Posts mit dem Label ran an den herd werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label ran an den herd werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

2024-11-06

The EU Quality Crew – alles Wurst oder was?

Im Rahmen des EU-Projektes „Enjoy it’s from Europe”, das weiterhin die enorme Vielfalt und hohen Qualitätsstandards von Lebensmitteln, die in Ländern der Europäischen Union angebaut bzw. produziert werden, in den Fokus von uns Verbrauchern lenken möchte, stelle ich euch heute ein neues italienisches SpinOff vor: „The EU Quality Crew – PDO and PGI Deli Meats From Europe”
Drei italienische Schutzkonsortien, Consorzio Salame Cacciatore, Consorzio Italiano Tutela Mortadella Bologna und Consorzio Zampone e Cotechino Modena IGP, vermarkten in der Kooperation „The EU Quality Crew” gemeinsam ihre traditionellen, besonderen Wursterzeugnisse:

• Salamini Italiani alla Cacciatora g.U.
• Mortadella Bologna g.g.A.
• Zampone Modena g.g.A
• Cotechino Modena g.g.A.

Hierfür haben sie für die auf drei Jahre festgelegte Förderungskampagne den deutschen Markt auserkoren. Es verwundert nicht: Deutschland belegt beim Wurstimport aus Italien regelmäßig die vorderen Plätze – nur selten räumen wir hier den ersten Platz zugunsten Frankreichs. Ziel dieser Maßnahme ist nun ein besonderes Bewusstsein bei uns Verbrauchern zu etablieren auch bei unseren Wursteinkäufen genauer hinzusehen, die Sprache der EU-Siegel lesen zu lernen – um nicht auf Produktpiraterie hereinzufallen.
Die EU-Schutzsiegel

Wurstwaren hervorragender Qualität mit ihrem einzigartigen Goût, der sich nur aufgrund ihrer regionalen Herkunft, dem Terroir und Klima so entwickeln kann. Um diesen Geschmack auf dem Teller bzw. im Glas wiederzufinden, den Genuss über Generationen hinweg sicherzustellen, das funktioniert nur, wenn die Herkunft der Produkte geschützt wird. Hierfür gibt es in der EU die Schutzsiegel, die relativ unkompliziert anhand ihres Logo erkannt werden können. Sie definieren die geografischen Angaben für Produkte, deren Eigenschaften direkt an das Produktionsgebiet gebunden sind. Das sind die Siegel zur geschützten Ursprungsbezeichnung – g. U. (PDO) und geschützten geografischen Angabe – g. g. U. (PGI). Verfolgt wird dieses Ziel im Einklang mit den neuen Bestimmungen der EU-Verordnung Nr. 2024/1143, die das gesamte System der Zertifizierungen und des Schutzes von geografischen Angaben (g.A.) grundlegend geändert hat. Den Prüf- und Kontrolleinrichtungen für geografische Angaben in Hinsicht auf mehr Nachhaltigkeit und besseren Schutz wurden mehr Befugnisse und höhere Verantwortlichkeiten eingeräumt. Sie ist im Mai diesen Jahres in Kraft getreten.


Gala Dinner im Hotel Luc in Berlin

Ich durfte neulich auf Einladung der Konsortien – und meiner italienischen Lieblingsagentur in Berlin, Berlin Italian Communication (True Italian), im Rahmen eines Galadinners im Hotel Luc am schönen Gendarmenmarkt alle vier Sorten in einem Menü verkosten. Die Salamini alla Cacciatora war fanstastisch, die Mortadella Bologna sowieso. An die Zampone bzw. Cotechino, das gebe ich zu, muss ich mich erst noch gewöhnen. Die sind sehr lecker aber … irgendwie fehlte mir für diese Art Wurst der Schnee und die Skihütte. Sie sind doch ziemlich deftig!

Auf jeden Fall war es spannend – und lecker – die feinen Wurstwaren Italiens einmal ganz anders serviert zu bekommen. Durch den Abend führte uns sehr charmant, stellvertretend für die drei Consortien, Augusto Cosimi und erklärte uns die Herkunft und Zubereitungsmethoden der Wurstwaren.

Natürlich probierten wir als Amuse Bouche die Salami Italiani alla Cacciatora g.U. und Mortadella Bologna g.g.A. aufgeschnitten mit knuspriger Focaccia. Die Salami begegnete uns nochmals in der samtigen Artichockensuppe als gewürfelte Einlage.
Und die Mortadella – nach einem kurzen Feueralarm auf der Straße vor dem Hotel – wurde zu einer Burrata auf einer Steinpilzcreme mit in Vino Santo parfümierten Weintrauben serviert. Definitiv meine Lieblingsbegegnung in diesem Menü an diesem Abend.
Gefolgt von der Zampone Modena g.g.U., die auf einer Mousseline aus Maronen mit Herbstpilzen und Polenta und einem Kürbisjus serviert wurde.
Das Dessert dann doch wurstfrei: Viel Schokolade, Nougat-Espuma, zartes Eis … das alles mit feiner Weinbegleitung von einem tollen jungen Team serviert.

Salamini Italiani alla Cacciatora g.U. (POD)

Sie gilt als die Jäger-Salami. Klein und kurz mit einem Maximalgewicht von 350 Gramm, war diese Salami immer schon die wilkommene Begleitung der Jäger und Trüffelsammler auf ihren Touren, weil sie perfekt in die Tasche passt und schnell aufgeschnitten direkt aus der Hand verspeist werden konnte.

Eine schmale Salami, die aus magerem Muskelfleisch, z. B. der Schulter vom Schwein mit Schweine-Hartfett, Salz, ganzem Pfeffer und Knoblauch in Natur- bzw. Kunstdarm gefüllt wird. Ihre Reifung beträgt mindestens 14 Tage bei 10-15 Grad Celsius. Dünn aufgeschnitten, erhält man eine einheitlich rubinrote Wurst mit gleich großen Speckwürfeln, sie duftet zart und schmeckt süß und mild – niemals säuerlich.

Die Salamini Italiani alle Cacciatora g.U. sind – laktosefreie – Vitamin B-Bomben, reich an Proteinen und Mineralien. Tatsächlich produziert man sie heute mit weniger Fett, Salz und Cholesterin als früher, hat aber ihre Mengen an ungesättigten Fettsäuren beibehalten.

Die Schweine aus denen diese Wurst produziert wird, müssen in den Gebieten Mittel- und Norditaliens, im Friaul-Julisch-Venetien, Venetien, Lombardai, Piemont, Emilia-Romagna, Umbrien, Toskana, Marken, Abruzzen, Latium und Molise geboren, aufgezogen und geschlachtet worden sein. Dabei ist auch die Fütterung der Tiere streng geregelt.

Mortadella Bologna g.g.A. (PGI)

Wer kennt sie nicht? Die eigentlich ganz profane Brühwurst aus ausschließlich Schweinefleisch. Zart rosa, mit den gleichmäßig verteilten Speckwürfeln, manchmal auch Pistazien von Sizilien und ihrem sehr charakteristischen Duft, die wir doch irgendwie alle lieben oder? Ich finde, bei kaum einer Wurstart schmeckt man ihre hervorragende und ehrliche Produktion so schnell heraus wie bei einer Mortadella.

Geographisch geschützt stammt sie aus den italienischen Provinzen Emilia-Romagna, Piemont, Lombardei, Venetien, Toskana, Marken, Latium und Trient. Aus purem Schweinfleisch, wobei die Speckwürfel aus dem Kehlfett des Schweinehalses genommen werden, wird sie aus der quergestreiften Muskulatur des Schweines (Schulter) hergestellt und mit Salz, gemahlendem Pfeffer und Gewürzen wie Nelke und Zimt verfeinert.

Abgefüllt im Naturdarm vom Schwein wird sie in speziellen Heißöfen mindestens acht bis 26 Stunden gegart. Die Garzeiten entsprechen ihrer Größe bzw. ihrem Gewicht. Eine Kerntemperatur von 70 Grad muss in ihrem Inneren erreicht werden. Darin liegt auch die Magie der Mortadella, ihrer samtigen Konsistenz und besonderem Aroma. Eine Mortadella darf nie nach Rauch schmecken! Nach Erreichen dieser Kerntemperatur wird sie abgebraust und darf auskühlen.

Serviert wird die Mortadella aufgeschnitten in sehr zarten Scheiben. Aber auch als dicke Scheibe gebraten oder in Würfel geschnitten als Antipasti bzw. warm in Saucen zur Pasta serviert. Mortadella kann sehr viel mehr als nur Brotbelag sein.

100 Gramm Mortadella enthalten 60-70 Gramm Cholesterin und liefern ca. 288 Kalorien. Dabei ist sie Lieferant wertvoller Proteine, der Vitamine B1, B2 sowie Niacin, Eisen und Zink.

Zampone Modena g.g.A und Cotechino Modena g.g.A.

Beide Würste gelten als die Urmütter aller Wurstwaren mit Schwarte – das Rezept dieser Spezialitäten lässt sich 500 Jahre zurück datieren!

Während die meisten von uns die Salamini Italiani alla Cacciatora g.U. und Mortadella Bologna g.g.A. – mehr oder weniger wohl schon probiert haben – dürften Zampone Modena g.g.A und Cotechino Modena g.g.A. noch nicht jedem auf dem Teller begegnet sein. Sie erinnnern ein wenig innerlich an unser Frühsstücksfleisch (etwas kompakter) und äußerlich an unserem Saumagen – sind aber dennoch eine ganz andere Köstlichkeit.

Wir haben es hier mit norditalienischen Spezialitäten zu tun: Emilia-Romagna, die Provinzen Cremona, Lodi, Pavia, Mailand, Monza und Brianza, Varese, Como, Lecco, Bergamo, Brescia und Mantua in der Region Lombardei, Vernona und Rovigo in Venetien – von hier kommen diese Wurstspezialitäten aus Schweinefleisch.

Schwarte und ausgewählten Fleisch vom Schwein wird zerhackt und mit Pfeffer, Muskatnuss, Zimt, Nelken und Wein gewürzt. Beide Würste gleichen in diesem Punkt in ihrer Herstellung. Ihr Unterschied liegt alleine darin, dass die Cotechino Modena g.g.A. in den Naturdarm vom Schwein abgefüllt wird, während die Zampone Modena g.g.A. in die Naturhaut vom Vorderbein des Schweines gefüllt und verschnürrt wird.

Verkauft werden sie nach der Trocknung direkt frisch oder „vorgekocht”, weil thermatisch vorbehandelt. Frisch eingekauft muss man sie etwas länger in siedendem Wasser garen – sie werden auf jeden Fall heiß serviert! In 1-1,5 Zentimeter dicke Scheiben geschnitten, liegen auf dem Teller unregelmäßig rosafarben bis rot gefärbte Schnitten mit einem einzigartigen Geschmack. Sie dürfen auf keinen Fall Glutamat oder Räucheraromen enthalten! Aber freuen sich über einen kurzen Bratvorgang in der Pfanne und fühlen sich auch gewürfelt in einem würzig angemachten Salat sehr wohl.

In der heutigen Zeit sind auch ihre Rezepte überarbeitet worden. Die Zompone als auch Cotechino enthalen heute weniger Salz und auch der Fettgehalt ist reduziert worden im Vergleich zu ihren historischen Rezepten. 100 Gramm laktosefreie Zampone oder Cotechino enthalten ungefähr soviel Cholesterin wie die gleiche Menge Hühnerfleisch und liefern ca. 250 Kalorien.

Im Rahmen der Kampagne wird es in nächster Zukunft häufiger zu besonderen Aktionen bzw. Angeboten in den deutschen Supermärkten kommen – also … haltet die Augen offen und die Münder zum Probieren bereits. Es lohnt sich!

Weitere Informationen (und vor allem Serviervorschläge): The EU Quality Crew

2024-07-15

LOST – In Italian Cheese!

LOST – Looking For The Sustainability Of Taste in Europe – ist eine von der EU geförderte Kooperation (Enjoy it’s from Europe) von acht italienischen Schutzkonsortien, die auf sehr traditionelle Weise Käse produzieren und es weiterhin tun möchten – unabhängig der nicht immer sinnvollen Regularien innerhalb der Europäischen Union. Gute Nachrichten, innerhalb der EU sind früher in den Auflagen gemachte Fehler, die gerade den kleinen traditionelle Betrieben das Überleben sehr schwer gemacht haben, erkannt worden. Heute unterstützt sie die Produzenten heimischer Produkte, um sie auch überregional bekannter zu machen und deren historische Produktvielfalt im Erhalt zu sichern.
Formaggio di Pecorino, Parmiggiana, Gran Padano, Gorgonzola, Taleggio oder Mozzarella und Burrata. Alles gängige Käsesorten, die wir hierzulande in jeder halbwegs gut sortierten Käsetheke im Supermarkt vorfinden. Aber habt ihr schon einmal etwas von Murazzano, Ossolano, Roccaverano, Strachítunt, Puzzone di Moena, Vastedda della Valle del Belice, Provolone del Monaco gehört? Oder sie gar kosten dürfen?

Historische Käsesorten aus Italien – mit geschützter Ursprungsbezeichnung

Sie alle entstammen teils größeren, teils sehr kleinen Regionen Italiens. Acht Käse aus fünf Gebieten Italiens, die unterschiedlicher kaum sein können. Traumhafte Landschaften, Respekt und die Rückbesinnung auf die enge Beziehung zur Natur, begleitet von Geschichte und Tradition. Sie werden unter dem Anspruch der Nachhaltigkeit produziert, endemische Tierrassen werden in ihrer Vielfalt geschützt – und werten das Erbe jeder einzelnen Region auf, ihre natürlichen Ressourcen und Kultur ihrer Käse. Kurz: Es sind alles Käsesorten, die mit hohem traditionellem Anspruch und nur in einer bestimmten Region produziert werden und daher mit dem Denominazione d’Origine Protetta-Siegel – kurz: DOP – zertifiziert sind. Immer an dem rot-gelben Signet der geschützten Ursprungsbezeichnung der Europäischen Union zu erkennen. Und einige davon stelle ich euch nun vor:

Murrazano DOP aus dem Piemont

Es geht hier nicht alleine nur um die Herkunft. Wenn Käse aus einer bestimmten Region stammt, bedeutet das so viel mehr. Es bedeutet zum Beispiel, dass die Milch für einen Käse von einer ganz bestimmten Tierrasse nur produziert werden kann – und somit gerade diese Rasse unter besonderem Schutz zu stellen ist. Oder Landschaften durch Beweidung erhalten werden müssen.

Ein Beispiel hierfür ist der Murazzano DOP aus dem nordwestlichen Teil des Piemont. Dieser vollfette Frischkäse muss zu einem Mindestanteil aus Schafsmilch der Rasse Langa, alternativ mit einem Mindestanteil von 60 % derer Milch und maximal 40 % Kuhmilch hergestellt werden. Und diese Schafe gibt es heute kaum noch; ihr Bestand ist von über vierzigtausend Tieren im Jahr 1960 auf heute nur noch zweitausend Tiere geschrumpft!
Wenn diese Rasse stirbt, stirbt auch dieser Käse – der Angriff durch Überregulierung innerhalb der EU und durch große Produzenten auf unsere Produktvielfalt in der EU wird so sehr deutlich! Das große Geld winkt wohl nicht, wenn man sich der Produktion eines solchen heutigen Nischenproduktes verschreibt. Und dennoch gibt es heute noch in der Region Alta Langa 50 Gemeinden, wie Bossolasco, Serrvavalle und Somano, Käseproduzenten, die an ihren Langa-Schafen festhalten und für den Erhalt dieser Rasse kämfpen. Um weiterhin diesen einen Käse zu produzieren, wie ihre Vorfahren. Einen Käse, von dem erzählt wird, dass er mit seinem zarten Geschmack und würzigen Noten den Teufel dazu brachte, sich in eine Krähe zu verwandeln – nur um diesen Murazzano DOP zu stehen und mit in die Hölle nehmen zu können.


Strachítunt DOP aus der Lombardei

Reisen wir weiter in die Lombardei Italiens, in das Taleggio Tal. Von hier stammt der Strachítunt DOP, ein Käse, der fast in Vergessenheit geraten war. Ein Aristokrat unter den Käsearten – von neun mit dem DOP-Siegel ausgezeichneten Käse in der Region Bergamos. Er ist ein Blauschimmelkäse mit mindestens 75 Tagen Reifezeit, nachdem er mit einem morgendlichen und einem abendlichen Käsebruch hergestellt wird. Beide Brüche vermengen sich nicht perfekt – und in den Zwischenräumen bilden sich die Schimmelpilze, nachdem durch Einstechen einer Kupfernadel Luft in den Käse gebracht worden ist.
Und auch dieser Käse darf nur aus einer bestimmten Kuhrasse hergestellt werden, der Bruna Alpina-Kuh. Deren Futter muss zu 60 % aus Gras und Heu bestehen, das wiederum zu 90 % aus der Region stammen muss. Heute gibt es noch elf Erzeuger, die in den Gemeinden Taleggio, Vedeseta, Gerosa und Blello, den aromatischen, je nach Reifegrad tief pikant-würzigen Strachítunt herstellen.


Provolone del Monaco DOP

Kampanien – ein Name „Il Provolone del Monaco DOP” und seine Geschichte: Gingen früher die Käser aus vielen verschiedenen Orten der Halbinsel Sorrent und der Monti Lattari in Neapel an Land, waren sie in mehreren Schichten Sackleinen gehüllt, um sich vor der Kälte und Feuchtigkeit auf dem Meer zu schützen. Ihr Aussehen ähnelte dem der Mönche in ihren Kutten und so wurde der Käse, den sie auf den Märkten verkauften, im Volksmund zu dem Provolone der Mönche.
Sein Herstellungsprozess ist kompliziert: Die Rohmilch von maximal zwei Melkvorgängen der Agerolese Rinder (mit TGA-Kennzeichnung für „einheimische genetische Rasse”) werden mit Ziegenlab versetzt. Die hölzerene Sassa zwingt den Käsebruch auf die Größe sehr kleiner Körner, die blanchiert und anschließend geschleudert werden. Für das anschließende Drehen der Käsemasse braucht es mindestens zwei starke Personen. Sobald die Käsemasse die richtige Konsistenz erreicht hat, wird die typische Provolone-Form geformt und paarweise geschnürt und auf ein Metallgestell gehängt, wo sie bis zu 20 Tage bei Raumtemperatur trocknen. Danach reifen sie bei ca. 8-15 Grad Celsius in einem Raum, werden nach sechs Monaten in Salzlake getaucht und reifen 4-18 Monate in Käsekellern. Je dunkler seine Außenhaut – desto näher ist der Provolone del Monaco dem Alter der Mönche gekommen.

13 Gemeinden mit klangvollen Namen wie Casola di Napoli, Castellammare di Stabia, Lettere oder Piano di Sorrento züchten und schützen die vom Aussterben bedrohte Rinderrasse Agerolese heute in der Region und produzieren diesen aufwändigen Käse.


Vastedda della Valle del Belice DOP von Sizilien

Besuchen wir Sizilien. Von hier stammt nicht nur der älteste Käse Europas, der Pecorino Siciliano DOP, der O Picurinu, sondern auch der Vastedda della Valle del Belice DOP. Ein Schafskäse, der seine Existenz, einer kleinen Katastrophe verdankt. Im Vastedda della Valle del Belice lebt die Schafrasse Valle Del Belice auf offenen Weideflächen.

Einem alten Käser ist dessen Milch, die er in alten Schilfkörben aufbewahrte, in der Hitze sauer geworden. In seiner Verzweiflung tauchte er sie in heißes Wasser und der Käsebruch begann sich zu drehen und nahm den Körben entnommen seine charakteristische flache Fladenform an. Auch heute noch wird dieser Käse mit vielen einzelnen Arbeitsschritten und vor allem heute noch mit den historischen Werkzeugen – innerhalb der Familien weitergegeben – aus Holz über mehrere Tage produziert. Sie reichern mit ihrer Mikrobodenflora den Käse an. Abschließend wird er geschleudert, in Zöpfe geformt und in tiefe Schalen gelegt – und immer wieder gewendet, bis er seine seltene Form erhält.

Der Schleuderprozess wäscht aus dem Käse viel Fett – aber 35 % muss seine Trockenmasse mindestens davon enthalten. Der Vastedda della Valle del Belice DOP hat einen frischen, leicht süßen Geschmack und hat einen höheren Proteingehalt als andere Käsesorten; er ist leicht verdaulich und wird jung gegessen.
Viele dieser Käsesorten durfte ich in diesem Jahr anlässlich des Italian Cheese Day kosten – und deren Produzenten kennenlernen, hier in Berlin. Acht unterschiedliche Käsesorten, denen man nicht überall begegnet, durften wir probieren. Die waren nicht nur sehr lecker, sondern teilweise auch völlig neue Käseentdeckungen für mich. Bonus-Freude: uns wurden auch köstliche italienische Weine angeboten – und ein Pasta-Buffet gab es obendrauf. Es war sehr spannend von den teilweise sehr jungen Produzent*innen deren Geschichte zu hören, dabei ihre Überzeugung zum Produkt und die Begeisterung zu erleben, mit der sie die Tradition der Tierhaltung besonderer – und meist leider vom Aussterben bedrohter – Tierrassen und das Käsen ihrer Familien fortführen.

Wir haben so wundervolle, vielfältige Traditionen in diesem, unserem Europa. Es gilt wirklich sie zu schützen und zu probieren – und im besten Fall beim Händler nachzufragen! Mehr Informationen über diese wundervolle Vielfalt alter italienischer Käsesorten aus unserem Europa findet ihr aufauf der Homepage Lost Cheese in Europe!

2024-07-13

Kicherbseneintopf – schnell und luxuriös

So vielfältig mittlerweile bei uns Kicherbsen auf den Tisch kommen, so wenig weiß man doch hierzulande über ihren Anbau. Sie braucht es richtig warm, um gut wachsen zu können – insofern kein Wunder, dass wir hierzulande die Pflanze der Kichererbse eher nicht erkennen werden. Wusstet ihr, dass es bis zu 45 unterschiedlichen Arten der Cicer gibt?

Ich habe heute einen unfassbar schnellen Kichererbsen-Eintopf für euch. Seine Zutaten kann man mit etwas Vorratshaltung immer im Haus haben. Alles andere liegt in der Gefriertruhe, frisch kaufe ich lediglich Cherrytomaten und Babyspinat.

Ich koche im Sommer seit Jahren mit guten Tomaten meine Passata selber ein. Gibt mir der Markt gute und aromatische Tomaten, kaufe ich eine Kiste und stelle sie zwei Tage mit Zwiebeln, Chili, Lorbeer, (viel) getrockneter Oregano, Salz und Pfeffer auf den Herd – für den Süße-/Säure-Ausgleich Zucker und Balsamico. Es bleibt übrigens bei mir alles an und in der Tomate: Schale und Kerne. Zwei Tage lang wird immer wieder auf- und eingekocht. Dann mit dem Pürierstab aufgemixt, abgeschmeckt – und heiß in saubere Gläser abgefüllt. Eingemacht wie Marmelade. Das ist kein großer Aufwand, passiert nebenbei und im Ergebnis ist sie nicht so fürchterlich süß, wie manche Tomatensoße aus dem Handel. Insofern habe ich Tomatensoße für eine schnelle Pasta immer im Haus.

Zutaten (für zwei Personen)

1 Dose Kichererbsen (abtropfen lassen)
1 Zwiebel
1 Knoblauchzehe
1 Chili
etwas Olivenöl

1 Glas Tomatenpassata (natürlich kann es auch eine Dose Tomatenpassata sein.)

1 Packung tiefgefrorene Gamba oder Frutti di mare, alternativ Tofuwürfel
150 Gramm tiefgefrorene Erbsen
eine Handvoll kleine Tomaten frisch

Babyspinat (er ist ja meist handelsüblich in einer Tüte abgepackt)

Salz
Pfeffer
Gewürz für Pasta all'Arrabbiata (alternativ: Oregano, Chilli oder Piment d'Espelette)
frischer Basilikum (Menge nach Gusto)


Zubereitung

Kicherbsen einige Zeit abtropfen lassen, das Glas mit der Passata öffnen, Zwiegeln und Knoblauch in kleine Würfel schneiden. Cherrytomaten waschen. Spinat (wenn notwendig). Den Rest (Gambas, Erbsen) aus dem Tiefkühler holen.

Das war es schon mit der Vorbereitung.

Jetzt stellt man die Pfanne auf und röstet mit wenig Öl (wenn überhaupt) die Kichererbsen an. Wenn sie etwas Farbe genommen haben, einen guten Schuss Olivenöl dazu geben und die Zwiebeln, Chili und den Knoblauch darin anschwitzen. Einen kleinen Bereich der Pfanne frei räumen für die Tomaten, die kann man auch sofort angehen lassen. Sobald diese etwas weicher sind, andrücken (z. B. mit dem Kartoffelstampfer oder Gabel. Das ist der Grund, warum ich sie nicht direkt unter die Kichererbsen gebe – Kichererbsenbrei woll'n wa nich'.
Jetzt die Tomatensoße angießen und die Gewürze dazu geben. Sobald das alles heiß ist, die Gambas oder Frutti di mare hinzugeben, darauf den Spinat und die Erbsen legen. Jetzt am Besten die Pfanne mit einem Deckel verschließen. Diese Zutaten sollen möglichst nur kurz noch kochen bzw. heiß gemacht werden. Die Gambas sollten nicht hart werden, der Spinat nicht zu zerfallen.
Kurz vor dem Anrichten den Basilikum darunter heben – er soll nicht mehr kochen. Auf einen tiefen Teller anrichten, etwas frisch gemahlenen Pfeffer darüber geben und einen kleinen Faden Olivenöl.

Keine Lust auf Italien? Dann lasst die Tomatensoße und die italienischen Gewürze weg und verwendet stattdessen 1 EL Currypaste (Farbe je nach gewünschtem Schärfegrad) und eine Dose Kokosmilch, sowie Thaibasilikum und Limette.

Das ist ein Essen, das in sieben Minuten auf dem Tisch stehen kann – und unglaublich lecker ist! Guten Appetit!

2024-07-09

Streetfood Apuliens

Die Küche Apuliens ist pur, frisch und sehr konzentriert auf die guten Produkte, die hier im meist roten Boden gut wachsen. Frühe Artischocken, tiefrote Tomaten, seltene historische Mehlsorten, aromatische Paprika. Aus den Käsereien kommen aus aktueller Tagesproduktion Ricotta, Mozzarella und sahnige Stracciatella oder Burrata. Das Meer schenkt Fisch und Meeresfrüchte, von den Weiden kommt das Fleisch der Schweine, Rinder und auch Pferde.

Obendrauf frisches Olivenöl, gerne – aber in kleinen Mengen getrunken – Wein. Die perfekte mediterrane Küche!

Apulien hat aber auch eine großartige Leckereien anzubieten, die es zumindest in die großen Städte Deutschlands auf die Hand geschafft haben. Dort, wo die italienische Community groß und lebenslustig ist – und man fern der Heimat an die großartige Küche der Nonna glaubt. Die meisten dieser Köstlichkeiten machen mindestens satt und meistens irgendwie sehr glücklich. Ich stelle euch einige dieser typischen apulischen Köstlichkeiten vor, okay?

Panzerotto

Meine große Liebe! Eine fluffige, heiße Köstlichkeit aus dem Frittierfett (es gibt sie auch gebacken – aber das ist kein Vergleich zum frittierten Panzerotto.) Der Teig dieser zu einem sehr großen Raviolo geformten Köstlichkeit, wird zu gleichen Teilen mit Farina Tipo 00 und Manitoba Mehl (auch Kichererbsen- oder -kartoffelmehl) zubereitet. Keine Hefe (auch wenn sie in den deutschen Rezepten gerne genannt wird), Backpulver sind die Zauberzutaten – und sehr viel Zeit.

Ein Panzerotto, so schnell man es auch essen mag, braucht in der Entstehung viel Geduld. Ich empfehle dringend es nirgendwo zu kaufen, wo es schon seit einiger Zeit in der Auslage liegt und erst noch einmal warm gemacht wird. Es sollte erst nach der Bestellung zubereitet werden. Ausgerollt, gefüllt, übereinander geschlagen, festgedrückt und dann mindestens 10 Minuten frittiert. Das braucht seine Zeit – aber lohnt sich immer sehr zu warten.
Ein Grund, warum man in Süditalien am Abend vor dem Panificio gelegentlich lange Menschenschlangen stehen sieht. Ein Bäcker, der etwas auf sich hält, der räumt am Abend die Dolce aus der Auslage und macht Platz für frisch frittierte Panzerotti. Besonders lange Schlangen verheißen besonders gute Panzerotti! Die Liebe der Pugliesi ist für das delikate Teigteilchen sehr groß.

In den Bäckereien ist die Auswahl nicht sehr groß, die klassische Variante mit Passata aus Tomaten und Mozzarellawürfeln ist hier doch eher üblich. Vielleicht gibt es sie mit Mortadella oder Prosciutto und mit geschmorten Zwiebeln (Cipolle) und Oliven. Nun machen in den größeren Städten Apuliens immer mehr Läden auf, die eine größer werdende Auswahl anbieten: Vegane Panzerotti, glutenfreie Panzerotti, Panzerotti mit Meeresfrüchten oder mit Gemüse aller Art. In jedem Fall vermengen sich die Zutaten in der Tomatensauce mit dem Käse zu einem heißen, flüssigen aromatischen Schmelz – und drumherum schützt heißer knuspriger fluffiger Teig.

Panzerotti sind genauso schwierig zu essen, wie Döner. Man verbrennt sich leicht den Mund – und weiße Kleidung zu tragen, während man ein Panzerotto genießt, ich empfehle es nicht. Man kann sich von ihnen den gesamten Apulien-Urlaub ganz wunderbar ernähren – sollte aber täglich ein gutes Sportprogramm in den Tag einbauen.

Mein bestes Panzerotto hatte ich übrigens im Salento (Via St. Giovanni, Melendugno) bei Danieles. Bei diesem Bäcker gibt es sie nur am Abend frisch aus der Fritteuse – und meist stehen Menschen vor dem kleinen Laden schon Schlange.
Kürzlich hat in Monopoli das Restaurant Madia ein Panzerotto-SpinOff aufgemacht. Madia, so heißt das Brett auf dem Pasta- und Pizzateig ausgerollt wird, Mit ihrer riesigen Auswahl treiben sie es ein wenig auf die Spitze. Abends steht man hier sehr lange, bekommt aber frischestes leckeres Panzerotto. Wer will auch in einer glutenfreien, veganen Variante. Oder mit Cannabis. Tagsüber kommt man schneller zu seinem heißen Glück! Probiert es aus, es lohnt sich!


Rustico leccese

Auch so ein heißes Etwas, das direkt den Hüften Glück verheißt. Ein Rustico leccese ist ein rundes, heißes, im Teig doppelt gelegtes Blätterteig-Gebäck. Gefüllt mit Béchamelsauce, Käse und Prosciutto.

Rustico von einem guten Bäcker, der es heiß serviert, ist ein Traum. Meist liegt es vorgebacken in der Auslage – sie brauchen zu lange im Ofen, um ganz frisch gebacken zu werden und wird dann noch einmal heiß gemacht. Unbedingt Finger weg davon in den Bars am Flughafen oder den größeren Bahnhöfen. Oft packen die Verkäufer sie dort direkt ein – ohne sie noch einmal einzupacken. Niemals ein kaltes Rusticco annehmen! An Tankstellen auf der Autostrada und auch ab und an in den kleinen Bars an den kleineren Bahnhöfen kann man gelegentlich aber durchaus auch vorzügliche Rustici bekommen.
Der Panificio macht einfach die besten Rustici. Sieht es blass, trocken und lieblos aus? Finger weg. Dann ist es zum Abgewöhnen – bevor man überhaupt seiner leckeren Großartigkeit begegnen durfte. Ein gutes Rustico, wie z. B. im altehrwürdigen Caffè Oriente,
dem sieht man glänzende Butter an und ein Ei-Strich vor dem Backen deutet auf jegliche Abwesenheit von Geiz beim Bäcker oder Bäckerin hin – und dann macht es sehr glücklich!


Friselle

Nichts, was sich je unfallfrei essen ließe. Friselle ist die apulische Bruschetta.
Aus dem Teig des Pane Pugliese (mit Lievito madre) wird das Brot zweifach gebacken, damit es hart und haltbar wird.
Friselle bekommt man inzwischen in allen möglichen Formen – aber historisch ist der runde Kringel mit dem Loch in der Mitte die logische Form. Friselle ist das Brot aus Hartweizen, das die Fischer auf ihre tagelangen Bootstouren hinaus mit auf das Meer genommen hatten. Die Kringel wurden auf ein Seil gezogen – und einmal kurz durch das Meer gezogen. So waren sie sehr kurz angefeuchtet, etwas weicher und gleich gesalzen.
In keinem apulischen Haushalt fehlt heute die Sponzafrisa, eine Keramikschüssel (meist mit einem aufgemalten Hahn, dem apulischen Wappen), mit einem durchlöcherten Sieb als Aufsatz. So legt man die Friselle kurz in das Wasser und lässt sie oben auf der nächsten Etage gut abtropfen. Sponzatura nennt man diesen Vorgang da unten im schönen Italien. Wichtig ist: Der Kontakt mit dem Wasser muss sehr kurz sein, sonst verfällt das Friselle und das Essen wird noch unmöglicher, als es so schon unmöglich ist.
Auf die Friselle kommt nun ein guter Faden Olivenöl extra Vergine und dann pure rote Tomate. Tatsächlich sind diese Produkte (gutes Olivenöl und aromatische reife Tomate) so gut in Apulien, dass man im Grunde auf weitere Zutaten verzichten könnte. Aber natürlich gibt es auch sehr viele Varianten, einfache und luxuriöse, die eine Friselle noch feiner schmecken lassen. Die einfache Variante wird schon mit frischem klein gehacktem Basilikum oder Oregano und frisch gemahlenem Pfeffer geschmacklich aufgewertet.

Die Tomaten lassen sich auch mit saftigen, süßen roten Zwiebeln anmachen oder mit Kapern – denn sie gibt es hier vor Ort. Fantastisch ist die Variante mit Rucola, Tomate und einer geöffneten Burrata aus der die Sahne fließt – oder man nimmt gleich Stracciatella – darauf frisches Olivenöl und frisch gemahlener Pfeffer. Einfach, dafür göttlich. Oder sie wird mit Tartar di Tonno, Gamberetti (natürlich frisch aus dem Meer) oder Oktopus belegt. Oder dem Mix Insalata Frutti di Mare. Besonders köstliche Friselle mit Meeresfrüchten und fantastischer Aussicht auf die Bucht von Otranto gibt es in der La Polperia im Centro Storico (Via de ferraris 38).

So eine Friselle mittags am Strand im Lido, dazu ein Glas kühler Malvasia oder ein Rosato aus Negroamaro. Das ist … einfach ein wunderschönes Mittagessen – und ein ebensolcher Moment im Leben.


Puccia Salentina

Das Puccia ist ein bisschen der Youngster unter den apulischen Auf-die-Hand-Gerichten. Sie stammt aus dem letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts. Irgendein cleverer Pizzaiollo hatte übrig gebliebenen Pizzateig flach gedrückt und gebacken, dann in der Mitte (nicht ganz) aufgeschnitten und gefüllt mit leckeren Resten.
Es ist das apulische Sandwich. In den Fladen kommt alles hinein, was die gute apulische Küche hergibt. Knackiger scharfer Ruccola, frische oder die besonders aromatischen getrockneten Tomaten, Zwiebeln, Mortadella, Prosciutto, Käse – Toscanello, Caciocavallo, würziger Cacioricotta salentino oder sahnige Straccitella – oder Fisch, meist Tonno. Auch heiß geliebt mit Polpette in Sugo. Jede Salumeria bereitet auf Wunsch eine Puccia ganz nach eigenem Gusto mit allem aus der Kühltheke zu, was man sich aussucht. Ein guter Sattmacher, der irgendwie auch sehr glücklich macht. Denn das Gute an diesen Zutaten ist, man weiß einfach: Das sind sind gute Zutaten, frisch und mediterran gesund.


Foccacia barese

Wohl auch hierzulande das bekannteste Street Food aus Italien oder? Die Foccacia wird historisch aus Gersten, Hirse- oder Grießmehl zubereitet, nur ein klein wenig Hefe, Wasser und Salz und sehr lange Gare (bis zu 48 Stunden, gerne auch mehr.) Die Besonderheit der Focaccia barese (von Bari natürlich) sind die gekochten Kartoffeln, die zu dem Teig gegeben werden und ihn besonders fluffig und saftig innen machen. Heraus kommt ein hoher, saftiger Teigfladen. Nach der letzten Gare bohrt man mit den Fingern tiefe Löcher ins Gewölbe, begießt sie reichhaltig mit Olio di Olivi (extra vergine) und drückt kleine Kirschtomaten in den Teig, Oliven, krümmelt frischen Rosmarin oder Thymian darüber. Ab in den Ofen.

Wer keinen Holzbrotbackofen hat, wie ihn der heutige apulische Bäcker von seinem Urgroßvater geerbt hat, der backt die Foccacia in zwei Schritten. Erst auf der untersten Schiene im Ofen, gute zehn Minuten, damit der Boden krachend knusprig wird. Dann noch einmal auf der mittleren Schiene für ca. 40 Minuten. Alles bei mindestens 250 Grad. Dann wird sie perfekt wie das Original.
Frisch gebacken und heiß gegessen ist die Foccacia ein Traum, vorgebacken aus der Auslage … naja. Es gibt leider unfassbar viele schreckliche Foccacie, dass ich mittlerweile etwas auf Kriegsfuß mit ihr stehe. Auf jeden Fall ist die apulische sehr hoch im Teig gebacken, sehr fluffig und unten mit perfektem Knuspereffekt. Ist der Teig perfekt, ist mein persönlicher Liebling die einfachste Variante: Olio, frischer Rosmarin (reichhaltig) und Meersalzflocken. Mehr braucht's doch gar nicht!

Ich empfehle Foccia wirklich selber zu machen. Mit ihrem Teig zu arbeiten … er ist so sehr göttlich anzufassen, ist er ausreichend lange gegangen! Und wenn sie heiß und frisch aus dem eigenen Ofen kommt – ist schon ein bisschen, wie Urlaub haben!

2024-07-02

Gerne gelesen: Das Gemüsekisten Kochbuch

Das Gemüsekisten Kochbuch (saisonal kochen das ganze Jahr) von Stefanie Hiekmann (DK Verlag Dorling Kindersley) ist für mich jetzt schon mein Lieblingskochbuch des Jahres! Ein grandioses Konzept-Kochbuch mit feinen Rezepten, das in meine Küche frischen Wind gebracht hat!

Zugegeben: Ich selber beziehe keine Gemüsekiste. Mit mittlerweile fünf Bio-Supermärkten in fußläufiger Umgebung, davon einem, der nur regionale Obst- und Gemüsesorten anbietet und auch als für eine Person kochend, erschien für mich das Gemüsekisten-Konzept nicht sinnvoll. Für mich. Für alle anderen auf jeden Fall sehr!

Aber ich kenne durchaus die verzweifelten Tweets oder Tröts in den sozialen Netzwerken, in denen Gemüsekistenbezieher nach der fünften Lieferung Rosenkohl in Folge, die Timeline um neue Rezeptideen anbetteln. Nichts ist online so sicher, wie die Verzweiflung von Gartenbesitzer*innen während der Zucchini-Ernte ab Juni. Die Antworten lesen sich immer sehr spannend – manch geniales Rezept wird offeriert, das mich dann veranlasst hatte, das Gemüse zu kaufen. Aber … Gemüsekisten können im dritten Zucchini-Monat irgendwann eine Herausforderung sein!
Stefanie Hiekmann ist Food-Journalistin und -Fotografin, schreibt für den Feinschmecker und das FAZ-Magazin, visuell kennen wir sie als Jurorin aus der (leider nicht mehr produzierten) ZDF-Sendung Stadt Land Lecker. Das Gemüsekisten Kochbuch ist ihr viertes Kochbuch, das Fünfte rechnet man noch eines hinzu, das sie als Ghostwriterin für eine prominente Dame geschrieben hat.

Auch wenn es Gemüsekisten Kochbuch heißt. Hiekmann ist da nicht doktrinär. Hier und dort legt sich auch ein Stück Hähnchen oder Kabeljau auf die von oben, meist in der Totalen, fotografierten Teller. Und dass sich in den Rezepten auch Gemüse finden, die in Deutschland nicht unbedingt in den regionalen Gemüsekisten sich finden lassen, auch das passiert. Warum auch nicht? Längst haben auch internationale Gemüsestände auf heimischen Märkten Einzug gefunden. Insofern hilft dieses Buch auch dabei, zu erfahren, dass man aus dem passiven Modus „Ich sehe das immer am Marktstand – was ist das eigentlich? Was mache ich damit?” in die Aktion gehen kann. Herrlich!
Stefanie Hiekmann will ihre Leser*innen nicht überfordern. So hat sie sich für jeden Monat lediglich fünf Gemüsesorten aus der Saison herausgegriffen. Die Flexibilität ist in den Rezepten gegeben, denn kein Gemüse gibt es nur einen einzigen Monat lang. Auch Spargel hält länger durch. Den Saisonalen-Kalender hat sie zwischen Gemüse, Obst, Salate und Kräuter praktisch aufgeteilt. Sie bezieht sie dabei auf die echte Saison in deutschen Gärten – wie Gemüsekisten sie nur anbieten können.
Wer will, kann natürlich jederzeit Rezepte auch mit Produkten zubereiten, die außerhalb der Saison aus Gewächshäusern stammen und anderen Ländern. Keep ist simple: Lediglich fünf Gewürze benennt sie als must have: Ras el Hanout, Kreuzkümmel, Curry, Baharat und geräuchertes Paprikapulver – und schreibt auch gleich die Gemüse hinzu, für die sich die Aromen am besten eignen. Salz und Pfeffer hat man eh im Haus. Die eine und andere Zutat ebenfalls, z. B. Sojasauce, Ahornsirup und Balsamico. Sie schleichten sich in den Kapiteln wie von selbst ein.

Vor diesem Kochbuch müssen auch Kochanfänger genau gar keine Angst haben! Die meisten Rezepte sind wirklich sehr einfach, einige vielleicht herausfordernder – aber da tasten sich auch Kochlehrlinge dann heran. Und sie sind durchaus auch spannend international.

Zwischendurch bereichern kleine Features wie »Mit Toppings durchs Jahr«, z  B. Panko-Crunch oder Gewürznüsse, feine kleine Begleiter eines Gerichts, die man, einmal gemacht, auch in Gläsern etwas vorhalten kann für andere Rezepte. Hier hat jemand einfach sehr viel Spaß an dem, was sie tut!
Simple Ideen werten alte Rezepte auf. Bulgur z. B. bringt Stefanie Hiekmann mit einem Pesto einfach in kräftigem Grün auf den Tisch; erklärt, wie man aus Wurzeln der Gemüserest selber ein Gemüse neu ziehen kann. Es sind diese kleinen liebevollen Ideen, die in dem Buch viel Spaß machen! Und von denen auch erfahrene Köch*innen lernen können.
Zu jedem Rezept gibt es zum Abschluss eine »Tausch mal«-Empfehlung. wie es passt, immer aus der gleichen Saison vorgeschlagen. Also kann man beim Lieblingsgericht die Austernpilze weglassen, stattdessen auf Paprikastreifen zurückgreifen – wer für den Austernpilz Döner mit würziger Kebab-Marinade (eines meiner Lieblingsrezepte) als Pilzhasser die Alternative braucht. Spargel kann Rhabarber ersetzen, Fenchel den grünen Spargel – das macht die im Buch enthaltenen Rezepte unendlich groß in ihrer Vielfalt. Und selber muss man nicht kreativ sein!
Das sind dann ihre Rezepte sowieso. Hier und begegnen die Gemüse sehr traditionell in den Rezepten, Grünkohl mit allem drum und dann, oft machen sie aber auch einen Ausflug in anderen Länder, z. B. der Ofen-Rosenkohl mit Cranberrys und Feta. Und richtig gute Ideen, wie man tierische Produkte perfekt durch Gemüse ersetzt, finden Leser*innen auch. Ich mochte das Stiele als eingeschnittene Jakobsmuscheln – hier aber aus Kräutersaitlingen – präsentieren sehr.

Ein Buch, das ich nicht mehr hergeben möchte!

„Das Gemüsekisten Kochbuch”
Autorinnen: Stefanie Hiekmann
Verlag: DK Verlag
ISBN: 978-3-8310-4853-3