2019-01-08

Der Bullshit-Job

Seit ich in dieser Wohnung lebe, habe ich gestern den vierten Toilettendeckel erworben. Den ersten habe ich aufgegeben, weil ich ihn (vermutlich aufgrund der Verwendung von Reinigungsmitteln) unschön verfärbt hatte. Ich sinnierte damals schon darüber ob wir mittlerweile soweit sind, dass in Kunststoffmassen extra Substanzen eingemixt werden, die solch einen wenig hübschen farblichen Effekt hervorrufen. Ich möchte Euch visuelle Einzelheiten in diesem Punkt ersparen – und nein, ich pinkele nicht auf die Unterseite von Toilettenbrillen, dass es irgendein Grund gäbe sie so aussehen zu lassen. Ich schämte mich für diese Toilettenbrille, sie musste ausziehen obwohl sie funktionsmäßig top in Form war – und ihre Halterung astrein hielt.

Die zweite Brille musste gehen, weil ihre Halterung kaputt ging.

Die dritte Brille musste gehen, weil ihre Halterung sich ständig löste und in der Konsequenz auch die Absenkautomatik aufgab. Man gewöhnt sich vergleichsweise schnell an leise schließende Toilettendeckel. Ich habe eine Katze, die ist sensibel. Ich bin sensibel. Es gibt überhaupt keinen Grund sich von unsensibel laut schließenden Toilettendeckeln auf Toilettenbrillen die Harmonie schreddern zu lassen!

Meine ungefähr seit drei Monaten andauernden Unternehmung „neuer WC-Deckel”, scheiterten entweder an zu teuer, Angebot im Laden dann doch nie existent oder Angebot im Griff so günstig, dass mein Ego und das Portemonnaie nein dazu befinden mussten, weil dann doch nicht so günstig in weiser Voraussicht. Oder: falsche Farbe. Hat schon jemand über geschmackliche Gestaltung von Toilettendeckeln promoviert?

Jedes Mal, jedes verdammte Mal, hatte ich bei der Installation irgendeine neue technische Variante des Anbringens des Toilettendeckels. Zwei Löcher in einem Toilettenbecken, die verfügbare Vielfalt von Halterungen muss mittlerweile unendlich sein!

Von einfach: Schraube oben unten Mutter, die man mit üblichem Werkzeug relativ schnell fest anbringen konnte über Plastikschrauben mit unterer Spezialmutter für die man ein bestimmtes Plastikwerkzeug brauchte, um diese feststellen zu können, das im Lieferumfang beilag und das man tunlichst gut aufbewahren sollte über Jahre (und sich ebenso tunlichst gut merken, wo!), um den Deckel auch wieder losschrauben zu können (und generell nicht wirklich lange hielt) damit bis hin zur Metall-Plastikombi, die wie im letzten Fall alle drei Wochen der ganzen Installation ordentlich Spiel und dem WC-Deckel viel Freiraum einräumte.

In der gestern bei einem Discounter im Angebot erworbenen neuen Toilettenbrille gibt es jetzt eine Art Dübelkonstruktion mit unterer Gegenschraube aus Plastik, die man mit keinem handelsüblichen Werkzeug festhalten kann, während man oben mit einem Kreuzschlüssel die Schraube hinein dreht. Die Plastikunterlage ist denkbar dünn und hält erst, wenn die ganze Chose vergleichsweise festgedreht ist. Die man aber erst festdrehen kann, wenn der Toilettendeckel an der Befestigung ausjustiert ist und dazu sollten die Plastikunterlagen fest sitzen (das System möchte offensichtlich aufgrund der in den letzten Jahren am Markt zugenommenen Vielfalt von Toilettendeckeln omnitauglich sein), diese sitzen jedoch erst fest, wenn man festgeschraubt hat. Natürlich kann man das Ganze nur wirklich richtig justieren, wenn der Deckel aufgebracht ist – dann kann man aber nicht mehr schrauben.

Lange Rede: ich habe gestern nach 45 Minuten Installationsversuchen einfach den Toilettendeckel beiseite gestellt und vertagt.

Ich pflege auch hier im Blog schon seit langen Jahren einen großen Groll gegen Verpackungsdesigner. Diese Menschen sitzen in ihren Jobs, die längst erledigt und zu Tode erfunden wurden. Und weil sie ihre Existenz rechtfertigen müssen, designen sie an Verpackungen herum. Nun sind schätzungsweise 85 Prozent aller Verpackungen bereits zur Perfektionen erfunden worden. Die restlichen 15 Prozent der Verpackung sind so notwendig wie Zahnschmerzen, während man im Packeis festsitzt. Ein Beispiel: ich benutzte relativ konsequent seit Jahren das gleiche Haarshampoo an dem inhaltlich der Hersteller seit ebenso langer Zeit nichts verschlimmbessert hat. Aber wir sind mittlerweile bei der dritten Verpackung. Beim letzten Verpackungswechsel verordnete man den Flaschen einen Deckel, der es unmöglich macht, die Flasche auf den Kopf zu stellen möchte man das zur Neige gehende Shampoo nach unten laufen lassen. Verpackungsdesigner. Meiner Meinung hohl wie Stulle und so notwendig wie … die notwendige Wurzelspitzenresektion im Packeis ohne Personal vom Fach.

Verpackungsdesigner, leider auch zunehmend Produktdesigner laufen bei mir – die Pest hat seit kurzem einen neudeutschen Namen – Bullshit-Jobs. Jobs, die bzw. deren Ergüsse keiner braucht. Aber sie sind da, weil man in einer Welt, die zunehmend von Maschinen bearbeitet wird, Alibijobs braucht. Denn anderenfalls müssten die Menschen ja jetzt schon auf die Straße gehen und sich gegen die nächste industrielle Revolution aufregen. (Die größtmögliche Anzahl von Alibijobs werden neben dem Verpackungsdesign übrigens unter den Absolventen von betriebswirtschaftlichen Studiengängen vergeben.)

Also verpacken sie lieber Produkte bis zur grenzenlosen Sinnlosigkeit und vor allem Unerreichbarkeit derer Benutzer. Oder sie gestalten Toilettenbrilleninstallationsmechanismen, die man nicht mehr installieren kann ohne eine Bedienungsanleitung lesen zu müssen, herkömmliche Werkzeuge nicht helfen können und man bitte schön ohne eine zweite helfende Hand nicht mehr die eine Toilettenbrille installieren kann.

Ich vorhersehe in fünf Jahren die mehrteilige Toilettenbrille. Deswegen erfunden, weil sonst irgendwo auf dieser Welt einer nichts zu tun hat und seine berufliche Existenz an den sinnvollen Nagel hängen müsste, denn er hat einen Bullshit-Job. Bullshit-Jobs stecken immer dahinter, wenn Euch Menschen in Callcentern erklären wollen, Dinge würden nicht geregelt werden können (pragmatische Dinge, die seit Jahrhunderten problemlos machbar waren) weil es „das System nicht hergibt.”

Interview mit David Graeber, Autor von „Bullshit-Jobs”. Lesenswert!

Ich nutze derzeit meine Toilette ohne Aufsatz. Habe heute keine Lust. Danke der Nachfrage.

2019-01-06

Erste! Prima Weihnachtstipp für Weihnachten 2019: Karlsruhe!

Disclosure: Auf Einladung von Karlsruhe Tourismus durfte ich während einer Pressereise das erste Adventswochenende 2018 in Karlsruhe verbringen. Im Folgenden werde ich wohl hier und dort namentlich auf Läden, Unternehmungen u.v.m. erwähnen, zeigen, sogar verlinken, das könnte man als Werbung verstehen. Im übrigen ist selbstverständlich meine Meinung zu Karlsruhe aufgrund dieser Einladung berührt und verändert worden, denn ich hatte vorher zu Karlsruhe ehrlich gesagt kaum eine.

Ihr dürft mich natürlich für verrückt halten, dass ich Euch – so knapp kurz nach Weihnachten – schon im Januar den Besuch eines Weihnachtsmarktes in diesem noch ganz frischen Jahr nahe lege, doch a) sind die Weihnachtsmärkte in Karlsruhe eine Reise wert! Und b) sind deswegen die Hotes dort zur Adventszeit schnell ausgebucht. Insofern ist eine frühe Planung ein so verkehrte Sache in diesem besonderen Fall sicherlich nicht. Außerdem c) ist Karlsruhe selbstverständlich das ganze Jahr über einen Besuch wert – und das kann man nicht früh genug im Jahr behaupten, nicht wahr? Also kommt, ich nehme Euch mit!



Karlsruhe zu Weihnachten hat mich im vergangenen Jahr oft berührt und mein kurzer Aufenthalt dort, hat mich ganz glücklich gestimmt. Ob dieser entzückende kleine Mittelalterliche Weihnachtsmarkt in Durlach vor der Burgkulisse mit Schwertspieler, Feuerkünstlern und Gauklern – der übrigens 2002 zur Unterstützung der Flutopfer des damaligen Elbehochwasssers ins Leben gerufen wurde und nun eine Tradition geworden ist. Klein, dafür sehr fein und gemütlich.

Oder der weitläufigere Karlsruher Christkindlessmarkt in der Karlsruher Innenstadt, säuberlich geographisch getrennt durch imposante Stadtbauten rund um den Friedrichsplatz: die kleine weihnachtliche Partymeile vor dem Rathaus mit Riesenrad und Fahrgeschäften und um die Ecke gelegen der schöne große und trotzdem beschauliche Weihnachtsmarkt mit den Kunstständen, Krippenbildnissen für Kinder und die wunderschöne hohen Pyramide (mit Restaurant, rechtzeitig reservieren) und dem wohl besten Glühwein, den ich jemals auf einem Weihnachtsmarkt trinken durfte.



Nun, mittlerweile fliegt auf fast jedem Weihnachtsmarkt in Deutschland der Weihnachtsmann oben am Himmel auf dem Schlitten spektakulär ein – nur: in Karlsruhe habe ich Pipi inne Ojen. Die Stimmung macht's. Sie stimmt hier noch. Das mag daran liegen, dass hier die Leute so nett sind – selbst noch im schlimmsten weihnachtlichen Gedränge. Kein Gepöble, Gegröle. Übrigens findet an den Adventswochenenden auch im Karlsruher Rathaus in dessen Gewölbe ein kleiner Weihnachtsmarkt statt, wo ausschließlich Kunsthandwerker ihre Waren verkaufen – allerdings schließen hier die Pforten bereits um 19 Uhr.



Aber richtig begeistert hat mich die wunderschöne Eisbahninstallation vor dem Karlsruher Schloss! Sie führt die Eisläufer auch durch einen Teil der Baumallee des Schlosses und das ist schon mehr als romantisch vor allem in der Dunkelheit mit all den Lichtern. Dagegen können die die Eisbahnen auf den Berliner Weihnachtsmärkten einpacken. Ach, noch einmal jung sein. Und verliebt sein. Im Winter – und dann hier Schlittschuh laufen … Aber auch hier sollte man – zumindest am Wochenende – abendliche Eislaufrunden vorab besser reservieren.



Aufwärmen kann man sich nach dem Eislaufen im Multi Kulti, einer geräumigen Studentenkneipe an der Ecke, wo ich den bisher besten Flammkuchen meines Lebens serviert bekam, heiß, knusprig und vor allem satt belegt. Man sollte nicht in Karlsruhe gewesen sein ohne hier einen Flammkuchen gegessen zu haben. Das Bier- und Weinangebot ist alles andere als übersichtlich – sehr netter Laden!



Der Heimweg führt uns über den Platz der Grundrechte. Die Lichtinstallation und die Schilder berühren und machen nachdenklich auf vielen Ebenen.



Übrigens Wein! Ich bin begeistert, man bekommt hier überall so leckere Tröpfchen serviert. Offene Weine zum Niederknien feine Weine! Selbst dort, wo man eine tiefgründig Weinkarte gar nicht vermutet, beispielsweise im Vogelbräu, einer urigen Kneipe nahe der Durlacher Altstadt, haben wir so gute offene Weine kosten dürfen – und einen vorzüglichen Wurstsalat.



Die traditionellen Gerichte schmecken eben doch dort am Besten, wo sie herstammen. Dass nun Baden-Württemberg sich auf die Weinproduktion versteht, ist allgemein bekannt … aber diese hohe Weinkunst glasweise in Speisekarten angepriesen, ich vermisse das in Berlin sehr.

Angereist bin ich mit der Bahn von Berlin über Frankfurt mit einem Umstieg in Mannheim. (Es gibt aber auch Direktverbindungen). In knapp fünf Stunden kann man dort sein. Eine Havarie auf der Bahnstrecke, für die die Deutsche Bahn nichts konnte, zerlegt uns am Anreisetag die Zeitplanung leider etwas. Zu wenig Zeit bleibt uns deswegen auch für die entzückende Altstadt von Durlach, dem größten Stadtteil von Karlsruhe an unserem ersten Abend. Doch die Stadt und wir sind flexibel …



Es fängt schon mit unserem ersten leckeren Termin nach unserer Ankunft im wunderschönen Café Jack an, leider bleibt wenig Zeit das große Torten- und weihnachtlichen Keksangebot zu genießen, Kaffeezeit ist um achtzehn Uhr halt vorbei. Trotzdem, die von mir ausgesuchte weihnachtliche Schokoladentorte ist ein schöner gustatorischer Einstieg in mein Karlsruher Wochenende.

Durlach war ab 1565 bis 1718 Residenzstadt der Markgrafschaft Baden-Durlach. Von aus ihr ging 1715 die Gründung Karlsruhes hervor, Durlach wurde dann 1938 eingemeindet. Immerhin konnten wir auf dem Mittelalterlichen Weihnachtsmarkt noch die Feuerkünstler sehen, die Schwertspieler ließen mich Schutzhelm, -kleid und Schwert ausprobieren. Der Verein Badische Schwertspieler pflegt die alte Waffenkunst, die Sportler schützen sich natürlich mit viel Metall vor den Schwertern. Keine leichte Angelegenheit am Mann und an der Frau – beeindruckend.

Das Leonardo Hotel in fußläufiger Nähe zum Bahnhof war eine gute Wahl für uns. Das Mittelklassehotel liegt denkbar zentral. Gäste werden mit einer Flasche Wasser im Zimmer empfangen und im Foyer je nach Tageszeit Wasser oder Kaffee/Tee gratis offeriert. Die kleinen Dinge sind’s, die einen als Gast besonders willkommen fühlen lassen. Das Hotelbuffet zum Frühstück ist umfangreich eingedeckt – Lachs, frisches Obst, warme Speisen – auch besondere Wünsche wurden gerne und schnell erfüllt. Für das Leonardo spricht ebenfalls, dass es direkt gegenüber dem Zoologischen Stadtgarten liegt. Einmal über die Straße in nicht einmal fünf Minuten Fußweg kann man in der Therme Vierordt Bad, einem historischen ehemaligen Wannenbad, 1873 eröffnet, schwimmen oder saunieren. Bus-Haltestellen mit direkter Verbindung in die City liegen direkt vor der Hoteltür.



Am Samstagvormittag führen uns die beiden Konzeptkünstlerinnen Ana und Anda unter dem Aspekt des nachhaltigen weihnachtlichen Einkaufens durch die Karlsruher Südstadt. Eine schöne Idee, so lernen wir die Stadt und ihre alternativen Shopping-Möglichkeiten jenseits vom mittlerweile überall üblichen Mall-Kommerz kennen.



Wir besuchen den Zuckerbecker – das Paradies: ein Laden voller guter Schokolade, Tee und Kaffee.



In unmittelbarer Nachbarschaft die Ladengalerie von Tom Boller, hier gibt es Design und Kunst vom Ladeeigner selbst und vielen anderen Karlsruher Designern – zu bestaunen und zu kaufen.



Mich beeindrucken die kürbisgroßen Auberginen im daneben gelegenen italienischen Supermarkt sehr viel mehr als das Angebot eines ebenfalls besuchten Bio-Ladens.



Die Südstadt mit ihrem besonderen Flair, den die früheren italienischen Gastarbeiter in die Stadt gebracht haben, hat viel Charme. Beeindruckend das Filmtheater Schauburg mit seinen Alternativprogrammen …



… und erhaltener Innenarchitektur der 50iger Jahre. Gerade rechtzeitig rettet mich ein guter Café in der Röstbar.



Die klitzekleine Kaffeebar ist ein echtes Raumwunder in der dennoch eine Röstmaschine steht und wo unverschämt viel frisch gerösteter Kaffee angeboten wird. Dem Besitzer, Klaus Hebenstreit, hätte ich gerne sehr viel länger zugehört, da lebt einer für die Sache von fairem und gutem Kaffee – doch wir müssen weiter zum Weltladen und noch einigen anderen alternativen Produktionsstätten, die die Fair Trade-Stadt Karlsruhe (zum vierten Mal in Folge dazu gekürt) zu bieten hat.

Und, das muss man Karlsruhe auch lassen, nicht alle Plätze sind schön – aber der fröhliche Charme dieser Stadt ist omnipräsent!





Wir sind eingeladen zum Mittagessen in der Oberländer Weinstube in der Akademiestraße nahe dem Kaiserviertel, einem gemütlichen kleinen Restaurant mit viel Liebe eingerichtet und mit langer Tradition (seit 1918). Die Weinkarte ist imposant im Vergleich zur kleineren Speisekarte. Die Küche beschreibt sich selbst als bodenständig – aber kreativ – und so ist sie sehr gut beschrieben, finde ich.



Ich bestelle das Carpaccio vom Rind, hauchdünn geschnitten und von hervorragenden Zutaten begleitet.



Es folgen das Juvenil Ferkel mit Rosenkohl und die Crème brûlée.



Der Chefin überlasse ich die Wahl meiner Weinbegleitung zu meinem Menü, denn schließlich ist hier die Wein-Kompetenz zu Hause. Für mein Vertrauen werde ich mit einem Rosalinde Cuvée vom Weingut Ellermann-Spiegel, 2017, belohnt. Vielleicht sieht man mir meine tiefe Zuneigung zum Rosé mittlerweile an der Nasenspitze an? Das Essen ist mehr als vorzüglich, das Schwein so sehr zart! Dieses Restaurant versteht sich auch vorzüglich auf Gerichte mit Fisch – und die Teller, die unseren Tisch erreichen sehen nicht nur wundervoll aus, wie die anderen Gäste bestätigen.



Unser Aufenthalt ist kurzweilig und angenehm – ich hätte hier noch Stunden verbringen können. (M)Eine absolute Empfehlung für einen Karlsruhebesuch! Das Lokal ist nicht sehr groß aber sehr wertgeschätzt. Reserviert also besser auch hier.

Das Nachmittagprogramm in Karlsruhe ist nun unserer freien Gestaltung überlassen. Ich gehe – ÜBERRASCHUNG – nicht ins Katzencafé



Dafür schlendern wir in kleiner Gruppe durch die betriebsame Karlsruher Innenstadt und besuchen das eine und andere kleine Geschäft – ich bin ein bisschen verliebt in die Atmosphäre dieser Stadt.



Der andere Teil der Gruppe geht ins ZKM (Zentrum für Kunst und Medien) – und kommt sehr begeistert zurück. Nee, mehr als begeistert – sie schwärmen dermaßen, dass ich mich im Nachhinein doch ein bisschen darüber ärgere mich anders entschieden zu haben. Wenn mich mein Weg nochmals nach Karlsruhe führt, dann mit Sicherheit auch dorthin!

Unser Abendprogramm führt uns in die oben bereits beschriebene zauberhafte Weihnachtsmarktwelt der Stadt. Und was den Genuss von Glühwein anbelangt, bin ich nun für alle Zeiten verdorben. Ich lege mich fest: der wohl beste Glühwein (und zwar auch als Weißwein) wird auf dem Karlsruher Weihnachtsmarkt serviert: Und zwar beim Glühwein-Treff der Familie Keth! Der Stand ist immer umlagert – aber sie bedienen in einem Tempo, dass die Schlangen dennoch immer kurz sind. Und diese Atmosphäre dieser wunderschönen Eislaufbahn! Und die Menschen in Karlsruhe sind so charmant. So nett zueinander. Das alles macht wirklich Lust auf ein Wiederkommen. Im Frühling oder Somme zum Radfahren durch die Weinberge. Im Herbst zur Weinernte. Oder zwischendurch … beispielsweise zur Mykene-Austellung, die noch bis Juni im Karslruher Schloss zu sehen ist. Aber der widme ich ein eigenes Blogpost – denn den Sonntag verbrachte ich im Karlsruher Schloss!

Ach ja, klitzekleiner Hinweis falls ich Euch jetzt auf nette Gedanken gebracht habe: Weihnachten findet in diesem Jahr erstaunlicherweise am 24. Dezember 2019 statt! Der Weihnachtsmarkt in Karlsruhe sowie der Mittelalterliche Weihnachtsmarkt in Durlach an der Karlsburg öffnen ihre Pforten in der Woche vor dem ersten Adventssonntag. Denkt an die Hotelzimmer!

2019-01-05

No-Plastiktütenmisere

Ich finde die noch halbwegs neue Regelung, dass wir für Plastiktüten bezahlen müssen, sehr gut. Noch besser fände ich ein generelles Plastiktütenverbot – so wie es uns einige sogenannte Dritte-Welt-Länder erstaunlich lässig vormachen. Mich ärgert, dass einige befreundete türkische Supermärkte hier in dieser Stadt sich über die neue Gesetzregelung immer noch hinweg setzen und Tüten einfach an ihre Kunden kostenlos abgeben.

Trotzdem … bei mir sieht die Mehrfach-Tragetaschen-Situation mittlerweile so* aus:



Nicht mehr ganz so übersichtlich. Gut, als Food-Blogger und gelegentliche Messegängerin bin ich da vielleicht anders umsorgt als andere Menschen. Aber einem gewissen Gefühl von „langsam ertrinke ich in diesen Taschen”, dem kann ich mich nun doch nicht mehr entziehen. Was mich übrigens auch sehr ärgert: man kann die meisten dieser Taschen nicht waschen (ist bei mir schon nötig, weil ich sie auf dem Rad benutze, da werden sie schnell mal schmutzig). Die Stoffe sind fast nie vorgewaschen und somit schrumpfen die Taschen bei einer 40 Grad-Wäsche in eher kaum noch nutzbare Größen. Unpraktisch. Irgendwie dem Sinn der sehr häufigen Mehrfachverwendung entgegenwirkend.

Also liebe Marketing-Leute, die ihr solche Taschen für Eure Firmen bedrucken lasst: Achtet doch bitte stärker darauf, dass die Stoffe vorgewaschen sind. Wascht sie testweise selbst, wenn die Lieferung kommt. Gebt sie zurück, wenn der Lieferant sich in dem Punkt versprochen hat. Es ist schließlich für diese besondere Sache, unsere Umwelt!

*typisches Januar-Entrümplungsfoto

2019-01-04

Pro Panzerglas!

Als mir vor einigen Jahren eine liebe Freundin zu Weihnachten ihr gebrauchtes iPhone 6 schenkte (immer noch sehr große Freude, liebe Ute, auch immer noch mit und über die Kamera), folgte ich dem Rat des besten Freundes der Welt und kaufte die vielleicht nicht hübscheste Schutzhülle der Welt für dieses Smartphone, dafür eine deutlich robust wirkende und vielleicht auch eher meinem Stil entsprechende, unter asozialen Bedingungen produzierte (sehr sicher) und die deutsche Wirtschaft mit Füßen tretende (ebay, China-Export) Schutzhülle. Schwarz pur. Natürlich.

Die Schutzhülle kam für mich unerwartet mit einer Folie (Panzerglas), die ich auch brav auf dem Display mäßig schön aufbrachte – denn ich mag es wirklich nicht solche Displayschutzmaßnahmen zu installieren, weil es bei mir immer schief, schlimm und grottig aussieht und ich mich noch Monate später über die Lufteinschlüsse ärgere, die sehr deutlich signalisieren: „Du hast das Display nicht anständig gereinigt vorher, bist eh zu doof für solche trivialen Tätigkeiten und überhaupt: selber schuld!”

Vor einigen Monaten fiel mir tatsächlich das Smartphone auf einem U-Bahn-Bahnhof hinunter und es hatte Abplatzungen, eher Abschürfungen, unten in der Ecke – trotz des wirklich sehr robusten Oben-Drauf-Chassis. Wie es manchmal so ist, der dümmste anzunehmende Aufprall passiert nämlich auch. Die Art der Abplatzungen haben mich davon überzeugt, dass das der blödeste Schaden ever sei: zwar kleinflächig aber an Folie und darunter liegendem Display. Ich ärgerte mich, war aber dennoch sehr froh über meine vorher getroffenen Schutzmaßnahmen, denn der Sturz wäre sonst maximal blöder ausgegangen. Für das iPhone. Und für mich.

Mit der Zeit zogen sich von dieser Display-Verletzungsecke zwei größere Glasbrüche über das Display. Irgendwie fühlbar, was eigentlich für Schaden an der Folie, nicht am Display sprach – aber irgendwie auch nicht fühlbar. Ein Gravis-Akkustausch-Sonderangebot konnte ich deswegen im letzten Jahr leider nicht in Anspruch nehmen, denn die machen das nicht, wenn das Display kaputt ist. Natürlich hatte ich Hoffnung, es sei gar nicht das Display kaputt, sondern die Folie – traute mich aber nie darunter nachzusehen, denn noch funktionierte das Display einwandfrei. Die Sorge, dass es doch Schaden genommen hatte und dies nicht mehr so sein könnte hinterher, die Folie den Schaden quasi im Rahmen hielt, war groß.

Zwischendurch hatte ich mir YouTube-Tutorials angeguckt, ob man so ein Display selbst austauschen könnte. Die Idee ab Minute Fünf ungefähr wieder im Einklang mit meinem inneren Frieden und mit viel Selbstfürsorge ad acta gelegt. Mail-Schriftverkehr mit dem besten Freund signalisierte die Richtigkeit dieser Entscheidung, denn selbst er, der Bastler vor dem Herren, hat Displayaustausche für seine Technik (und die seiner Familienmitgliedersmartphones) mittlerweile auch abschlägig beschieden. Für den Weltfrieden. Vorrangig seinem.

Bei manchen Dingen soll man wirklich Profis ranlassen – und diese angemessen dafür bezahlen. Habe ich vor vielen vielen Jahren einmal beim Dielenabschleifen gelernt. Display-Austausch bei 80%ig verklebten Smartphone-Modellen gehört eindeutig dazu. Und lasst Euch nicht von vollmotivierten Technik-Youngstern auf YouTube und deren geiler voll motivierenden Mukke im Clip etwas anderes erzählen.

Gestern war ich am Alex unterwegs und wollte eigentlich über das Nikolai-Viertel nach Hause gehen, weil ich dort etwas besorgen wollte, was ich dann aber schon vorher am Hackeschen Markt auf dem Markt einkaufen konnte. Was ich aber beim Zurücklegen der einen S-Bahn-Stationstrecke prompt wieder vergessen hatte. Außerdem hat das Decathlon am Alex eine passable halbwegs öffentliche Toilette. Und: täglich eine Stunde laufen! Vom Alex zu meiner Docking Station sind es – sehr gemütlich gelaufen – 30 Minuten.

Also war ich am Alex in der Passage und dort gibt es einen Smartphone-Schnellreparateur und sonstige Dienstleistungen rund um kleine dünne Geräte anbietenden Dienstleister. Habe ich mir in einem mutigen Moment beim vorbei gehen gesagt, „Da gehste jetzt hinein und fragst, was ein Display-Austausch bei denen kosten würde.”

Bin ich also hinein gegangen, habe nach sehr kurzer Wartezeit und einem verfolgten Gespräch mit einem Kunden, dessen neueres und größeres Smartphone nicht durch eine Folie und Chassis geschützt wurde und interessanterweise genau die gleiche Eck-Abplatz-Problematik hatte, wie mein Smartphone nach dem Sturz – er ging dann, nicht ganz glücklich über die finanziellen News, die er erhalten hatte – mein iPhone auf den Tisch gelegt.

„Was ist das für ein Modell?”
„Keine Ahnung, 6 oder 7.” (So bin ich mittlerweile verkommen in technischen Fragen.)
„Hm, beim 7er ist die Kamera größer, meine ich. Kann ich es auspacken?”
„Klar!” (Im innerlichen Hintergrund tiefe Sorge, dass das Rausholen aus dem Chassis [Druck] mehr Ärger am Display anrichtet.)
„Hm, sind Sie sicher, dass das nicht nur die Folie ist, die kaputt ist?”
„Naja, hatte ich anfänglich gehofft – aber die Brüche?
„Nun, die Folie ist ja auch Glas, Panzerglas … soll ich sie einmal abnehmen und nach gucken?”
„Hm … na guuuuut.” (Jetzt riesengroßetiefe Sorge im innerlichen Hintergrund, dass nun alles vorbei ist.)

Der Dienstleister fummelte die alte Folie ab, wobei fummeln nicht der richtige Ausdruck ist. Es walteten schon leichte Kräfte. Zeigte mir (m)ein iPhone mit einem völlig intakten Display.

„Boah, da fällt mir aber gerade ein Stein vom Herzen! Sie versüßen mir ehrlich den Tag!”
Er nickt still, routiniert verständnisvoll.
„Möchten Sie eine neue Folie?”
„Sehr sicher!”

Er holte die passende Folie, reinigte das Smartphone sehr sorgfältig, klebte die Folie perfekt und ohne jeglichen Lufteinschluss auf. Ich guckte ihm wahnsinnig bewundernd dabei zu, was er natürlich nicht sah, verkniff mir ihn laut dafür zu bewundern, denn ich trug Sorge, er könnte sich leicht veräppelt fühlen. Dann bezahlte ich zehn Euro und ging innerlich ein wenig glücklich angeregt nach Hause.

Zu Hause dem besten Freund der Welt gleich eine Dankes-E-Mail wegen den damaligen Hüllen-Tipp geschrieben.

Also: Nutzt Eure Smartphones nie ohne Panzerglas-Folien! Zehn Euro beim Dienstleister sind immer günstiger als alles, was schlimmstenfalls danach kommt. (Ich hatte damals für das Chassis und Folie auch nur einen Zehner bezahlt, mittlerweile ist es noch günstiger geworden.) Beim Smartphone-Kauf gleich mit kaufen! Smartphones nie ohne so eine Folie verschenken.

Die. Dinger. Sind. Wirklich. Sinnvoll.

2019-01-03

Shiina ist neun Jahre alt!



Die hübsche kleine Katze hat bekanntlich am 1.1.2010 Geburtstag und dieses Jahr hat sie ihren Ehrentag hier erstmals ausgiebig als Einzelkatze zelebrieren dürfen. Seit knapp zehn Monaten hatte sie hier nun das Zepter in der Hand – und natürlich hat sie sich dementsprechend entwickelt.



Der Fokus liegt hundertprozentig auf mir … äh … ihr! Zweihundertpozentig auf mir, wenn sie Hunger hat. Das potenziert sich ins Unermessliche, wenn sie Hunger hat (also fast immer) und zudem die Essenszeit heran gekommen ist. Neben mir ist ihre große Liebe: Futter. Diese Liebe – und natürlich das etwas angestrengte Leben zuvor durch die zwangsläufige räumliche Trennung hier – hat sie schon etwas sehr … nun sagen wir höflich: knuffig werden lassen. Unter dem Fell. Als mir im letzten Mal beim Blick in ihren Impfpass aufgefallen ist, dass sie nun doch auch schon acht Jahre alt war (irre, wie die Zeit vergeht!), war mir klar, dass wir jetzt die Diätbremse ziehen müssen. Dem Herzchen zuliebe, der Gelenke zuliebe. Und Diabetes (wegen Adipositas) bei der Katze kann ich mir nicht leisten, davon abgesehen: soweit kommt's noch!

Nun ist sie seit Oktober auf Diät – und ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die uns hierbei (und vorher schon) so herzlich mit tollen Futterspenden unterstützen. Shiina empfiehlt an dieser Stelle übrigens von Animonda Integra Project Adipositas, das es in fünf oder sechs unterschiedlichen Sorten im Fachhandel gibt. Kein Getreidegedöns, sie frisst es gerne. Auf mich macht es einen guten Eindruck. Ihr Fell sieht gut aus (da habe ich mit dem Adipositas-Futter von Firmen, die hochpreisig über den Tierarzt vertrieben werden, leider andere, also teurere und schlechtere Erfahrungen gemacht.) Und: sie nimmt wirklich damit ab. Nicht zu schnell, was bei Katzen fatal wäre. Also, sie, wir sind da auf einem guten Weg. (Ich auch, ich habe beschlossen jetzt erst einmal täglich eine Stunde laufen zu gehen. Mindestens. Wenn ich schon nicht gut joggen kann gerade, dann wenigstens das. Das lässt sich auch im Alltag gut integrieren – und man soll eh viel raus im Winter, Sonne tanken.) Sie jedenfalls bewegt sich schon etwas mehr hier und da – allerdings ist ihre Lieblingsposition immer noch beim Spielen auf dem Rücken. Und das auf dem Bett.

Die weiß schon, was so richtig gut ist.

Ansonsten ist Shiina sehr anhänglich und sehr glücklich als Einzelkatze. Sie liebt die Tatsache, dass sie die ganze Wohnung für sich hat. Sie kommt abends ins Bett eine Runde schmusen …



… und zieht sich dann auf ihren Schrank zurück zum Schlafen.



Sie ist die Katze mit der höchsten Kratzbaumquote in Berlin, sie ist die Katze mit den meisten Liegkissen – die nur für sie hier überall rumliegen – weltweit.



Sie liebt ihren Balkon …



… und es gibt irgendwie einfachere Dinge in dieser Wohnung mit dieser Katze, die man tun kann, als Leberwurstulle zu essen (essen zu wollen).



Es gibt zwei Dinge, die sie sehr doof findet. Den Nachbarkater. (Er sie nicht.) Und den Staubsauger. Sie genießt die Aussicht auf Möwen-TV auf der einen Fensterseite und Eichhörnchen- und Krähen-TV auf der Balkonseite der Wohnung.



Überhaupt TV, seit meine Röhren-TVs den Geist aufgaben im letzten Jahr und hier gebrauchte Flach-Screens eingezogen sind, guckt sie mit großer Begeisterung Tier-Dokumentationen und mit ultragroßer Begeisterung, so mit sich aufrichten und sehr aufmerksam guckend, diese sonntägliche Sendung „Tiere suchen ein Zuhause”. Ich wünschte, sie könnte telefonieren. Ich würde sie glatt bei ihrem neuen Lieblingshaustier anrufen lassen.



Silvester hat sie nun auch als Einzelkätzchen völlig kalt gelassen. Sie schlief gelassen in ihrem Kratzbaum und interessierte sich eigentlich nur für die Gerüche, die das Raclette verströmte. Der einzige Moment in dem sie so etwas wie Besorgnis, gar Angst zeigte, war um 00:00 Uhr als ich ihr natürlich ein Geburtstagsständchen gesungen hatte. Offensichtlich singe ich zum Gruseln schön.

Ich hoffe sehr, sie bleibt mir noch lange Jahre. Nun ist sie die letzten Tage ausgiebig mit Garnelen verwöhnt worden. Und Rindfleisch. So praktisch, wenn man Geburtstag hat kurz nach den Feiertagen.

2018-12-31

Ein gesundes, gesundes, gesundes, fröhliches, wundervolles neues Jahr 2019!

Kein großer Jahresrückblick hier. Es war im Vergleich zu vergangenen Jahren ein sehr gutes Jahr, eines, das sich ein wenig nach frei strampeln auf vielen Ebenen angefühlt hatte. Erkennen, das Gefühl zu haben, es geht doch noch voran. Die Zuversicht hatte ich fast verloren geglaubt. Sie klopft öfter zaghaft an. Und ich konnte Dinge durchstehen ohne aus der Bahn geworfen zu werden. Habe über mich gelernt. Habe auf mich aufgepasst. Begriffen.

Tally verloren. Und für immer behalten. Wie auch Nishia. Lino. Terry. Gigi. Dali. Mickey. Susi. Sweety.

Ich möchte mich bei Euch allen bedanken, die ihr mir Freunde wart in diesem Jahr. Unterstützer. Handreicher. Freudebringer. Lachsponsoren. Spaßmacher. Zeitvertreiber. Humorspender. Denkantreiber. Wiedersprecher. Aushalter. Beimirbleiber. Geschenkbringer. Sorgenvertreiber. Die Besten!

Euch allen da draußen wünsche ich ein wundervolles neues Jahr! War das alte Jahr gut zu Euch, dann nehmt alle Freude mit hinüber. War das alte Jahr schlecht zu Euch, dann macht die Tür höflich aber bestimmt zu und öffnet die neue Tür mit Zuversicht und Vorfreude.

Es ist alleine unsere Aufgabe dieser Welt Liebe und Herzenswärme zu schenken und Dinge ins Positive zu bewegen! Passt auf Euch auf, drückt Eure Lieben, baut Eure Wünsche, gestaltet Eure Träume, lebt Eure Gedanken!

Auf ein wundervolles gemeinsames 2019!

2018-12-18

Ein Tag.

Gestern fast den Arzttermin verschlafen. Weil der übliche Dienstagstermin auf einem Montag lag. Böse Sache. Ich lasse mir immer gerne die frühesten Arzttermine geben. Einfach, weil ich mir in der Krankheit gerne die Tage früh beginnen lasse, das unterscheidet mich von vielen anderen mit der gleichen Diagnose. Nun, die Nacht vorher sehr schlecht geschlafen, von der Katze zu früh geweckt worden, dann noch einmal unter die Decke gekrabbelt – bis mich der Blitz um 08:30 Uhr durchfuhr: „HEUTE ist der 17.12.!!!”

Binnnen 20 Minuten: geduscht, geschminkt, angezogen, los gedüst. Dann zehn Minuten nach 9:00 Uhr im Wartezimmer gesessen. Dort meinen ersten Kaffee bekommen. Zum Glück. (Hier im Wartezimmer gibt es Kaffee und Wasser für etwaige lange Wartezeiten, manchmal sogar Kekse.) Die Ärztin sah abgespannt aus, hörte sich den üblichen Statusbericht an, gab mir hinsichtlich meiner Schlafstörungen noch ein paar Tipps zur Schlafhygiene und verwies (das scheint die neue ärztliche Moderne) auf das Internet zum Thema. Mit der Krankschreibung stand ich zehn Minuten später wieder vor der Tür.

Es galt noch ein Geschenk im schwedischen Albtraumkaufhaus zu besorgen, also die günstige Verkehrsanbindung ab Praxis ausgenutzt und nach Tempelhof gefahren. Dort gefrühstückt. Progressiv habe ich mich an den Tisch einer einzelnen älteren Dame gesetzt. Ich beobachte das häufig dort. Ältere Menschen trinken (vermutlich mit der Ikea-Familycard) kostenlos Kaffee, denn sie sitzen meist nur vor einem Kaffee. Die Dame freut sich über meine Anwesenheit. Ich überlege, ob ich sie auf den „nur Kaffee” ansprechen soll und sie auf einen Frühstücksteller einladen soll … und traue mich nicht. Vielleicht hätte sie sich gefreut (die Geste!), vielleicht hätte sie es übergriffen gefunden? Der Mut ist nicht immer mit mir. Sie sitzt zugewandt dem Kommen und Gehen zu den Kaffeemaschinen, aufmerksam. Offensichtlich sitzt sie da, um Menschen zu gucken. Und spricht mich an, als eine dunkelhäutige schöne Frau sich einen Kaffee holt und findet sie interessant. Mich hielt sie, sagt sie, aufgrund meiner Statur für eine Norwegerin (die sieht man bekanntermaßen öfter in Berlin bei Ikea) und erklärt mir, sie selbst sei Griecherin.

Man kann von Ikea denken und halten, was man will. Aber im Restaurant habe ich durchaus immer wieder herzliche und berührende Begegnungen. Auf alle Fälle werde ich das Konzept „Kaffee trinken bei Ikea im Alter” im Hinterkopf behalten.

Ich ergattere das gewünschte Geschenk, ein paar Kerzen im Familycard-Angebot. Die Maßnahme hatte mich kürzlich gelehrt Kerzen selbst zu gießen. Eine netter Zeitvertreib, natürlich braucht's Wachs dazu. Insofern sind (auch schon eingefärbte) Kerzen im Angebot ein sehr sinnvolles Angebot für mich. Ein paar Becher kommen mit. Entdecke hier Dinge, die ich in den Wagen packe und später wieder auspacke. Der übliche Gang der Ikea-Dinge …

Auf dem Bahnhof ergattere ich die letzte S-Bahn bevor wegen Polizeieinsatz bedingter Fahrplanunregelmäßigkeiten laut Anzeige ganz lange wieder keine S-Bahn kommen soll und erreiche mein Zuhause. Dort greife ich mir die erste Lage verpackter Weihnachtspost und schicke tapfer kleine Weihnachtsgrüße in die Welt. (Menschen in meiner Situation hadern immer etwas mit dem Porto im Dezember.)

Ein kleiner Einkauf beim Discounter neben der Paketannahmestelle, dann schleiche ich mich zurück nach Hause, sage den Nachmittagstermin ab und versacke etwas auf dem Sofa. Die Erkältung fordert immer noch ihren Tribut und der eine Moment mit einem Kaffee in der einen Hand, den Katzenbauch in der anderen Hand bei Kerzenschein, das ist gehobene Seelenhygiene. Später packe ich weiterhin Geschenke ein, verschließe das letzte große Paket mit dem Gefühl die Geschenke sind nicht schön genug, toll genug, genug genug, das heute noch zur Post will. Schreibe die eine und andere Karte, räume hin und um und auf.

Zum Abendessen gibt es grünen Salat mit einer Vinaigrette mit von mir selbst angesetzten Dattelessig und von mir selbst gebeizten Lachs, beides ist sehr gut geworden – was mich natürlich ungemein freut.

Ich habe diese Weihnachten zwar Stollen gebacken aber immer noch keine Kekse.

Die eine Ursache meiner Krankheit lässt mich unzufrieden sein, weil ich zwei Termine nicht geschafft habe, wie von mir geplant. Die Therapie hinsichtlich meiner Krankheit klopft mir indes zufrieden auf die Schulter, weil ich (und echt, ich kann's nicht mehr hören) auf mich geachtet habe.

Und doch habe ich das Gefühl alles geht mir ein Stück leichter von der Hand, kann ich besser aushalten als in den letzten vergangenen Jahren. Ein Gefühl, wie ein kleiner gülden leuchtender Strohhalm.

Ich möchte Euch allen danken, die hier in diesem Blog und in diesem Internet mit mir die letzten Jahre gemeinsam gegangen sind. Mich gefangen haben, gehalten haben, unterstützt haben, mich geweckt haben, ausgehalten haben, toleriert haben. Das hat großes und gutes Gewicht in meinem Leben: Dankeschön!