2015-04-12

Drucksache

Zu Ostern schenkte ich mir Zeitungen. Ich kaufe wirklich nicht mehr oft welche und wenn, dann gehört das schon zelebriert. So war ich am Ostbahnhof in dem Zeitungsladen, den ich sehr mag und guckte mich durch den mittlerweile irrsinnigen Markt an Wohn-, Lifestyle und Food- bzw. Kochmagazinen. Es ist irre, wie wirklich jede kleinste Koch- oder Backvariante inzwischen ihr – mindestens eines, wenn nicht mehr – eigenes Magazin erhalten hatte. Ich bin, bleiben wir bei den Food-Magazinen, längst überfordert und zwar noch bevor ich mich überhaupt dem riesigen Markt aller Landlust/-leben/-lieben/ichweißnichtnochalles-Sonderausgaben zugewandt hätte. Es ist wirklich … viel. Das einzige Angebot, das wirklich weiterhin zu wünschen übrig lässt, ist das der Nähzeitschriften. Entweder ist es mädchenrosa anmutender Bastelkram mit viel ChiChi – oder die Mode ist altbacken. Ja, Burda, ich meinte Dich. Und Ottobre ist noch schlimmer. Schicke Mode zum selbst nähen zwischen Gossip Girl und ausgelaugter Gruftine … ist irgendwie nicht.

Nachdem ich mir jedenfalls x-viele Variationen (ich hatte mir je nach Preis zwei oder drei Magazine in Aussicht gestellt) an möglichen Heften zur Mitnahme überlegt hatte und dementsprechend hin- und her sortiert hatte, habe ich in einem Magazin den Artikel, der mich interessiert hatte, kurz quer gelesen und verstanden, dass er inhaltlich gar nicht brachte, was ich laut Einführung von ihm erwartete hätte und habe mich schlussendlich traditionell für die Effilee entschieden (die reißt ja immer gleich ein mit knapp 10,– Euro – auch wenn sie ihr Geld immer wert ist) und der Sonderausgabe des Spiegel mit dem Titel „Scheitern” entschieden. „Scheitern” ist ja bevorzugtes therapeutisches Thema, generell in seiner Vielfalt ein großartiges menschliches Thema. Von innen und von außen betrachtet.

Die Effilee lese ich nun Stück für Stück sehr sorgfältig und wohl bedacht, denn ich könnte sie ja ausgelesen haben, bevor der Frühling rum ist und die Sommer-Ausgabe noch in der Ferne liegt. Besonders interessiert hatte mich diese Mal natürlich die Berichterstattung aus Japan, denn als Stevan Paul und Vijay Sapre Anfang des Jahres vor Ort waren, haben sie uns Leser quasi mitgenommen via Facebook und Twitter – und das fand ich sehr schön, denn man durfte mit etwas Abstand ihre Glücksgefühle miterleben, den Großmarkt mit ihnen verschlafen, Geschmäcker erahnen und ein dezentes Gefühl des gesunden Neids entwickeln. Nun also liegen Texte und Fotos vor und das ist wie ein zweites Mal mit ins Flugzeug steigen. Erleben in Häppchen.

Ansonsten widmet sich diese Ausgabe ein wenig dem Thema doch Fleisch essen in einer Zeit in der sich immer mehr Menschen für kurz oder lang entscheiden, es nicht zu tun. Dann folgt ein Essay über den Sonntagsbraten, dem Herr Paulsen stimmig seinen wundervollen Schweinebraten aus der Deutschstunde anfügt. Wann hat man schon eine Zeitschrift in der Hand deren Teilbereiche sich explizit empfehlen nur an einem gemütlichen Sonntag gelesen zu werden?

Der Ausflug des erzählten Lebens führt nach Franken zum Meisterbäcker Arnd Erbel, der von seiner Bäckerszeit in Frankreich erzählt, wo die Backstube – damit der Briocheteig anständig gehen durfte – zur Mittagszeit komplett der Mannschaft entsorgt, der Boden mit Spiritus begossen  und angezündet wurde, damit der Teige es mollig warm hatte und es sich gut gehen ließ. Bis die Bäckertruppe von der Mittagspause wiederkehrte, um in der sterilisierten Küche die perfekte Brioche dann fertig zu backen. Diese Geschichte hat das Zeug dafür meine Lieblingsküchen-Geschichte überhaupt zu werden!

Dann ist da noch dieses eine herrliche Foto von den irischen Züchtern. Und ein Rattelschneck nimmt die Kochbuchflut auf's kannibalische Korn. So schön das!

Und nun entschuldigt mich bitte, ich möchte weiterlesen!

1 comments:

mariong hat gesagt…

Die ottobre haben sie aber sehr punktgenau beschrieben. Ottobre kids finde ich sehr klasse, aber die woman, siehe ihre beschreibung. Es gibt eine neue aus belgien, vereinzelt hier zu bekommen, guhgeln sie mal "la maison victor"

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