2023-07-18

Ravennas historische Mosaike (1)

Ravenna, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in der Emilia-Romagna, liegt am südlichen Rand der Poebene, lediglich neun Kilometer von der Adria entfernt. Früher war Ravenna die Hafenstadt und ihr Hafen, Classe, Angelpunkt vieler Handelsgeschäfte, die Ravenna sehr reich und berühmt machten.

Diese Stadt mit ca. 160.000 Einwohnern lockt heute vielleicht nicht mit den imposantesten Bauten, riesengroßen Piazzen wie in Rimini oder Bologna. Sie hat wider Erwarten und trotz ihrer marritimen Geschichte und Nähe, heute nicht den Charme der Kanalstädte Comacchio oder Cervia. Tatsächlich wirkt Ravenna heute etwas zerrupft. Der ursprüngliche Hafen Classe dieser einst so imposanten Hafenstadt – immerhin zeitweilig mit höherer Relevanz als Rom aufgrund ihrer Handelskompetenz – versandete. Auch die Küstenlinie der Adria hat sich über die Jahrhunderte sehr verändert. Diese Änderungen in ihrer architektonischen und wirtschaftlichen Relevanz trafen Stadt Ravenna in einem Ausmaß, der heute noch spürbar ist.

Das bemerkt man insbesondere, besucht man die ehemalige Hafenbasilika Sant Appolinare in Classe. Sie, einst im Zentrum der Stadt gelegen, ruht heute einsam im Schwemmland zwischen Küsten und dem heutigen Kern von Ravenna. Der neue Hafen Ravennas liegt ebenfalls abseits.

Es gibt Städte in Italien, durch die ich als Touristin spazierte, die mich völlig in den Bann gezogen haben, alleine aufgrund ihrer architektonischen Schönheit und dem lebendigen Flair ihrer Straßen. Das ist mir in Ravenna so nicht passiert. Hier hat man es eher mit einer Stadt des Understatement zu tun – alles wirkt eher klein und gemütlich. Selbstverständlich ist die Piazza del Popolo im Zentrum charmant, aber längst nicht so weitläufig wie in anderen Städten der Adriaküste. Es gibt auch eine Markthalle – aber auch sie ist verhältnismäßig klein und luxuriös restauriert. Der Charme üblicher italienischer Markthalle hat sich leider etwas verloren.

Ravenna als Stadt überzeugt trotzdem – nur eben ganz anders: mit ihrer Kunst. Genauer mit ihren Mosaiken! Mosaike anbelangend, ist Ravenna von einem unschlagbaren Reichtum historischer aber auch moderner Schönheit beschenkt. Und zu Recht sind heute die vielen besonderen Orte historischer Mosaikkunst UNESCO Welterbe. Diese Stadt lebt mit und von der bildenden Kunst mit den kleinen Steinen – und es ist kaum vorstellbar, ergibt man sich diesem relevanten Thema der erstaunlich jung und modern wirkenden Stadt, dass man nicht gänzlich beeindruckt von ihrer besonderen künstlerischen Schönheit ist. Das mag mit daran liegen, dass die Menschen in Ravenna sich auch heute noch auf die Kunst der Gestaltung mit den kleinen farbenprächtigen Steinen, besinnen und voller Leidenschaft praktizieren, lehren und lernen!

Wer sich auf Ravenna einlässt und die Stadt dann irgendwann wieder verlässt, trägt ab diesem Moment auch Mosaike im Herzen. Diese uralte Kunstform, hier so konzentriert dargeboten, lässt einen nicht mehr los. So ist es mir jedenfalls gegangen. Taucht man in diese Welt ab, begegnet man einer der faszinierendsten Städte Italiens.

Nach Classe hatte ich euch bereits in die Basilika Saint Appolinaire mitgenommen. Auch in Ravenna wimmelt es von einer Vielfalt historischer, meist sakraler Gebäude, die mit ihren steinigen „Wandmalereien” faszinieren. Viele Gotteshäuser stammen aus der Zeit der Byzantiner und zeigen ihre Entwicklung über die Jahrtausende hinweg.

Mausoleao di Galla Placidia
Fangen wir an mit dem Mausoleum der Galla Placidia, Tochter des Kaisers Theodosius dem Großen, das im 5. Jahrhundert zu Ehren dieser Kaiserin im byzantinischen Stil erbaut wurde. Sie verstarb jedoch nachweislich in Rom und man ist sicher, dass sie hier nie bestattet wurde. Es ist davon auszugehen, dass das Mausoleum gar keine sterblichen Überreste beherbergt.
Zwar stehen hier drei Sarkophage, sie sind leer und deren Ursprung ist nicht mehr zu deuten. Das Gebäude wirkt von außen unscheinbar, nichts deutet auf seinen besonderen Schatz im Innern hin: Das sind auf jeden Fall die in einem tief dunklen Blauton gestalteten frühchristlichen Wandmosaike, die noch heute in ihrer Gesamtkomposition sehr gut erhalten sind.
Eine Seltenheit für diese Zeit der Byzantiner und so gelten sie seit 1996 verdient als UNSESCO Welterbe.
Da das Mausoleum vom Platz begrenzt ist, werden Besucher in Gruppen zeitlich eingeteilt geführt.


Basilica di San Vitale
Sie steht keine hundert Meter vom Mausoleum der Galla Placidia entfernt – und wirkt mit ihrer Oströmischen Architektur von der Nord- als auch Ostseite, wo sie im 16. Jahrhundert ein eigenes Eingangsportal erhielt. Auch hier verrät die imposante Fassade mitnichten, was Besucher*innen in ihrem Inneren an Schönheit erwartet! Ihr Bau wurde um 537 n. Chr. begonnen, geweiht wurde sie 547 n. Chr. Seit 1960 trägt sie den Ehrentitel Basilica minor. Welterbe ist sie ebenfalls seit 1996.
Ein einzelner Tagesbesuch reicht kaum aus, um die Geschichte der Mosaike zu erfassen. Man sollte auch wirklich nicht auf eine Führung durch die historische Entwicklung der Mosaike verzichten. Ohne die hätte ich diese Vielfalt der Mosaikgestaltung über Jahrhunderte vielleicht gesehen (eher nicht), aber längst nicht inhaltlich verstehen können. Natürlich wurde auch diese Basilica über die Jahrhunderte umgestaltet, wurde später erst mit einer Kuppel versehen – man sieht die Veränderung der Mosaikkunst über die Zeiten, die sich in den Formen der Gestalten – und ihrer Moden – veranschaulicht.
So. Und dann haben wir noch nicht einmal über den Mosaikboden der Basilica gesprochen. Noch über die andere Hälfte dieser imposanten Kirche, die erst Ende des 18. Jahrhundert mit wirklich wunderschönen Fresken bemalt wurde. Die Orgel von 1967 ist ein echter Youngster. Der Besuch der Basilica San Vitale hatte mich sehr beeindruckt. Ein Ort, den man wieder und immer wieder besuchen kann. Selten finden in ihr noch Messen statt, es muss ein besonderes Erlebnis sein, da einmal dabei zu sein! Und … sie ist nur ein kultureller Schatz, den Ravenna beherbergt aber ein ganz Besonderer!

Via San Vitale, 48121 Ravenna
Kombi-Ticket mit Mausoleao di Galla Placidia € 9,— (2022)

Die italienischen Städte mit frühzeitlicher Geschichte haben nachweislich einen besonderen Todfeind: den Tiefbau! Wie viele Städte in Italien mussten das schon sehr teuer lernen, die z. B. auf die unterirdischen Müllsysteme gesetzt hatten. Kaum gräbt man etwas tiefer, ZACK!, liegen die ersten Signale der nächsten archäologischen prähistorischen Fundstätte vor dir, mindestens eine frühe unterirdische Ölmühle. Auch Ravenna kann da viele Lieder von singen!

Domes dei tappeti di pietra
Eines davon ist das Haus der Steinteppiche. Hier sollte unterhalb des historischen Zentrums von Ravenna unweit der Basilica di San Vitale eigentlich eine Tiefgarage entstehen. Vermutlich sowieso ein Unterfangen großer Naivität in dieser Stadt.

Glücklicherweise sind die Bauarbeiter Italiens sensibilisiert genug, bei frühen Anzeichen historischen Vorlebens innezuhalten. So geschah es auch, als man erste Steinmauern freilegte, die auf die Grundrisse eines Hauses hindeuteten. Heute weiß man, dass es sich um das Erdgeschoss einer byzantinischen Villa aus dem 6. Jahrhundert n. Chr. handelte, deren Niveau drei Meter unterhalb des heutigen Straßenniveaus lag.
Somit entstand keine Tiefgarage, sondern ein charmantes unterirdisches Museum, das durch die kleine Kirche Santa Eufemia in der Via Barbiani betreten wird. Jetzt liegen die großflächigen Mosaikböden samt ihrem Eingang der ehemaligen Villa frei, gestützt durch tragende Elemente, die wiederum auf die unvollendete Existenz der Tiefgarage hindeuten. Gerade dieses gelungene Zusammenspiel mit den gläsernen Brücken, die Besucher*innen ermöglichen über diese alten Böden zu wandeln, hat mir außerordentlich gut gefallen.

Via Gian Battista Barbiani 16, 48121 Ravenna
Ticket € 4,— (2022)

Neonische Taufkapelle

Wird zu Recht als einer der schönsten Innenräume der Spätantike bezeichnet. Das Bapisterium der Orthodoxen liegt gegenüber Ravennas Duomo (Cattedrale della Resurrezione di Nostro Signore Gesù). Es wurde vermutlich als Nymphäum errichtet. Im ersten Viertel des 5. Jahrhunderts n. Chr. erbaut, folgten die wunderschönen Mosaike nach 452 n. Chr. durch Bischof Neo mit klassisch-römischem Einfluss initiiert. Wasser spielt eine große Rolle, so wird der Fluss Jordan dargestellt und die Taufe Chrisi in eben jenem Fluss durch Johannes den Täufer. Je nachdem, wann das Tageslicht in die Kapelle fällt, erhält sie ein anderes Gesicht. Also noch ein Ort, den es nicht nur einmalig zu entdecken gibt.

Piazza Duomo 1, 48121 Ravenna
Eintritt € 10,50 (2022)

Das sind nur einige der historischen besonderen Sehenswürdigkeiten in Ravenna und der Mosaik-Geschichte der Stadt. Tatsächlich sind alle genannten Orte fußläufig zu erreichen und wären an einem Tag zu besichtigen. Ich empfehle dennoch sich ausreichend Zeit für diese historischen Schönheiten zu nehmen. Zumal ich lediglich eine sehr kleine Auswahl besprochen habe. Die Vielfalt an Mosaiken Ravennas und ihre Geschichten, die sie erzählen, sie ist enorm. Wir wurden einen Tag lang durch diese Vielfalt und Historie – nennen wir es gejagt – und das war schade, denn irgendwie muss dieses historische Erleben so mannigfacher wunderschöner Kunst verarbeitet werden dürfen.

Insofern, wer Ravenna besuchen möchte, nehmt euch mindestens eine Woche Zeit – denn … von der zeitgenössischen Mosaikkunst, die in ihrer Kreativität und Faszinovum mit der Historischen durchaus mithalten kann, erzähle ich in einem anderen Blogpost zu dieser besonderen Stadt.

Ich gebe zu: Ravenna – hat mich erst auf den zweiten Blick berührt. Aber dann tief und nachhaltig!

Weitere Blogposts zu Ravenna und Umgebung:

Ravennas moderne Mosaike (2)

Die Sehenswürdigkeiten von Classe

Ravenna – einfach köstlich!

Cervia – Vielfalt an der Adria

Die Salinen des Dolce di Cervia

Casa Museo Remo Brindisi in Lido di Spina

2023-07-12

Cocktails auf Eis in der THE WASH BAR

Den Beruf des Vorkosters aus der Geschichte kennen wir alle. Aber so richtig zu Weltruhm ist in dieser Funktion noch nie einer dieser Akteure namentlich gelangt, oder? (Ihn oben im Bild tauften wir „George”.)

Also außer Probieris vielleicht … aber der ist eher gallische Fiktion und hatte das in diesem Beruf sehr seltene Talent zur Wiederauferstehung. Wusstet Ihr, dass der Beruf des kaiserlichen, königlichen oder päpstlichen Vorkosters, meist Sklaven, erst aus der Mode gekommen war, als man Blei als praktikable Lösung zum Giftmord entdeckt hatte? Das wirkte nie sofort, sondern erst nach stetigen, regelmäßigen Beigaben. Da war es dann mit den ersten Vergiftungsanzeichen bei dem Vorkoster für die zu schützende Person auch schon zu spät. Venezianische Witwen sollen darin übrigens frühzeitig besonders hohe fachliche Expertise gehabt haben.

Jedenfalls: Dieser Job ist back – im sehr positiven Sinne! Ich durfte bereits zum zweiten Mal eure Vorkosterin (creezytasteix) in der THE WASH BAR sein. Selbstverständlich hierfür von den Gastgebern in gänzlich friedlicher Absicht lediglich zu dem Slush-Event „Berliner Presse erfriert” eingeladen. Es ist nun beinahe schon eine Tradition, dass eine illustre Gruppe berichtender Personen dieser Stadt von Dustin Render
und Marius Döring und ihrem charmanten Team gebeten werden, um aus einer Reihe köstlicher Cocktail-Pairings, diesen einen besonders brillianten Cocktail zu küren, der es auf die feste Karte schafft und – dieses Mal insbesondere – Drink des Sommers ’23 wird.

Wir wurden gerufen, haben getrunken und gewählt!

Im 2. Medien Pretasting der THE WASH BAR wurden uns vier Eigenkreationen sommerlich passend aus der Kategorie „Slush” (halbgefrorenes Trinkeis) serviert.
So simpel: Man nimmt einen heißen Sommerabend, die musikalische Begleitung von DJ DYNE, etwas Standfestigkeit liefernde Crackbun Sliders von Crackbuns, ungemein kreative Bartender, diverse Spirituosen und spannende Bestandteile der Natur und Nahrungskette aus der eigenen Hexenküche der THE WASH BAR und neugierige Vorkoster*innen – und schon wird in der Brunnenstraße 163 diese spezielle sommerliche Großartigkeit Berlins versprüht für die man diese Stadt in dieser Jahreszeit einfach lieben muss!
Begrüßt wurden wir mit einem extreme Leichtigkeit stiftenden FROZÉ SPRITZ, im Grunde ein Apérol mit Slush-Eis – den ich gerne locker den ganzen Abend trinken hätte wollen, aber ich hatte noch meiner Vorkoster-Ambition zu frönen. Die Crackbuns dazu waren fantastisch und haben die richtige Unterlage geschaffen für mehr Sprit to come!

Die uns kredenzten Drinks auf Eis trugen klanghafte Namen wie
TEMPTATION ISLAND LIKE Akavit Dild Lemon Infused, Coconat Liqueur Drgaonfruit Infused, Supasava; Hibiscus, Wild Berry (der perfekte Cocktail zum Junggesell*innenabschied, quietschepink und zuckersüß),
BANANA JOE Rye Whiskey, Parsley, Pineapple Liqueur Lavender Infused, Green Banana Liqueur, Riesling, Jägermeister, White Peach (bestimmt trinkbar und lecker aber für mich bitte Banane nur unreif zur Magnesium-Kompensation, nie in Drinks oder Desserts) und
BLUE MAGIC Vodka, Watermelon, Blueberry Liqueur, Peppermint, Supsava, Soda, Lemonade (coole Farbe und einfach lecker, definitiv mein Platz No. 2!)

And the winner is …
Aber als notorische Nicht-Biertrinkerin habe ich noch überzeugter für BIER YOU, BIER ME gestimmt. Ein abgewandelter London Buck mit Monkey47 Schwarzwald Gin, Gurkengeist aus dem Spreewald, selbst gemachten Holunderblütenlikör, Zitrone, Ginger Beer und gezapftem Pils. Das alles auf Slush-Eis serviert. Und: Surprise, Surprise! Die meisten meiner Mit-Taster stimmten zu, denn BIER YOU, BIER ME war der Gewinner des Abends!

Für mich war es der richtige Drink, weil ich eh einen kleinen Crush auf Gurke in Getränken habe. Alle andere Zutaten haben diesen Cocktail zu einem erfrischend tiefgründigen, trotzdem luftigen Drink gemacht. Luftig deshalb, weil er nicht allzu süß schmeckte, etwas herber und nicht ganz so verspielt wie der TEMPTATION.

Aber nun solltet ihr unseren Favoriten unbedingt selber kosten: von Mittwoch bis Samstag ab 18 Uhr in der THE WASH BAR, Brunnestraße 163 in 10119 Berlin.
Es war wieder ein gelungener Abend voller spannendem Insiderwissen über Cocktailkultur und spannenden Tastings. Dankeschön an das tolle Team der THE WASH BAR!

2023-07-09

Cesentatico – einfach köstlich

Einen Vormittag lange konnte ich solo durch Cesenatico schlendern bis unsere Reisegruppe zusammen finden sollte. Zur Mittagszeit habe ich natürlich überall vorwitzig auf die Teller der Restaurants entlang des Canale Leonardesco geguckt – und mehr Appetit bekommen als ich überhaupt haben konnte nach dem reichhaltigen Frühstück in unserem Hotel Lalla.

Ristorante Titon
Auserwählt habe ich später auf der Via Marino Moretti 10 das Restaurant Titon auf der Ponente-Seite des Canale, dessen Fischkarte mich sehr angesprochen hatte. Dazu mochte ich die Veranda draußen direkt am Kanal – aber es gibt in dem alten Palazzo aus dem 17. Jahrhundert, früher eine einfache Osteria für die Fischer, auch Tische im hinteren Garten. Das Titon ist ein Familienbetrieb, die Söhne von Chefkoch Alberto Malpezzi führen dieses Restaurant und haben ihren Vater zum Ende seiner 40-jährigen Kochkarriere nach Cesenatico gelockt und ihn noch in seinem Ruhestand in ihre Küche verpflichtet.

Alles hätte ich essen wollen, was auf der Speisekarte dieses ausgewiesenen Fischrestaurants steht, das aber auch eine extra Fleischkarte anbietet und habe mich daher für die große Fischvorspeisenplatte „Tavolloza Carosello di Antipasti Freddi” entschieden. Sehr groß (sie ist für zwei Personen gedacht) und sehr kreativ, ungemein lecker. Der offene Frizzante paste perfekt dazu wie auch das Unterhaltungsprogramm „lustige Möwe” und „merkwürdige deutsche Familie am Nebentisch”. Sie wussten nicht, dass ich auch Deutsche bin, dank des Italienischkurses habe ich hier nämlich erstmals komplett in Italienisch bestellt und vor Freude darüber verstanden worden zu ein, die ganze Zeit im Kreis gegrinst. Der Service war so freundlich, schnell und zuvorkommend. Ich würde das Titon sofort wieder besuchen!

Homepage Titon

Als am Abend unsere Gruppe (fast) komplett war, ging es auf zu einem schönen Spaziergang am Meer und später entlang des Kanals hinüber auf das Levante Ufer zu dem Ort, wo wir zu einem fulminanten Aperitivo eingeladen waren, nämlich ins …

Ristorante La Spiaggia
La Spiaggia – der Name ist Programm. Ein wundervolles am Strand gelegenes Restaurant, das dem Grand Hotel da Vinci angeschlossen ist. Es liegt 100 Schritte vom Canale auf der Levanto Seite entfernt. Hier kann man romantisch heiraten und exklusive Strandfeste feiern – oder einfach fantastisch essen. Und zwar schon zum Frühstück. Wir wurden an unserem ersten Abend in Cesenatico offiziell und herzlich von der Hotelvereinigung Cesenaticos im La Spiaggia zum Aperitivo – klassisch mit Spumante – empfangen und später herzlich zu Tisch gebeten, um die hervorragende Küche von Chefkoch Alessando Trovato und seinem Team genießen zu dürfen.

Trovato setzt auf die Zero Kilometre-Philosophie. Alle Zutaten kommen aus der direkten Umgebung – und so ist es kein Wunder, dass auch das La Spiaggia vor allem Fisch, Meeresfrüche und frisches Gemüse der Saison kredenzt.

Zum Chardonnay Ivoe di Umberto Cesari wurden uns als Vospeise zarteste Fischioni (kleine Calamari) gratiniert in Papyruspapier mit Zucchini serviert. Und dann ging es so klangvoll wie lecker weiter mit einem Riso Vialone Nano al profumo di mare – Risotto rosso di pescce come una volta mantecato con olio EVO übersetzt: Vialone Nano-Reis mit Meeresaroma – Fischroter Risotto mit Olivenöl höchster Güteklasse aufgeschlagen.
Das war für mich der beste Risotto, den ich bisher essen durfte. So saftig und aromatisch, eine ganz große Freude und gleichzeitig meine persönliche Katastrophe, denn ich konnte ihn nicht aufessen, weil ich sonst die anderen Gänge nicht mehr hätte essen können. Aber in diesem Risotto war die ganze Adria involviert – er wird mich in der Erinnerung ein Leben lang begleiten!
Weiter ging es mit mit einem weißen Wolfsbarsch mit Spargel, Kartoffel-Brunoise und Muschel-Elixier – und das nennte sich auf Italienisch: Bianco di spigola con asparagi e brunoise di patate e elisir di vongole dann doch besser! Ein perfekter Gang, der mit „Biscotto al pistacchio con croccantino al pistacchio composta al lampone e ganache montana cioccolato bianco”,
einem Pistazienplätzchen mit Pistazien-Croccantino-Himbeerkompott und weißer Schokoladen-Montana-Ganache und dem Abschluss-Caffè ein fulminantes Ende fand.

Das La Spiaggia würde von mir übrigens den Sonderpreis für wunderschöne Stilelemente erhalten, traumhaft schöne Türklinken – und, mal ehrlich, habt Ihr je ein schöneres Symbol für das stille Örtchen gesehen? Homepage La Spiaggia


La Scalo 17
Die Piccola Bottega Portuale war mir schon an meinem ersten Vormittag aufgefallen als ich auf dem Corso Giuseppe Garibaldi an der Nummer 17 hoch zum Porto Canale Leonardesco lief, um dort die Brücke zu queren. Es wurden dort nämlich feine Teller mit sehr hübsch angerichteten Antipasti an den Tisch getragen, so dass ich es schon für mein Mittagessen ins Auge fasste – nur zu diesem Zeitpunkt war es leider noch zu früh für mich. Das Haus in dem Giuseppe Garibaldi auf der Flucht mit seiner Anita einige Stunden verbrachte, liegt übrigens in unmittelbarer Nähe.

Aber wie es sich sehr schön fügte: Wir durften wir am dritten Tag unseres Aufenthaltes zu einem Mittagessen im La Sccalo 17 Platz nehmen, so erfüllte sich mein kleiner Wunsch dann doch! Die Sonne schien, wir saßen direkt am Kanal und ich hatte mir kurz zuvor die in Berlin vergessene Sonnenbrille in einem Laden flink ersetzt. Es war großartig! Auch im La Scalo 17 bekommt man vor allem die Geschenke des Meerres serviert – der Fischerhafen mit der Auktionshalle liegt quer gegenüber. Die Fischmarkthalle um die Ecke – allora perché non?

Wer hier nicht essen möchte, kann auf jeden Fall gut einkaufen (auch im Online-Shop!). Die Botega hält viele leckere Köstlichkeiten und Weine in den Regalen parat, ist extrem charmant eingerichtet – und ebenso war unser Service. Die Karte des La Scalo 17 variiert ständig, mindestens wöchentlich, wenn ich es korrekt verstanden habe.

Wir hatten als Vorspeise diese wundervollen eingelegten Sardinen und knackige in Rotwein eingelegte Cipole. Als Pasta Spaghetti a la Chitarra mit … lustigen Meeresfrüchten und viel Knoblauch, gefolgt von Seppie e piselli come una volta – Oktopus mit Erbsen in Tomatensauce (sehr lecker, ich war schon wieder viel zu satt. Aber das werde ich sehr sicher nachkochen.) Und dann natürlich sehr frische vorzügliche Sarde fritte. Ein Dessert mussten wir leider auslassen, wir konnten alle nicht mehr. Die riesige Pastaportion hatte uns geschafft!

Nicht zu vergessen, ein Vino Bianco Frizante, Podere La Grotta di Montetordo, der uns spritzig und genau richtig begleitet hatte beim Essen. Dieser Wein war perfekt und hatte uns die wirklich schöne Zeit in Cesenatico am Canale und im La Scalo 17 zusammen mit dem traumhaften Wetter noch schöner gemacht! Auch bei diesem Wein begenete uns erneut das Zero Kilometre-Prinzip, die Reben wachsen in Saiano bei Cesena.

Homepage La Scalo 17

Weitere Blogposts rund um Cesenatico und die Provinz Forli-Cesena

Cesenatico – die bunte Perle an der Adria
Cesena – mit dem Rad entdeckt!
Gastfreundschaft in Cesenatico … und Bologna
Cesenatico und das Meer

2023-06-27

Raja 45 – ein König von einem Rucksack!

Werbeblock – kommt von Herzen!

Das Start-up ETHNOTEK (Ethno - tek: Ethnologie und Technologie) stellt pünktlich zur Reisezeit den Reiserucksack Raja 46 (Raja = „König” in Hindi) in sechs neuen Designs namens Guatemala vor, die Kunsthandwerker*innen in Guatemala entwickelt und produziert haben. Raja ist ein smart durchdachter Reiserucksack in Outdoor-Qualität, aber mit der besonderen Schönheit traditioneller Textilien. Die Designs und Stoffe werden fair von den Produzenten erworben und ebnso fair und umweltfreundlich in Vietnam produziert.

Der Raja Reise Rucksack 46 besteht aus wasserabweisendem 840-Denier-Ballisstic-Nylon-Gewebe mit der eingebauten handgefertigten Baumwollverkleidung, Thread™, die jede ETHNOTEK-Produkt ihren besonderern Stil verleihen, in den Maßen: 38x56x22 cm – Airline-Handgepäck konform. Das Rolltop-Hauptfach mit Schnellverschluss ist ebenfalls über eine linke Seitentasche zu bedienen. Eine Einschubtasche freut sich auf Reisekarten/-führer. Die Reißverschlusstasche sorgt für schnellen Zugriff auf Reisedokumente oder Stifte. Im Rücken befindet sich ein gepolstertes Laptopfach für die 13“ bis 17“-Technik. Dieses Fach ist durch einen Schaumstofftrenner in der Größe verstellbar. Das Taschendesign im Innern des Rucksacks ist mit zusätzlichen Dokumenten- u. Kabeltaschen clever durchdacht.

Raja 45 hat zwei seitliche Security-Fächer und eine Flaschentasche für 1,5 Literflaschen. Ein höhenverstellbarer Brustgurt an den Schulterriemen lässt den Rucksack von beiden Geschlechtern gleichermaßen komfortabel benutzen – einen integrierbaren Hüftgurt mit RV-Tasche gibt es optional zu kaufen. Das Rückenteil ist gepolstert. Obendrauf kann man mit vier Schnellverschlüssen noch Skateboards, Yogamatten oder Fahrradhelme praktisch transportieren. Oder … den Rucksack im Design wieder verändern, denn mit diesen Verschlüssen sind auch die Threads™ auszutauschen.

Das Beste am Raja sind nämlich die Threads™, mit denen man seinen Rucksack (übrigens auch bei den vielen anderen ETHNOTEK-Produkten, z. B. Laptoptaschen) immer wieder im Look verändern kann. Sie stammen von Produzenten aus Ghana, Indien, Vietnam und Guatemala. Sie können gleichzeitig z. B. als Sitzmatte am Strand dienen. Weitere Threads™ sind optinal (€ 39,—) erhältlich, so kann man seinen Raja nach Lebenslaune oder Saison kreativ verändern. Die Textilen der Threads™ sind immer handgefertigt, absolut vegan – und fair produziert.

Auf jedem Thread™ werden die Urheber*innen der Motive mit Namen und Region vorgestellt und sorgen für den persönlichen Bezug bei den Rucksack-Eigentümern. Die Designer des von euch ausgewählten Threads™ freuen sich übrigens auch über eure besondere Spende, die über die Homepage von ETHNOTEK möglich ist. Trefft sie persönlich auf der ETHNOTEK-Homepage!

ETHNOTEK nutzt diese Form der Identifikation, um Designräubern, die traditionelle Motive oft industriell nachdrucken – ohne die Designer um Erlaubnis zu fragen, noch den kulturellen Hintergrund der Motive zu respektieren – den Kampf anzusagen. Diese Form der kulturellen Aneignung, beobachtet bei großen Sport- und Modemarken, verurteilt ETHNOTEK und zeigt, wie es besser geht.

Zusammen mit den Kunsthandwerker*innen möchte ETHNOTEK die Nachfrage nach traditionellen Textilien ankurbeln, um mit einem ethisch einwandfreien Produkt die Lebensumstände in den Partner-Dörfern der jeweiligen Länder zu verbessern. Sie eint der gemeinsame Wunsch, die kulturelle Diversität zu feiern und dem lokalen Handwerk eine globale Bühne zu geben. Mit wirklich sehenswerten Designs zu denen es natürlich passend auch weitere Taschenmodelle, z. B. Cyclings und Portemonnaies gibt.

Der Raja Reise Rucksack 46 ist ein extrem klug durchdachter Reisebegleiter für Reisen bis zu einer Woche Aufenthalt, im Job, Sport oder Freizeit. ETHNOTEK repariert im Schadensfall euren Raja gerne. Wobei seine Qualität für sich spricht – denn ETHNOTEK gewährt 30 Jahre Garantie auf den Rucksack!

Aktuell erhaltet Ihr diesen veganen, fairen Allrounder im Sommerangebot für nur Euro 219,— anstatt für € 249,—.

2023-06-01

Jedes Mal Spaß!

Meine Docking Station liegt angenehm gestaltet auf einer Seite grüne Fläche und Baum und auf der anderen Seite, der Hauseinangsseite, auch grüne Fläche mit Baum. Davor natürlich die Zuwegung, die der jüngere, ich vermute BMW-fahrende Geschäftsführer der Hausverwaltung, irgendwann hatte für Autos ausbauen lassen. Tatsächlich ist dennoch die Zufahrt lt. Mietvertrag lediglich uns Mieter für Umzüge und ansonsten nur Fahrzeugen mit Sonderzulassung, wie z. B. RTW, Bestattungsfahrzeugen etc. gestattet. Die meisten Anteilseigner wollten keine freien Zufahrten (vorher stand hier sogar eine Schranke, um das zu signalisieren. Aber der junge Geschäftsführer definiert sich selber wohl über sein Auto, was kratzen ihn da die Bedürfnisse seiner Gehaltszahler, näch?

Es gibt also einen schmalen gepflasterten Weg auf der einen Häuserseite und auf der anderen Häuserseite – im hinteren Bereich der Anlage beide verbunden von ebenfalls einem solchen Weg, der aber nur noch als Fußweg mit deutlich weniger Breite gestaltet ist. Das sieht man aber nicht, wenn man auf das Gelände fährt. Man sieht nur Weg – und hat Hoffnung.

Gerne fahren Menschen auf unser Gelände, obwohl sie es nicht tun sollen. Meist Lieferanten von Essen. Es gibt vorne zwei Besucherparkplätze bzw. kann man kurz hinter der Auffahrt auch in zweiter Reihe kurz halten. Aber es muss denoch vorgefahren werden. Reinfahren geht leider gar nicht – aus rein architektonischen Gründen. Würde das funktionieren, wäre Essenslieferung aus dem Auto heraus auch im vierten OG bis an die Haustür die sichere Nummer.

Dass auf einem Privatgelände grundsätzlich Schrittgeschwindigkeit nur gefahren werden darf, ist eine Verkehrsregel für sich, die wir hier erwähnen können. Sie ist natürlich in der Praxis nicht relevant. Vielleicht liegt es daran, dass Schrittgeschwindigkeit seit meinem Führerschein nunmehr 15 km/h schneller geworden sind (also zusätzlich zur allgemein geltenden Schrittgeschwindigkeit.) Durchschnittlich bewegen sich Fußgänger wohl 3,6 km/h in Deutschland wurde einmal ermittelt. Natürlich ist ein Auto kein Fußgänger und kann das gar nicht wissen. Schwamm drüber.

Jedenfalls macht es Autofahrern offensichtlich immer große Freude mit ordentlich Speed auf diesen schmalen Zuwegungen vor unsere Häuser zu fahren. Frisch. Flockig. Und motiviert.

Irgendwann stellen sie dann fest, dass sie „da hinten” doch nicht einfach mit dem Auto um die Ecke fahren können, um auf der anderen Seite zurückzufahren. Sie fahren vor und dann stehen sie da. Und meist verlässt sie dann die Freude, die Flockigkeit auch. Die Motivation indes ist natürlich immer gegeben wieder vom Hof zu kommen. Wie unentspannt, gar nicht so flexibel viele Autofahrer überhaupt nicht so gerne rückwärts 50 Meter fahren können auf einer Zuwegung, die seitlich klar begrenzt ist, das ist ein Faszinovum.

Und ich kann nur sagen, mir macht es auch immer große Freude, das zu sehen.

2023-05-20

Die Rettungsgasse in einer Zeit der Egoisten

Als ich meinen Führersein gemacht hatte, 1983, bin ich da relativ unbedarft ran gegangen. Verkehrserziehung in der Schule war damals noch nicht so sehr das Thema. Es gab zwar, jedoch wenige, Verkehrsgärten für Kinder aber zumindest in meiner Grundschulzeit sind wir dort nur mit dem Hort zwei Mal nachmittags gewesen. Wer nicht im Hort war, Pech gehabt. Seitens der Schule gab es de facto keine echte Verkehrserziehung, der nächste Verkehrsgarten lag einfach zu weit weg, um das im Unterricht zu bewerkstelligen. Außerdem herrschte damals auch schon eklatanter Lehrermangel und somit gab es keine begleitenden zusätzliche Lehrkraft, für – es war die Gastarbeiterzeit – zu großen Klassen. (Also lasst euch von niemandem erzählen, die heutigen Probleme in den Schule hätten Deutschland gänzlich unvorbereitet getroffen.)

Mofa bin ich nie gefahren, nur Fahrrad. Das spätestens mit dem Wechsel auf das Gymnasium, das eher kompliziert mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen war, sehr regelmäßig. Und das war gar nicht immer so richtig lustig, denn mit 12 (das Alter in dem man in Berlin von der sechsten Klasse in die Oberstufe wechselte) ist man vollpubertär und zunehmend intensiv auf das Äußerliche fixiert und auf Jungs – und dem aktuellen Schwarm wollte man einfach nicht begossen wie ein Pudel nach einer Radfahrt durch ein Regengebiet begegnen. Das mit dem Verkehr auf dem Rad war damals relativ einfach: Ich bin allermeist auf Radwegen gefahren. Habe mich an Ampelsignale gehalten, was ein Vorfahrtschild für eine Bedeutung hat und rechts vor links, waren Regeln, die meine Auto fahrende Mutter mir als Beisitzerin nebenbei beigebracht hatte.

Irgendwann kam der Sommer nach dem ich im Herbst 18 werden sollte und der Führerschein, der war damals noch in meiner Generation ein „must have”-Thema. In meiner Familie stand der Besitz des Führerscheins auch als ein Zeichen der Emanzipation. Mit dem Besitz des Führerscheins, den mein Vater nie machen sollte, hatte sich meine Mutter mit „der Wanne”, dem runden Ford Taunus, relativ schnell aus der unschönen Familiensituation frei gefahren.

Im Prinzip machte man damals den Schein im Klassenkollektiv – und es galt als gesetzt, dass man den (mit etwas Behördenglück) zum 18 bei der Dienststelle abholen konnte, vorherige bestandene Prüfungen vorausgesetzt. Aufgrund meiner finanziellen Familienverhältnisse musste ich mir meinen Führerschein zum allergrößten Teil selber finanzieren, ich schuftete die Sommerferien morgens als Reinigungskraft im Hôpital Militaire Louis Pasteur im Quartier Napoléon (französische Streitkräfte), dazu musste ich mit den Öffentlichen von Tiergarten nach Tegel, um 05:30 Uhr war Dienstbeginn. Fuhr dann zwei Stunden später zurück nach Hause, um Mittag zu essen, um dann von Tiergarten mit dem Rad in die Flughaftenstraße nach Neukölln zu rasen, weil ich dort im Schwimmbad am Columbiadamm nachmittags im Imbiss Geschirr abwusch und Eisbecher mit Erdbeeren baute. Ich habe mir meinen Führerschein hart erkämpft und teuer verdient. 25 Fahrstunden, das war damals guter Durchschnitt, Theorie 0 Fehler, Fahrprüfung beim ersten Mal bestanden bei Herrn Zieselinksi, der damals dafür bekannt war, human zu Fahrschülern in der Prüfung zu sein. Sein Ding waren wohl Einbahnstraßen, dieses sich links einordnen, wenn man aus einer Einbahnstraße nach links fahren möchte. Hatte ich voll drauf.

Übrigens hatte ich kein Behördenglück, nämlich erst vier Tage nach meinem 18. Geburtstag den praktischen Prüfungsgermin zugeteilt bekommen.

Mein Kalkül war mich als Tiergartnerin in einer Fahrschule in Charlottenburg anzumelden, in der Hoffnung nicht in Tempelhof oder Spandau geprüft zu werden, sondern eben in Charlottenburg – wo ich mich, weil ich dort die ersten Lebensjahre lebte und mein Vater als auch Großmutter zu diesem Zeitpunkt immer noch lebten, gut auskannte. Mein Kalkül ist gut aufgegangen. (Tief in meinem Herzen ist Charlottenburg auch heute noch mein Kiez.) Aber da hätte auch nix schief gehen dürfen, weil mein Führerscheinbudget hart auf Kante genäht war.

In der Fahrschule, den Theoriestunden, also begegnete mir erstmals bewusst das Prinzip Rettungsgasse. „Cool!”, dachte ich damals und das denke ich auch noch heute: „Das ist doch ein kluge Lösung für alle Probleme, wenn einmal ein Unfall passiert und der Platz knapp ist. Alle rücken zusammen und verhalten sich nach diesem Regelwerk und wenn du ggfs. selbst vorne halb am verbluten bist, können Rettungskräfte dich trotzdem sehr schnell retten.”

Mich hatte – als Berlinerin kannte man das Prinzip Stau im Straßenverkehr schon damals ganz gut – die Logik einer Rettungsgasse sofort überzeugt. Platz machen in einer Notsituation für andere. Tut nicht weh, ob man nun mitten auf der Fahrbahnspur steht oder etwas weiter rechts, oder? Wenn kann das ernsthaft stören? Denn allermeist kommt man entweder eh gerade nicht wirklich weiter. Oder man kommt doch bei fließendem Verkehr sehr schnell wieder weiter. Aber auch dann hat das Bilden einer Gasse keinen ungünstigen Einfluss auf das eigene Tagesgeschehen.

Tatsächlich finde ich das Prinzip der Rettungsgasse auch heute noch ein Stück weit großartig. Ich weiß, da ist irgendwo ein oder sind mehrere Menschen in schlimmer gesundheitlicher oder anderer Not – und Sanitäter, Notärzte oder Polizisten sind auf dem Weg diesen Menschen in Not zu helfen – und indem ich mich in dem einen sehr kurzen Moment sozial und gemäß geltender Verkehrsregeln verhalte, kann ich bestenfalls deren Leid verkürzen. Das tue ich übrigens genauso auch als Fußgängerin oder Radfahrerin. Ja: Auch als Radfahrerin. Es gehört nämlich auch zu meiner Pflicht stehen zu bleiben auf dem Radweg, so dass Autos in dem Moment auf dem Radweg ausweichen können, um die Mitte beider Fahrbahnen freizumachen. Dann wird halt die eine Ampelphase später genommen. So fucking what? Aktiv dazu beitragen, dass Leid zeitlich verkürzt wird. Gerettet wird. Oder Straftaten verhindert werden können. Ist das nicht das coolste Ding überhaupt?

Ich werde nie begreifen, was einzelne Verkehrsteilnehmer daran hindert, es mir gleich zu tun: außer, dass sie schlicht zu blöd sind.

Und nein, Klimaaktivisten auf den Straßen sind hierfür zu keinem Zeitpunkt jemals die Ursache gewesen, dass Rettungsgassen nicht gebildet werden.

Das Problem blöder Autofahrer haben wir deutlich länger als das Phänomen auf Straßen klebender junger Menschen. Wer keine Rettungsgassse bildet oder solche durchfährt (weil es im Mofa zu warm ist unter der Lederkluft), der ist zu blöd. Und wer hierfür zu blöd ist, braucht seinen Führerschein nicht, denn: die Person ist nachweislich zu blöd sich an Verkehrsregeln zu halten.

So einfach. Und kein „aber …”! Einfach zu blöd!

2023-05-18

Tragödie in Forli-Cesena

Nun hat nach der katastrophalen Flut im deutschen Ahrtal in 2021 in diesen Tagen eine italienische Region eine ähnliche Katastrophe ereilt. In der Emilia Romagna, hier insbesondere in Forli-Cesena und bis in die Marken, konnten die übermäßigen Regenfälle seit Montag nicht von komplett ausgetrockneten Böden ausreichend schnell aufgenommen werden, so dass die Flüsse in den Regionen über die Ufer getreten sind. Wasser hat so eine irsinnige Macht!

Ich hoffe so sehr, die Zahlen der Toten erhöhen sich nicht weiter und die Menschen kommen größtenteils mit dem Schrecken davon. Ich hoffe auch, dass die von der italienischen Regierung versprochene Unterstützungen wirklich bei den Menschen ankommen, so dass sie zerstörten Wohnraum und Existenzen wieder möglichst schnell herstellen können. Möge es dort besser laufen als in Deutschland, denn hier warten die Menschen im Ahrtal (und andere betroffenen Gebiete) immer noch auf zugesagte Unterstützung.

Da ich nun vor nicht einmal drei Wochen dort vor Ort war – in Cesenna, in Bologna, in Cesenatico und im vergangenen Jahr auch in Ravenna – bdrückt mich dieses Unglück sehr, denn ich habe diese schöne Landschaft bei strahlendem Sonnenschein so wunderschön grün und satt gesehen, die herzlichen und engagierten Menschen erlebt, die für ihr Land so gerne und viel schaffen wollen, nicht nur aber auch im Tourismus. Wir durften ihre großzügige Gastfreundschaft erleben. Ich habe die historischen Kunstschätze gesehen, die Weinstöcke in der Landschaft, die gerade anfingen Früchte auszutreiben, erlebt wie sich diese Region auf den beginnenden Sommertourismus vorbereitet hatte.

So vieles davon ist nun den Wassermassen zum Opfer gefallen! Und die fürchterlichen Bilder lassen ratlos zurück. Uns Teilnehmer der Reise als Nichtbetroffene, weil wir gleichzeitig doch gerade an unseren Texten sitzen, um Menschen auf diese wunderschöne Region aufmerksam zu machen und unsere schönen Erlebnisse teilen wollen. Menschen, die diese Regionen aus wunderschönen Urlauben kennen, deren Produkte der Landwirtschaft genießen.

Möge die Katastrophe nun wirklich vorbei sein!