2022-11-20

Ravenna – einfach köstlich!

Unbestritten ist, dass man in der Emilia Romagna köstlich essen kann. Den Grubenkäse hatte ich euch schon in einem früheren Blogpost vorgestellt. In Ravenna locken also nicht nur Mosaike – überall werben Schilder für eine köstliche Piadina, dem legendären Imbiss dieser Region. Geht man hier in eines der Restaurants der Stadt, das in den vielen Stadtpalästen untergebracht ist, passiert es nicht selten, dass man vorne in ein auf den ersten Blick vermeintlich unscheinbares Haus eintritt, das sich räumlich nach hinten erstaunlich weit zu einem riesigen Palazzo entwickelt und mit Decken- und auch Freskenmalereien an den Decken überrascht, dass einem glatt der Mund offen stehen bleibt. Der kann natürlich gleich gefüllt werden. Aber irgendwo lockt garantiert auch Mosaikkunst, die Ravennati können so wenig ohne Mosaik wie sie ohne Piadina können. Fakt.

Und an der Piadina kommt man nicht vorbei. Der Teigfladen aus Weizenmehl regiert hier aber so etwas von in der Küche!
Entweder wird sie als Brot trocken warm in kleine Stücke geschnitten zu den fantastischen Antipasti der Romagna serviert. Oder sie wird frisch zubereitet gefüllt mit Ruccola, gedünstetem Gemüse oder mit den herrlichen Schinken oder Salami der Region und natürlich Squacquerone, dem cremigen Kuhmilchkäse der in der warmen Piadina schön schmilzt und sie mit den weiteren Zutaten der Füllung verbindet. Und aus der Hand verspeist. Wir wollen hier nicht über Kalorien reden – aber der Nährwert einer Piadina ist unumstritten. Selbstverständlich verträgt sie sich auch mit süßen Füllungen, aber das muss ich wohl nicht erst erwähnen?!

So eine Piadina ist selber sehr einfach zuzubereiten. Die Zutaten sind für ca. fünf Piadini

500 Gramm Mehl Tipo 0, maximal 00 (z. B. von Caputo)
250 ml lauwarmes Wasser (zu kaltes/warmes Wasser verändert die Teigstruktur zu sehr)
80 Gramm Schweineschmalz (vegetarisch/vegan: ca. 75 Gramm Olivenöl)
1 Gramm Backpulver
10 Gramm Salz.

Mehl auf die Arbeitsplatte geben – in die Mitte das Schmalz und Salz und Backpulver und dann mit dem Wasser das Schmalz in das Mail einarbeiten. 15-20 Minuten den Teig kneten und dann in Folie eingewickelt 30 Minuten rasten lassen, damit das Gluten seine Klebeeigenschaften entwickeln kann. Im Grunde ist es das gleiche Verfahren wie bei einem Pastateig.

Nun den Teig noch einmal kneten und zu einer Rolle formen und Stücke abschneiden, die ca. 180 Gramm schwer sind. Die Teigstücke in eine runde Form bzw. Kugeln wirken und nochmals alle Kugeln in Folie eingewickelt wieder 30 Minuten ruhen lassen. Piadina-Profis haben natürlich Maschinen, die diese Kugeln in eine runde Teigform pressen.

Die gestandene Hausfrau der Emilia Romagna, die Azdore, sie begrüßt euch am Beginn dieses Blogposts, rollt den Teig mit dem Matterello, dem italienischen Nudelholz, das dünner, dafür länger als unseres Pendant ist, zu einem ca. 3-4 cm dicken Teigfladen aus. In einer sehr heißen Pfanne, am besten aus Gußeisen wird die Piadina nun auf dem Herd ohne Fett gebacken. Auf jeder Seite ca. 3-4 Minuten, bitte nicht ständig dabei wenden, sonst gerät sie zu trocken. Die Piadina muss leicht biegsam bleiben. Alles in allem also keine Hexerei.

Wenn man sie jetzt mit dem Squacquerone füllt, streicht man den auf eine Hälte der Piadina, klappt sie in der Mitte und legt sie nochmals für drei Minuten in die Pfanne bis der Käse in ihr zu schmelzen beginnt. Den Rest macht die Füllung aus – und deren Variationen können so unendlich gut wie vielfältig sein. Ich hatte sie z. B. noch mit einer gebratenen Salsiccia dazu mit zum Flughafen genommen, sehr fein!


Mercato Coperto Ravenna

Frisch gemachte vor den eigenen Augen zubereitete Piadina bekommt man natürlich ganz frisch in der Piadineria der Mercato Coperto. Diese Markthalle liegt zentral auf der Piazza Andrea Costa und ist ein must-go, wenn man in der Stadt weilt. Sie ist ein bisschen wie die Berliner Markthalle IX im nobleren KaDeWe-Chic!

Fantastische frische Lebensmittel (ein Supermarkt ist integriert) wie Pasta, Fleisch, Fisch, Weine, Back, Käse- und Wurstwaren gibt es an den einzelnen Ständen zu kaufen und natürlich laden Imbisse als auch Restaurants zum Verweilen ein. Die Steaks aus dem Reifeschrank werden direkt nebenan in der offenen Küche auf dem Grill zubereitet!

In der oberen Etage gibt es Räumlichkeiten für kulturelle Events, die regelmäßig hier stattfinden. Z. B. lädt nun in den Wintermonaten einer der Lido-Besitzer in der strandfreien Zeit alle drei Wochen Freitagabend zu einem Club-Event mit Fine Dining und DJ. Lesungen, regelmäßige Verkostungen und Workshops finden regelmäßig statt. Gerade zu den Veranstaltungen zu gehen, lohnt sich sehr als Tourist. Es gilt dort klassisch gesehen und gesehen werden – wenigstens auf einen Aperitivo schaut dann die feine Gesellschaft von Ravenna hier vorbei! Besser und leckerer kann man die Menschen in Ravenna gar nicht kennenlernen!


Ca’ de Vèn
Die mit Abstand beste Piadina – hier als Brotbeilage zu den Antipasti – die ich in meiner Zeit in Ravenna probieren durfte, gab es im Ca’ de Vèn, das praktischerweise direkt gegenüber unseres Hotels liegt und somit in der gut besuchten Via Corrado Ricci. Es ist schon erstaunlich, wie sehr ein eigentlich so einfaches Produkt viel oder weniger Spaß machen kann! Das Ca’ de Vén gibt es übrigens … schon immer.
Zumindest das Haus in dem es Gäste willkommen heißt, existiert seit dem 15. Jahrhundert. Und so entpuppt sich hinter der rustikalen Tür ein spannender Mix zwischen Rathauskeller (zu ebener Erde) mit sehr modernem Flair in den hinteren Bereichen des sehr großen Restaurants. Ein Blick zu den gemalten Decken entzückt, auch die riesigen Weinregale lassen der Weinliebhaber Herzen höher schlagen! Ich fand hier die Piadina toll, die Antipasti toll, den Squacquerone angenehm würzig, den Wein gut und die Pasta fantastisch, den Service italienisch rasant und auf den Punkt. Hier wird regionale bodenständige Küche mit hoher Qualität serviert – sehr gut. In diesem Restaurant muss man einfach einkehren, wenn man in Ravenna weilt. Aus ganz vielen Gründen!


Osteria del Tempo Perso

Zur Osteria del Tempo Perso gab es in unserer Gruppe eine einhellige Meinung: Das beste Restaurant unserer Reise! Hierher sind wir von der charmanten Kunstdezernentin der Stadt Ravenna, Maria Grazia Marini, anlässlich der Eröffnung der Bienale di Mosaico Contemporaneo eingeladen worden, die uns auch beim Dinner alle Fragen zur Biennale beantwortete. In dem kleinen gemütlichen Restaurant fühlt man sich sofort wohl, es liegt unweit der (unfassbar schönen) Basilika San Vitale und in der Nähe der Via Cavour, die als die Shopping-„Meile” von Ravenna gilt.

Seit 2004 führen Sivia Piccari (Chefkoch) zusammen mit Massimo Serena Monghini (Service) dieses charmante Restaurant in dem vorrangig feine delikate Fischgerichte auf der Speisekarte stehen, natürlich gibt es auch Gemüse- oder Fleischvariationen. Oder feine Desserts!

Es gab – nur unter andereem – Tortino di squacquerone su fonduta di zafferano (Käseflan aus Squacquerone mit geschmolzenen Zwiebeln) und Gamberi in pasta kataifi, riso nero e coulis di zucca (in Kataiffi [Engelshaar] gewickelte frittierte Garnelen mit schwarzem Risotto und einem Orangen-Tomaten-Coulis). Wir haben uns festgesessen und sehr gut gegessen und charmante Weine getrunken. Und sollte mich nochmals mein Weg nach Ravenna führen – hierhin dann sehr sicher auch!

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