2022-11-20

Ravenna – einfach köstlich!

Unbestritten ist, dass man in der Emilia Romagna köstlich essen kann. Den Grubenkäse hatte ich euch schon in einem früheren Blogpost vorgestellt. In Ravenna locken also nicht nur Mosaike – überall werben Schilder für eine köstliche Piadina, dem legendären Imbiss dieser Region. Geht man hier in eines der Restaurants der Stadt, das in den vielen Stadtpalästen untergebracht ist, passiert es nicht selten, dass man vorne in ein auf den ersten Blick vermeintlich unscheinbares Haus eintritt, das sich räumlich nach hinten erstaunlich weit zu einem riesigen Palazzo entwickelt und mit Decken- und auch Freskenmalereien an den Decken überrascht, dass einem glatt der Mund offen stehen bleibt. Der kann natürlich gleich gefüllt werden. Aber irgendwo lockt garantiert auch Mosaikkunst, die Ravennati können so wenig ohne Mosaik wie sie ohne Piadina können. Fakt.

Und an der Piadina kommt man nicht vorbei. Der Teigfladen aus Weizenmehl regiert hier aber so etwas von in der Küche!
Entweder wird sie als Brot trocken warm in kleine Stücke geschnitten zu den fantastischen Antipasti der Romagna serviert. Oder sie wird frisch zubereitet gefüllt mit Ruccola, gedünstetem Gemüse oder mit den herrlichen Schinken oder Salami der Region und natürlich Squacquerone, dem cremigen Kuhmilchkäse der in der warmen Piadina schön schmilzt und sie mit den weiteren Zutaten der Füllung verbindet. Und aus der Hand verspeist. Wir wollen hier nicht über Kalorien reden – aber der Nährwert einer Piadina ist unumstritten. Selbstverständlich verträgt sie sich auch mit süßen Füllungen, aber das muss ich wohl nicht erst erwähnen?!

So eine Piadina ist selber sehr einfach zuzubereiten. Die Zutaten sind für ca. fünf Piadini

500 Gramm Mehl Tipo 0, maximal 00 (z. B. von Caputo)
250 ml lauwarmes Wasser (zu kaltes/warmes Wasser verändert die Teigstruktur zu sehr)
80 Gramm Schweineschmalz (vegetarisch/vegan: ca. 75 Gramm Olivenöl)
1 Gramm Backpulver
10 Gramm Salz.

Mehl auf die Arbeitsplatte geben – in die Mitte das Schmalz und Salz und Backpulver und dann mit dem Wasser das Schmalz in das Mail einarbeiten. 15-20 Minuten den Teig kneten und dann in Folie eingewickelt 30 Minuten rasten lassen, damit das Gluten seine Klebeeigenschaften entwickeln kann. Im Grunde ist es das gleiche Verfahren wie bei einem Pastateig.

Nun den Teig noch einmal kneten und zu einer Rolle formen und Stücke abschneiden, die ca. 180 Gramm schwer sind. Die Teigstücke in eine runde Form bzw. Kugeln wirken und nochmals alle Kugeln in Folie eingewickelt wieder 30 Minuten ruhen lassen. Piadina-Profis haben natürlich Maschinen, die diese Kugeln in eine runde Teigform pressen.

Die gestandene Hausfrau der Emilia Romagna, die Azdore, sie begrüßt euch am Beginn dieses Blogposts, rollt den Teig mit dem Matterello, dem italienischen Nudelholz, das dünner, dafür länger als unseres Pendant ist, zu einem ca. 3-4 cm dicken Teigfladen aus. In einer sehr heißen Pfanne, am besten aus Gußeisen wird die Piadina nun auf dem Herd ohne Fett gebacken. Auf jeder Seite ca. 3-4 Minuten, bitte nicht ständig dabei wenden, sonst gerät sie zu trocken. Die Piadina muss leicht biegsam bleiben. Alles in allem also keine Hexerei.

Wenn man sie jetzt mit dem Squacquerone füllt, streicht man den auf eine Hälte der Piadina, klappt sie in der Mitte und legt sie nochmals für drei Minuten in die Pfanne bis der Käse in ihr zu schmelzen beginnt. Den Rest macht die Füllung aus – und deren Variationen können so unendlich gut wie vielfältig sein. Ich hatte sie z. B. noch mit einer gebratenen Salsiccia dazu mit zum Flughafen genommen, sehr fein!


Mercato Coperto Ravenna

Frisch gemachte vor den eigenen Augen zubereitete Piadina bekommt man natürlich ganz frisch in der Piadineria der Mercato Coperto. Diese Markthalle liegt zentral auf der Piazza Andrea Costa und ist ein must-go, wenn man in der Stadt weilt. Sie ist ein bisschen wie die Berliner Markthalle IX im nobleren KaDeWe-Chic!

Fantastische frische Lebensmittel (ein Supermarkt ist integriert) wie Pasta, Fleisch, Fisch, Weine, Back, Käse- und Wurstwaren gibt es an den einzelnen Ständen zu kaufen und natürlich laden Imbisse als auch Restaurants zum Verweilen ein. Die Steaks aus dem Reifeschrank werden direkt nebenan in der offenen Küche auf dem Grill zubereitet!

In der oberen Etage gibt es Räumlichkeiten für kulturelle Events, die regelmäßig hier stattfinden. Z. B. lädt nun in den Wintermonaten einer der Lido-Besitzer in der strandfreien Zeit alle drei Wochen Freitagabend zu einem Club-Event mit Fine Dining und DJ. Lesungen, regelmäßige Verkostungen und Workshops finden regelmäßig statt. Gerade zu den Veranstaltungen zu gehen, lohnt sich sehr als Tourist. Es gilt dort klassisch gesehen und gesehen werden – wenigstens auf einen Aperitivo schaut dann die feine Gesellschaft von Ravenna hier vorbei! Besser und leckerer kann man die Menschen in Ravenna gar nicht kennenlernen!


Ca’ de Vèn
Die mit Abstand beste Piadina – hier als Brotbeilage zu den Antipasti – die ich in meiner Zeit in Ravenna probieren durfte, gab es im Ca’ de Vèn, das praktischerweise direkt gegenüber unseres Hotels liegt und somit in der gut besuchten Via Corrado Ricci. Es ist schon erstaunlich, wie sehr ein eigentlich so einfaches Produkt viel oder weniger Spaß machen kann! Das Ca’ de Vén gibt es übrigens … schon immer.
Zumindest das Haus in dem es Gäste willkommen heißt, existiert seit dem 15. Jahrhundert. Und so entpuppt sich hinter der rustikalen Tür ein spannender Mix zwischen Rathauskeller (zu ebener Erde) mit sehr modernem Flair in den hinteren Bereichen des sehr großen Restaurants. Ein Blick zu den gemalten Decken entzückt, auch die riesigen Weinregale lassen der Weinliebhaber Herzen höher schlagen! Ich fand hier die Piadina toll, die Antipasti toll, den Squacquerone angenehm würzig, den Wein gut und die Pasta fantastisch, den Service italienisch rasant und auf den Punkt. Hier wird regionale bodenständige Küche mit hoher Qualität serviert – sehr gut. In diesem Restaurant muss man einfach einkehren, wenn man in Ravenna weilt. Aus ganz vielen Gründen!


Osteria del Tempo Perso

Zur Osteria del Tempo Perso gab es in unserer Gruppe eine einhellige Meinung: Das beste Restaurant unserer Reise! Hierher sind wir von der charmanten Kunstdezernentin der Stadt Ravenna, Maria Grazia Marini, anlässlich der Eröffnung der Bienale di Mosaico Contemporaneo eingeladen worden, die uns auch beim Dinner alle Fragen zur Biennale beantwortete. In dem kleinen gemütlichen Restaurant fühlt man sich sofort wohl, es liegt unweit der (unfassbar schönen) Basilika San Vitale und in der Nähe der Via Cavour, die als die Shopping-„Meile” von Ravenna gilt.

Seit 2004 führen Sivia Piccari (Chefkoch) zusammen mit Massimo Serena Monghini (Service) dieses charmante Restaurant in dem vorrangig feine delikate Fischgerichte auf der Speisekarte stehen, natürlich gibt es auch Gemüse- oder Fleischvariationen. Oder feine Desserts!

Es gab – nur unter andereem – Tortino di squacquerone su fonduta di zafferano (Käseflan aus Squacquerone mit geschmolzenen Zwiebeln) und Gamberi in pasta kataifi, riso nero e coulis di zucca (in Kataiffi [Engelshaar] gewickelte frittierte Garnelen mit schwarzem Risotto und einem Orangen-Tomaten-Coulis). Wir haben uns festgesessen und sehr gut gegessen und charmante Weine getrunken. Und sollte mich nochmals mein Weg nach Ravenna führen – hierhin dann sehr sicher auch!

2022-11-02

Gekauft und nicht gekauft

Rad aufgepumpt und zu den Märkten gefahren (Mittwoch lohnt sich es immer besonders, da kann ich auf meiner Strecke Schöneberg/Charlottenburg drei abfeiern). Noch einmal Zwetschgen gekauft. Und frisches Sauerkraut.

Bauveränderungen der alten Wohngegend der Kindheit bestaunt.

Kein Katzenfutter bekommen, weil nicht ausgepackt, weil man zu wenig Personal hat. Vielleicht sollte man die Personalsuche attraktiver gestalten als nur mit einem lieblos handgeschriebenen Zettel auf DinA4 irgendwo hingeklebt? Ich weiß es auch nicht. Mir ist nur aufgefallen, dass der Discounter mit dem L das jetzt z. B. relativ attraktiv mit klarer Benennung der Fakten macht, sprich Gehälter benennt – und eben über Mindestlohn bezahlt.

Sonne schön befunden. Keine gefüllten Lebkuchenherzen gekauft und auch keine Rosinenschnecke. Mich selbst an Banane und Weintrauben zu Hause verwiesen. Lieblingsspanischer Supermarkt um die Ecke ist weg. Gab es keinen guten Kaffee von denen auf den ich mich eigentlich gefreut hatte.

Nun denn, dann jetzt selbst gebrühter Kaffee.

2022-10-26

Die Sehenswürdigkeiten von Classe

Anlässlich der Eröffnung der Biennale Ravenna Mosaico 2022 durfte ich auf Einladung zu einer Pressereise von Ravenna Tourismo die Stadt Ravenna und ihre Sehenswürdigkeiten sowie die umliegende Ortschaften Classe, Milano Marittima, Cervia und Comacchio in der Emilia Romagna besuchen.
Wer erstmals Classe besucht, wird kaum auf die Idee kommen, dass dieser Vorort von Ravenna einmal ein großer militärischer Hafen war, dem eine große Flotte von 240 Schiffen vorstand.

Nun, wir sprechen von den Jahren in denen Kaiser Augustus I. regierte. Dem Kaiser, der schon vor aber auch noch ein paar Jahre nach Christus sein bewegtes Leben lebte.

Die natürlichen Kanäle und Lagunen ließen damals dort nicht nur die Verteidigungsflotte des oberadriatischen Meeres als ihren Ausgangshafen (Classis lat. Flotte) entstehen, sondern auch den Handel mit dem Orient florieren. Doch schon im IV. Jahrhundert n. Christus versandeten die natürlichen Wasserwege und gaben diesen Hafen als Stützpunkt dem Verfall preis. Zwei Jahrhunderte später war der Hafen nicht mehr brauchbar, ein Überfall der Langobarden machten Classe beinahe dem Erdboden gleich.

Classe ist heute klein und von den früheren Stadtmauern oder Hafenanlage sieht man nichts mehr. Es hält aber für den an Kunst- und Historie interessierten Besucher zwei interessante Ausflugsziele bereit: Die Basilika Sant’Appolinare mit ihren wundervollen Apsis- und Mittelschiffmosaiken und ihrem zylindrischen Glockenturm. Sowie das Museo Classis Ravenna – Museo della Città e del Territorio. In einer ehemaligen restaurierten Zuckerfabrik untergebracht erzählt es von der langen Geschichte von Classe und Ravenna. hält zahlreiche Fundstücke der frühen Epochen bereit.
Ein Ausflug von Ravenna aus hierher lohnt sich absolut! Nur sechs Kilometer entfernt liegt Classe im Speckgürtel der Provinzhauptstadt, der Bahnhof von Classe – der als visuelles Horsd’œuvre ein kleines Freiluft-Eisenbahnmuseum (darf man überhaupt noch Freiluft sagen oder muss man schon von Open Air sprechen?) bereit hält – wird von der Provinzhauptstadt aus mehrmals täglich in nur drei Minuten für € 1,50 angefahren. Die Basilika und auch das Museum sind vom Bahnhof Classe fußläufig erreichbar.


Basilika Sant’Appolinare
Die Basilika verdankt ihre Existenz dem Wirken des Heiligen Appolinaris, dem man zeitlich seine Existenz vor Ort nicht so ganz genau nachweisen kann. Es wird beschrieben, dass dieser 79. n. Chr. in Ravenna sein Leben verlor und so wird er geschichtslogisch auch im I. Jahrhundert n. Chr. im Hafen von Classe angelandet sein. Er gründete dort die erste christliche Gemeinde und trieb die Verkündung des Evangeliums über die ganze Emilia voran, was ihn auch zum allerersten Bischof von Classe machte.

Selbstverständlich konnte der Heilige Appolinaris Tote wieder zum Leben erwecken, Blinde sehend machen, Kranke heilen – das übliche Heldentum jener Zeit war ihm nicht fremd und er überzeugte damit die syrischen Handelsleute, die seinerzeit Classe vorallem bevölkerten. Gedankt wurde ihm sein religiöses Schaffen schlussendlich schlecht, er starb unter Folter für seinen Glauben und fand dort, wo heute die Basilika gebaut wurde auf dem Friedhof vor den Stadtmauern von Classe seine (erste) letzte Ruhe.
Der Mann bzw. seine Reliquien scheinen in den späteren Jahrhunderten noch ziemlich weit herum gekommen. Interessanterweise liegen seine Reliquien heute im Altar dieser Basilika – und gleichzeitig sein Kopf wohl in Düsseldorf, dessen Stadtpatron er ist. Während weitere Anteile seiner Gebeine sich in einem Sarkophard in Remagen aufhalten sollen. Nun, die Jahrhunderte kann man natürlich leicht den Überblick verlieren, wessen Gebeine wo für immer ruhen.

Das soll uns aber nicht von der wundervollen Mosaikkunst ablenken, die in diesem Bau die vielen Jahrhunderte überdauert hatte.

Unter Kaiser Justinian wurde der Bau der Basilika durch den Bischof Ursicinus initiiert und am 9. Mai 549 von Bischof Maximian eingeweiht. Tatsächlich war sie als letzte Ruhestätte für den Saint'Appolinares gedacht.
Sie steht heute in der flachen, sehr grünen Landschaft und wird von einer beeindruckenden Kuhherde bewacht wird. Ein Kunstprojekt, die Rindviecher sind statisch und man verliert dann doch recht schnell die Angst vor ihnen.

Die Basilika beeindruckt mit einer erstaunlich einfachen Fassade aus rotem Ziegelstein. Die offene Vorhalle (Ardika) der Basilika wurde Anfang des 20. Jahrhunderts restauriert, beherbergt einige Exponate der früheren Basilika. Von den rechts und links zur Ardika angeordneten turmartigen Bauten (Risalite) existiert heute nur noch die linke Variante – und beherbergt den Kassenraum. Die in der oberen Fassade beeindruckende Originaltrifore (dreibogiges Fenster) soll sogar noch im Original erhalten sein!

Das zur Basilika gehörende Kloster wurde 1512 völlig zerstört, dessen Nachfolger neu aber direkt in Ravenna errichtet. Zum rückseitigen linken Seitenschiff angeordnet steht der bemerkenswert hohe (37,5 Meter) Glockenturm. Er ist – wie nur für die Gegend um Ravenna üblich – in zylindrischer Form gebaut und ist nicht für Besucher zugänglich. Sein Durchmesser misst ca. 6,17 m, davon beträgt an einigen Stellen die Mauerdicke mindestens 1,91 m. Ein Durchgang ermöglicht den Zugang zum Seitenschiff der Basilika.
Diese wirkt in ihrem Innern erstaunlich weitläufig, wenn man sie betrifft. In einigen ihrer Fenster wird noch die ursprüngliche Verglasung vermutet. Die beiden Seitenschiffe trennen jeweils beeindruckende zwölf monolithische Säulen vom Mittelschiff. Die Säulen finden ihren oberen Abschluss in byzantinischen Kapitellen in Form von Akanthusblättern, stehen unten auf viereckigen Postamentbasen.

Die zahlreichen Versuche über die Jahrhunderte die Basilika zu zerstören, letztmals 1944 im zweiten Weltkrieg haben sie leider ihres originalen Fußbodens und der Decke beraubt. Ein kleiner Bereich des originalen in Mosaik gestalteten Fußbodens findet sich im rechten Seitenschiff der Basilika. Er lässt vermuten, dass der ursprüngliche Basilikaboden früher mindestens 30-40 cm tiefer lag.
Die gesamte Decke besteht heute aus einer schmucklosen Holzbalkendecke, sie soll früher mit Kassetten geschmückt gewesen sein. Auch die mit Marmor verkleideten Wände der Seitenschiffe existieren so nicht mehr.
Dafür stehen in beiden Seitenschiffen elf Mamorsarkophage aus unterschiedlichen Epochen, die unbedingte Aufmerksamkeit verdienen. Sie dienten vorrangig, zwei Kindersarkophage ausgenommen, als Gräber den ravennatischen Bischöfen bis in das VIII. Jahrhundert. Nicht immer kann deren Zugehörigkeit eindeutig bestimmt werden und da man auch hier und da mehr als ein Skelett bzw. zwei Schädel in einem der Steinsärge vorgefunden hatte, ist auch hier die reale Zugehörigkeit der Gebeine zumindest fraglich.
Sich von einer fachkundigen Person in einer Führung die Unterschiede der sakrophalen Steinkunst erzählen zu lassen, ist sehr zu empfehlen.
Die besondere Schönheit der Basilika Saint’Appolinare sind aber wirklich die in Technik, Farben und Geschichte beeindruckenden Mosaike, die die zum Mittelschiff zugewandten oberen Wände der Seitenschiffe zeigen. Vor allem natürlich das große gesamte Mosaik, das die Apsis der Basilika vollends auskleidet und mit dem das Licht der Fenster zu jeder Tageszeit – besonders hübsch am Morgen – spielt. Demgegenüber wirkt der Altar aus Marmor oberhalb der Treppe, der Jungfrau Maria gewidmet, erstaunlich klein, zierlich und zurückgenommen.
Man sieht im unteren Bereich der Apsis in chronologischer Reihenfolge die ravennatischen Bischhöfe um die Zeit des Heiligen Appolinaris dargestellt. Dem einen oder anderen von ihnen soll das Antlitz des Appolinaris nachts im Gebet begegnet sein, was zu deren Darstellung hier legitimierte. In dem Altar werden also (auch) die Reliquien dieses ersten Bischofs aufbewahrt und die dahinter hängenden Mamortafeln erzählen von seinem Wirken und der Überführungsgeschichte seiner sterblichen Überreste.

Die Apsismosaike werden zeitlich dem VI. Jahrhundert zugerechnet und gehören zum auslaufenden frühchristlichen ravennatischen Zyklus. Sie sind in zwei Zonen aufgeteilt, Im oberen Bereich wird die Geschichte Christi am Berg Tabor erzählt, wobei Christus hier als Symbol in Form des Kreuzes deklariert wurde mit einem nur ganz kleinen Antlitz mitten im Kreuz. Wir sehen Moses und Elias. Als drei Lämmer dargestellt und seitlich aufgeteilt die Aposteln Petrus, Jakob und Johannes. (Wie immer: click aufs pic makes it big!)
Im unteren Bereich grüßt der Heilige Appolinaris betend aus dem Paradies – zumindest aus einer paradiesischen Landschaft. Auch ihn begleiten Lämmer, hier zwölf an der Zahl, die wohl die christliche Glaubensgemeinschaft symbolisieren.

Die Szenen wirken realistisch, wenn auch etwas naiv dargestellt. Überall finden sich Motive aus der Pflanzen- und Tierwelt wieder. Und seitlich aus dem Zentrum heraus tretend werden rechts und links Szenen aus dem Alten Testamente erzählt. Es ist alles in allem eine farbliche Vielfalt, die viele Jahrhunderte überdauert hatte, stellenweise überarbeitet und Blattgold lässt häufig grüßen.

Es ist eine faszinierende Welt voller kleiner Steine. Sehenswert ist dieser Ort, dieser Kunstschatz auf jeden Fall!


Classis Ravenna – Museo della Città e del Territorio
Keine zehn Fußminuten von der Basilika Saint’Appolinare entfernt wartet das Classis Ravenna – Museo della Città e del Territorio mit einem anderthalb Hektar großen Park und einer Ausstellung auf 2600 Quadratmeter Fläche darauf, Besucher in die besondere Geschichte von Classe und somit ein Stück weit auch Ravennas zu entführen.
Die modern gestaltete Exposition zeigt multimedial ganz modern aber auch im herkömmlichen Ausstellen der archäologischen Exponate und früher verwendeten Technologien eine nie langweilige Reise zurück in weit entfernte Jahrtausende. Interessierte Besucher*innen begegnen den etruskisch-umbrischen Wurzeln der Stadt, der Ausweitung von Classe in der römischen Phase, der gotisch-byzantinischen Epoche bis in das Mittelalter.
Der Eintrittspreis für beide Sehenswürdigkeiten, also Basilika und das Classis Ravenna Museo, beträgt zusammen derzeit 8 Euro. Für die Basilika wählt man ein Zeitticket, das Museum kann den ganzen Tag von 10-17 Uhr besichtigt werden. Ermäßigungen sind möglich, Kinder bis sechs Jahre haben freien Eintritt.

Weitere Informationen zu den Sehenswürdigkeiten in und rund um Ravenna findet ihr auf ravennantica.it.

2022-10-03

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Als ich vor ca. einem Jahr in Apulien Urlaub machen durfte bei meiner Freundin Carmen, da trat eines Tages diese Jacht vor dem Hafen von San Focca auf. In den Hafen kann das Schiff nicht. Dieses Schiff kann wohl in die allermeisten normalen Häfen nicht einlaufen, so ein Koloss ist das.

Die Yacht A in einer Kieler Werft gebaut. Dreimaster, acht Decks mit 142,81 Metern wohl die längste Segelyacht der Welt. Stahlrumpf.

Wir waren alle fasziniert. Das Schiff ist wirklich schön – und seine Beschichtung lässt es je nach Sonnenstand weiß, silbern oder wie hier goldig scheinen. Ich kann es beurteilen, die Yacht A lag zwei Tage vor dem kleinen Badeort. Nur liegt sie wohl in Triest vor Anker, beschlagnahmt. Denn sie gehört dem Oligarchen Andrei Melnitschenko. Und damit schließt sich der Kreis. Hätte ich letztes Jahr gedacht, dass wir eine Weltsituation wie diese heute hätten?

Ich hatte keine Vorstellung. Gar keine! Wir alle wohl nicht. Ist das nicht alles unglaublich schräg?

Sei es drum. Es ist ein Jahr rum. Und ich hatte gestern Älterwerdung. Kann man nix machen. Oder ist einfach dankbar. Vermutlich so ein Ding dazwischen. Und wieder einmal wird mir klar, das Leben ist sehr unvorhersehbar. Es war persönlich eigentlich ein sehr schönes Jahr und ich hatte lang nicht mehr so viel Zuversicht mein Leben betreffend, wie in diesem Jahr. Bis nun … naja.
Ich mache mich heute wieder auf in dieses schöne Land Italien, das uns mit den letzten Wahlen auch den europäischen Gesamtschock versetzt hat. Aber ich werden mich wohl auf das Gute konzentrieren. Ein paar Tage Apulien, ein paar Tage Emilia Romagna nach Ravenna und wieder ein paar Tage Apulien. Ich freue mich. Und vermisse Shiina jetzt schon!
Im Hintergrund seht ihr den Turm der Liebenden (bei Otranto). Liebe. Ist es nicht das, was wir zur Zeit ganz besonders brauchen? Also bitte: Macht etwas daraus.

2022-09-26

Christian Lindner

Wenn Christian Lindner jetzt in die Kamera spricht, die Gasumlage wäre das falsche Mittel, denn sie würde die Gaskosten verteuern, dann frage ich mich ob der Bundesfinanzminister intellektuell im Sinne seiner beruflichen Position noch ganz fit ist?

Sollte ihm das nicht schon bewusst gewesen sein – als Bundesfinanzminister –, dass x-viele Cents auf die Preise für Gas und Strom erhöhen?

Sollte ihm wirklich nicht vorher schon bewusst gewesen sein, dass er damit mitten in einer Inflationen Haushalte und Unternehmen mit der Gasumlage in die Privatinsolvenzen/Insolvenzen/Stilllegungen entsendet?

Sollte ihm nicht bewusst gewesen sein – hier aber auch in Gemeinsamkeit mit dem Bundeswirtschaftsminister – dass der kurz- und langfristige Schaden für die deutsche Wirschaft Stillstand und Rückschritt verursacht? Wobei ich dem Bundeswirtschaftsminister zugute halten möchte, dass seine Idee zur Gasumlage letztendlich aus Lindners Weigerung, die Schuldenbremse nochmals um ein Jahr auszusetzen, resultiert.

Und jetzt kommt Lindner plötzlich geläutert und lahmfromm um die Ecke, da ihm deutlich wird, dass er in Niedersachsen höchstwahrscheinlich um den Einzug in den Landtag fürchten muss? Und er natürlich nun versucht, Habeck als den Trottel darstehen zu lassen, nur um ihn ein paar Punkte abzuluchsen?

Er ist, meiner Meinung nach, nur erbärmlich. Dieser Christian Lindner macht keine Politik für dieses Land. Er ist immer noch im Modus der langjährigen Opposition gefangen, die ihm als Grundhaltung Verweigerung gelehrt hat.

Dieses Mal hat er mit der Entscheidung für die Gasumlage, dem in dieser Zeit strunzdämlichen Festhalten an der Schuldenbremse aber vorrangig damit seinen eigenen Wählerkreisen in die Hinter getreten, nur weil er für den kleinsten Teil seiner Wähler (1 %) keine Reichensteuer abtrotzen müssen. Und hat das nicht vorhersehen wollen?

Er ist in einem Dilemma und nicht wirklich Willens für das Land eine konstruktive Finanzpolitik zu gestalten, um Deutschland in dieser besonderen Zeit mit geringsten Schaden zu bringen. Vor allem ist er nicht Willens in einer solchen Zeit auch von den Reichsten im Land gesetzlich die sinnvolle Unterstützung der Landesfinanzen abzufordern.

Er ist ein Schaumschläger. Hängt sein Mäntelchen in den Wind und knickt bei der kleinsten echten Brise ein.

Ich finde Christian Lindner gruselig!

2022-09-21

Dante und Käse aus der Grube – Montegridolfo und Modaino

Montegridolfo – Meisterhaft in der Wiederaufstehung

Hügel runter, Hügel wieder rauf. Montegridolfo ist nur knappe 12 Kilometer von Montefiore Conca entfernt. Entlang der Serpentinen ist man dann doch 30 Minuten unterwegs. Knappe 1.000 Einwohner leben hier auf einer Fläche von nur 6,8 Quadratkilometern. Vorrangig besteht Montegridolfo aus einer mittelalterlichen Festungsanlage, der Ortskern ist von einer Stadtmauer umgeben. Die besondere Schönheit dieser Ortschaft wird vor allem in Luftaufnahmen deutlich. Das Stadttor Torre dell’Orologio trägt seinen Namen zu Recht, denn es wird von einem hohen Uhrenturm beherrscht. Dieser Turm wurde im Jahr 1338 von der uns nun schon bekannten Familie Malatesta errichtet.
Der Ort, liegt auf einem Hügelkamm, der die Provinzen Pesaro (Rimini) und Urbino (Marken) trennt. Diese Trennung mochten die Familien Malatesta (Rimini) – und auf der Seite des Urbino, die Montefeltro – nicht für sich gelten lassen. Beide Familien kämpften im gesamten Conca-Tal gegeneinander, um ihre Territorien zu erweitern – da war Montegridolfo klassisches Objekt der Begierde. Namensgeber war ursprünglich die Adelsfamilie Gridolfo, die im 13. Jahrhundert dort residierte. Nachdem über 300 Jahre in und um Motegridolfo gestritten wurde, kam es im Jahr 1936 zu der kompletten Zerstörung des Ortes durch Graf Nolfo von Urbino.

In den folgenden Jahren baute Galeotto Malatesta den Ort wieder auf – und dabei errichtete er den Uhrenturm. Die komplette Übernahme von Montegridolfo durch die Malatesta dauerte allerdings noch bis in das 16. Jahrhundert. Die jüngste Restaurierung des Castellos wurde finanziert von der Gemeinde Montegridolfo und der Region Emilia-Romagna und im Jahr 1994 fertiggestellt. Faszinierend wirkt die komplett erhaltende Stadtmauer.

In einem Teil des Castellos, im Pallazo Viviani, kann man sich heute als Hotelgast einbuchen.
Das luxuriös ausgestattete Hotel hat besonderen Charme, weil man in Rücksicht auf die Bausubstanz nicht jeden möglichen neumodernen Komfort eingebracht hat. Aber keine Sorge, WLAN ist natürlich verfügbar. Dafür hängen in den 43 Zimmern und Suiten noch ursprüngliche Wandteppiche. Die Katze des Hauses ist gemütliche 17 Jahre alt, wirkt dementsprechend ramponiert, ist aber im Haus hoch geschätzt – und einem Streichler vom Gast nicht abgeneigt. Übrigens sind hier Haustiere erlaubt! Das Haus – so unscheinbar es von außen wirkt – und seine Lage – bei besserem Wetter auch seine Außenanlage – sind etwas Besonderes.
Osteria Dell'Accademia

300 Meter entfernt bin ich in der Osteria Dell’Accademia zum Mittagessen eingeladen. Das Accademia im Namen entstammt der Historie, dass in Montegridolfo im 19. Jahrhundert eine namhafte Musikakademie ansässig war. Alle servierten Produkte entstammen der Romagna, wie gerne betont, im Rahmen der Initiative Zero Kilometre.

Die Vorspeise, Ricotta con Lamponi disidratati e olio d’olivia, luftig aufgeschlagener Ricotta mit getrockneten Himbeeren und einem herrlichen sanften fruchtigen Olivenöl (Eticcheta viola), ist zum Niederknien! Einfache drei Zutaten, so gut! Als Primo folgen zarte Gnocchetti di patata viola con fossa di Sogliano, Rote Beete-Gnocchi mit einer angenehm unaufdringlichen Käsesauce aus dem Grubenkäse aus Sogliano und Rote Beete-Staub. Dieser Gang hatte Spaß gemacht – den Grubenkäse werde ich später noch genauer kennenlernen. Mein Secondo ist ein Stubenküken mit gegrilltem Gemüse serviert, was sehr ambitioniert ist nach den Gnocchi. Dazu trinke ich einen robusten Rotwein von der Tenuta del Monsignore „La Levata”, einen Sangiovese aus dem Jahr 2021 (im Foto rechts, das Etikett mit dem Hahn). Zum Abschluss ein Sorbet aus zweierlei blauen Früchten – das fand ich etwas überparfümiert.
Ein ordentliches Mittagessen mit einer fantastischen Aussicht und einer Wassermischsteuerung im Bad, die … anders schön ist.


Mondaino – ein Spaziergang mit Dante

Nächster Besuchspunkt ist Mondaino, knappe 5 Kilometer von Montegridolfo entfernt. Ein Stündchen Fußweg – mit dem Auto eingestiegen und gleich wieder ausgestiegen. Im Prinzip gibt es zwei Mondainos: Uptown und Downtown. Uptown ist wieder Romagna, Downtown die Marken.
Eine Klassifizierung, wie der in roten Samt gewandete Dante Alighieri erzählt, während er durch Mondaino führt, die wohl heute noch Bestand hat und an den Kaufpreisen der Häuser zu spüren ist. Der frühere Geschichtsprofessor, Angelo Chiaretti, der nach seiner Pensionierung nun Touristen durch diese kleine Ortschaft führt, macht das sehr charmant und humorvoll – und sucht sich aus der Truppe auch zielsicher seine Beatrice aus mit der ihn eine große, leider viel zu kurze Liebe verbunden hatte. Ein frühes Ende mit seiner neuen Beatrice ist aber auch hier leider sehr absehbar.
Dante (1256-1321) ist den Italienern ungefähr das, was uns Goethe ist vom Stellenwert. Er hat Italien in der Sprachkultur weg vom Latein hin zu dem heute gesprochenen lebendigen Italienisch geführt. Ansonsten war er streitbarer Politiker, Philosoph und Schreiberling. Italien verehrt ihn. Als über Dante in seiner Heimatstadt Florenz die Todesstrafe verhängt worden ist, ist er in die Romagna ins Exil gegangen und durch diese gereist. Gelebt hatte er vor allem in Ravenna, wo heute auch sein Grab liegt. Ich weiß nicht, wie es in anderen Provinzen Italien ist – aber die Romagna vergöttert ihn.

In Mondaino haben die Familien Malatesta und Da Montefeltro übrigens dann irgendwann einmal ihren Friedensvertrag unterschrieben – womit sich im Rahmen meiner Reise durch diese drei Dörfer der Romagna ein friedlicher Kreis schließt. Dennoch, die Streitigkeiten, die vor dieser Einigung hier viel Schaden angerichtet haben, haben den Ort schlussendlich entzweit – was man heute sogar noch an unterschiedlichen Dialekten hören kann. Und wir reden von einem Dorf mit nur knapp 1355 Einwohnern auf nicht ganz 20 Quadratkilometerfläche. Mit einer Ampel. Und einem Verkehrszeichen, das extra darauf hinweist, dann demnächst eine Ampel kommt!
Ausgangspunkt unserer Führung mit dem wiederbelebten Dante ist die Piazza Maggiore auf der Via Roma, die uns zur Stadtmauer auf der Seite der Marken führt. Es lohnt sich die Häuser entlang der Straße genau zu betrachten, sie weisen teilweise noch uralte Schmuckwerke auf. Als Berlinerin, die sehr nah dem Mauerstreifen wohnt, bekomme ich etwas Magendrücken als Dante uns an der Kirche San Michele Arcangelo die dort befindliche Grenze durch den Ort im Terroir zeigt Die Kirche selbst wirkt von außen unscheinbar ist aber in ihrem Innern ist sie ein helles, jüngst renoviertes Juwel. Sie wirkt erstaunlich modern und ist wenig opulent ausgestattet. Bemerkenswert ist ein Gemälde eines italienischen Malers namens Pomarancio. Da sich zwischen 1530-1626 aber drei Maler Italiens so selbst bezeichneten, ist die Bestimmung des tatsächlichen Schöpfers der Gemälde immer ein Stück weit fragwürdig.


Käse aus der Grube – Formaggio delle Fosse della Porta di Sotto
Am Ende der Via Roma, genauer der Porta Montanara, beschützt diese Stadtmauer das Castello der – wer soll es anderes sein – Malatesta. Hier liegt in einem Eckhaus die Il Mulino della Porta di Sotto. Diese Mühle hat mit ihrem kulinarisch Geschichte geschrieben. In all den Jahren der Kriege haben die Menschen von Mondaino angefangen, ihre Lebensmittel in die Tufsteinfelsen gegrabene Gruben zu verstecken und sie so vor Plünderungen zu schützen. Als man in friedlicheren Zeiten sich wieder der versteckten Lebensmittel erinnerte, stellte man fest, dass sich nicht nur einige Lebensmittel erstaunlich gut gehalten hatten. Man bemerkte auch, dass sich einige Lebensmittel – wie der Käse – in Eigenschaft und Geschmack angenehm verändert und sogar verbessert hatten.
Der Formaggio delle Fosse della Porta di Sotto D.O.P. wird heute in einem Ritual mit beinahe minutiös einzuhaltenden drei goldenen Regeln produziert, dem die Besitzer nun in der vierten Familiengeneration befolgen. Die Schafe werden im April und Mai gemolken, wenn sie nach dem langen Winter wieder auf herrlich grünen Wiesen in 420 Meter Höhe weiden können. Ihre Milch gilt nun als besonders aromatisch und wird mit natürlichem Lab eingedickt. Der daraus produzierte Käse reift in kleine Quader geformt nun drei Monate im Raum. Im August kommen dann 7-8.000 Käselaibe in jeweils eine der drei historischen Gruben. Auf denen sitze ich im übrigen gerade als uns die Historie des Käses erklärt wird.

Sie haben einen doppelten Holzboden. Boden und die Wände sind mit Stroh ausgekleidet, das die Wärme gut speichert. 30 Grad Celsius herrschen in dieser Grube und der Käse verliert in nur drei Tagen ordentlich Masse an Salz, Wasser und Fett und bildet ein eigenes schützendes Vakuum. Drei Monate Fermentation, genauer: 81 Tage, wird der Käse nun hier reifen und am 18. November eines jeden Jahres um genau 5:00 Uhr morgens aus den Gruben befreit. Dabei sind die Käseberge um einen ganzen Meter im Volumen geschrumpft!

Gerne wird hier wieder Dante aus seinem bekannten Werk „Göttliche Komödie” – dem ersten nicht in Latein verfassten literarischen Werk, das die italienische Sprachrevolution auslöste – zitiert, dass der Käse mit der Entnahme der Grube wie aus dem Fegefeuer befreit wird, um schöner, gereifter und leckerer empor zu fahren! Nun ja. Habe ich also auf dem Fegefeuer gesessen, verdammt nahe dran und nix gemerkt.

Es gibt den Formaggio delle Fossa in drei Variationen: Natur, mit Weizenkorn fermentiert und mit Trüffel. Er ist fettarm, enzymreich und wird hier natürlich fast als eine Art Heilmittel beschrieben. Natürlich dürfen wir ihn verkosten – zusammen mit den anderen wirklich guten Spezialitäten der Region, andere Käsesorten, Salami, Schinken und Pasta, die hier in der Mühle auch verkauft werden – denn sie ist auch ein wundervolles Delikatessengeschäft. Hier sollte man unbedingt vorbei schauen, wenn man in Mondaino weilt. Nun ratet, wo ich also das Sale Docle di Cervia gefunden und eingekauft habe?
Ein Stück Käse habe ich natürlich auch mitgenommen und in Berlin mit dem Bespaßungspersonal von Shiina redlich geteilt. Naturale fand ich etwas blass, Trüffel mag ich eh nicht aber die Variante mit der Weizenekörnern fand ich durchaus angenehm, da würziger im Geschmack. Hier in der Region wird dieser Käse im Grund wie ein Parmigiano verwendet. Warm als Käsesauce, ich mochte ihn zu den Gnocchi sehr gerne, weil er gar nicht bissig käsig daher kam – und tatsächlich auch nicht so gehaltvoll, wie anderen Käsesaucen es gerne vermitteln. Oder man legt ihn kalt auf die Piadina, reicht ihn aufgeschnitten als Antipasti. Sehr lecker mit dem intensiven Il miele aceto

Es war ein schöner Abschluss dieses – gelegentlich sehr feuchten – Tagesausfluges in das historisch und kulinarisch so reich beschenkte Hinterland von Misano Adriatico!

Osteria Dell’Accademia
Via Roma 14
47837 Montegridolfo Rimini
Tel.: +39 378 303 4411

Formaggio di Fossa di Sotto
Via Roma 134
47836 Mondaino Tel.: + 39 (0) 541 981 550
Mail: info@portadisotto.it

Misano Adriatico
Baden, Wandern, Köstlichkeiten – Misano Adriatico
Dante und Käse aus der Grube – Montegridolfo und Mondaino

2022-09-20

In fremder Sache!

In Berlin ist es leider gang und gäbe Einladungen für Veranstaltungen, Partys, Presseevents zuzusagen und dann nicht zu kommen. Sogenannte No-shows! Bekommste eine Einladung, sagst zu, kommt etwas vermeintlich Hipperes um die Ecke, gehste halt dahin. Dass da irgendwo anders Leute mit dir rechnen, für dich mit planen, kann dir doch egal sein.

Das kann man machen aber man verhält sich auf vielen Ebenen wenig sozial, was, so scheint’s mir manchmal, in Teilen bestimmter Generationen der neue Maßstab ist. Schade. (Aber ich bin da auch ein Stück weit Karma gläubig, das Leben wird solches Verhalten regeln.)

Ich durfte die letzten Wochen eine Freundin ab und zu bei ihrem Brot-Job begleiten. Die Vorbereitungen zu diesem sind sehr sympathisch, man trifft sich zum Essen und bekommt sehr feine Küchenkunst serviert, dazu exklusive Getränke und von den Restaurantchef*innen bzw. Koch/Köchinnen interessante berufliche Werdegänge erzählt. Mir ist es eine pure Freude.

Und prompt sind wir mitten im Thema: Restaurants. Was in den Gesprächen mit den Profis natürlich immer ein Thema war, das sind die harten Zeiten für Restaurants, die sie die letzten drei Covid-Jahre zu überstehen hatten. Oder nicht überstanden haben, den einen oder anderen Koch z. B. hätte man 2018 noch als Restaurantbesitzer gesprochen und nicht, wie jetzt, als angestellten Koch. Wir reden hier also auch von menschlichen Schicksalen!

Nun steuern Restaurants aber in die nächste Krise und es sieht leider nicht so aus, als hätten die zuständigen Minister im Bundeswirtschaftsministerium als auch im Finanzministerium greifende Ideen (BWM) oder überhaupt echtes Interesse (BFM) hierfür zeitnah gute, die Existenzen sichernde Lösungen zu finden.

Die Krise ist dergestalt: Wir haben alle deutlich weniger Geld inflationsbedingt und was man in einer solchen Situation tut, man spart am Freizeitgeschehen. Die Menschen gehen also seltener Essen oder passender formuliert, die Menschen können einfach nur noch seltener Essen gehen. Wenn sie es überhaupt noch tun können. Restaurants müssen also mit schwindender Kundschaft leben. Restaurants haben aber auf der anderen Seite ebenfalls mit den Preissteigerungen zu kämpfen, sie kaufen (hochwertige und somit teure) Waren ein, sie kochen meist auf Gas, mindestens mit Strom – und das nicht nur eine halbe Stunde am Abend wie der private Haushalt, sondern vorbereitend den ganzen Tag. Und sie müssen in der kommenden Jahreszeit ihre Restaurants beheizen.

Wenn es uns allen schon finanziell dreckig geht, was glaubt ihr, wie dreckig ergeht es Restaurantbesitzern gerade?

Ich war neulich in einem Restaurant, das nicht all zu viele Plätze vorhält. Es ist sehr charmant für einen Gast, weil leiser und man wird wirklich noch als Gast gesehen und betreut und nicht als Durchlaufposten für die Bilanz. An dem Abend als wir dort essen waren, sind alle Plätze reserviert gewesen. Und dann sind an dem Abend einfach mal vier der Reservierungen nicht erschienen! Vier Tische für die frische Waren eingekauft wurden, gekocht wurde, Energie verbraucht wurde – und keiner von ihnen hat überhaupt angerufen und seine Reservierung gecancelt. Keiner!

Das ist in einem Restaurant mit vielleicht nur zwölf Tischen ein Drittel!

Ich frage mich, ob den Menschen klar ist, was sie unserer Restaurantszene damit antun? Sie killen sie, sie machen sie arm. Sie treiben sie in die Insolvenz. Und das ist einfach nicht fair! Wenn man per Telefon oder Mail einen Tisch reservieren kann – warum kann man nicht auch absagen, wenn man – auch kurzfristig – nicht kommen kann oder möchte? Worin liegt das Problem sich hier einfach fair gegenüber den Restaurantbesitzern zu verhalten?

An dem gleichen Abend sind zwei Gäste in das Restaurant gekommen, die dort gerne kurz entschlossen gegessen hätten. Sie musssten aber weggeschickt werden, denn man war vermeintlich ausgebucht. Zwei von vier Tischen hätten also trotz der No-shows vergeben werden können! Der Materialeinsatz hätte verwendet werden können und wäre nicht in die Tonne gewandert und hätte kein Minus in den Tageseinnahmen verursacht. Wenn man es nur rechtzeitig gewusst hätte: die gebuchten Gäste kommen nicht!

Und vermutlich haben sogar Gäste angerufen und gefragt, ob am gleichen Tag noch ein Tisch zu bekommen wäre und es genauso verneint werden musste.

Leute, hört doch bitte auch damit. Habt doch ein bisschen mehr Respekt vor der Existenz anderer Leute! Wenn ihr irgendwo reserviert oder Einladungen zusagt, dann sagt ab, wenn ihr nicht könnt. Bestenfalls langfristig. Aber selbst kurzfristige Absagen – und es kann einem immer etwas dazwischen kommen – sind für einen Restaurantbesitzer eine große Unterstützung, weil sie dann wissentlich einen Tisch nach kurzfristiger Absage doch noch vergeben können.

Einige Restaurantbesitzer stark nachgefragter Küchen fangen in ihrer Verzweiflung jetzt an, Anzahlungen bei Reservierungen zu nehmen, damit diesem Nichterscheinen erzieherisch etwas gegengehalten werden kann.

Wie traurig ist das denn eigentlich? Da müssen erwachsene Menschen von Gastronomen erzogen werden, weil sie die Mindestregeln im höflichen Umgang miteinander nicht mehr beherrschen?

Seid fair der Restaurantszene gegenüber, die arbeiten für euch! Sie haben es verdient, dass ihr nicht gegen sie arbeitet!

Ich würde mich freuen, wenn dieses Blogpost geteilt würde, um ein Bewusstsein der traurigen Situation zu schaffen in der Gastronomen gerade wirtschaften müssen. Oder sprecht bitte darüber im Kollegen- und Freundeskreis. Macht darauf aufmerksam, dass ein Mindestmaß an Höflichkeit – in diesem Fall eine Absage – für ein Restaurant existenziell ist in dieser besonderen Zeit.

Eurem Lieblingsrestaurant geht’s nicht gut gerade!

Danke!