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2025-01-09

Monte San’Angelo – die Pilgerstadt im Gargano Apuliens

Im Norden Apuliens unbedingt eine Besichtigung wert, das ist der kleine Ort Monte Sant’Angelo, der als höchstgelegene kleine Stadt im Gargano gilt. Wer hierher findet, befindet sich 800 Meter über dem Meeresspiegel. Immer wieder hat man in dieser Stadt einen weiten Blick über die gesamte Region und auf die Adria.
Geografisch, wie geschichtlich ist Monte Sant’Angelo eng mit Mattinata verbunden – so galten sie viele Jahrhunderte als eine Gemeinde. Von Mattinata aus liegt der Ort ca. 20 Kilometer entfernt.
Sportliche Radfahrer haben ab Mattinata ihren Spaß oder in Zahlen: Einen 12 Kilometer langer Aufstieg mit Steigungen um 4 % auf einer sehr gut ausgebauten Straße.

Wir erledigen unsere Anfahrt bequem mit dem Minibus und genießen dabei die Ausblicke aber auch die Anblicke der umliegenden kleineren Landwirtschaftsbetriebe als auch hier und dort größeren Industriebetriebe. Und immer wieder grüßt zwischendurch: Il Mare!

Namensgeber: Erzengel Michele

Monte Sant’Angelo ist eine Pilgerstadt. Hier ist am 8. Mai im Jahr 490 n. Christus der Erzengel Michael gläubigen Hirten erstmals in einer Grotte erschienen. Offensichtlich hielt er den Ort für so schön (oder es für so sehr nötig), dass er der Legende nach 492 und 493 wiederkehrte. Das machte diesen kleinen Ort im 7. Jahrhundert nach Christus zum Nationalheiligtum – und seit 2011 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Dies nicht nur alleine wegen der heiligen Erscheinung, auch wegen der geschichtlichen Präsenz der Langobarden an diesem Ort.
Auch ohne diese große christliche Geschichte ist Monte Sant’Angelo ein entzückender Ort, der sich mit seinen pittoresken Häuserreihen im holländischen Stil in seiner Neustadt genauso spannend entdecken lässt, wie die charmante und verwinkelte Altstadt, die mit zahlreichen Treppen und weiteren Sehenswürdigkeiten lockt. Und eines ist sicher: Dem Erzengel begegnet man hier zu hauf!
Knapp 12.000 Menschen, die Montanari, sind hier zu Hause. Der immerwährende Strom der Pilger über das Jahr hinweg macht diese Stadt zu einem sehr lebendigen Platz. Wir waren viel zu kurz, lediglich für einen kleinen Abstecher, hier. Selten habe ich das so sehr bedauert, bei einer Abfahrt aus einem Ort.
Ich mag diese kleine Stadt mit einem spürbaren besonderen Menschenschlag, ihren vielen Straßen, verwinkelten Ecken – und ihrem ganz eigenen Charme.


Basilica Santuario di San Michele Arcangelo

Die Grotte, die dem Heiligen Michael so gut gefallen hatte, ist heute eine Grottenkirche: San Michele. Sie gilt als Hauptkirche von Monte Sant’Angelo. Auf der oberen Ebene lockt sie auf einer abgetrennten Piazza mit einem achteckigen Turm, dem Torre Angionia,
entstanden im Jahr 1274 n. Chr., der 27 Meter in die Höhe ragt. 1395 wurde ihm linksseitig eine zweigeteilte Eingangshalle zur Grottenkirche an die Seite gestellt.
Beide wirken vergleichsweise schmucklos. National Geographics führt die darunter liegende Grotte als eine der schönsten zehn heiligen Grotten weltweit. Unbedingt lohnt sich ein Besuch – man erlebt nach dem Abstieg eine wundersame Welt an Religiösität, an Geschichte und musealen Informationen.

Und ganz nebenbei ist man mit dem Betreten dieser Kirche seiner ganzen Sünden befreit! Ob sich das für einen selbst lohnt, sei persönlich dahingestellt.

In der Eingangshalle geht es zunächst abwärts: 86 breite Stufen (barrierefreier Zugang möglich) zur Porta del Toro – das älteste Bronzetor weltweit aus dem Jahr 1076 wurde in Konstantinopel gefertigt. An den Seitenwänden entdeckt man die Zeichnungen, die sehr frühe Pilger in den Stein gehauen haben.
Über diesen Eingang gibt es eine Archivolteninschrift, die besagt, dass jeder Person, die durch dieses Tor tritt, ihre Sünden vergeben werden. (Non è poi così male)
Hinter der Porta del Toro liegt das imposante Kirchenschiff und in der Mitte der Basilika liegt die asketische Grotte des Erzengels Michael. Man steht in einer echten Höhle mit einem Felsengewölbe, in der der Hauptaltar und die Statue des Heiligen Michael aus Carrara-Marmor untergebracht sind. Ja, und ich gebe es zu, wenn in der weiteren Begehung die multimediale Begleitung auf dem Headset an der Stelle, an der es zu einer der Erscheinungen gekommen sein soll, die Stimme ergrifffen von dem Geschehen flüstert – da bekommt man ganz schön Gänsepelle am Rücken und an den Armen.
Und dieser geschichtsträchtige Ort ist apart in die Moderne unserer Zeit integriert. Die Szenerie ist absolut beeindruckend – ob man nun gläubig ist oder nicht. Man kann sich, auch, durch der Anwesenheit der gläubigen Montanari und Pilger*innen der Besonderheit dieses Ortes kaum entziehen.
Gleichzeitig befinden sich in diesem Gewölbe zwei Museen: das Andachtsmuseum (modern und prunkvoll) und das Lapidarium – das sich mit der Existenz der Langobarden beschäftigt, die heute als die erste italienische Nation geltenund deren wunderschöne, naiv anmutende Kunstform dieser Zeit präsentiert. Absolut sehenswert! Ach – und der gute Michael begegnet einem natürlich oft in den unterschiedlichsten Formen und Farben!
Da schon im Mittelalter dieser Ort Teil des als „Homo, Angelus, Deus“ bekannten Weges der spirituellen Erlösung war, haben im Laufe der Jahrhunderte nicht wenige Päpste der San Michele einen Besuch abgestattet.
Zuletzt im Jahr 1987, da war es der von den Italienern nach wie vor sehr verehrte Papst Johannes Paul II – deren Relikte, z. B. Messegewand und Pallium im Andachtsmuseum ausgestellt sind. Dieser Museumsbereich hat mir mit seiner Innenarchitektur und Lichtgestaltung sehr gut gefallen. Ob einem der dargestellte Luxus der katholischen Kirche auch so gefällt, darüber kann man streiten.
Man erwartet diese Vielfalt überhaupt nicht, wenn man die Basilicata betritt – es gibt hier so viel zu entdecken! Wir waren relativ kurz vor Ende der Öffnungszeiten (und vor Beginn der Abendmesse) in der Kirche angekommen und wurden in einem – nennen wir es ruhig Affentempo – durch den Ort geführt. Viel zu kurz, um diesem Ort wirklich gerecht werden zu können als Besucher. Ich möchte wirklich noch einmal nach Monte Sant’Angelo wiederkommen!


Der Energieriegel der Pilger*innen: Ostie Chjene

Wieder oben, während eines sehr schnellen Stadtrundgangs, begegneten wir überall den bunten Federn, mit denen sich Pilger hier schmücken, und hier und dort den ursprünglich gekleideten Pilgerfiguren.
Unbedingt probieren, gerne mit einem Cafè, muss man hier die Ostie Chjene – Ostie di San Michele –, zwei ovale Oblaten-Blätter, mit in Honig und einer Spur Zimt karamellisierten Mandeln gefüllt. Das ist so etwas, wie der erste Energieriegel überhaupt für die viel und lang wandernden Pilger, den die Nonnen des Klosters der Heiligen Dreifaltigkeit hier im 16. Jahrhundert eher versehentlich geschaffen hatten. Der Legende nach waren ihnen versehentlich Mandeln in einen Topf mit heißem Honig gefallen, die sie versuchten mit den Oblaten herauszufischen. Die Mandeln blieben an den Blättern kleben – der Rest ist eine süße und sehr leckere Geschichte. Und die Ostie ist sicherlich das häufigste Mitbringsel, das einem beim Abschied von Monte Sant'Angelo begleitet.
Die Ostie Chjene gibt es überall in Monte Sant’Angelo im Centro Storico zu kaufen und überzeugen – ihre Frische vorausgesetzt – sofort.
Ein großer Teil des Centro Storico von Monte Sant'Angelo besteht aus vielen Treppen und sehr schmalen Straßen – und ist angenehm zu Fuß zu erlaufen, weil hier Autos schlicht gar nicht hinkommen. Hoch und runter führen die Wege an den alten Häusern und weiteren Kirchen vorbei zu hübschen kleinen Plätzen.
Spät am Abend füllen sich die Straßen und öffnen die Restaurants und Monte Sant'Angelo wird unglaublich lebendig.

Direkt neben der Basilica di San Michele hatten es mir zwei Läden ganz besonders angetan – in die ich nicht gehen durfte, weil wir viel zu wenig Zeit hatten: Eine Salumeria mit sehr viel Käse und ein Geschäft mit Haushaltswaren.
Es lockte mich mit dem umfangreichsten Angebot an Olio-Kännchen, das ich je sehen durfte. Und ausgerechnet dort konnte ich nicht hineingehen! Ja, es schmerzt mich sehr!

Die vielen weiteren Sehenswürdigkeiten – die Tomba di Rotari, das Castello Normanno – lediglich vorbei gegangen und von außen betrachtet, fehlte es uns einfach an mindestens zwei, drei Übernachtungen in dieser Stadt.

Ach ach, Monte Sant’Angelo – ich bin noch so gar nicht fertig mit dir!

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2025-01-08

Wanderungen im Gargano: Die Nekropole der Daunier auf dem Monte Saraceno

Ein weiterer großartiger Ausflugstag rund um die schöne Küstenstadt Mattinata im Gargano im Norden Apuliens. Wir wandern auf dem zweiten Hausberg von Mattinata, den Monte Saraceno. Und erneut erwartet uns jetzt im Frühling eine immer grüne, dank der häufigeren Regenschauer nun reichhaltig sprießende und blühende Botanik.
Sie scheint jedoch dennoch ganz anders als auf dem Monte Sacro oder an der Küste. Die Landschaft ist hier oben nicht ganz so stark bewaldet und lockt mit neuen Pflanzen und Gewürzen.
Königskerzen, Rosmarin und Thymian stehen satt in ihrem Grün. Der wilde Knoblauch betört mit seinen zarten weißen Blüten. Auch die wilde Malve leuchtet mit ihren Blüten, die bei uns weiter nördlich in Europa sich noch mindestens zwei Monate lang zieren wird. Und der Affrodil trohnt königlich über den Bodendeckern.
Ein betörender Duft liegt in der Luft und viel beschäftigtes Gesumme saust durch die Atmosphäre dieser grünen Oase. Zwischendurch erfreuen wir uns immer wieder an einigen kleinen wilden Orchideen – mittlerweile ist unser Blick für diese zarten Geschöpfe gut trainiert.
Wir besuchen die Grabstätte der Daunier und legen ein gutes Stück zu Fuß auf unbefestigten Wegen zurück – die man natürlich auch hervorragend mit dem Fahrrad bewältigen kann. Nicht vergessen: wir bewegen uns in die Höhe – ein E-Bike auszuleihen, könnte den Charme einer solchen Tour deutlich erhöhen!
Unsere Wanderung ist im Rahmen der Pressereise leider nur kurz, denn wir sind mit dem Auto ein Stück weit auf den Berg gefahren, weil wir später noch weiter die Stadt Monte Sant'Angelo besuchen wollen. Zu Fuß dauert der Aufstieg knapp eine Stunde von Mattinata (Contrada Funni in der Piana di Mattinata) aus – unbedingt machen!
Die Wege führen durch eine stille Landschaft und immer wieder mit einem Blick auf das Meer. Dieser kleine Flecken unserer Erde ist traumhaft schön!
Der Monte Saraceno läuft entlang dem adriatischen Meer, das uns mit seinem entzückenden Türkisblau begleitet. Wir haben von hier einen sensationellen Blick auf die Bucht von Mattinata und die Stadt und natürlich auch auf das adriatische Meer.
Dieser Blick verdeutlicht uns noch einmal, warum von Mattinata als weißer Schmetterling, La Farfalle bianca di Gargano, gesprochen wird. Überhaupt kein Zweifel besteht mehr an der Grandessa der Lage dieser kleinen Stadt. Uns gegenüber liegt mächtig der Monte Sacro, auf dem wir einen Tag zuvor die Abtei SS Trinitá besucht haben.
Auf einem Plateau des Monte Saraceno, ungefähr 250 Meter über dem Meeresspiegel, wird die Stimmung besonders. Und wir werden angehalten, hinsichtlich unserer Schritte besondere Vorsicht walten zu lassen. Tatsächlich tut sich vor uns in den Felsen ein Meer von kleineren und größeren, in den Kalkfelsen gehauenen Löchern von einem bis zu anderthalb Metern Tiefe auf.
Tief genug also, sich bei einem Sturz womöglich die Haxen zu brechen.

Wir stehen auf einem Sanktuarium, einem Friedhof a. D. Die über 500 Löcher in dem Boden sind die Felsengräber der Daunier (VII. und VI. Jahrhundert vor Christus), die Nekropole. Gelegentlich kreischt eine Möwe auf dem Meer. In dieser Totenstadt hier oben herrscht eine faszinierende Ruhe, sonst nur von den Erklärungen unserer kompetent erzählenden Begleitung unterbrochen. Natürlich sind diese Gräber heute leer.
Vor ungefähr 2500 Jahren haben die Daunier hier gelebt und direkt neben ihren einfachen Häusern auch ihre Toten bestattet. Die Daunier, eine meist friedliche Zivilisation, verdiente sich vor allem in der Landwirtschaft und Fischerei. Gut, einige von ihnen sollen sich auch als Piraten gefallen haben, wird gemunkelt.

Sie bestatteten ihre Verstorbenen zusammengerollt in das für sie in den Felsstein gehauene Grab, das oftmals in der Form einer Gebärmutter gestaltet wurde. Die Gräber wurden mit Steinplatten verschlossen. Einige dieser Gräber sind so klein, dass sich vermuten lässt, das dort ein Kind seine letzte Ruhe gefunden hatte.
In der daunischen Kultur wurde die Gestaltung und Ausstattung der Gräber ihrer Liebsten ein großer Wert beigemessen. Sie legten ihre Toten jeweils einzeln in eines dieser Gräber – nie zu mehreren oder übereinander – und gaben ihnen reichhaltige Beigaben: Waffen, Schmuck, Keramiken und Prunkrüstungen mit ins Grab.

Von hier stammen also die großartig erhaltenen Keramiken, die wir zuvor im archäologischen Nationalmuseum Matteo Sansone von Mattinata bewundert haben. Ein großer Teil seiner Sammlung wurde hier von den Bauern gefunden und ins Tal gebracht. Es darf bezweifelt werden, dass die Daunier zu ihren Lebzeiten auch nur annähernd so komfortabel wohnen konnten, wie sie es in ihren Gräbern durften. Sehr sicher wohnten sie aber in der direkten Umgebung.

Äußerlich schmückten die Daunier diese Gräber mit aufrecht gestellten Köpfen und hohe Tafeln aus Stein, den sogenannen Stelen. In diesen Stelen waren Gesichter der Verstorbenen gehauen – aber auch ganze Szenen, die den Beruf der Verstorbenen oder ihre Herkunft beschrieben. Im Dialekt der früheren Mattinos nannte man diese Stelen „Testine”.
Auch von ihnen findet man einige in der Sammlung im Museum Matteo Sansonse. Eine noch größere Sammlung ist im Castello di Manfredonia zu entdecken. Für uns Besucher schließt sich hier der Kreis der Geschichte der Daunier, der sich mit unserem Besuch des Museums eröffnet hatte.

Am Ende unseres Ausflugs hier dürfen wir ein besonderes Highlight erleben, denn der Himmel schenkt uns einen Regenbogen über dem Meer. Ganz ehrlich, dieser besondere Ort schüttet seine Magie reichhaltig über uns aus.
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2024-06-30

Köstliches Mattinata, Teil 1

Mein Aufenthalt in Mattinata war ein wenig wie Urlaub machen, denn auch zwei wundervolle Food-Events haben mein Herz höher schlagen lassen. Ein langgehegter Wunsch wurde mir erfüllt, endlich durfte ich bei der Mozzarella-Produktion dabei sein!

Gracia und Rafaele Devida, Mutter und Sohn, halten in ihrer Azienda Agricula Caseificio de Vita nicht nur selber Ziegen, Kühe und Büffel, sie führen auch eine Käserei mitten in Mattinata. Hier wird im Hinterzimmer die Milch der eigenen Tiere verarbeitet, um direkt im Vorraum als frischer Ricotta und Mozzarella verkauft zu werden.

Und Matteo Granatiero hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Er bietet Verkostungen von Olivenöl und Weinen an, die in der Region produziert werden. Dies hier war nun wirklich nicht meine erste professionelle Olivenöl-Verkostung – dafür die, die am interessantesten aufbereitet worden ist. Und, ganz nebenbei, auch die in der schönsten Umgebung!


Landwirtschaft im Gargano

Im Gargano wird wie überall in Apulien viel Vieh- und Landwirtschaft betrieben. Das Mikroklima ist hierfür natürlich ideal, wenn auch der Boden und die Sommerhitze den Produzenten ein Leben mit sehr harter Arbeit abringen. Die Landschaft ist übersät mit den klaren Linien der Olivenbaumreihen. Und, wie neulich schon erwähnt, gelegentlich begegnen sie einem in der Landschaft an Orten, wo jeder mit einem Hauch Sicherheitsbedürfnis nie welche gepflanzt hätte.

Und sind es nicht die Alberi di ulivi, dann ordnen sich die Weinstöcke ordentlich ins landschaftliche Bild ein. Nero di Troia, Bombino Bianco oder Bombino Nero – so heißen die autochthonen Reben, die hier köstliche Weine in die Gläser bringen. Als Rosé ausgebaut, ein fantastischer Sommerwein in traumhaften Farbtönen, der eher mit erstaunlicher Tiefe, anstatt Leichtigkeit erfreut. Und einer der wenigen Rosado, der Kirchenfenster ins Glas malt! Selbstverständlich werden auch im Terre del Gargano die Weine Apuliens überhaupt angebaut: Primitivo und Negroamaro.


Alles Käse – Azienda Agricula Caseificio de Vita

Letzter Tag, am frühen Nachmittag droht unsere Abreise. Leider. Wir fahren noch einmal von unserer schönen Unterkunft, Residence Il Porto, hinein in die Stadt Mattinata. Gracia und Rafaele Devida haben bereits einen halben Arbeitstag hinter sich – obwohl es noch früh am Tag ist. Die beiden haben mindestens ihre Ziegen und Kühe gefüttert und gemolken.
Deren Milch steht in den riesengroßen Kübeln auf offenen Gasflammen auf dem Boden, wo sie auf Temperatur gebracht werden. Auch das Wasser, in dem der vorbereitete Käsebruch zu saftigem Mozzarella gezogen wird, ist vorbereitet.
Rafaele hat in der kleinen Käserei schon als Kind seinen Eltern beim Käsen zugesehen. Jetzt führt der junge Mann den Laden gemeinsam mit seiner Mutter. Und den landwirtschaftlichen Betrieb, denn die Milch kommt von den eigenen Ziegen, Büffeln bzw. Kühen.
Die Azienda Agricula Caseificio de Vita hat auch außerhalb von Mattinata einen sehr guten Ruf. Wie und was sie produzieren, stellen sie unter den Richtlinien der „Slow Food”-Bewegung her. Beide sind wieder so unglaublich freundlich, wie die Menschen in Apulien sind, und teilen ihre Kunst des Käsens mit uns. Und später, liebenswerterweise, auch ihren Käse.

Mozzarella, Ricotta, Stracciatella, Caciocavallo, Scarmozza, Cacioricotta … die Käsetheke im kleinen Verkaufsraum, durch eine Glasfront von der Produktion getrennt, ist voller Köstlichkeiten.

Ich bin in meinem kleinen Foodiekosmos wie im Himmel! Draußen ist ein wunderschöner und sehr warmer Frühlingstag. Drinnen brennen drei große Gasflammen und machen die Hitze beinahe unerträglich. Wie muss es erst im Hochsommer sein? Mich faszinieren Menschen, die dieses Handwerk ausüben – denn es ist nicht nur die täglich harte Arbeit. Es sind doch auch die Umstände, in denen die Menschen diese Produkte für uns alle schaffen. Es gebietet großen Respekt.

Etwas streng riecht es nach dem Käse, einige von uns fliehen immer wieder nach draußen in die Sonne, während ich gar nicht genug bekommen kann, Davide dabei zuzusehen, wie er die erwärmte Molke – aus der zuvor der Bruch für den Mozzarella hergestellt wurde – für den Cacioricotta mit pflanzlichem Lab abbindet und später in die Behälter abschöpft.
Cacioricotta wird vor allem in Süditalien noch jung – nach einer Reifezeit von zwei Monaten – gerne als Tischkäse serviert. Zwei Jahre gereift, ist er sehr würzig und wird in Apulien, im Latinum oder Kalabrien gerne für alles verwendet, wofür man in Norditalien einen Parmigiano vorzieht.
Für unsere Kameras zelebriert Rafaele seine Arbeitsschritte mit geduldiger Hingabe. Ein Arbeitsprozess, den er sonst in wenigen Minuten abgehandelt hat, wird so eine Aufgabe für fast eine halbe Stunde.
Pasta Filata, gesponnener Teig bzw. Käsebruch, so bezeichnet man den Prozess der Mozzarella-Produktion. Hierfür wird der Käsebruch, der in der Molke einige Stunden reifen durfte, für den Mozzarella mit heißem Wasser (95 Grad Celsius) übergossen und zu einer zusammenhängenden Masse mit einem langen Holzstab geformt.
Danach wird gezogen, und – mozzàre – abgeschnitten. Traditionell wird mit den Händen ein Stück Käse von der Masse abgetrennt und geformt – zu kleinen und großen Kugeln.
Das Tempo, mit dem Rafaele den Käse abtrennt und ihn zu pituresken Nodini flechtet, der zu einem oder mehreren Knoten geformte Mozzarella, ist beeindruckend!
Und während wir dem Prozess beiwohnen, serviert uns Gracia Devida kontinuierlich und sehr großzügig ihre Käsesorten. Wir probieren den frischen süßlichen Ricotta,
gereift als würzigen Cacioricotta, wir dürfen den sehr frischen Mozzarella kosten – und natürlich auch die fantastische Stracciatella, die hier auch produziert wird.

Eine leckere Freude! (Nicht weit von dem Käseladen führt die Familie natürlich auch noch eine Fleischerei in Mattinata.)

Olivenöl-Verkostung mit Matteo Granatiero in der La Vineria

Wir laufen noch etwas durch Mattinata und finden uns in der La Vineria in der Via Vittorio Emanuelle II 2 an der Ecke zum berühmten Corso Matino wieder.

Dieses Lokal ist mir schon bei unserem ersten Spaziergang durch Mattinata aufgefallen. Wunderschöne – liebevoll zu dem Türkisblau der Adria passend gestrichene Möbel – stehen auf den Stufen der hoch führenden Straße und machen direkt gute Laune. Strohhüte an den Wänden, bunte Tischdecken – hier hat jemand viel Spaß an Dekoration. Um die Ecke in einer kleinen Gasse kann man etwas ruhiger sitzen – weiße aufgespannte Regenschirme schützen vor der Sonne. Ein extrem charmanter Ort in Mattinata!
Hier hat für uns Matteo Granatiero seine vielen geheimnisvollen Becher mit Deckeln und Olivenöle aufgebaut. Er berät Touristen, wie auch Restaurants in ihrer Weinauswahl und organisiert Verkostungen für Olio und Vino – wo immer man sie diese erleben möchte.

Matteo serviert uns später einen Aperitivo mit einem in der Farbe traumhaft schönen Rosado (Rosalia Nero di Troia I.G.T. Puglia)
und feinste Antipasti, die er mit der Sorte Olivenöl übergießt, die wir nach unserer Verkostung als passend für das jeweilige Gemüse definiert haben.
Nach einer kurzen Einführung zum Anbau der Oliven in der Region rund um Foggia im Gargano und der Geschichte – wie immer sind die Griechen „schuld”, die die Frucht 1000 Jahre vor Christus nach Italien gebracht haben – lässt uns Matteo durch einen kleinen Spalt der verschlossenen Becher schnuppern. Dahinter verbergen sich Gemüse wie Tomaten, Ruccola, Artischocken u.m. – wir riechen und „erschnuppern” quasi blind die Aromen, die wir, unter seiner Anleitung, später genau so aus den Olivenöl-Proben der jeweiligen Flaschen wieder erkennen. Um sie dann mit den Antipasti nach unserem Gusto zu vergesellschaften Neudeutsch: Pairing).

So Olivenöl zu erfahren, macht Spaß und ist mir eine neue Erkenntnis, wie ich das perfekt passende Öl für das jeweilige Food-Produkt finde.
Natürlich zeigt er uns, wie man für ein Olivenöl-Tasting, das Öl zunächst mindestens mit der Hand oben verschließt und unten im Glas (hier Becher) durch die Wärme der Hand leicht erwärmt, um das Bouquet zu verdichten. Denn auch Olivenöl riecht man zuerst, bevor man es schmeckt – wie man es wie Wein mit Luft einzieht und im Mund etwas kaut, bevor man es schluckt, um alle Aromen zu erfassen. Mit Muße genießen. Eine fast heilige Prozedur.
Drei Öle aus der Serie „Monocultivar” der Azienda Agricola Bisceglia probieren wir. Es sind keine Cuvées, sondern jedes Öl ist auch nur einen Olivensorte hergestellt! Für eine Verkostung ideal gewählt. Gelb: Ogliarola; hellgrün: Peranzana; grün: Coratina. Wir schmecken ein fruchtiges und mildes, dann ein aromatischeres mit viel Grüntönen und ein sehr tiefgründiges, pfeffriges Öl. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Die Azienda existiert seit 1857 und wird heute in der vierten Generation wird von drei Schwestern geführt.

Die Olivenöle Apuliens gelten als besonders würzig und haben meist Tiefe. Die Leichtigkeit eines z. B. umbrischen Olivenöls – die können die Öle aus dem Süden einfach nicht. Dafür sind sie fruchtig und sie bringen die Aromen in die Flasche, die in ihrer nahen Umgebung auch mit angebaut werden. Nicht selten dominieren hier grüne Aromen wie Gras und Artischocke, dazu Mandel und Zitrusfrucht. Ihr Abgang ist bitter, pfeffrig bis scharf. Ein Ausdruck ihrer Qualität.

Das Tasting macht Spaß. Matteo gießt das Öl reichhaltig über unsere Antipasti: Pane mit Fave e cicoria – das Gericht Apuliens, hier sehr gut abgeschmeckt und lecker
– oder Bruschetta mit Tomaten und Ruccola. Natürlich kann man mit etwas mehr Zeit im Gepäck in der Azienda auch Führungen buchen und deren feinen Öle bzw. sonstigen Köstlichkeiten können online geordert werden.
Das war eine feine Verkostung, spannend aufbereitet in einer traumhaft schönen Location! Mit diesen beiden Erlebnissen, war unser letzer Vormittag im schönen Mattinata perfekt und intensiv genutzt vor unserer Abreise. Und die La Vineria ist sowieso ein must go in Mattinata.


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