2025-01-09

Monte San’Angelo – die Pilgerstadt im Gargano Apuliens

Im Norden Apuliens unbedingt eine Besichtigung wert, das ist der kleine Ort Monte Sant’Angelo, der als höchstgelegene kleine Stadt im Gargano gilt. Wer hierher findet, befindet sich 800 Meter über dem Meeresspiegel. Immer wieder hat man in dieser Stadt einen weiten Blick über die gesamte Region und auf die Adria.
Geografisch, wie geschichtlich ist Monte Sant’Angelo eng mit Mattinata verbunden – so galten sie viele Jahrhunderte als eine Gemeinde. Von Mattinata aus liegt der Ort ca. 20 Kilometer entfernt.
Sportliche Radfahrer haben ab Mattinata ihren Spaß oder in Zahlen: Einen 12 Kilometer langer Aufstieg mit Steigungen um 4 % auf einer sehr gut ausgebauten Straße.

Wir erledigen unsere Anfahrt bequem mit dem Minibus und genießen dabei die Ausblicke aber auch die Anblicke der umliegenden kleineren Landwirtschaftsbetriebe als auch hier und dort größeren Industriebetriebe. Und immer wieder grüßt zwischendurch: Il Mare!

Namensgeber: Erzengel Michele

Monte Sant’Angelo ist eine Pilgerstadt. Hier ist am 8. Mai im Jahr 490 n. Christus der Erzengel Michael gläubigen Hirten erstmals in einer Grotte erschienen. Offensichtlich hielt er den Ort für so schön (oder es für so sehr nötig), dass er der Legende nach 492 und 493 wiederkehrte. Das machte diesen kleinen Ort im 7. Jahrhundert nach Christus zum Nationalheiligtum – und seit 2011 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Dies nicht nur alleine wegen der heiligen Erscheinung, auch wegen der geschichtlichen Präsenz der Langobarden an diesem Ort.
Auch ohne diese große christliche Geschichte ist Monte Sant’Angelo ein entzückender Ort, der sich mit seinen pittoresken Häuserreihen im holländischen Stil in seiner Neustadt genauso spannend entdecken lässt, wie die charmante und verwinkelte Altstadt, die mit zahlreichen Treppen und weiteren Sehenswürdigkeiten lockt. Und eines ist sicher: Dem Erzengel begegnet man hier zu hauf!
Knapp 12.000 Menschen, die Montanari, sind hier zu Hause. Der immerwährende Strom der Pilger über das Jahr hinweg macht diese Stadt zu einem sehr lebendigen Platz. Wir waren viel zu kurz, lediglich für einen kleinen Abstecher, hier. Selten habe ich das so sehr bedauert, bei einer Abfahrt aus einem Ort.
Ich mag diese kleine Stadt mit einem spürbaren besonderen Menschenschlag, ihren vielen Straßen, verwinkelten Ecken – und ihrem ganz eigenen Charme.


Basilica Santuario di San Michele Arcangelo

Die Grotte, die dem Heiligen Michael so gut gefallen hatte, ist heute eine Grottenkirche: San Michele. Sie gilt als Hauptkirche von Monte Sant’Angelo. Auf der oberen Ebene lockt sie auf einer abgetrennten Piazza mit einem achteckigen Turm, dem Torre Angionia,
entstanden im Jahr 1274 n. Chr., der 27 Meter in die Höhe ragt. 1395 wurde ihm linksseitig eine zweigeteilte Eingangshalle zur Grottenkirche an die Seite gestellt.
Beide wirken vergleichsweise schmucklos. National Geographics führt die darunter liegende Grotte als eine der schönsten zehn heiligen Grotten weltweit. Unbedingt lohnt sich ein Besuch – man erlebt nach dem Abstieg eine wundersame Welt an Religiösität, an Geschichte und musealen Informationen.

Und ganz nebenbei ist man mit dem Betreten dieser Kirche seiner ganzen Sünden befreit! Ob sich das für einen selbst lohnt, sei persönlich dahingestellt.

In der Eingangshalle geht es zunächst abwärts: 86 breite Stufen (barrierefreier Zugang möglich) zur Porta del Toro – das älteste Bronzetor weltweit aus dem Jahr 1076 wurde in Konstantinopel gefertigt. An den Seitenwänden entdeckt man die Zeichnungen, die sehr frühe Pilger in den Stein gehauen haben.
Über diesen Eingang gibt es eine Archivolteninschrift, die besagt, dass jeder Person, die durch dieses Tor tritt, ihre Sünden vergeben werden. (Non è poi così male)
Hinter der Porta del Toro liegt das imposante Kirchenschiff und in der Mitte der Basilika liegt die asketische Grotte des Erzengels Michael. Man steht in einer echten Höhle mit einem Felsengewölbe, in der der Hauptaltar und die Statue des Heiligen Michael aus Carrara-Marmor untergebracht sind. Ja, und ich gebe es zu, wenn in der weiteren Begehung die multimediale Begleitung auf dem Headset an der Stelle, an der es zu einer der Erscheinungen gekommen sein soll, die Stimme ergrifffen von dem Geschehen flüstert – da bekommt man ganz schön Gänsepelle am Rücken und an den Armen.
Und dieser geschichtsträchtige Ort ist apart in die Moderne unserer Zeit integriert. Die Szenerie ist absolut beeindruckend – ob man nun gläubig ist oder nicht. Man kann sich, auch, durch der Anwesenheit der gläubigen Montanari und Pilger*innen der Besonderheit dieses Ortes kaum entziehen.
Gleichzeitig befinden sich in diesem Gewölbe zwei Museen: das Andachtsmuseum (modern und prunkvoll) und das Lapidarium – das sich mit der Existenz der Langobarden beschäftigt, die heute als die erste italienische Nation geltenund deren wunderschöne, naiv anmutende Kunstform dieser Zeit präsentiert. Absolut sehenswert! Ach – und der gute Michael begegnet einem natürlich oft in den unterschiedlichsten Formen und Farben!
Da schon im Mittelalter dieser Ort Teil des als „Homo, Angelus, Deus“ bekannten Weges der spirituellen Erlösung war, haben im Laufe der Jahrhunderte nicht wenige Päpste der San Michele einen Besuch abgestattet.
Zuletzt im Jahr 1987, da war es der von den Italienern nach wie vor sehr verehrte Papst Johannes Paul II – deren Relikte, z. B. Messegewand und Pallium im Andachtsmuseum ausgestellt sind. Dieser Museumsbereich hat mir mit seiner Innenarchitektur und Lichtgestaltung sehr gut gefallen. Ob einem der dargestellte Luxus der katholischen Kirche auch so gefällt, darüber kann man streiten.
Man erwartet diese Vielfalt überhaupt nicht, wenn man die Basilicata betritt – es gibt hier so viel zu entdecken! Wir waren relativ kurz vor Ende der Öffnungszeiten (und vor Beginn der Abendmesse) in der Kirche angekommen und wurden in einem – nennen wir es ruhig Affentempo – durch den Ort geführt. Viel zu kurz, um diesem Ort wirklich gerecht werden zu können als Besucher. Ich möchte wirklich noch einmal nach Monte Sant’Angelo wiederkommen!


Der Energieriegel der Pilger*innen: Ostie Chjene

Wieder oben, während eines sehr schnellen Stadtrundgangs, begegneten wir überall den bunten Federn, mit denen sich Pilger hier schmücken, und hier und dort den ursprünglich gekleideten Pilgerfiguren.
Unbedingt probieren, gerne mit einem Cafè, muss man hier die Ostie Chjene – Ostie di San Michele –, zwei ovale Oblaten-Blätter, mit in Honig und einer Spur Zimt karamellisierten Mandeln gefüllt. Das ist so etwas, wie der erste Energieriegel überhaupt für die viel und lang wandernden Pilger, den die Nonnen des Klosters der Heiligen Dreifaltigkeit hier im 16. Jahrhundert eher versehentlich geschaffen hatten. Der Legende nach waren ihnen versehentlich Mandeln in einen Topf mit heißem Honig gefallen, die sie versuchten mit den Oblaten herauszufischen. Die Mandeln blieben an den Blättern kleben – der Rest ist eine süße und sehr leckere Geschichte. Und die Ostie ist sicherlich das häufigste Mitbringsel, das einem beim Abschied von Monte Sant'Angelo begleitet.
Die Ostie Chjene gibt es überall in Monte Sant’Angelo im Centro Storico zu kaufen und überzeugen – ihre Frische vorausgesetzt – sofort.
Ein großer Teil des Centro Storico von Monte Sant'Angelo besteht aus vielen Treppen und sehr schmalen Straßen – und ist angenehm zu Fuß zu erlaufen, weil hier Autos schlicht gar nicht hinkommen. Hoch und runter führen die Wege an den alten Häusern und weiteren Kirchen vorbei zu hübschen kleinen Plätzen.
Spät am Abend füllen sich die Straßen und öffnen die Restaurants und Monte Sant'Angelo wird unglaublich lebendig.

Direkt neben der Basilica di San Michele hatten es mir zwei Läden ganz besonders angetan – in die ich nicht gehen durfte, weil wir viel zu wenig Zeit hatten: Eine Salumeria mit sehr viel Käse und ein Geschäft mit Haushaltswaren.
Es lockte mich mit dem umfangreichsten Angebot an Olio-Kännchen, das ich je sehen durfte. Und ausgerechnet dort konnte ich nicht hineingehen! Ja, es schmerzt mich sehr!

Die vielen weiteren Sehenswürdigkeiten – die Tomba di Rotari, das Castello Normanno – lediglich vorbei gegangen und von außen betrachtet, fehlte es uns einfach an mindestens zwei, drei Übernachtungen in dieser Stadt.

Ach ach, Monte Sant’Angelo – ich bin noch so gar nicht fertig mit dir!

Alle weiteren Blogposts zu Mattinata und die Umgebung im Gargano!

0 comments:

Kommentar veröffentlichen

Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!