich für jeden Monat lediglich fünf Gemüsesorten aus der Saison herausgegriffen. Die Flexibilität ist in den Rezepten gegeben, denn kein Gemüse gibt es nur einen einzigen Monat lang. Auch Spargel hält länger durch. Den Saisonalen-Kalender hat sie zwischen Gemüse, Obst, Salate und Kräuter praktisch aufgeteilt. Sie bezieht sie dabei auf die echte Saison in deutschen Gärten – wie Gemüsekisten sie nur anbieten können.
Wer will, kann natürlich jederzeit Rezepte auch mit Produkten zubereiten, die außerhalb der Saison aus Gewächshäusern stammen und anderen Ländern. Keep ist simple: Lediglich fünf Gewürze benennt sie als must have: Ras el Hanout, Kreuzkümmel, Curry, Baharat und geräuchertes Paprikapulver – und schreibt auch gleich die Gemüse hinzu, für die sich die Aromen am besten eignen. Salz und Pfeffer hat man eh im Haus. Die eine und andere Zutat ebenfalls, z. B. Sojasauce, Ahornsirup und Balsamico. Sie schleichten sich in den Kapiteln wie von selbst ein.

Vor diesem Kochbuch müssen auch Kochanfänger genau gar keine Angst haben! Die meisten Rezepte sind wirklich sehr einfach, einige vielleicht herausfordernder – aber da tasten sich auch Kochlehrlinge dann heran. Und sie sind durchaus auch spannend international.

Zwischendurch bereichern kleine Features wie »Mit Toppings durchs Jahr«, z  B. Panko-Crunch oder Gewürznüsse, feine kleine Begleiter eines Gerichts, die man, einmal gemacht, auch in Gläsern etwas vorhalten kann für andere Rezepte. Hier hat jemand einfach sehr viel Spaß an dem, was sie tut!
Simple Ideen werten alte Rezepte auf. Bulgur z. B. bringt Stefanie Hiekmann mit einem Pesto einfach in kräftigem Grün auf den Tisch; erklärt, wie man aus Wurzeln der Gemüserest selber ein Gemüse neu ziehen kann. Es sind diese kleinen liebevollen Ideen, die in dem Buch viel Spaß machen! Und von denen auch erfahrene Köch*innen lernen können.
Zu jedem Rezept gibt es zum Abschluss eine »Tausch mal«-Empfehlung. wie es passt, immer aus der gleichen Saison vorgeschlagen. Also kann man beim Lieblingsgericht die Austernpilze weglassen, stattdessen auf Paprikastreifen zurückgreifen – wer für den Austernpilz Döner mit würziger Kebab-Marinade (eines meiner Lieblingsrezepte) als Pilzhasser die Alternative braucht. Spargel kann Rhabarber ersetzen, Fenchel den grünen Spargel – das macht die im Buch enthaltenen Rezepte unendlich groß in ihrer Vielfalt. Und selber muss man nicht kreativ sein!
Das sind dann ihre Rezepte sowieso. Hier und begegnen die Gemüse sehr traditionell in den Rezepten, Grünkohl mit allem drum und dann, oft machen sie aber auch einen Ausflug in anderen Länder, z. B. der Ofen-Rosenkohl mit Cranberrys und Feta. Und richtig gute Ideen, wie man tierische Produkte perfekt durch Gemüse ersetzt, finden Leser*innen auch. Ich mochte das Stiele als eingeschnittene Jakobsmuscheln – hier aber aus Kräutersaitlingen – präsentieren sehr.

Ein Buch, das ich nicht mehr hergeben möchte!

„Das Gemüsekisten Kochbuch”
Autorinnen: Stefanie Hiekmann
Verlag: DK Verlag
ISBN: 978-3-8310-4853-3

2023-11-27

Gerne gelesen: Trudi traut sich!

Trudi ist eine sehr freundliche Kuh. Und: Sie wird von allen anderen Tieren sehr bewundert, weil sie so groß und stark ist!

Ich mag Trudi, denn wir haben meine Oma väterlicherseits, die eigentlich Gertrude hieß, auch immer so genannt. Trudi ist in diesen Zeiten ein viel zu seltener Name geworden.

Aber zurück zu Trudi, dieser unfassbar mutigen Kuh. Alle Tiere denken, Trudi hätte nie Angst und deswegen wird sie gerne von ihnen in kniffligen Situationen zum Schutz benutzt. Bis eines Tages klar wird, dass selbst so ein großes Tier wie eine Kuh durchaus auch ängstlich ist und Sorgen haben kann.
Trudi traut sich! ist ein sehr schönes Kinderbuch für Kinder ab 2 bis ungefähr 5, 6 oder 58 Jahre, das deutlich macht, dass gar nicht immer alles so scheint, wie gedacht. Und: wie wichtig es ist, über Sorgen und Ängste mit anderen zu sprechen. Oder muhen. Oder so. Und man sich nicht in Schubladen packen lassen sollte, weil man doch schon so groß ist.

„Trudi traut sich!”
Autorinnen: Katja Reider und Henrike Wilson
Verlag: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
ISBN: 978-3-649-63711-0

2023-11-24

Gerne gelesen: Die wundersame Suppe des Monsieur Lepron

Monsieur Lepron ist ein sehr stilvoller Hase, der sich gerne den Jahreszeiten angemessen kleidet. Er lebt im Wald und blickt aufgrund seines schon fortgeschrittenen Alters mit sehr viel Stolz auf eine große Schar Hasenkinder und Hasenenkel und sogar Hasenurenkel.

Monsieur Lepron ist aber auch ein begandeter Suppenkoch! Die Gemüsesuppe, die er kocht, die ist legendär! Einmal im Jahr ist es soweit, dann tragen seine Kinder, Enkel und die Urenkel alles Gemüse zusammen, das der Wald und der Garten hervorgebracht hat – und dann setzt Monsieur den großen Suppentopf auf.
Alle Bewohner – übrigens auch die Bauern – wüssten nur zu gerne, was das Geheimnis dieser großartigen Suppe ist. Ist es das Gemüse? Sind es besondere Gewürze? Oder liegt es daran, dass Monsieur Lepron, sobald die Suppe auf dem Herd steht, sich in seinen Sessel setzt und ein Mittagsschläfchen hält, das ihm fantastische Träume beschert?

Und es werden immer mehr Tiere und Menschen, sogar professionelle Köche, die das Geheimnis dieser wundervollen Suppe erfahren wollen. Das aber hat große, viel zu große Konsequenzen für Monsieur Lepron – und seine Träume, die gar nicht mehr so schön sind!
Die wundersame Suppe des Monsieur Lepron ist ein auf jeder einzelnen Seite wunderschön (!) gezeichnetes Buch mit einer sehr intelligenten Botschaft, die alle Kinder ab ungefähr fünf Jahren und viel, viel größere Kinder lesen können! Vor allem die Zeichnungen machen sehr viel Freude.

„Die wundersame Suppe des Monsieur Lepron”
Autorinnen: Giovanna Zoboli und Mariachiara Di Giorgio
Verlag: Bohem Verlag
ISBN: 978-3-95939-215-0

2023-11-22

Gerne gelesen: Ti Amo Roma

La Dolce Vita – keine andere Stadt steht für diesen italienischen Ausdruck so bestimmt, wie Rom. Wer denkt da nicht sofort an breite Straßen, viele Vespas, Bars auf der Piazza im Sonnenuntergang, schöne und stilvoll gekleidete Italienerinnen und Italiener?

Die Autorin und Fotografin Lisa Nieschlag (Blog: Liz & Friends) und der Illustrator Lars Wentrup haben sich gemeinsam auf die Spuren legendärer Rezepte aus der italienischen Hauptstadt und ihrer Region Latinum begeben. Sie reisen dabei mit den Leser:innen durch die legendären in Rom spielenden cineastischen Kassenschlager aus den vergangenen Jahrzehnten in dieser Stadt und ihrem naturgegebenen La Dolce Vita.
Es werden zum Aperitivo Cocktails wie der Americano mit Bruscchette calde oder Carciofi (Artischocken) alle romana serviert. Minestrone verde und Pasta al limone gefolgt von einer Zabaione semifreddo con amaretti e lamponi zum Abendessen – Cena in Famiglia. Als Street Food für den Spazierang durch Roms Straßen genießt man natürlich Pizza und in der Bar einen Affogato al caffè im Kapitel La Dolce Vita. Und später im Sonnenuntergang auf der Piazza – La Grande Bellezza – ein herrliches Risotto ai carciofi oder Gnocchi alla romana und dort einen Abschluss mit einem schmelzenden Sorbetto al limone.

Die allermeisten Rezepte in diesem Buch sind keine große Hexerei. Vor einer Zabaione, die halbgefroren serviert wird, muss niemand Angst haben.
Und die Zutaten sind längst auch in unseren Gefilden täglich zu bekommen. Die Rezepte werden im Buch begleitet von hübschen kleinen Geschichten und den filmischen Anekdoten rund um diese Stadt. Mutig die Fotografien, die im Stil herzlich in die Zeit der 60er Jahre zurückblenden – als sich ganz Deutschland aufmachte, Italien zu entdecken.
In diesem Kochbuch über diese eine Stadt steckt sehr viel Liebe. Es ist ein bisschen süß, ein bisschen frech, da ist ein bisschen Amore und dort eine Menge Passione, es ist sehr viel Italien! Man sieht, liest und riecht es – und wer einige dieser Rezepte nachkocht, schmeckt das auch! Und es hilft (sicher nicht nur mir!) ziemlich gut die Zeit bis zur nächsten Italienreise zu überbrücken!

„Ti Amo Roma” Italienische Rezepte und Geschichten aus der Ewigen Stadt
Autor*in: Lisa Nieschlag und Lars Wentrup
Verlag: Hölker Verlag c/o Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
ISBN: 978-3-88117-298-1

2023-08-30

Gerne gelesen: Geheimnisse meiner italienischen Küche von Anna del Conte

Es ist manchmal so. Da kommt jemand aus der Ferne und verliebt sich, wandert aus in ein anderes Land, erlebt dessen Küche … und schreibt dann einfach in der fremden Sprache Kochbücher über die Küche des eigenen Heimatlandes. So ist der Werdegang von Anna del Conte zu beschreiben – und sie ist mit ihren Büchern über ihre italienische Heimatküche weltbekannt worden. Del Conte hat die längste Zeit ihres Lebens in Großbritannien verbracht, geboren 1925 in Mailand, zog es sie mit 24 auf die grüne Insel. Und gilt derweil im englischsprachigen Raum als die Nonna der italienischen Küche.
„Geheimnisse meiner italienischen Küche” ist im Erscheinungsbild sehr italienisch. Einfach und reduziert. Wenig Fotos – um nicht zu schreiben: sehr wenige Fotos. Jedem Kapitel wurde eines spendiert, insgesamt also nur 20 gleichzeitig. Gleichbedeutend sind das sehr viele, eben 20, umfassende Kapitel!

Mehr naive Illustrationen, dafür viel Text zur Küche Italiens, über Zutaten und liebevolle, ausführliche Rezepte, die die sehr ursprüngliche italienische Küche vermitteln. Tatsächlich war der Mangel an Fotografie von allen Lesern, mit denen ich über dieses Buch sprach, der hauptsächliche Kritikpunkt. Mammamia! Und dann haben sie auch noch den Farbfilm vergessen!
Und wir wollen doch die Farben Italiens gedruckt sehen in einem italienischen Kochbuch – dafür sind sie doch schließlich da in all ihrer wunderschönen Pracht im Sonnenschein. Dieses gefühlte Manko verliert sich jedoch sehr schnell, steigt man tiefer in die Geheimnisse von Annas Küche ein, lauscht ihrem umfassenden historischen Fachwisssen zu Produkten, nimmt man teil an ihrer eigenen Entwicklung der Rezepte.
Ein Kochbuch soll über Rezepte funktionieren und das tut dieses Buch auf fast 330 Seiten mit großer Sorgfalt und Vielfalt. Mit del Contes „Geheimnisse meiner italienischen Küche” hält man ein derartig fundiertes Buch der italienischen Kochkunst in der Hand, dass es problemlos als einziges im Regal dieser vielfältigen Landesküche seinen Stellenwert behaupten kann, ohne jemals ausgelesen, nachgekocht oder überholt zu sein.

Ich mag es, wie sie zu vielen Rezepten über ihre persönliche Entwicklung in der jahrelangen Kochexpertise erzählt. Zum Beispiel, wenn sie entdeckt, dass ihre Maronensuppe in der seit Jahren gekochten Lieblingsvariante zu einer noch köstlicheren Version gerät, wenn man den Hauch von französischem Einfluss einer Crème double zulässt. Oder die „Salsa di miele e noci” – eine köstliche Honig-Senf-Sauce mit Walnüssen, die kalt zu Fleischgerichten serviert, erwachsener wird mit der Zugabe von Pinoli, Pinienkernen.

Anna del Conte veröffentlichte dieses Buch im Alter von 64 Jahren, nach einem Leben voller Küchenerfahrung, Geschmacksexpertise und Entwicklung der eigenen Kochkunst. Diese Substanz ihrer Erfahrungen ist nicht überlesbar.
Von dieser Expertise profitieren zu dürfen, das ist das besondere Geschenk ihres Werkes. Ihre Rezepte sind von einfach bis umfangreich gehalten und zur Kenntnis genommen, dass in del Contes Minestrone alleine 17 Zutaten verwendet werden – übrigens exklusive dem Pesto – der versteht, was genau der italienischen Küche diese Relevanz in den Küchen der Welt beschert hat. 17 Zutaten – von jedem Rezept irgendeiner anderen internationalen Küche, würde man von einem prätentiösen Rezept sprechen. Wer würde behaupten, eine Minestrone sei prätentiös?

Ich gebe zu, meine Vision der italienischer Küche hat sich mit diesem Buch komplett verschoben. Wie schön, an Annas Kochtalent partizipieren und mitwachsen zu dürfen!

Nebenbei lernt man derartig viele italienische Wörter und alle Produkte auch auf italienisch kennen, das Buch könnte glatt in seiner zweiten Bestimmung als Dictionary durchgehen. Und wenn Nigella Lawson, die so etwas wie die britische Martha Stewart next Generation ist, bekennt, dass Anna del Conte, neben ihrer eigenen Mutter, die wichtigste Einflussgeberin war für ihre Kochexpertise, ist das natürlich ein hübscher Werbespruch. Einer der wenigen der glaubwürdigen Sorte.

Dieses Buch ist schon 1989 im Original als „Secrets From An Italian Kitchen” erschienen und zu Recht nun endlich in Deutschland aufgelegt worden im Ars Vivendi Verlag. Anna del Conte wird 2025 (hoffentlich) ein ganzes Jahrhundert alt. Wir dürfen ihr vertrauen. Und dafür sorgen, dass ihr Kochbuch in den Regalen aller Fans italienischer Küche steht.


„Geheimnisse meiner italienischen Küche”
Autorin: Anna del Conte
Verlag: ars vivendi
ISBN: 978-3-7472-0413-9

2022-12-08

Gerne gelesen: nothing fancy von Alison Roman

Mein persönliches Lieblingskochbuch im Jahr 2022? Das ist definitiv „nothing fancy” von Alison Roman. Das Buch ist ganz klar gesetzt bei mir, das gebe ich nicht mehr her! Selten habe ich aus einem Kochbuch so viel nachgekocht.

Alison Roman, gebürtige Amerikanerin, lebt in Brooklyn und ist Food-Influencerin bei YouTube und Instagram. Sie schreibt mittlerweile in ihren Kolumnen für die New York Times Cooking und für Bon Appétit, ist in den USA eine Institution – die sich angenehm unprätentiös gibt und so auch kocht. Dementsprechend erlebe ich ihr neues zweites Kochbuch nach „Dining in”, das hierzulande bei Dorling und Kindersley (DK) erschienen ist.

„Entspannt kochen für Freunde” ist der Untertitel des Buches und das trifft es sehr gut. Konzeptionell geht es darum, liebe Freunde zu bewirten – das zieht sich von Einkauftipps bis hin zum Abwasch. So ist es keine so große Überraschung, dass sich die Gerichte gut vorbereiten lassen und ein großer Teil von ihnen im Ofen sich selbstgenügend ihren finalen Touch erhalten – oder bereits zwei Tage früher zubereitet werden können.

Sie serviert ihre Rezepte nicht abgehoben schickimicki ausdekoriert an Stoffservietten (nichts gegen Stoffservietten) am edlen Silber, sondern „as it is”: Sehr bunt, auf zusammen gewürfeltem Geschirr mit Leichtigkeit und einfacher Raffinesse. Alison bietet hierzu kurzweilige Histörchen, erzählt relativ (zu) häufig, dass sie dies oder jenes Produkt an sich nie mochte, nimmt aber damit den Lesern Argumente bei eigener Ablehnung und vor allem – das ist wohl das Wichtigste – auch Kochbeginner sehr charmant mit und serviert gute Problemlösungen.
Ihre Tipps am Anfang „Sich helfen lassen” sind so simpel wie logisch, um sich selbst den Stress als Gastgeber*in zu nehmen, denn die Party beginnt in der Küche – warum sollen Gäste nicht beim Salat zupfen helfen? In „Prioritäten setzen” räumt sie klar ein, dass es in einer Nicht-Profiküche (von der Ausstattung geredet) einfach verdammt schwer bis unmöglich ist alle Zutaten gleichzeitig perfekt und heiß auf den Tisch zu bringen.

Und „Nie um Verzeihung bitten” trifft genau im Kern, war vor allem hiesige Köchinnen (!) besonders gerne machen: Die eigene Leistung verbal selbst zu degradieren. Alisons simple Anweisung: „Es ist kein Restaurant – macht euch nicht den Druck, so zu tun, als wäre es eines.” Das ist so klug wie hilfreich und alleine dafür kann man Alison Roman verehren, sie hat mich so oft so smart aus meiner lähmenden Perfektion geholt. Das Buch ist wie ein liebevolles Coaching!


„Ein schönes Huhn zu braten, ist eine wunderbare Art, «Ich liebe euch», zu sagen.”

„nothing fancy” enthält viele Fisch- und Fleischrezepte: „Ein ganzer Fisch – Yes, you can!”, zu denen bin ich kaum schon vorgedrungen, weil ich immer noch im gemüselastigen Teil des Buches stecken geblieben. Die fantatstisch klingenden Hähnchen-Rezepte brennen mir unter dem Messer! Dennoch würde ich dieses Buch jederzeit auch Vegetarier*innen schenken. Es sind so viele fantastische fleischlose Rezepte darin, die neu sind, unvergleichlich lecker – und schlussendlich lassen sich Fleischanteile ersetzen oder subtrahieren. Sie hat mich auf jeden Fall mehr bekommen mit ihren grünen Rezepten, Salaten mit Crunch oder den Dips.

Alison Roman arbeitet sehr gewürzlastig auf internationaler Ebene, bedient sich hier an der orientalischen, dort an der asiatischen Küche. Man sollte sich gut eindecken mit Fleur di Sel, Chili, Kurkuma, Kreuzkümmel, Harissa, Hefeflocken, Soja Soße, Pul Biber etc. Eingelegte Sardellen im Glas werden als Würze gerne verwendet (sie gibt zu von Sardellen besessen zu sein.) Viele frische Kräuter sind ein Muss! Ein gutes Olivenöl ist auch wichtig in ihrer Küche – und auf jeden Fall: Zitronen. Zitronen setzt Alison oft und gerne ein als Geschmacksheber oder -veränderer. Was ich auch sehr gerne tue. Ich schwöre auf Zitronenspritzer! Unami ohne Zitrone gibt es nicht, möchte ich behaupten.

Was ich persönlich sehr schätze an Alison Romans Buch: Sie nervt mich nicht allzu viel mit Bio-Gedöns, wie es so viele deutschsprachige Kochbuchautor*innen immer noch auf oft übergriffige Weise tun. Alison tut’s lediglich bei Zitrusfrüchten, deren Schale verwendet wird im Gericht. Ansonsten glaubt sie offensichtlich, wir haben mittlerweile – in den letzten 20 Jahren – alle kapiert, dass es sinnvoll ist, dass wir Produkte möglichst regional und mit sehr guter Qualität einkaufen. So muss, wer sich nicht ständig Bio-Qualität leisten kann, kein schlechtes Gewissen haben. Lasst uns doch einfach froh sein, dass die Menschen selber kochen und nicht „Essen to go”-Verpackungsmüll produzieren.

Es kommt viel frisches Gemüse auf den Tisch. Auch Getreide. Fisch kommt schon mal aus der Dose. Aber sie hat ein riesengroßes Talent übliche Zutaten neu zu präsentieren und hat mich mittlerweile schon so oft aus meiner Kochroutine geholt und mir gezeigt, wie ich die ewig gleichen Zutaten anders zubereite, auf ein neues Level bringe. Ein Beispiel:. „Geröstete Radieschen mit Green-Goddess-Butter” hier wandern die Radieschen und junge Rüben einfach in den Ofen und werden auf einer fantastischen Kräuterbutter serviert, die unter den heißen Radiesern schmilzt. Oder gegrillte Garnelen, die mit kalten mit den Händen zerdrückten Tomaten und deren Saft (mit Olivenöl) serviert werden.
Dann werden Pistazienkerne in Butter mit vielen Gewürzen angesetzt und über im Ofen gebackene Kürbisspalten (oder welches Lieblingsgemüse – z. B. Kichererbsen, Beeten – auch immer) gegossen. Halloumi wird in der Pfanne gebraten und mit Honig beträufelt und mit gerösteten gehackten Pistazienkernen bestreut. Zerdrückte Erbsen mit Burrata und schwarzen Oliven (mit frischer Minze, Petersilie und Ruccola). Versteht ihr, was ich meine? Man kennt alle Zutaten und hier kommen sie neu, fantastisch gut! Und immer einfach auf den Teller gebracht.

Auch der Lachs, der langsam im Ofen gegart auf und mit in der Pfanne gebratenen und auch rohen Frühlingszwiebeln in einer Vinaigrette aus Sojasauce und viel Zitrusfruchtsäften serviert wird. Die Rezepte sind alle keine Hexerei. Tatsächlich sind sie meist erstaunlich einfach – schließlich gilt es sich vor allem mit den Gästen zu beschäftigen! Oft sind die Gerichte recht spicy – werden dann mit Milchprodukten abgemildert. Und es schmeckt alles so gut!

Meine Lieblinge bisher (beim zweiten Mal habe ich sie zusammen in den Ofen geschoben):


Klebrig geröstete Karotten mit Zitrus und Tahin
Die rote Zwiebel wird in Zitronensaft mit Salz und Pfeffer ca. 8 Minuten eingelegt. 500 Gramm kleinere Möhren werden mit dünnen Scheiben einer Blutorange und der abgegossenen Zwiebel auf ein Blech gelegt und mit einem Sud aus 1/2 TL Chiliflocken (oder 3-4 frische Chilischoten), 2 EL Ahorsirup (alternativ Honig), 4 EL Olivenöl begossen und bei 220 Grad Celsius ca. 25-30 Minuten karamellisiert.

4 EL Tahin werden mit 3  EL Wasser, Salz und Pfeffer verrührt und ein Teil davon auf eine Servierplatte angerichtet, darauf die fertigen Karotten und Orangenscheiben gelegt. Das restliche Tahin kann dazu gereicht werden (und ja, davon gleich mehr machen).

Alison würde die karamellisierten Möhren zu den geschmorten Short Ribs mit cremigen Kartoffeln aus ihrem Buch empfehlen. Short Ribs als Schmorgericht werden mein nächstes „nothing fancy”-Projekt. Hier wird die Querrippe vom Rind geschmort, wie spannend ist das? Bei uns landet die allermeist als Suppenfleisch in der Brühe! Die Kartoffeln werden mit der Schale übrigens direkt mit dem Fleisch geschmort – Alisons Küche ist halt wirklich einfach.

Auch verdammt gut:


Scharfer, karamellisierter Lauch mit frischer Zitrone
Dieses (von mir sehr geliebte) aber auch sehr diskutierte Gemüse wird so anders, einfach, dafür spannend zubereitet – und ist eine fantastische Beilage. Wer danach immer noch Probleme mit Lauch hat, tut mir leid. Ich liebe es! Die Lauchstangen halbieren und gut in Wasser abspülen – ihr wisst schon, Sandeinlage und so. Die sehr dunkelgrünen Anteile abschneiden (ab in eine Suppe damit) – aber bitte unbedingt die Wurzeln dran lassen! Nun längs in Streifen schneiden, ihr habt nun Lauch-Palmwedel. Die Wurzel hält sie zusammen.
Den Ofen auf 230 Grad Celsius vorheizen. 80 ml Olivenöl, 2 EL Harissa vermengen und schön mit den Händen in die Lauchstangen massieren, die in einer Auflaufform liegen. Mit wenig Salz und frisch gemahlenem Pfeffer würzen. Ab in den Ofen für 20-25 Minuten. Er darf etwas knusprig werden und an den oberen Enden gut bräunen. In der Zwischenzeit eine halbe Zitrone sehr fein hacken.

Den Lauch auf den Teller legen, die Sauce aus der Form darüber geben, wie auch die kleinen Zitronenwürfel darüber streuen und mit etwas Salzflocken garnieren.

Als ich den Lauch das erste Mal zubereitet hatte, hatte ich weniger Lauch als im Originalrezept genommen – aber die gleiche Menge Harissa. Kann man machen, sehr gut sogar – man sollte nur wirklich gar keine Probleme mit Schärfe haben.

Die Desserts im Buch überzeugen (mich) nicht sehr, es passiert nicht viel Neues mit den alten Dingen. Schokoladencookies bleiben Schokoladenkekse. Warum Schichtkuchen mit Löffelbiskuit, Mascarpone und Kaffee nicht direkt Tiramisu genannt wird, verstehe wer will. Auch die Fotos allesamt im Wolfgang Tillmanns-Style extrem hart ausgeleuchtet, strengen (mich) persönlich irgendwann an. Aber sonst …

… habe ich mich selten so glücklich und begeistert durch ein Buch gekocht. 150 Rezepte. Ich will sie wirklich alle, alle, alle machen!

„nothing fancy”
Autorin: Alison Roman
Verlag: Dorling Kindersley Verlag (DK)
ISBN: 978-3-8310-4240-1

2022-11-30

Mamusia von Olia Hercules

Die Einflüsse über die Jahrtausende auf die ukrainische Küche sind vielfältig. Dass sie einher geht mit den typischen russischen Gerichten wie Borschtsch, Soljanka, Wariniki (Vareniki) ist logisch.

Ha! Stimmt gar nicht! Mit dieser allgegenwärtigen Annahme zum Borschtsch sollte ich gleich aufräumen: Dieser Eintopf ist nämlich ursprünglich ein ukrainisches Rezept, dass von den anderen europäischen Ländern übernommen wurde. Urheberrecht wem Urheberrecht gebührt!

Dennoch findet man in der ukrainischen Küche viele europäische Einflüsse aus ganz Osteuropa, z. B. der Türkei, Polen oder Ungarn. Kohl, Rote Beete, Fleisch, viele Kräuter – frischer Dill hat hier einen ganz besonderen Stellenwert – und deftige Teigwaren, die ukrainische Küche macht satt, stärkt für die extrem kalten langen Winter und verwöhnt mit Süßspeisen aus dem guten reichhaltigen Quark oder Teiglingen, die nicht selten zuvor ein Fettbad genießen durften, bevor sie die Gäste glücklich machen.
In ihrem Kochbuch „Mamusia” lockt Olia Hercules in die Küche und serviert 100 originale Gerichte aber auch solche, die dieser Küche die modernen Einflüsse sich hat entwickeln lassen zu der, die sie heute ist. So findet man hier durchaus georgische Gerichte, Köstlichkeiten aus Aserbaidschan oder Moldawien. Mit Olia reist man durch die Küche Osteuropas und lernt dabei auf den Fotos ihre Familie kennen und erfährt deren Geschichte in den Texten. Sehr überzeugend finde ich (der Homepage des Verlages entnommen) das Rezept für das Backhähnchen mit Backpflaumen und Walnüssen, ein Rezept aus Aserbaidschan.

Zu Beginn des Angriffskrieges hat Olia Hercules, die heute als Köchin und Kochbuchautorin arbeitet und in London lebt, mit mehreren Unterstützern die Charity-Aktion #CookForUkraine ins Leben gerufen, der sich seit der Gründung Menschen unterschiedlicher Herkunft und Nationalität angeschlossen haben - darunter Spitzenköche, preisgekrönte Kochbuchautoren und Restaurantbesitzer.

Sie alle kochen in ihren Restaurants ukrainische und osteuropäisch inspirierte Gerichte, backen mit ihren Gästen, zu Hause mit ihren Freunden und teilen ihre Ergebnisse in den sozialen Medien mit den Followern. Über 1 Million Pfund sind dadurch bereits für Unicef gesammelt worden. Für ihr Engagement wurde Olia Hercules von der britischen VOGUE im August als eine der 25 einflussreichsten Frauen ausgezeichnet.
"Das hat meinen Glauben an die Menschheit gestärkt", sagt Olia Hercules über diese überwältigende Resonanz. "Auch wenn die Ukraine frei ist, werde ich meinen Aktivismus nicht aufgeben. Ich bin ein anderer Mensch geworden."

Dieses Buch hieß in seiner Erstauflage Mamuschka und wurde von dem Verlag DK (Dorling Kindersley) anlässlich der weltpolitischen Ereignisse im Sommer neu aufgelegt mit dem neuen Titel Mamusia. Von seinem Erlös gehen nun 4 Euro an ein ukrainisches Hilfeprojekt von der Autorin ausgewählt, in Deutschland an die Ukraine-Hilfe Berlin e. V. – an die man natürlich auch ohne Buchkauf gerne spenden darf.

„Mamusia”
Autorin: Olia Hercules
Verlag: Dorling Kindersley Verlag (DK)
ISBN: 978-3-8310-4612-6

2022-11-28

Rezension: La Vita È Dolce von Letitia Clark

La Vita È Dolce – das Leben ist süß – ist ein Traum von einem Buch für alle Italienfans und natürlich für alle Menschen, die die Schönheit und Freude, die Desserts, Torten, Kekse und Gelato in unser Leben bringen können als solche erkannt haben und mit geöffneten Händen, Augen, Nasen und Mündern begeistert in ihr Leben lassen. Letitia Clark beschreibt das sehr treffend mit den Worten „Es lässt sich nicht leugnen, dass jeder Tag dazu gewinnt, wenn man weiß, dass man irgendwo in einem Schrank, einer Dose oder im Kühlschrank etwas zum Naschen finden kann.”

Und wer nun doch gleich wieder die Stirn runzelt und an die allzeit gegenwärtigen Gefahren des Zuckergenusses erinnern möchte, dem möchte ich die klugen Worte von Letitias Freundin Cecilia aus Neapel gleich noch hinterher zitieren: „Weißt Du, Letitia, das, was du gern magst, wird in kleinen Mengen auch guttun.”
Italien ist das Land, das der Passeggiata frönt. Die Italiener nehmen sich am Nachmittag die Zeit und genießen bei einem kleinen Spaziergang durch die Stadt oder entlang des Lungomare, der natürlich zufällig immer vorher an einer Gelatteria oder Pasticceria vorbei führt, etwas zartes Süßes auf die Hand. Man trifft sich, genießt den Sonnenschein, hält ein Schwätzchen mit den Nachbarn und genießt dabei ein Eis, Cannoli oder Zeppole, denn: La Vita è dolce! Dieser charmanten Leidenschaft ist dieses Buch gewidmet. Vielleicht wären wir hierzulande weniger verkniffen unterwegs, würden wir einer Passeggiata viel öfter in unseren Wochenalltag Einlass gewähren – und nicht nur auf den Sonntagsspaziergang vereinzeln?

Es ist ein kleines sehr intensives Studium der italienischen Dolci, dieses wunderschöne Buch mit zahlreichen Anekdoten. Die Autorin, gebürtige Britin und 2017 nach Sardinien ausgewandert, hat dabei den perfekten Blick dafür, welche Informationen für Menschen, die nicht die italienische Küche mit der Muttermilch aufnehmen durften, so wichtig sind und welche kleinen Geheimnisse sie sich erst noch erarbeiten müssen.

Letitia Clark lässt keine Hilfestellung aus, sie erklärt die Basis-Rezeptur sei es für die zarten Mürbeteigtartes, die karamellisierte Zitrus-Crostata oder Biskuit-Torten (Torta ricotta e pere),
Biscotti (Cannolli), Hefegebäck – gebacken oder frittiert, wie die wundervollen Chiacchiere: Natürlich fehlen die Rezepte für Gelato (Schoko-Toffee-Eis mit Mascarpone) nicht und für Dolci al cuchiaio – alles wofür man ein Löffelchen benötigt (Cappucino-Pannacotta mit Espressokaramell).

Man versteht endlich, warum es in italienischen Salumerien immer auch Manitobamehl gibt, wann man besser auf Mehl Tipo 0 oder 00 zurückgreift. Dass eine perfekte Pannacotta an das sanfte Wackeln der Brüste zu erinnern hat. Ach und Ricotta, wirklich: Ricotta ist doch so viel mehr als immer nur eine Ravioli-Füllung!
Ich liebe zum Beispiel ein Foto zu ihrem Tiramisu-Rezept. FÜNF Schichten Löffelbiskuit und Mascarpone! Mit den Fotos im Buch hat mich der Verlag sowieso bekommen: Available Light-Fotografie schmeichelt der rustikalen Stilistik im Foodstyling - ach, wie sehr schätze ich einen ordentlichen harteen HighNoon-Schattenwurf auf ungebügelter Tischdecke. Echte Lebendigkeit und der landestypische italienische Purismus wird beibehalten, ich mag das sehr. Habe mich übrigens auch schon dabei erlebt, wie den sehr schönen edel geprägten Einband streichele, in La Vita È Dolce steckt spürbar viel Liebe.
„Cantuccini, Cannoli & Cassata – die Welt der italienischen Süßspeisen” ist übrigens der Untertitel und ich fühl(t)e mich berufen für euch das Rezept der Cantuccini zu backen und mich euch zu teilen. Andiamo!

Wie uns Letitia erklärt, wird das Wort „Cantuccio” (verborgener Winkel, Ecke) gerne umgangssprachlich verwendet für Brot mit viel Kruste, also das, was wir in z. B. Berlin gerne einen „Kanten” nennen. Dieses Gebäck aus der Toskana ist wirklich einfach zuzubereiten – schmeckt den ganzen Tag über und hat das Talent einen Hunger auf Süßes sehr schnell unkompliziert zu bedienen, denn sie sind so herrlich haltbar und stehen daher immer zur Verfügung in ihrer Einfachheit!

Praktisch übrigens: Man kann den Teig komplett mit den Händen verarbeiten. Ich habe ihr Rezept auf 500 Gramm Mehl hochgerechnet. Aus Gründen.

Ach ja: Letitia hat hier – als eben nicht gebürtige Italienerin – untypisch das Cantuccini-Rezept mit blanchierten Mandeln verfasst. Nach meiner Recherche kenne ich nur Rezepte von Italiener*innen mit unblanchierten Mandlen, sie werden lediglich vorher im Ofen geröstet. Und nur wenn deutsche Bäcker*innen sich an Cantuccini versuchen, müssen die Mandeln plötzlich blanchiert sein.

Entscheidet es selbst. Ich halte es mit den Italiener*innen, nehme Mandeln mit Schale und röste sie vorher in der Pfanne. Die Mandeln sind nachher in den Cantuccini versteckt, es ist ihnen egal, wie sie aussehen – und im Zweifelsfall gilt auch hier wie immer: Womöglich steckt in der Schale das geschmackliche Gold?

Zutaten

500 g Mehl (Tipo 00, ersatzweise 405)
3 Eier ((ein Eigelb zum Bestreichen)
200 g Zucker
100 g weiche Butter
200 g Mandeln
Schale einer abgeriebenen Orange (ersatzweise Zitrone)
1 kleines Gläschen Marsala (ersatzweise Amaretto, non-alcohol: 5-6 Tropfen Bittermandelöl)
1 Prise Salz
1 TL Backpulver

Zubereitung

Den Ofen auf 170 Grad Ober-/Unterhitze erhitzen und die Mandeln 8-10 Minuten rösten, herausnehmen und abkühlen lassen. Den Ofen nun auf 180 Grad (150 Grad Umluft) stellen

Das Mehl mit dem Salz und Backpulver sieben und beiseite stellen.

Die Eier, geriebene Orangenschale, Marsala in eine Schüssel geben und verquirlen, die Butter zerlassen und hinzugeben, alles mischen. (Ich zerlasse die Butter nicht wie Letizia, gebe alle Zutaten [außer Mehl] in eine Schüssel und vermenge alles mit den Händen.) Nach und nach das Mehl mit den Händen hinzu geben und unterkneten, das macht alleine schon so eine duftende Freude, wie sich der Teig unter den Händen verändert.

Bekommt der Teig langsam die festere Konsistenz, dann die Mandeln hinzugeben und zwar mit einer Hand voll Mehl auf ihnen. Damit die Mandeln leicht umstäuben bevor sie in den Teig geknetet werden.

Tipp: Das Mehl um die Mandeln gelegt sorgt dafür, dass die Mandeln beim Backen nicht auf den Boden sinken! Den Tipp kann man sich auch für Clafoutis, Stollen etc. merken. Ein Hauch Mehl oder Speisestärke um die Früchte bewirkt schwebende Wunder.

Den Teig zu einer großen Rolle formen, davon vier Teile abstechen und diese zu Rollen formen, die ca. 4-5 cm dick sind und ungefähr so lang, wie sie auf ein Backblech passen. Alle Rollen mit etwas Abstand auf das Backblech (auf Backpapier) legen und mit dem einen verquirlten Eigelb bestreichen. (Habe ich übrigens, wie man auf den Fotos perfekt sehen kann, vergessen!)

Das Besondere an Cantuccini ist, dass sie, wie Zwieback oder Friselle, doppelt gebacken werden.
In der ersten Runde backen wir sie bei 180 Grad Ober- und Unterhitze (150 Grad Umluft) 30 Minuten. Dann aus dem Backofen nehmen, etwas abkühlen lassen und in leicht schräge Scheiben schneiden. Nochmals im Ofen bei gleicher Temperatur ca. 10-15 Minuten backen. Wie lange, das entscheiden die Bäcker*innen je nachdem wie knusprig und dunkel die Cantuccini werden sollen.

Luftdicht verpackt halten sie theoretisch ewig lang. Tun sie aber nicht. Aus Gründen. Schon gar nicht, wenn sie auf ein Glas Vino Santo treffen. Oder einen Caffè oder …

Ach gönnt euch dieses Buch! Es hat das Zeug zu einem italienischen Dolce-Klassiker.

„La Vita È Dolce”
Autorin: Letitia Clark
Verlag: Dorling Kindersley Verlag (DK)
ISBN: 978-3-8310-4341-5