2019-07-09

A night in Tunis!

Disclaimer: Presse- bzw. Influencerreise – Ich durfte auf Einladung des Fremdenverkehrsamtes Tunesien und mit Sponsoring von FTI Touristik eine knappe Woche lang entlang dem Golf von Hammamet, die Küste Tunesiens bereisen.



Sehr früh bin ich aufgestanden, um mit etwas Sicherheitspuffer von Berlin nach Frankfurt zum Flughafen mit der Deutschen Bahn zu fahren. Den Zug um 06:30 Uhr morgens habe ich bekommen (etwas naiv in dem Glauben, er würde wie beim letzten Mal von den unteren Gleisen im Berliner Hauptbahnhof abfahren, daher mit leichtem Schreckensmoment.) Der Zug fährt dann 15 Minuten später ab, weil der Zug mit dem Zugführer aus Hamburg Verspätung hat. Anscheinend die neue Standarderklärung der Deutschen Bahn bei Verspätungen …

Unsere Truppe findet sich am Schalter von TunisAir in Frankfurt und kurze Zeit später befinden wir uns in der Luft – auf in ein neues Reiseabenteuer (dank liebervoller Vermittlung von Claudia Klinger) für mich: Nordafrika. Tunesien.



In Tunis Kathargo am frühen Nachmittag – nach einem wunderschönen Einflug – gelandet – ein innenarchitektonisch durchaus ansprechender und interessanter Flughafen



– nach üblichem Geldwechselgedöns und Debatte hier und dort und warten auf den Fahrer, gönnen wir uns einen sehr leckeren ersten Café. Ach, was Koffein so alles Gutes bewirken kann!

Tunis, die Hauptstadt Tunesiens zählt etwas über eine Million – mitsamt dem gesamten Speckgürtel gute zwei Millionen Einwohner. Hauptstadt ist Tunis seit 1159.

Die Hauptindustrien rund um Tunis sind die Olivenöl-, Textilien- und Teppich-Produktion.

Kurze Zeit später kommen wir in unserem Hotel in Tunis an: Das Hotel Laico Tunis ist eines der mondänsten Hotels in Tunesiens Hauptstadt. Mittlerweile vollkommen neu restauriert und umbenannt, hatten im Hotelvorgänger „Abu Nawas” schon Michael Jackson und Mariah Carey übernachtet.

Hotel Laico Tunis – dieses Hotel mit erstaunlicher Architektur liegt mitten im Herzen von Tunis und offeriert einen Blick über „den See von Tunis” (al-Buḥaira/El Bahira, Lac de Tunis). Der Lagune zwischen der tunesischen Hauptstadt und dem Mittelmeer. Das historische Zentrum von Tunis, die Medina, liegt ca. 18 Kilometer entfernt, der Zoo 15 Kilometer ebenso der Bahnhof von Tunis. Vom Flughafen waren wir ca. 15 Minuten unterwegs. Außenpool, Dachpool, Sauna und Fitnessräume warten auf uns.

Das Hotel der Fünf-Sternekategorie hat eine unfassbar imposante Hotelhalle und ist anscheinend auch heute noch die In-Adresse: am Pool wird gerade für die tunesische Version von Tunesiens next Topmodell gecastet, was die Anwesenheit vieler besonders schöner und sehr schlanker Damen in dem Hotel erklärt. Auch eine offensichtlich relevante Sportlermannschaft in roter Trainingsklamotte scheint sich hier auch auf ein Spiel vorzubereiten – was wiederum die Anwesenheit vieler junger attraktiver sportlicher Herren erklärt.

Die Sicherheitsbemühungen im Hotel sind sehr groß. Nicht nur unser Auto wird auf etwaige Bomben untersucht. Auch unser Gepäck muss hier durch die übliche Kontrolle, wie auch wir müssen durch den Scanner. Auch beim Verlassen des Hotels – in ganz Tunesien ist so etwas mittlerweile Standard.



Zur Begrüßung serviert man uns in der Lobby meine erste Citronade Tunisienne – die kennt Ihr bereits! Mein Zimmer ist groß, sauber und das Bett riesig! Riesig ist noch untertrieben. Das scheint sich übrigens später als ganz besonderer Charme von tunesischen Hotelbetten herauszustellen: ihre Breite scheint grenzenlos!





Meine Aussicht aus dem Fenster über Tunis und teilweise die Lagune ist beeindruckend. Nach einem kurzen Aufenthalt in unserem Zimmer treibt es uns hinaus in die Nacht in Tunis.



Das Hotel Laico liegt nicht sehr weit entfernt von der Medina – der Altstadt von Tunis, die übrigens als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet ist. Durch diese wandern wir nach kurzem Transit mit unserem Bus ein Stück zu Fuß zur blauen Stunde. Wir starten dabei auf dem Place du Gouvernement (Foto oben) und am Finazministerium vorbei Richtung Rue Dar el Jeld.



Alles ist erstaunlich ruhig – es ist der erste Tag nach den Feierlichkeiten zum Ende des Ramadams – die Luft scheint ein wenig raus zu sein.



Wir schlendern durch die Straßen der Medina und ich – Enkeltochter eines Kunstschmieds – bin sehr fasziniert und beglückt zugleich über die schmiedeeiserne Kunst, die sich hier an den Türen oder Häusern vielfältig zur Schau stellt. Kunstvoll geschmiedetes Eisen übt auf mich immer eine große Faszination aus.





Eigentlich sind wir eingeladen in den legendären Räumen des über die Stadtgrenzen von Tunis bekannten Palastes und gleichnamigen Restaurant „Dar e Jeld” unser erstes tunesisches Abendessen zu genießen.

Doch hier hat uns das nicht immer planbare Ende des Ramadam einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Iman hatte in diesem Jahr nämlich die Mondsichel als noch nicht perfekt genug gedeutet und das Ende fast zwei Tage nach hinten datiert. Und dann werden Feiertage halt kurzfristig verschoben. Was – wie ich finde – durchaus seinen besonderen Charme hat. Wenn es nun auch für uns bedeutete: Das Restaurant ist geschlossen.



Somit wird uns unser Abendessen in den historischen Räumen des neben dem Restaurant liegenden wunderschönen Hotels „Dar el Jeld Hotel und Spa” serviert.



Das Spa-Hotel ist auch in der Fünf-Sternekategorie dotiert. Ab € 135,—/Nacht verbringt man seinen Aufenthalt in Tunis in den hell gestalteten Suiten und Spa-Bereich in völliger Ruhe – mitten in der sonst lebhaften Altstadt.



Gerade wer sich für das althistorische Tunis mit seinen Moscheen und Archäologie interessiert, wohnt hier genau richtig. Ich würde hier sofort übernachten wollen – das Hotel in diesen alten Palastgemäuern, so modern es restauriert ist, hat eben echten orientalischen Charme und ist modern, dennoch sehr orientalisch ursprünglich gestaltet. Man fühlt sich sofort willkommen. Ein wunderschöner Urlaubsplatz!



Wer hier nicht übernachten kann, der sollte wenigstens im Restaurant „Dar el Jed – The Roof Top Bar and Restaurant” dinieren – hier wird sehr ursprüngliche tunesische Küche in einem wunderschönen Ambiente serviert.



Wir werden so sehr herzlich zum Abendessen im „Dar El Jed” begrüßt. Zunächst genießen wir die Aussicht über die Medina von Tunis bei Nacht – und fühlen uns sofort wie im Urlaub, gar nicht wie auf einer Pressereise, die nun ein Stück Arbeit und Anstrengung immer auch ist. Es ist, als wäre ab jetzt der Schalter umgelegt: Tunesien, der Zauber seiner warmen Sommernächte und die Freundlichkeit seiner Menschen hat uns ad hoc gefangen genommen.



Unser, mein erstes, tunesisches Abendessen ist grandios. Der Restaurantchef Riadh Ferchichi, sein Team und Küchenchef Yasser Belhassine verwöhnen uns sehr.



Nach dem H’ors d’euvre, Gemüsesticks mit einer Olivenpaste und frischem ganz feinen Humus, serviert man – den meisten von uns – das allererste Brick (hier ein Brick César) unseres Lebens!



Brick ist ein sehr dünn ausgerollter Weizenteig, Malsouka. Es ist kein Blätterteig, auch kein Yufka-Teig, wie man erst annehmen könnte, eher eine Art Reispapier. Ebenso hauchdünn, jedoch aus Weizenmehl. Der runde Teigfladen wird an seinen Seiten mehrfach umgelegt und mittig mit einer Füllung und einem frischen Ei gefüllt, wird dann zu einem Dreieck umgeklappt und frittiert in der Pfanne.

Das Eigelb vom Ei soll sich idealerweise beim Essen noch flüssig mit der Füllung verbinden. Fantastisch. Die Füllungen können jeweils fleisch- oder fischhaltig sein oder nur aus Gemüse oder Käse bestehen. Also, wenn Euch jemals ein Brick angeboten wird: niemals ablehnen! Ich bin sehr dankbar für diese sehr feine Begegnung mit so einem unscheinbaren und dann fantastischen Stück Essensglück. Und das werde ich sehr sicher nachmachen.



Es folgen viele wundervolle Vorspeisen, ein Meeresfrüchtesalat, pikant angemachte Garnelen und Muscheln, Harissa – natürlich –



… und saftige Tartes aus Zuccini. Ich wähle als Hauptgang (also wir fast alle) „Souris d’agneu confit et son couscous” – eine in einem süßlichen Sud aus Mandeln und Aprikosen confierte Lammkeule mit Couscous.



Wir sind uns alle einig: die zartestes Lammkeule, die wir je gegessen haben. Der Couscous ganz luftig, die Soße herzhaft mit angenehmer Süße. Wahnsinnig gut! Begleitet von Weinen aus Tunesien – die man übrigens wirklich probieren sollte. Es wird in den nächsten Tagen kein Tag verstreichen, ohne dass nicht wenigstens einer von uns von dieser wundervollen Lammkeule schwärmen wird.



Zum Dessert wird uns alles serviert, was wir unbedingt kennenlernen sollen – frische kalte Früchte, Kuchen u. a. mit Pistazien, sehr feine Crèmes, die mit Orangen- bzw. Rosenwasser parfümiert sind und mit Pistazienhauben serviert werden.



Das Essen ist wirklich fantastisch und es ist der perfekte Auftakt für unsere sehr schöne Reise am Golf von Hammamet entlang, die wir die kommenden Tage gemeinsam unternehmen werden.


Hotel Laico Tunis
Avenue Mohamed V 355 1080 Tunis
Deluxe-Zimmer mit Frühstück ab 103,— Euro

Restaurant Dar El Jed „Roof Top”
Rue Dar El Jeld 1006 Tunis

Dar El Jed Hotel und Spa
Rue Dar El Jeld 1006 Tunis Tunesien
Junior-Suite ab 135,— Euro

2019-07-08

Wollt Ihr auch mal ZIPLine fliegen?

So ganz relaxt vom Schreibtischstuhl aus? Dann hier entlang … die reizende Anja Thys hatte während unserer Reise in allen möglichen und unmöglichen Situationen unsere Reisemomente gefilmt und mittlerweile schon teilweise auf ihren YouTube Channel „Ophelia Talks” online gestellt.

Die tapfere Frau hatte auch den Nerv den Lago Maggiore ZIPLine-Flug komplett zu filmen. (Natürlich kann man sich an der Kasse auch Kameras ausleihen, die man mit einem Stativ befestigen kann, so dass man sich auch selber filmen kann. Haben wir nicht gemacht, hatten ja Anja dabei.) Also, wenn Ihr ihren (und Maias) Flug miterleben möchtet hier entlang:



(Moviecredits by Anja Thys aka Ophelia Talks)

Die Leute, die im Film dann nach ihr einschweben, das bin ich rechts, links Roberto. Und … das war so großartig! Dafür, dass ich es vorher nie tun wollte, würde ich es sofort wieder tun! :-)

2019-07-03

Mein zweiter Vorname ist …

Ein „Mitbringsel” meiner Diagnose sind die sogenannten Tenderpoints. Druckpunkte, die sonst nix tun in der Sache – aber wenn man sie dann professionell ärzteseitig drückt und man dank des aus diesem Druckpunkt resultierenden Schmerzes durch die Decke gehen möchte, ist die Sache relativ sicher.

Einige dieser Punkte hatte heute mein Physiotherapeut Christo (oder Kristo) im linken Bein gedrückt. Mehrfach.

Ab sofort könnt Ihr mich auch Schmitz‘ Katze nennen.

Von „geht durch wie Schmitz‘ Katze”. Halleluja!

Aber ich will nicht klagen, drückt man da nicht mehr drauf, flaut der Schmerz relativ zügig wieder ab. Wenn ich überlege, dass es Menschen gibt, die solche Schmerzen 24/7 haben, kann ich nur feststellen: Bisher wirklich Glück gehabt.

2019-06-30

Erste Male

Ruhig war es hier die letzte Zeit, ich entschuldige mich. Aber ich durfte reisen! Erst nach Tunesien entlang dem Golf von Hammamet. Dann in den Piemont an und rund um den Lago Maggiore. An so wundervolle neue Orte, ich durfte dabei sehr feine Menschen kennenlernen und großartige Dinge tun.

Dinge, von denen ich vor einiger Zeit nicht gedacht hätte, sie jemals zu tun. Aus Gründen: Kein Interesse (mangels Gelegenheit) oder Interesse und dennoch mangels Gelegenheit. Oder einfach weil sie mir passiert sind, ich nicht nachgedacht, sondern einfach getan habe. Oder nachgedacht habe, erst „nein” und dann doch „ja” gesagt habe.

Wenn mich das Versagen meiner körperlichen Aktivität durch die Krankheit in den letzten Jahren etwas gelehrt hat, dann wohl die Dinge zu tun, wenn man sie noch tun kann. Oder aber sehr darum kämpfen, sie wieder tun zu können. Womöglich einen drauf setzen. Habe ich auch getan in dieser Woche. Einen drauf gesetzt.

Ich bin stolz auf mich. Ich wusste gar nicht mehr, wie sich das anfühlt. Gut. Beschwingend. Motivierend.



In Tunesien hatte ich das große Glück immer in Hotel bzw. Hotelanlagen wohnen zu dürfen, die entweder riesige (teilweise sogar mehrere) Pools hatten oder direkt am Meer lagen. Sich morgens um sechs Uhr den Wecker stellen und mit Schwimmbrille ganz alleine mit sich und für sich in dem Pool bzw. im Meer gute stille Bahnen zu schwimmen. Warum fühlt man sich im Wasser so viel lebendiger als am Land? Also mir geht es zumindest so.



Wirklich: stellt Euch doch diesen Pool ganz leer vor – für mich hatte es unfassbaren Charme.



Was für ein Lebensglück! In einem Pool schwamm ich, während die Schwalben um mich herum in der aufsteigenden Sonne ihre Mücken aus dem Poolwasser pickten. In einem anderen Pool flog plötzlich eine Formation Flamingos über mich hinweg. Diese wunderschönen friedlichen einmaligen Momente kann mir nun niemand mehr nehmen.



Auch in Tunesien, als wir den Hafen Port el Kantaoui besuchen, einen erst in 1970 geplanten und gebauten Yacht-Hafen, um den mittlerweile eine eigene kleine Stadt gewachsen ist, sind wir auf der Uferstraße entlang gelaufen, als ein kleiner Falke vor mir landet. In einem Land in dem Falken – auch weil das Falknern dort bekanntermaßen als Sport praktiziert wird – sicher nicht ganz so ungewöhnlich wie jedoch für mich erst in diesem Moment. Man muss sich einfach sortieren, wenn ein Falke vor einem auf der Straße sitzt, wie zu Hause es eine Taube tun würde.

Wenig später erst sah ich den Mann, der eine Vogelstange mit noch einem zweiten Falken an der Straße positioniert hatte und mich aufforderte, den Vogel auf den Arm zu nehmen, Fotos von mir machen zu lassen – höchstwahrscheinlich gegen einen Obolus. Ich lehnte ab. Ich bin ja nicht ganz „vogelfest", war aber dennoch immer bemüht mich dem Thema Vogelphobie zu stellen. Nur Sich mal eben einen Vogel körperlich zu nähern, ist meine Sache so gar nicht!



Wir gingen – ein fantastisches Mittagessen genießen – kamen wieder heraus und plötzlich hatte ich für mich das Gefühl es tun zu wollen, wenn der Mann noch da sein würde. Mir einen Falken auf den Arm setzen zu lassen. Ich erklärte einem, aus unserem wirklich tollen Reiseteam, Mitreisenden Jay F Kay, was mir das bedeuten würde – der dann reizenderweise bei mir blieb und auch die Beweisfotos schoss – und ließ mir einen Falken auf den Arm setzen. Dieser blickte mir sehr weise und gütig ins Gesicht und nahm mich völlig für sich ein – mit seiner Ruhe und Gelassenheit. Der Mann wollte ihn mir auch noch auf die Schulter setzen, aber ich wollte beim ersten Mal nicht gleich übertreiben.

Es war ein ganz besonderer Moment - und den Obolus, dem ich den Mann geben wollte, musste ich ihn erstaunlicherweise fast aufdrängen. Er nahm das Geld erst als ich erklärte, es sei für seine Vögel. Ob nun Höflichkeit, Stolz oder in der Kultur liegend, dass er es nicht wollte – er hat mir auf alle Fälle wieder sehr deutlich gemacht, dass Vermutungen dazu da sind widerlegt zu werden.



Ich hatte einen Falken auf dem Arm. Ein kleiner Falke. Aber ein Vogel voller Schönheit und Stolz und in die Augen eines Falken zu blicken, der dahinter liegenden Tiefe – das ist ein sehr reiches Geschenk von diesem Leben an mich. Ich bin dankbar!

Auf der zweiten Reise an den Lago Maggiore gab es einen Haufen von Dingen, die ich zum ersten Mal getan hatte. Zum Beispiel bin ich E-Mountainbike gefahren, relativ steil bergauf und dementsprechend auch durch das Gelände wieder herunter. Aus Sicht von Profis war es sicherlich nicht allzu steil – für einen Flachländler wie mich, war's schon ordentlich. Und es hat Spaß gemacht. Nun bin ich es ja gewohnt mit meinem Rad und eher schmalen Mänteln großen Steinen oder Sandoasen eher auszuweichen – alles, was man hier so gar nicht tun muss. Die Geschwindigkeit, die man mit einem E-Bike in den Bergen bergab erreichen kann, hat mich schon sehr angefixt. Zwei Wochen dort in dem Gebiet zwei Stunden am Tag Praxis und ich würde mich wohl kaum noch bremsen können – der Spaßfaktor ist sehr groß!

Ich bin an der Lago Maggiore ZIPLine geflogen! Nichts was ich jemals gedacht hätte tun zu müssen, zu wollen und überhaupt … Höhe ist für mich nur etwas, wenn es eine Begrenzung gibt. Ich kann locker in Höhe aus einem Fenster runter gucken und fotografieren, wenn ich dabei nicht nachdenke und wenn ich weiß, ich kann nicht frei fallen, weil es eine feste Umrandung gibt. Aber wenn diese nur so tief ist, dass man auch über sie schnell fallen könnte – oder sie gar nicht existiert – nicht mein Ding!

In der Pressemitteilung stand nun, wir könnten optional ZIPLine fliegen oder weiter E-Mountainbike fahren (oder noch alternativer mit dem Shuttle-Bus runter zur Station fahren) und mir war sehr klar, den Programmpunkt würde ich auf die Alternativen schieben. Aber als wir an der Station unsere E-Bikes entgegen nahmen, wo die Leute nach der ZIPLne wieder einschwebten, wirkte das Ganze … nicht mehr ganz so gruselig. Und auf der Radtour bergauf beschloss ich für mich, das doch zu tun. Viele in unserer Gruppe taten das auch zum ersten Mal. Und wann, wenn überhaupt, würde ich jemals noch einmal die Gelegenheit bekommen, das zu tun? Fast frei gefühlt fliegen?



(Moviecredits: Lovley Anja Thys aka Ophelia Talks)

Durchgezogen. In dem Moment in dem sie einen auf die Waage stellen und den Strampelanzug anziehen, allerspätestens wenn sie einen am Stativ aufhängen, kann man eh kaum noch weg. Die letzten drei Minuten habe ich einfach nicht mehr nachgedacht. Ab dem Moment (wir sind zu zweit liegend geflogen) ab dem sie einen in die Aufhängen hängen und man quasi fest gezogen liegt, wirkt es auch gar nicht mehr so … gruselig.

Erst wieder, wenn man los gestoßen wird. Dann hängt man nämlich 350 Meter über dem nächsten Baumgimpfel, was ziemlich weit unten ist. Die 120 km/h zieht das Gesicht zur glücklich strahlenden Grimasse und ratzfatz wuppt einem das gleiche Gefühl mittenmang ins Herz! Und nach ca. 1800 Metern ist es auch schon wieder vorbei in 1,40 Minuten.

Ich wollte sofort wieder hoch und es noch einmal tun! Und ich hätte wirklich noch vor einer Woche gedacht: mache ich nicht! Nie im Leben! So was von nicht mein Ding.

Und nun so was von jetzt mein Ding!

Wir haben danach übrigens noch einen Campinplatz besucht und so sind wir nach dem Mountainbiken, dem ZIPLine fliegen noch Kajak gepaddelt und schwimmen gewesen. (Ich alles mit der Fibromyalgie – das ist das sehr Gute, wenn man endlich eine Diagnose hat, man weiß wogegen man zu kämpfen hat und kann ein Stück weit besser entscheiden wie. Meine Entscheidung ist einfach wieder mehr in meine alte Körperlichkeit zurück kommen zu wollen, um wieder viel mehr Sport machen zu können!)



Und mit genau dieser Einstellung bin ich – viel langsamer als die anderen erfahrenen Bergsteiger unserer Reisegruppe – am nächsten Tag auf den Berg und … über ihn wieder hinunter. Auch mein erstes Mal in den Alpen gewandert! Wir sind westlich am Lago Maggiore am Pass in Campello Monti eingestiegen und haben dann in zwei Stunden ca. 750 Höhenmeter bewältigt. Die anderen Mitreisenden fröhlich schnell und mit links.



Ich langsam schnaufend mit Pausen aber jedes Mal die tolle Rücksicht genießend! Ich kann mittlerweile wieder gut lange Distanzen laufen, wandern ist mir seit der Diagnose der Sportersatz zum Joggen, was ich noch nicht wieder tun kann. Aber Berlin hat echt nicht viele Berge, dass man in Höhe aufsteigen wirklich gut trainieren könnte. (Vor dem nächsten Mal könnte ich allenfalls ein paar Mal den Kreuzberg mit Gewichten hoch- und runter rennen.)



Oben am Pass dann wieder den alten Handels- und Pilgerweg in das besondere Walserdorf Rimella hinunter gelaufen. Ein einziger Traum – Wiesen, Feldblumen, Schafe, Ziegen, Kühe – alle bimmeln frohlockend, klares Bergwasser, das vom Felsen läuft. Und Sonne satt. Schmetterlinge satt. Und klare Luft. Duftende Luft. Gemähte Wiesen-Duft. Irre!

Auch zum ersten Mal war ich übrigens die älteste Teilnehmerin einer solchen Pressereise.

Ich kann nur dankbar sein. Allen Organisatoren, die einem solche Erfahrungen an fremden Orten ermöglichen, den Mitmachern, die solche Erfahrungen noch bunter, reichhaltiger und fröhlicher gestalten, die unterstützen, relativieren, Partner sind, Hände reichen – das gemeinsame Erleben einer noch anderen Größe zuführen!

tl;dr „Ich habe in zwei Wochen so viele Dinge getan von denen ich nie gedacht hätte, ich würde sie einmal tun und jetzt grinse ich dauerhaft im Kreis.”

2019-06-28

Relationen

Als ich der Fachärztin für Schmerztherapie oder meiner Rheumatologin von den Sportarten erzählte, die ich noch vor drei dreieinhalb Jahren bevor mich der Schmerz heimsuchte, ausübte, sprachen beide von Hypermobilität.

Ich, lustigerweise, nannte das damals nur insgeheim für mich: „Ich mache nicht genug.”

Seit Februar habe ich mit Ernährungsumstellung, wie ich finde, ganz gut abgenommen. Im gemütlichen – also im gesunden Maß. Einige meiner Kleidungsstücke scheinen ebenso zu denken. Ich bin auf einem guten Weg. Seit letzter Woche bilde ich mir ein wieder so etwas wie eine Taille zu entdecken.

Aber dieses Bauchfett … das ist ja wirklich ein äußerst penetrantes Stück anhänglicher Wohlstandsverformung.

2019-06-27

Anschläge in Tunis



Die absolute Sicherheit vor dem Terror kann es nicht geben.

Ich habe in keinem Land so hohe Sicherheitsvorkehrungen erlebt wie in der knappen Woche in Tunesien während meiner Reise den Golf von Hammamet von Tunis hoch nach Monastir vor knapp drei Wochen.

Jedes Hotel, wo wir Gast waren, ist mit Eisenzaun gesichert gewesen. Jedes Fahrzeug wurde beim Passieren dieser Tore von den Wachleuten nach Autobomben untersucht. Teilweise gab es in den Hotels nur Zutritt mit Gepäckkontrolle im Scanner. Und immer waren die Security-Leute dennoch sehr freundlich.

Städte bzw. Teilbereiche in den Städten konnte man mit Kontrolle passieren – an den strategischen Roundabouts standen überall Polizisten, haben oft stichpunktartig kontrolliert. Auch uns.



Die polizeiliche Präsenz überall war bemerkenswert hoch. Dieses Land bemüht sich so offensiv Terror zu vermeiden, sichtlich und mit Vehemenz – nicht nur mit Videoaufnahmen. Dabei immer freundlich, höflich und zuvorkommend!

Deswegen treffen mich diese heutigen Anschläge sehr. Dieses Land hat wirklich Frieden verdient – und Touristen, die erkennen, das dieses Land sehr viel mehr ist als ein Ort, wo Idioten vorsätzlich Tod und Verderben bringen wollen.

Dieses helle und schöne Land mit diesen wundervollen freundlichen Menschen hat wirklich so viel Besseres verdient!

2019-06-25

Citronade Tunisienne



Reisen bildet. Mein erstes Mal Tunesien, mein erstes Mal Nordafrika – auf Einladung zu einer Pressereise des Tunesischen Fremdenverkehrsamts (und FTI Touristik). Und am ersten Abend beim Check-In im Hotel begrüßte man uns mit einem Getränk – das nach der Anreise in der Wärme unglaublich gut tat – und natürlich sehr lecker schmeckte.



Citronade Tunisienne – das erfrischende Getränk begegnete uns noch häufiger in den nächsten Tagen und unsere Reiseorganisation erklärte mir die Zubereitung, die – wie so oft bei den sehr leckeren Gerichten – denkbar einfach ist. Da uns hier nun auch der Sommer erwartet und in den kommenden Tage sein wärmebedingtes Full House ausspielen möchte, habe ich mich mit der Hauptzutat zur Zitronenlimonade à la Tunisienne gut versorgt.

Das Originalrezept setzt natürlich auf sehr viel Süße, die nicht ganz so mein Ding ist. Ich poste das Originalrezept und ergänze mit meinen Mengen der Zutaten in den Klammern. Nicht probiert von mir aber mit Sicherheit genauso lecker: Orangeade – oder gemischt aus beiden Zitrusfrüchten (so ist es wohl in der Türkei üblich, erklärte mir gestern meine türkischstämmige Nachbarin). Alles ist möglich!


Zutaten

1 Kilo unbehandelte Zitronen (Ich habe Amalfi-Zitronen verwendet: 1,7 Kilo)
300 Gramm Zucker (250 Gramm Zucker, davon 100 Gramm selbst gemachter Vanillezucker)
1-2 Beutel Vanillezucker
ca. 1,5 Liter Wasser (etwas mehr als 2 Liter Wasser)


Zubereitung

Da die Zitronen (fast) komplett verwendet werden, alle gut abbürsten. Die Enden abschneiden, die Zitronen in Viertel teilen, entkernen und in kleine Scheiben schneiden und in einen Kochtopf geben.



Den Zucker darüber geben, gut mischen und die Zitronen so ca. 15 Minuten Saft ziehen lassen.

Nun erhitzen, wenn der eigene Saft leicht beginnt zu köcheln mit ca. 1 Liter Wasser angießen. Mindestens 20 Minuten köcheln lassen bis die Zitronenschalen weich sind.



Nun die ganze Masse pürieren – entweder mit dem Mixstab oder noch viel feiner im Standmixer (hier: Chuck Norris). Den flüssigen Brei durch ein Sieb gießen/streichen – je nach Konsistenz. Alles zurück in den Topf geben – mit dem restlichen Wassser so lange ergänzen bis die Masse sirupartig – nicht zu flüssig – ist. Noch einmal mit Zucker abschmecken gegebenenfalls.



Die Masse schmeckt natürlich – da die gesamte Zitrone verwendet wird – gut bitter. Ich mag das, habe aber doch noch etwas Zucker hinzugefügt, damit das Bittere noch etwas in den Hintergrund wandert. Vorrangig sollte der Sirup nach der erfrischenden Zitrone schmecken. Also hier kann ich nicht eine finale Zuckerempfehlung im Rezept oben liefern, man muss für den eigenen Geschmack abschmecken. Zumal jede Zitronenart nicht immer die gleiche Säure bzw. Süße mitbringt.

In Tunesien wird die Citronade sehr süß serviert – Zucker ist bei Hitze eben auch ein wichtiger Energiespender – und wer viel schwitzt, scheidet neben Kalium und Natrium auch Glucose vermehrt aus. (Diabetiker unterzuckern im Sommer daher schneller, wissen das gemeinhein und kontrollieren deswegen öfter ihren Blutzuckerspiegel.) Wenn Mediziner jetzt raten, man solle viel trinken, damit man nicht dehydriert, dann geht es ihnen vor allem darum, dass man all die für den Körper wichtigen Energieliferanten, die man jetzt ständig ausschwitzt bei der Hitze, dem Körper wieder zuführt!

Wer sich generell sehr zuckerarm ernährt, wird die nächsten Tage stärker leiden als andere – vor allem, wenn es um die Leistungsfähigkeit und Konzentration geht: Schlimmstenfalls geht's bis zur Ohmacht. Das Gehirn lebt u. a. vom Energiespender Glukose – ist es nicht mehr ausreichend damit versorgt, schaltet es ab.

Also: Zucker ist mitnichten immer evil! Wenn ich mir gerade wieder diese ganzen Superfood-Junkies angucke, die auf Zucker verzichten aber schon nach der Hälfte des Tages nicht mehr denken können im Job oder noch schlimmer: umkippen wie die Fliegen – ich habe so eine medizinisch evidente Ahnung, warum das so ist. Menschen in den bekanntermaßen sehr heißen Ländern, die trinken witzigerweise gar nicht nur zum Spaß stark gesüßte Tees – die haben einfach Erfahrung mit Hitze und wissen, wie man gut für sich sorgt in extremer klimatischer Belastung.



Okay, wenn Ihr den Sirup nach Eurem Geschmack abgschmeckt habt, einfach heiß in sehr saubere Flaschen abfüllen, gut verschließen und diese für einige Minuten auf den Kopf stellen. So ist der Sirup lange haltbar. Die angebrochene Flasche im Kühlschrank wird sowieso nicht lange halten müssen.

Sirup (die Menge muss man für sich definieren, ob man die Zitronade sehr flüssig oder etwas dicklicher in der Konstistenz möchte) ins Glas und kaltes Wasser drauf. Herrlich!

2019-05-28

Protipps an Wahlverlierer

1. Tag 1-7 nach der Wahl: Klappe halten. Tief durchatmen. Aber: Klappe halten.

2. Tag 7-14 nach der Wahl: Klappe halten, die Schuld suchen, überall nur nicht beim a) Wähler b) vor allen bei den jungen Wählern c) Umständen d) Internet. Spiegel vor sich aufstellen, sich sehr genau betrachten. Schuld bei sich suchen.

3. Tag 14-21 nach der Wahl: Klappe kurz aufmachen, um der Welt zu erklären, man hätte den Wählerauftrag (der Ablehnung) durchaus verstanden und würde den Fehler bei sich suchen. Klappe zu machen, sich wieder zurück ziehen und: den Fehler bei sich suchen.

4. Tag 22-28 nach der Wahl: Langsam auf die eigene Partei zu gehen. Jedem, der Sätze beginnt mit „Schuld sind a) Wähler b) junge Wähler d) die Umstände c) das Internet …” sofort den Mund verbieten und zurück vor den Spiegel schicken. Diese Leute sind noch nicht reif am Veränderungsprozess aktiv teil nehmen zu dürfen. (Deren Überzeugung alle sieben Tage erneut überprüfen.)

Mit allen anderen die nächsten sieben Tage die eigenen Fehler diskutieren – ohne Rücksicht auf Verluste und persönlicher Animositäten. Wer zwischendurch auf die Schuld anderer verweisen will, muss leider die nächste halbe Stunde in der Ecke stehen. Wer zwei Mal eine halbe Stunde schon in der Ecke gestanden hat, muss auch zurück vor den Spiegel für sieben Tage, Alternative: Prügelstrafe.

5. Tag 28-35 nach der Wahl: Abklären, auf Grund der Fehleranalyse – also den eigenen Fehlern, nicht denen der Berater – inwieweit man sich wohl doch vom Wähler und dessen Ansprüchen entfernt/sich gegensätzlich entwickelt aka nicht entwickelt hat als Partei hat; wo es sinnvoll wäre Veränderungsprozesse einzuläuten. Vorausgesetzt: man möchte Wähler generieren. Und nein: im braunen Wählerteich zu fischen, ist nicht sinnvoll. Der Drops ist nämlich gelutscht.

6. Ab Tag 35 langsam wieder geläutert ins Politikgeschehen zurück kehren. Niemals, nicht einmal nur daran denken, die Schuld zum eigenen Wahldebakel den Wählern in die Schuhe zu schieben, denn: die haben die Wahl.

7. Es niemals – wirklich niemals – so tun, wie es die Parteivorsitzende der CDU, Annegret Kram-Karrenbauber – gerade macht. Also ernsthaft zu glauben, des Wählers frei politische Meinung ließe sich vorrangig im Wahlkampf ausschließlich von böser Wahlkampfpropaganda im Internet beeinflussen. Das hieße, den Fehler bei den anderen zu suchen. Ergo: Zurück zum Spiegel liebe Annegret!

tl;dr: Europawahl 2019 – Alteingesessene Volksparteien haben es vermasselt und kapieren es immer noch nicht.

2019-05-27

Rosa Plainsanterie®



Auf dem Staudenmarkt im Berliner Botanischen Garten im April ist mir ein kleines Röschen in die Einkaufstasche gehüpft. Es gab von ihr nur eine, und ihr Foto sprach mich an. obwohl ich weiß, dass man den Fotos von Gärtnern hinsichtlich der späteren Realität einer Pflanze durchaus etwas Frei- bzw. Inspirationsraum zugestehen sollte.

Nachdem ich die letzten Jahre Röschen gekauft habe für den kleinen Vorgarten, wollte ich für den Balkon eine Miniaturrose haben. Etwas spannender als die üblichen Balkonkasterosen, die es üblicherweise zu kaufen gibt. Der Verkäufer bestärkte mich darin, dass sie sogar duften sollte – die Dame kam also mit.



Mittlerweile ist sie umgetopft in einen Kübel gezogen und blüht seit vergangener Woche erstmals. Und das tut sie entzückend. Ihre Knospen wirken erst einem zarten Orange und wandeln sich dann mit Blühdauer über Rosa zu einem zarten Weiß mit leicht pinkfarbigen Ausläufern.



Als offene Rose hat sie regelmäßig am Tag Besuch von Biene & Co. Und tatsächlich duftet sie – allerdings sehr sehr zart.



Lustigerweise scheint der Verkäufer mit mir verwandt zu sein, das Etikett für die Rose war mit Bleistift handgeschrieben – ich konnte den Namen nicht wirklich gut entziffern und habe immer Plaesantene gelesen. Eine Rose, die das Internet offensichtlich noch nicht kennt. Heute habe ich endlich nach doch einiger Recherche über einige Umwege nun doch den Namen der Rose als solche in Erfahrung bringen können. Siehe oben. Das Kind hat 'nen Namen!



Meine neue blumige Freundin hat es dabei in sich – so zierlich wie sie jetzt noch als junges Pflänzchen wirkt, so hoch hinaus – bis zwei Meter Höhe – kann sie wachsen. Sie blüht reich, öfter (!), reinigt sich dabei aber selber aus – und soll wohl wenig anfällig für die üblichen Rosenärgernisse, nebenbei recht robust sein. Ihre Blütengröße wird drei Zentimenter kaum übertreffen und auch ihre Blätter bleiben so klein und zierlich, wie jetzt bei mir als Jungspund.

Meine Rosa Plainsanterie® ist ja noch sehr klein und unbedarft aber die Fotos im Internet bei bereits hochgewachsener Größe und Blühelan verprechen noch viel Spaß mit ihr.



Sie ist eine Elfe unter den Rosen, grazil, freundlich und Freude stiftend. Ihrem täglichen Farbenspiel zusehen zu können, ist ein Spaß. Ja, ich freue mich sehr über sie!

2019-05-26

1000 Fragen (31-50)

Charming Quarks Liisa hat mich auf diese öffentliche innere Einkehr aufmerksam gemacht: 1000 Fragen über bzw. zu sich beantworten. Die Fragen entstammen wohl dem Flow Magazin und Beyhan von my herzblut hat sie netterweise als PDF online gestellt.

31. Welches Buch hast du zuletzt gelesen?

Das Apulien-Kochbuch.

32.Warum hast du die Frisur, die du jetzt trägst?

Weil sie meinem Typ entspricht und mein Haar, das ich sehr gerne mag, gut darstellt. Ich mich feminin damit fühle. Und im Grunde bequem ist für mich. Waschen, kämmen, trocknen lassen. Eigentlich habe ich sie beim letzten Schnitt zu lang gelassen, wollte aber meiner tollen Haarschneidefreundin @maskekatja eine Freude machen.

33. Bist du von deinem Mobiltelefon abhängig?

Insofern, dass ich kein Festnetz-Telefon mehr habe. Aber ich kann auch ohne Smartphone-Attitüde klar kommen, vergesse das z. B. oft zu Hause und leide dann nicht so sehr darunter. Ich habe echt sehr wenige Apps nur auf dem Smartphone. Meine E-Mail-Accounts dort nicht installiert. Ich mache via Smartphone nie Bankgeschäfte, keine Gesundheitsdaten-Apps. Ich bin da sehr spröde.

34. Wie viel Geld hast du auf deinem Bankkonto?

Soll ich jetzt lachen?

35. In welchen Laden gehst du gern?

Zur Zeit in Pflanzenläden. Es kribbelt frühlingshaft. Und in die Küchenabteilung bei TKmaxx. Schlimm. Habe ich mir zur Zeit verboten.

36. Welches Getränk bestellst du in einer Kneipe?

Latte Macchiato. Eventuell einen Wein. Wasser oder Saftschorle, wenn keinen Wein.

37. Weißt du normalerweise, wann es Zeit ist, zu gehen?

Ich denke schon. Meist gehe ich früher, weil es für mich Zeit ist.

38. Wenn du dich selbstständig machen würdest, mit welcher Tätigkeit?

Ich würde eine nette kleine Pension führen wollen – in diesem netten kleinen Haus in Südeuropa. Mit diesem netten schönen Garten.

39. Willst du immer gewinnen?

Nein. Mich tangieren Wettkämpfe kein bisschen. Ich finde sie ätzend, unanständig und eine den Menschen böse machenden Attitüde. Fand ich schon immer. Wettkämpfe haben mir z. B. Sport und Bundesjugendspiele völlig verleidet. Die bringen gerade Kindern so viel Leid! Warum muss man sich ständig messen? Sollte es nicht darum gehen, dass man Dinge überhaupt kann, gut kann, Freude empfinden kann? Ich glaube, will man von mir als Mensch schnell übersehen werden, dann muss man sich mir gegenüber als „Winner”-Typ benehmen.

40. Gehst du in die Kirche?

Gelegentlich sehr gerne. Ich mag die Stimmung. Die dort zu sehende Kunst. Und: ich singe sehr gerne in Kirchen. Vor allem liebe ich Orgelmusik. Also ich sehe Kirchen eher als kulturellen Ort, denn als Ort des Glaubens für mich.

41. Trennst du deinen Müll?

Grob ja. Es ist hier leider oft sinnlos, weil die Nachbarn z. B. ihr Altpapier oder ihren Biomüll in Plastiktüten entsorgen.

42. Warst du gut in der Schule?

Gesunder Durchschnitt. überall dort, wo gerechnet werden musste sehr schlecht, dank der Dyskalkulie. Ansonsten kam es auf das Fach an. Und auf den Lehrer. Bei Sympathie konnte ich streben.

43. Wie lange stehst du normalerweise unter der Dusche?

Im Winter länger. Im Sommer kürzer. Wenn ich verschlafen habe, kann ich superschnell duschen. Erstaunt mich selbst.

44. Glaubst du, dass es außerirdisches Leben gibt?

Nein. Und wenn ja, hoffe ich, sie müssen nie Kontakt zu uns aufnehmen.

45. Um wie viel Uhr stehst du in der Regel auf?

Zwischen sechs und sieben Uhr.

46. Feierst du immer deinen Geburtstag?

Nein. Also ich gestalte ihn mir schön, bin gerne mit Freunden zusammen. Gemeinsam essen mit lieben Menschen, das mag ich sehr. Aber ich feiere keine Partys. Mache ich vielleicht mal wieder, wenn es mir besser geht.

47. Wie oft am Tag bist du auf Facebook?

Definitiv zu oft.

48. Welchen Raum in deiner Wohnung magst du am liebsten?

Die Küche. Das Schlafzimmer. Den Balkon-Raum.

49. Wann hast du zuletzt einen Hund (oder ein anderes Tier) gestreichelt?

Gerade eben. (Sie ist soooo niedlich!)



50. Was kannst du richtig gut?

Katzen streicheln. Fotografieren. Schreiben. Mit Kindern umgehen. Kochen. Dinge sehen, bevor sie andere sehen. Vertrauen schenken. Lügen riechen. Netzwerken.

Fragen 1-10
Fragen 11-20
Fragen 21-30

2019-05-25

Mit den Vorfahren schimpfen …

Ich bin gerade viel im Gespräch mit meinen Vorfahren post mortem. Da bringt zwar nicht viel im Resultat aber es ist doch schön, wenn man mal darüber gesprochen hat. Finde ich.

Ich war doch neulich beim Blut abnehmen und habe zu dem einen anderen Blutwert, der dabei gemacht wurde und auf eine gewisse genetische Disposition hinweisen sollte. Zwischen „kommen Sie 14 Tage vor dem nächsten Termin ins Labor” lagen gute zwei Monate Zeit in der ich für mich überlegen konnte, ob ich derartige Tests eigentlich für mich gemacht haben wollte.

Was würde mir das Ergebnis wobei eigentlich helfen? Wir erinnern uns ans Angelina Jolie, die dementsprechende Gen-Resultate hinsichtlich einer prozentualen hohen Wahrscheinlichkeit an einem Mammacarzinom oder Eierstock-Carzinom zu erkranken mit recht radikalen Operationen für sich beantwortete.

Das ist nämlich der Punkt; will man das? Wie sehr ist man nach einer solchen Erkenntnis getrieben von der Idee sich den Körper zerschneiden zu lassen und nie mehr die Person zu sein, die man vorher gewesen war? Gut, eine Brust-OP also Entnahme bzw. Aufpolsterung, das mag in den Gefilden wie Los Angeles heutzutage nicht mehr die ganz große Aufregung zu sein. Womöglich hatte Frau Jolie da im Vorfeld schon ihre Erfahrungen gemacht, das weiß man nicht. Aber von hier auf jetzt kastriert zu sein, was die Entnahme der Eierstöcke zwangsläufig bedeutet, das macht was mit einem als Frau – das ist ein massiver Bruch in den Hormonhaushalt. Ob nun mit und ohne Hormongabe; die im Grunde im Alter einer Jolie zwangsläufige Notwendigkeit ist. Das ist schwierig. Das ist keine „Guck, wie klasse ich jetzt aussehe mit meinen neuen Boops”-OP, das geht ans Eingemachte.

Oder will man nicht lieber sein Leben unbehelligt weiter leben und einfach hoffen, dass es am Ende nicht die medizinische Historie der Familie ist, die einem das Licht ausbläst? Früher oder später? Zumal man üblicherweise familiärbedingt von rechts und von links von milden Gaben bedacht wird, das bleibt ja nicht aus. Eltern sind doch keine Zwitterwesen.

Hinsichtlich des Sterbens in meiner Familie habe ich eine denkbar üble Historie. Väterlicherseits starben mein Großvater als ich zehn Jahre alt war, mein Vater als ich neunzehn Jahre alt war an den Folgen ihrer Krebsdiagnose. Der Tod meiner Oma (war ich zwölf) und meines Opas mütterlicherseits fällt genetisch nicht ins Gewicht, da keine Blutverwandschaft besteht. Lediglich vom Darmkrebs der echten Mutter meiner Mum erfuhren wir noch – über ihren leiblichen Vater hatte es nie Informationen gegeben. Meine Mutter hatte auch irgendwann ein höchst kritischen Pap-Abstrich mit darauf folgender Uterus-Entnahme. Also konzentrierte ich mich in meinem Leben darauf, mich so durch den Alltag zu bewegen, dass ich meiner familiären Disposition ein mögliches Schnippchen schlage. Nicht rauchen, selber kochen, möglichst gesund essen, Alkohol in Maßen und im erträglichen Maß Sport. Die Sorge einer Krebsdiagnose begleitet mein Leben relativ lang. Das bleibt wohl nicht aus, wenn Du zu früh Menschen so sterben siehst.

Die Oma väterlicherseits hatte zum Ende hin drei Herzinfarkte – allerdings auch in einem Lebensalter als man sein Leben im Schnitt als gelebt betrachtet hatte und man eher kaum an Butter-Verzicht und Sport über 60 – schon gar nicht als echte Kriegszeugen – nach so einer Diagnose nachdenken wollte. Meinen Onkel, den Bruder meines Vaters, hatte eine Herzkrankheit in seiner Lebensmitte beinahe einmal die Kerze viel zu früh ausgeblasen. Eine vorbei kommende Ärztin, die Bock hatte auf lebensrettende Maßnahmen ohne dummes Vorurteil „Oh, der ist in der Kneipe vom Stuhl gefallen – also ist er wohl nur betrunken.”, rettete ihm sein Leben und seither hilft implantierte Technologie seine Herzrhythmusstörungen nötigenfalls auf Trab zu halten.

Lustigerweise hatte ich – auch aufgrund meines Lebenswandels – nie auf dem Plan, dass ich eine besondere Neigung haben könnte, zumindest aufgrund meiner Lebensgestaltung, eine höhere Chance haben zu können auch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen.

Der genetische Test hat nun aber etwas anderes geurteilt. Diese Chance ist hochgradig da – und im Grunde kann man auch gar nichts dagegen tun, außer sich angemessen klug zu verhalten. Bei mir ist's im Moment auch etwas wahrscheinlicher, weil andere Werte gerade etwas aus meiner sonstigen Art schlagen. Woran ich aber selber gar nicht so viel mehr ändern kann, weil ich ja eh aus unterschiedlichen Gründen nicht so sehr zur Völlerei neige. Lange Rede: über 50 zu werden als Frau, die in dem Alter übliche Hormonumstellung, lässt gelegentlich vermuten, der eigene Körper entwickelt sich zu einer Mistmade. Ansonsten ist aber generell über 50 zu werden (und vielleicht noch älter) eine verdammt feine Sache für das eigene Leben! So an sich, im Prinzip und im Allgemeinen.

Ich hatte das nicht auf dem Plan. Also als ich sagte, „Okay, ich mache diese Blutuntersuchung mit!” Etwas was man ausdrücklich in der Praxis gegenzeichnen muss – war mir nicht ganz klar, was ein positiver Befund tatsächlich mit mir, meinem Blick auf diese gesundheitlichen Dinge bisher, der Auseinandersetzung mit meiner Gesundheit anstellen würde. Und ich kann nur sagen: es ist durchaus interessant. Aber eigentlich hätte ich es lieber nicht gewusst.

Somit komme ich zum Dialog mit meinen Vorfahren. Ich war ein wenig angesäuert und denke viel darüber nach, was sie mir vererbt haben und was nicht – tatsächlich habe ich das Gefühl – ich schlage eindeutig mehr nach Vaters Linie, sie haben mir mehr von dem Mist vererbt als von den Juwelen.

Lange Rede: dieser heutige mögliche genetische Laborfirlefanz mag durchaus hier und dort sinnvolle Diagnostik ermöglichen – aber überlegt Euch bitte sehr genau vorher, was das wohl mit Euch macht, wenn Euch die Antwort nicht ganz so sehr gefällt. Nochmal zum Beispiel, Angelina Jolie: Klar, kann man sich bei einer genetisch Disposition zum Karzinom die Brüste abnehmen und die Eierstöcke entfernen lassen. Aber würde jemand „ja!” sagen zur prophylaktischen Magen-/Darmresektion – aufgrund einer genetischen Disposition zum Magen- oder Darmkrebs? Dieses Wissen macht etwas mit einem, darüber sollte man sich im Klaren sein. Regelmäßig zur Vorsorge gehen, kann man schließlich auch ohne Gentest.

Man kann ja eh nichts machen. Wir werden alle sterben, die einen früher, die anderen später, die einen so, die anderen so.

Nur: das Bewusstsein zu diesem Wissen ändert sich bei mir gerade. Mit 20, 30, 40 wusste ich zwar auch, dass ich sterben würde – aber irgendwann einmal und irgendwie … vielleicht doch nicht? Diese Naivität macht zunehmend Platz einem fachlichen KnowHow hinsichtlich der Tatsache, dass es wirklich gar keinen Notausgang geben wird. Es wird passieren. Auch mir. Das verändert sehr viel in mir.

Es ist wie ein fauler Apfel, der muss nun gegessen werden – in ganzen Stücken. Der größte Teil von ihm schmeckt herrlich reif und aromatisch aber am Ende ist das diese braune Stelle und nee, die schmeckt einfach nicht. Da ist der Wurm drinnen! Das Dumme ist nur, ich weiß jetzt, dass die braune Stelle an zwei Stellen im Apfel auftreten könnte.

Das macht zwar klüger – auch nicht entspannter.

2019-05-24

Lieber Shiinas Diätassistent!

Shiina (hier aufgenommen von ihrer alltertollsten Urlaubsbetreuung @maske_katja) und ich sagen mit herzlicher Freude DANKESCHÖN für den Taillen-Support! Und schicken von Herzen viel Sonne!

2019-05-21

Schneckiges …



Mein Verhältnis zur Schnecken ist ambivalent. Ich finde die ganz spannend, ekele mich nicht vor ihnen und kann sie sogar essen. Neulich in der Sendung rbb Gartenzeit gab es kurzen informativen Film zur Weinbergschnecke, die ein natürlicher Feind der Nackschnecke sind – also schneckige Kannibalen quasi – und sich sehr lange lieben, wenn sie sich lieben. Und das zudem am hellichten Tag im Freien tun dürfen. Da möchte man fast zur Schnecke umschulen, nicht wahr?

In der gleichen Sendung wird der kleine Garten von Carolin Ewert vorgestellt mit ihrem schönen Gartenblog hauptstadtgarten.de. Die hat passend zur Urlaubsjahreszeit einen guten DIY-Tipp, um Pflanzen ausreichend zu bewässern – sehr einfach mit unlasierten Tontöpfen.

Im Foto oben übrigens mangels Schnecken-Foto ein Wurz-Foto, also Wurz von Nelkenwurz. Ich bin dieses Jahr sehr glücklich über diesen Namen und die drei Nelkenwurze, Nelkenwürze, Nelkenwurzisse … die ich unten im kleinen Vorgarten bzw. oben auf dem Balkon habe.

2019-05-20

Komischer Tag …

Früh Termin bei der Schmerztherapeutin, die letzten Befunde aus der rheumatologischen Praxis vorgelegt und die Heilmittelverordnungen vom letzten Mal neu ausgestellt bekommen, weil bereits abgelaufen. Aber als ich in der Physiotherapiepraxis stand und die für die diversen Behandlungen über 90 Euro an Beteiligungen haben wollten, bin ich leicht zurück geschreckt und habe die Befreiung vorher beantragt. Das zieht sich nun dank der Kasse …

Gehofft, ich könnte dort noch einmal Blutwerte bestimmen lassen für die Sondersprechstunde in der Charité Anfang Juni, wollte die Ärztin aber nicht machen, weil das Budget schädigend. Nüchtern morgens nach Zehlendorf fahren ist auch nicht so meins. Und die Hausärztin muss ich da auch nicht fragen, weiß ich. Die Rheumatologin war letztes Mal leicht angezickt, weil ich mir erlaubt hatte zur Schmerztherapeutin zu gehen.

Es ist nicht so, als wären diese ganzen Arztgänge nicht eh schon extrem nervig bis anstrengend. Aber was ich dieses Jahr so an ärztlichem Ego-Gedöns erlebe: ey, Leute! Könnt Ihr bitte erwachsen werden und Euch auf Eure Aufgabe und Verantwortung besinnen?

Wie auch immer. Ich war kurz einkaufen, habe etwas gefrühstückt. Schüttelfrost bekommen. Mich ins Bett gelegt. Stundenlang tief geschlafen. Von Schmerzen geweckt. Und jetzt geht's wieder.

Hühnersuppe und Gewitter.

2019-05-19

Eurovision Song Contest 2019

Den Eurovision Song Contest zu gucken, das hat seit Twitter neue Qualität. Seit ein paar Regeländerungen auch neuen Wind in den Wettbewerb gebracht hatten, macht er sogar Spaß. Die Songs sind beliebiger geworden, Titts ’n Ass sind eingezogen, die männlichen Kollegen dazu beliebig austauschbar dank ihrer Dreitagesbärte. Aber: wer nicht wirklich Stimme hat, braucht dort nicht mehr anzutreten. Singen können im Vergleich zu früher dort wirklich alle, dünne Stimmen haben keine Chance. Musste Madonna dieses Jahr dann wohl auch lernen.

Nachdem gestern alle Songs gesungen waren, die multimediale Begleitung langsam wieder von ihrem LSD-Tripp runter kam, die Moderatorinnen brav ihre Klamotten gewechselt hatten, alle Fahnen übertrieben fröhlich in die Kamera geschwenkt wurden, die kleinen Frustis aus Island ihren minimalen Skandal produziert hatten, blieb ich wirklich ratlos zurück. Ich hätte nicht sagen können, wer das Rennen macht. So sehr beliebig gleich gut, gleich langweilig viele Songs waren, so breit aufgestellt waren auch die Acts, die es durchaus verdient hätten als Sieger gekürt zu werden.

Die neuen Punktevergaberegeln von „professioneller” Jury zu den Anrufern aus dem breiten Volk, war vergleichsweise spannend. Was für mich nicht gleichbedeutend ist, finde ich gut. Aber interessant zu sehen, wie sehr unterschiedlich die Meinungen dann doch sind – und wie sehr diese Stimmen der Masse eine vermeintlich sichere Nummer am Ende dann doch noch einmal umkehren können. Die professionelle Jurys auf alle Fälle sollten langsam mal in sich gehen, Spielchen wie sie Zypern und Griechenland immer wieder spielen (und einige Ostblockländer übrigens auch), nämlich sich untereinander die 12 Punkte zuzuschustern, denen möchte man nur noch zurufen: „Ey, get an european life!” Selten war deutlicher, wem es offenbar an offener europäischer Entwicklung mangelt.

Ich hatte meine Favoriten. Mahmood mit Soldi war für mich lange gesetzt – einfach weil ich den Song aufgrund der Italienreisen schon deutlich früher (und öfter) gehört hatte – ich finde ihn sehr gut arrangiert, perfekt gesungen – und inhaltlich wichtig. (Sohn rechnet mit seinem Vater ab, der die Familie früh verlassen hatte und der nie wirklich Interesse an seinem Sohn gezeigt hatte, allenfalls an der Knete die er verdient.)

Kobi Marimi, der für Israel „Home” sang, fand ich sehr gut in der Einblendung im Vorentscheid. Ein echter ESC-Song, wie er aber seltener nachgefragt wird heute. Gute Stimme, gute Show. Und diese Wimpern! Ich denke, er hat’s leider geschmissen mit seiner „Ich muss immer, nachdem ich den Song gesungen habe, weinen, weil das Lied so schön ist.” Die Emotion nimmt man dann doch niemandem mehr ab, wenn er das Lied zum 30. Mal gesungen hatte – und leider war er dann im Finale ein viel zu schlechter Schauspieler. Schade. Mir scheint, das hat man ihm sehr übel genommen. Trotzdem: hübscher Mann, schöne Wimpern, perfekte Zähne, tolle Stimme, schnulziges Lied. Eigentlich eine sichere Nummer. Aber … seine Zielgruppe guckt heute nicht mehr den ESC und ruft auch nicht mehr an. Erwähnte ich schon die Wimpern?

Norwegen und Schweden und Aserbeidschan waren für mich alle drei gleich auf. Gute Tanznummern. Songs, die man nur einmal gehört haben musste, um sie wieder zu erkennen. Den Schweden fand ich einen Tick besser. Sehr ESCesque.

Island. Electronic Body Music ist mir seit jeher die nähere Musik als Pop und Schlager. Insofern fand ich die lustig und war von der Musik nicht überrascht, wie vermutlich einige andere. Aber für die „Wir sind eine total böse Band”-Nummer bin ich dann doch zu alt, die Performance war echt lau. Aber ich habe natürlich den Berliner/Metropol/Sage Club/Berghain-Vorteil und kann das halt nur noch niedlich finden. Befremdlich finde ich immer noch, wenn mir Leute allzu direkt auf die Nase binden, wohin ihre sexuelle Präferenzen gehen. Ich möchte vorher erst mal fragen dürfen. Sehr oft finde ich nämlich Leute gar nicht so interessant als das ich mir überhaupt Gedanken darüber machen möchte, wie, warum und mit wem sie ficken. Und gruselige Kontaktlinsen-Effekte? Sind so etwas von schon seit Jahren durch. Bitte! Danke! Tsja, da war die Zeit gesamteuropäisch nicht reif für diese Lordi-Nachfolgenummer.

Ich hätte sehr viele Nummern zum Sieger gekürt. Aber ganz sicher nicht den Niederländer. Freut mich trotzdem für ihn und sein Land, wird nächstes Jahr sicher wieder sehr schön werden. Leider wird das musikalische Europa ihn in vier Wochen schon wieder vergessen haben.

Die ganze Show selbst, mit den Tanzeinspielern, den lustigen Rückschnitten aus den vergangenen ESC-Jahren, die Partystimmung – ich finde, Israel hatte das sehr gut und liebevoll gemacht, hier und da richtig schöne emotionale Bonbons verteilt, eine absolut runde Nummer – auch mit den Pausenacts. Bis auf: Madonna. Und: Die multimediale Begleitung sollte die Künstler begleiten, sie nicht nicht übertönen noch übertrumpfen. Weniger ist dann doch mehr. Wir sind doch immer noch beim ESC und nicht bei der Transmediale oder?!

Seit der Ankündigung, dass Madonna beim ESC auftreten würde, um ihre neue Platte zu promoten, fand ich es blöd. Ich finde es völlig in Ordnung, wenn der/die/das Vorjahresieger*in*nnen dort in der Pause ihre neue Platte promoten, schlussendlich haben sie den ESC das Jahr zuvor in ihr Land geholt. Aber einen Superstar, der generell schon alles überstrahlt mit dem Erfolg, der ihr bekannten Diva-Attitüde auf die Bühne holen – ganz falsches Podium. Das ist allen anderen Teilnehmern gegenüber so sehr ungerecht! Und ich – entschuldigt bitte, wenn ich das so deutlich sage – kotze im Strahl, wenn sich eine Person mit einer Augenklappe schmückt, die zwei völlig funktionstüchtige Augäpfel ihr eigen nennt (und dann noch ein Sichtloch in der Augenklappe hat, weil ihr der Mut mit der Auseinandersetzung fehlt, sich zeitweilig wirklich mit der Sehbehinderung eines Einäugigen auseinander zu setzen.) Was für ein verdammter Mist. Was hat die Alte eigentlich da geritten?

Ich wusste schon immer, dass Madonna ein dünnes Stimmchen hat – was sie in meinen Augen aber immer gut über ihr Tanztalent und sonstiges künstlerisches Gedöns um ihre Person gut zu kompensieren wusste. Nun hat sie nicht mal mehr nur ein dünnes Stimmchen, sie kann auch nicht mehr den Ton halten. Das hat sie wohl mit mir gemeinsam. Nur: ich gehe nicht auf die Bühne vor ein Millionenpublikum und singe dort live, weil ich das weiß. Madonna weiß das nicht – und hat sich somit gestern selbst prima demontiert. Leider werden deswegen jetzt einige Leute vermutlich verklagt werden oder sonst welche Jobs verlieren. Wenn der zweite Song von ihr interpretiert, von ihrem neuen Album, einer der besseren Songs gewesen sein soll: okay, Madonnas Zeit ist vorbei. Wissen wir nun. Ich mag mir auch keine glatt gespritzten künstlichen Gesichter älter werdender Menschen angucken. Bei allem Respekt vor ihr, ihrem künstlerischen Schaffen über all die Jahre und die Arbeit, die sie ganz sicher hinein gesteckt hatte – alleine im Tanzstudio. Ein Altern in Würde würde ihr so viel besser zu Gesicht stehen.

Jeder Act hatte besser gesungen als Madonna. Alle live. Viel besser. Selbst Verda Serduchka (man erinnert sich: die silber glitzernde Diskokugel, Zweitplatzierte von 2007 mit ihrem „Dancing Lasha Tumbei”), die sich in der Pause mit einigen Gewinnern der Vorjahre und deren Songs eine großartige Battle lieferte, zeigte dabei, dass sie tatsächlich singen kann. Und: um Längen besser singen kann als Madonna. Viel besser. Die Battle mündete in einem grandiosen „Hallelula”-Finale unter anderem mit Conchita, das wohl gar kein Herz unberührt ließ. Wow!

Auch sehr wow: der französische Sänger Bilal Hassani und die Perfomance mit der wundervollen Ballett-Tänzerin. Was für ein Zeichen! Wie sehr traurig, dass dieser Sänger im Jahr 2019 in seinem eigenen Land nieder gemacht wird, weil er offen mit seiner Homosexualität umgeht. Mensch, hört auf so armselig zu sein. Dass ist nicht das Europa, so wie es mit seiner Entwicklung in die neue Moderne steht.

Nun zu uns: Ich hatte schon sehr fassungslos den Vorentscheid zur Kenntnis genommen. Ich fand da gar keinen Song oder Interpreten so richtig doll, also wählbar. Dass dann aber auch noch der schlechteste Song gewählt wurde, da hätte man fast schon wieder den üblich paranoiden technischen russischen Eingriff zur Verantwortung ziehen wollen. Aber bleiben wir bei der Eigenverantwortung: Wenn Deutschland meint, so ein schlechtes Lied von so belangloser Interpretation ins Rennen zu schicken, dann bekommt man halt keinen Punkt – von einem durchaus musikverständigen Publikum. Zwei junge austauschbare Frauen, die sich eng bekleidet auf der Bühne einen Großteil des Songs gegenseitig in die Visagen brüllen?

Eines muss man diesen Schwestern lassen: sie haben im Finale um Längen besser gesungen als die vielen Male zuvor, die ich sie hören musste und sie immer erschreckend dünn klangen. Aber … für meine Begriffe waren die 26 Punkte der professionellen Jury so sehr liebevolle Zuwendungen, die wir gar nicht verdient hatten mit unserem Beitrag. Ich hätte auf höchstens drei Punkte getippt. Freundschaftspunkte von Österreich, die dieses Mal aber tatsächlich uns so bewerteten, wie verdient war: mit keinem Punkt. So wie der Rest Europas.

Und das ist kein Politikum. Das hat nichts damit zu tun, dass Europa Deutschland vermeintlich nicht leiden könnte. Denn dann hätten wir im letzten Jahr nicht so weit vorne landen können. Das hat damit zu tun, dass wir die Entwicklung des ESC – lustigerweise von Menschen wie Stefan Raab aus Deutschland heraus mit initiiert – komplett verschlafen haben. Und die Konkurrenz aller anderen Ländern mittlerweile sehr groß ist. Und es eben so gar nicht verschlafen hat.

Und dann diesem Castact eine Typo „S!sters” zu geben, die in keinem Hashtag funktioniert. Nee ne? Ich meine: NEE NE???!!!

Zweitklassig oder drittklassige Songs und Interpretationen können dort nicht mal mehr einen Trostpreis gewinnen. Eat it! Die Hausaufgabe macht man typischerweise vor dem Vorentscheid in der Auswahl. Die war dieses Jahr komplett übel. Die Verantwortlichen sollte man hinterfragen. Das gestrige Ergebnis ist gerecht und richtig.

Und: Madonna kann nicht singen. Und für ihre selten dämliche Augenklappen-Attitüde, hoffe ich, zeigen ihre Fans ihr ordentlich den Stinkefinger! Ich hätte es schöner gefunden mir wäre ihre Blamage erspart geblieben. Das war es nicht wert. „Halleluja” war groß genug für eine Finale-Pause.

Danke Isral und Tel Aviv. Es war ein großes Vergnügen. Auch mit Euch, liebe Twitter-Timeline! <3

2019-05-15

Großes Arbeitgebergejammere

So niedlich, wie sich die Arbeitgeber nun über das Urteil vom Europäischen Gerichtshof zur Arbeitserfassung erzürnen.

Diese Erfassungsmethoden existieren bereits – auch mobil für HomeOffice-Arbeiter. Sie ist in fast jedem Callcenter, auch hierzulande, im Einsatz. Denn wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer kontrollieren und knechten will, dann verlangt er sehr wohl von diesem auf dem Telefon die Tasten für Pause oder Toilettengang, Arbeitsgespräch oder Bildschirmpause bzw. sonstige Rechnerabwesenheit zu drücken. Da findet er das dann gut. Und wehe, jemand braucht über diese Instrumentarien ermittelt für seine Toilettengänge länger als der zugerechnete Durchschnitt, dann gibt es gleich das Gespräch mit dem Teamleiter.

Aber wenn die gleichen Instrumente eingesetzt werden sollen, um des Arbeitgebers Arbeitsbedingungen bzw. an die Arbeitszeit angemessene Gehaltszahlungen zu kontrollieren, dann weinen sie wieder.

Klar.

2019-05-04

Touristischestourette

Hatte mir heute eine touristische Herrengruppe am Rogacki-Hochtisch eingeladen. Aufgehalst. Naja, also ich habe „ja” gesagt, als sie fragten, ob der Rest vom Tisch noch frei wäre. Da wusste ich aber auch noch nicht, dass die viel mehr als nur drei waren.

Dann zog der erste von ihnen ab – und organisierte, wie sich später herausstellte, die erste Flasche Champagner, ein zweiter brachte das Tablett mit Gläsern.

Ich wurde gefragt, ob ich mich denn dort auskennen würde (wer Rogacki nicht kennt: es ist der übersichtlichste Indoorspielplatz für Essensgläubige, den es in Berlin wohl geben mag) und erklärte auf die Frage, wo sie die Austern bekommen würden, wo sie die Austern bekämen.

Der nächste Herr fragte mich dann, ob man dort auch Weißwürste bekäme. Das war mir dann doch zu bunt und ich erklärte ihm, die würde hier bei uns in Berlin Blut- und Leberwurst heißen. Und verwies ihn an meine heiß geliebte Kantinenschlange von Rogacki. Ich meine, ich liebe es wirklich dort mir ein halbes Fischfilet und Heringssalat zu leisten. Der Herr indes guckte als wäre ihm das zu profan. Der nächste fragte mich, ob denn Blut- und Leberwurst auch aus Kalbfleisch wären.

Okay, meinen Humor nicht verstehen können, geschenkt.

Aber zu Rogacki zu gehen, um da nicht in der Kantinenschlage anzustehen und deren wundervolles Fischfilet und den weltbesten Heringssalat zu essen, sondern einen auf Charlottenburger Russen zu machen mit Stößchen und Austerngedöns?

Dafür geht an doch die Galleries Lafayette oder? Echt, diese Touristen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren!

Luschen!

2019-05-02

Lesempfehlung

„Wenn man die Klima­erwärmung als wissenschaftlich bewiesen erachtet, braucht es keine Skeptiker, um die Debatte auszubalancieren. Man lasse auch niemanden zu Wort kommen, der behauptet, dass Manchester United letzten Samstag 2:0 gewonnen habe, obwohl die Mannschaft das Spiel verloren hat.”

Wie die BBC ab sofort mit Klimaskeptikern umgeht: „Keine Bühne mehr für Klimaleugner.” (Wäre sinnvoll, würden deutsche Medien so auch endlich mit diesen Holocaust-Leugnern verfahren.)

„Wir haben heute das Problem, dass ein wilde Gans zahm wird aber eine zahme Gans nicht mehr wild.”

Prof. Dr. Gunter Dueck – einer der sehr wenigen Menschen in Deutschland, der referieren kann ohne seine Referate abzulesen und sehr wenigen „ähems” als Füllpausen, was es immer sehr angenehm macht ihm zuzuhören – hat anlässlich einer Konferenz (SHIFT 19) zur McDonaldisierung der Wirtschaft – weil die Normung des Mitarbeiters das Manager-Problem reduziert – gesprochen. Wie immer interessant. Keiner hält uns den Spiegel unserer eigenen gesellschaftlichen Beschränktheit so blitzeblank geputzt vor wie Wild Dueck!

Und noch einmal Klima. Ich wertschätze Hannes Jaenicke schon länger, als Schauspieler (die Stimme!) und als Mensch, der den Finger auf Dinge hält, die von uns gesteuert nicht so prickelnd gehandhabt werden.

„Wir haben eine Riege von Minister-Attrappen. Die leisten einen Eid, dass sie zum Wohle des Volkes arbeiten. Ein Herr Scheuer steht dann da, hebt die Hand und sagt: Ich wende Schaden ab vom deutschen Volk, und tanzt dann trotz Dieselskandal wie eine Marionette nach der Pfeife der Auto-Lobby.”

Hannes Jaenicke im Interview im Stern – er weiß – wie so viele von uns auch, warum Deutschland beim Thema Umwelt – ehemals Vorreiter und führend aktiv im Thema Klimaschutz – die letzten Jahrzehnte unter Merkel als Bundeskanzlerin sich von den vorderen Rängen auf die Hinterbank verwiesen hat.