2018-12-18

Ein Tag.

Gestern fast den Arzttermin verschlafen. Weil der übliche Dienstagstermin auf einem Montag lag. Böse Sache. Ich lasse mir immer gerne die frühesten Arzttermine geben. Einfach, weil ich mir in der Krankheit gerne die Tage früh beginnen lasse, das unterscheidet mich von vielen anderen mit der gleichen Diagnose. Nun, die Nacht vorher sehr schlecht geschlafen, von der Katze zu früh geweckt worden, dann noch einmal unter die Decke gekrabbelt – bis mich der Blitz um 08:30 Uhr durchfuhr: „HEUTE ist der 17.12.!!!”

Binnnen 20 Minuten: geduscht, geschminkt, angezogen, los gedüst. Dann zehn Minuten nach 9:00 Uhr im Wartezimmer gesessen. Dort meinen ersten Kaffee bekommen. Zum Glück. (Hier im Wartezimmer gibt es Kaffee und Wasser für etwaige lange Wartezeiten, manchmal sogar Kekse.) Die Ärztin sah abgespannt aus, hörte sich den üblichen Statusbericht an, gab mir hinsichtlich meiner Schlafstörungen noch ein paar Tipps zur Schlafhygiene und verwies (das scheint die neue ärztliche Moderne) auf das Internet zum Thema. Mit der Krankschreibung stand ich zehn Minuten später wieder vor der Tür.

Es galt noch ein Geschenk im schwedischen Albtraumkaufhaus zu besorgen, also die günstige Verkehrsanbindung ab Praxis ausgenutzt und nach Tempelhof gefahren. Dort gefrühstückt. Progressiv habe ich mich an den Tisch einer einzelnen älteren Dame gesetzt. Ich beobachte das häufig dort. Ältere Menschen trinken (vermutlich mit der Ikea-Familycard) kostenlos Kaffee, denn sie sitzen meist nur vor einem Kaffee. Die Dame freut sich über meine Anwesenheit. Ich überlege, ob ich sie auf den „nur Kaffee” ansprechen soll und sie auf einen Frühstücksteller einladen soll … und traue mich nicht. Vielleicht hätte sie sich gefreut (die Geste!), vielleicht hätte sie es übergriffen gefunden? Der Mut ist nicht immer mit mir. Sie sitzt zugewandt dem Kommen und Gehen zu den Kaffeemaschinen, aufmerksam. Offensichtlich sitzt sie da, um Menschen zu gucken. Und spricht mich an, als eine dunkelhäutige schöne Frau sich einen Kaffee holt und findet sie interessant. Mich hielt sie, sagt sie, aufgrund meiner Statur für eine Norwegerin (die sieht man bekanntermaßen öfter in Berlin bei Ikea) und erklärt mir, sie selbst sei Griecherin.

Man kann von Ikea denken und halten, was man will. Aber im Restaurant habe ich durchaus immer wieder herzliche und berührende Begegnungen. Auf alle Fälle werde ich das Konzept „Kaffee trinken bei Ikea im Alter” im Hinterkopf behalten.

Ich ergattere das gewünschte Geschenk, ein paar Kerzen im Familycard-Angebot. Die Maßnahme hatte mich kürzlich gelehrt Kerzen selbst zu gießen. Eine netter Zeitvertreib, natürlich braucht's Wachs dazu. Insofern sind (auch schon eingefärbte) Kerzen im Angebot ein sehr sinnvolles Angebot für mich. Ein paar Becher kommen mit. Entdecke hier Dinge, die ich in den Wagen packe und später wieder auspacke. Der übliche Gang der Ikea-Dinge …

Auf dem Bahnhof ergattere ich die letzte S-Bahn bevor wegen Polizeieinsatz bedingter Fahrplanunregelmäßigkeiten laut Anzeige ganz lange wieder keine S-Bahn kommen soll und erreiche mein Zuhause. Dort greife ich mir die erste Lage verpackter Weihnachtspost und schicke tapfer kleine Weihnachtsgrüße in die Welt. (Menschen in meiner Situation hadern immer etwas mit dem Porto im Dezember.)

Ein kleiner Einkauf beim Discounter neben der Paketannahmestelle, dann schleiche ich mich zurück nach Hause, sage den Nachmittagstermin ab und versacke etwas auf dem Sofa. Die Erkältung fordert immer noch ihren Tribut und der eine Moment mit einem Kaffee in der einen Hand, den Katzenbauch in der anderen Hand bei Kerzenschein, das ist gehobene Seelenhygiene. Später packe ich weiterhin Geschenke ein, verschließe das letzte große Paket mit dem Gefühl die Geschenke sind nicht schön genug, toll genug, genug genug, das heute noch zur Post will. Schreibe die eine und andere Karte, räume hin und um und auf.

Zum Abendessen gibt es grünen Salat mit einer Vinaigrette mit von mir selbst angesetzten Dattelessig und von mir selbst gebeizten Lachs, beides ist sehr gut geworden – was mich natürlich ungemein freut.

Ich habe diese Weihnachten zwar Stollen gebacken aber immer noch keine Kekse.

Die eine Ursache meiner Krankheit lässt mich unzufrieden sein, weil ich zwei Termine nicht geschafft habe, wie von mir geplant. Die Therapie hinsichtlich meiner Krankheit klopft mir indes zufrieden auf die Schulter, weil ich (und echt, ich kann's nicht mehr hören) auf mich geachtet habe.

Und doch habe ich das Gefühl alles geht mir ein Stück leichter von der Hand, kann ich besser aushalten als in den letzten vergangenen Jahren. Ein Gefühl, wie ein kleiner gülden leuchtender Strohhalm.

Ich möchte Euch allen danken, die hier in diesem Blog und in diesem Internet mit mir die letzten Jahre gemeinsam gegangen sind. Mich gefangen haben, gehalten haben, unterstützt haben, mich geweckt haben, ausgehalten haben, toleriert haben. Das hat großes und gutes Gewicht in meinem Leben: Dankeschön!

1 Kommentare:

creezy hat gesagt…

@Tilla
Ach, ich Dich auch. Janz dolle! :-)

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