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2024-05-09

Zu Besuch bei Matteo Sansone – das archäologische Nationalmuseum von Mattinata Matteo Sansone

Ein großer Teil der Sammlung im archäologischen Nationalmuseum «Matteo Sansone» von Mattinata entspringt der Privatsammlung von Matteo Sansone. Der Apotheker aus Mattinata, hatte zu seinen Lebzeiten die von seinem Onkel übernommene archäologische Sammlung mit großem Enthusiasmus weiter zusammen gestellt. Sansones Familie übergab die Sammlung als Schenkung dem italienischen Staat mit Fertigstellung und Eröffnung des Museums Museo Archeologico Nazionale di Mattinata «Matteo Sansone» im Jahr 2022.


Die Daunier – Vorfahren der Apulier im Gargano

Denn um sie entsprechend zu würdigen, wurde in Mattinata extra das Gebäude des ehemaligen Stadtmuseums restauriert und ist nun das neue – barrierefreie – Zuhause einer der umfangreichsten Privatsammlungen Italiens. Über 2.500 Keramik-, Metall-, Stein- und Münzfunde aus der Provinz Foggia, vor allem dem Gargano und der Tavoliere-Ebene sind hier eingezogen.

Hauptsächlich entstammen sie der Daunia-Kultur. Daunien, so nannte man das Gebiet des Gargano in sehr früher Zeit. Ab dem 7./6. Jahrhundert v. Chr. ist die Bezeichnung Daunier bzw. Daunien erstmals in antiken Schriftquellen belegt. De facto nachgewiesen ist die daunische Kultur ab dem 9./8. Jahrhundert v. Chr., vor allem durch Grabfunde.


Erzpriester Giuseppe Antonio Azzarone

Die Sammlung von Matteo Sansone (1916–1992) gilt als eine der bedeutendsten Privatsammlungen in Apulien. Begonnen hatte diese Sammlung allerdings Erzpriester Giuseppe Antonio Azzarone (1871–1909), der eine bedeutende geistliche, politische, wirtschaftliche und kulturelle Persönlichkeit seiner Zeit war. Ein Onkel mütterlicherseits infizierte ihn wohl mit der Liebe zur Geschichte seiner Geburtsstätte. Während seiner Arbeit in der Pfarrei in Mattinata lebte er die Leidenschaft zum archäologischen Erbe seines Onkels fort und bewanderte umliegende Dörfer in den umliegenden Bergen, wie z. B. den Monte Saraceno auf den Spuren seiner Vorfahren.
Dabei erlebte er, dass die Bauern am Monte Saraceno in die von den Dauniern in die Felsen gehauenen Gräber Mandel- und Olivenbäume pflanzten und erkannte den archäologischer Schatz, der sich in diesen Felsgräbern, Chiote, noch befand. Die er dann sicherstellte ebenso wie die Stelen, am Grab aufgestellte Mahnsteine mit Inschriften und nicht selten mit in Stein gehauenen Gesichtern. Die Vorläufer unserer heutigen Kultur der Totenmasken und Grabsteine? Die Dauner waren sehr fürsorglich mit ihren Toten und in deren Grabbeigaben reichhaltig. Eine Besonderheit der Nekropole auf dem Monte Saraceno – für die Gegend eher unüblich – waren auch Keramikgefäße in den Gräbern, auch sie mit Abbildungen von Gesichtern.
Sie bilden heute einen besonderen Schatz des Museums.

Ein weiteres beliebtes Ziel für Azzarones Forschungen war das Gebiet von Agnuli mit den Überresten der, vom Meer überfluteten, römischen Stadt Matinum (Mattinata). Ein Teil der Ruinen haben sich als Reste der römischen Villa von Agnuli herausgestellt.


Matteo Sansone

Azzarones Sammlung wurde nach seinem Tod zerstreut, mit Ausnahme von etwa hundert Artefakten, die er seinen Enkeln vermachte. Einer von ihnen nahm als Onkel den verwaisten Matteo Sansone auf und vermittelte ihm so die Leidenschaft zur Archäologie. Sie prägte Sansones Leben so sehr, dass er später selber an Ausgrabungen mit Erfolg teilnahm. Zu Lebenszeiten erhielt er Auszeichnungen (Ehreninspektor für Altertümer und schöne Künste) und somit ehrliche Anerkennung von den Fachleuten für sein archäologisches, ethnologisches und wissenschaftliches Engagement.

Der italienische Staat hatte 1990 diesen kulturellen Schatz in privater Hand als Sammlung von außergewöhnlichem künstlerischem, historischem und archäologischem Interesse anerkannt. Es war der besondere Wunsch von Matteo Sansone, nach seinem Tod, die komplette Sammlung dem italienischen Staat zu vermachen.
Sein Nachlass ist zweigeteilt. Liegt das Museo Archeologico Nazionale di Mattinata «Matteo Sansone» archäologische Museum mit all seinen Schätzen an einem Ende des Centro Storicos von Mattinata, kann man am Beginn der Hauptstraße Corso Mattina in den Räumen einer Apotheke, die ehemalige Arbeitsstätte von Matteo Sansone mit einer wunderschöne Holzeinrichtung bestaunen. Zwei Räume der Apotheke sind in Gedenken an den großen Sammler Mattinatas als Museum erlebbar.
In den Vitrinen der Respekt einflößenden historischen Schrankwände sind zahlreiche Gegenstände aus dem Apotheker- aber auch Alltagsleben von Matteo Sansone ausgestellt. Im hinteren Apothekenbereich scheinen Sansones Labor und Büro mit den Originalmöbeln und -werkzeugen beinahe unberührt – wenngleich dort heute nach wie vor gearbeitet wird. Zu besichtigen während der normalen Öffnungszeiten.
Man ist sich heute noch der Bedeutung dieses besonderen Bürgers von Mattinata auf jeden Fall bewusst.


Museo Archeologico Nazionale di Mattinata «Matteo Sansone»

Die Exponate der daunischen Zivilisation seiner Sammlung findet man modern installiert und spannend präsentiert im archäologischen Nationalmuseum. Sie sind in sechs Abschnitten ausgestellt und vermitteln den Besucher*innen einen ausführlichen Überblick (auch in englischer Sprache) über die Sitten und Verhaltensweisen dieser frühen Kultur, auch im Kontext ihrer späteren Prägung der italienischen Bevölkerung.
Abschnitt 1, „Die Sammlung und das Territorium von Daunia“, ist der Geschichte der Daunier und den Nekropolen von Monte Saraceno gewidmet.

Denn von dort stammt eine besonders große Anzahl der Fundstücke. Der zweite Abschnitt zeigt anhand der „Daunischen Stelen“ die hohe Gräberkultur der Daunier und beweist gleichzeitig den originellen künstlerischen Ausdruck dieses Volkes.
Der dritte Bereich erzählt unter dem Titel „Daunia und die Adria“ anhand der Artefakte in der Sammlung von Beziehungen, die die Daunier bereits in der letzten Bronzezeit mit der dalmatinischen Küste und dem Balkanraum unterhielten. Man vermutet übrigens, die Daunier hätten den Berufsstand der Piraterie mitbegründet.
Für mich persönlich die eigentliche Sensation dieser Sammlung ist der Bereich der Keramiken, denen sich die Teilbereiche vier und fünf widmen.
Ich durfte nun schon das eine und andere Museum in Apulien besuchen und haben viele Exemplare prähistorischer Keramik, Tongefäße und Amphoren bewundern dürfen. Aber so viele Keramiken auch über die zeitlichen Epochen hinweg, die in einem erstaunlich großen Maß völlig unbeschädigt scheinen, das ist ein Novum und – für mich – stellt gerade dieser Abschnitt eine große Sensation dar. Und ist meinem Erleben nach, das besondere Herausstellungsmerkmal dieses Museums in Mattinata.
Wer immer sich für Archäologie (oder auch nicht) interessiert und sich in der Gegend Apuliens aufhält, dem kann ich einen Besuch dieses Museums nur empfehlen. Ich bin nachhaltig beeindruckt von dem, was ich dort sehen durfte.

Die Überschrift des vierten, so kunstvollen Abschnittes: „Keramikproduktion in Daunia“. Er enthält eine sehr reiche Sammlung geometrischer Keramik. Im fünften Teil „Daunia im hellenistischen Zeitalter“ wird anhand der Keramiken von den Veränderungen in der daunischen Gesellschaft erzählt.
Insbesondere vom 4. bis zum 3. Jahrhundert v. Chr. veränderte sich sichtlich die Kultur der daunischen Keramikproduktion, die bis dahin schlicht schwarz glasiert und monochrom übermalt wurden. Bekannt als Gnathiakeramiken gestaltete man sie jetzt geometrisch-floral und polychrom. Die Keramiken zeigen eine Periode neuer Vitalität in der handwerklichen Produktion und sie wirken erstaunlich modern.

Im letzten Abschnitt 6, „Daunia in der Römerzeit“, werden einige Funde Giuseppe Antonio Arrazones aus der römischen Villa von Agnuli (Mattinata) vorgestellt, deren Ruine in den Ausgrabungen am Hafen zu besichtigen sind.

Museo Archeologico Nazionale di Mattinata „Matteo Sansone
Via Torquato Tasso, 1
71030 Mattinata FG

Farmacia Sansone
Corso Matino, 114
71030 Mattinata FG


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2024-05-04

Mattinata – La farfalle bianca del Gargano

Mattinata vom Monte Sant'Angelo aus gesehen, im Hintergrund der Monte Sacro

Eines ist klar für mich – soweit nördlich war ich in Apulien noch nie unterwegs. Als die am nördlichsten liegende Stadt, von Bari aus gesehen, ist bisher Barletta von mir besucht worden. Aber das ändert sich jetzt! Eingeladen bin ich von der Stadt Mattinata. Im fortgeschrittenen Frühling blühen rund um die Stadt in den Bergen unzählige Mini-Orchideen – und diese Zeit feiert Mattinata mit dem Festival Orchidays!

Mattinata liegt im Gargano, eingefasst von dessen Vorgebirge. Der Gargano ist eine Halbinsel im Norden von Apulien. So lerne ich also eine völlig neue Region von Apulien kennen. Alles hier ist anders als der flachen Landschaft des Salento im Süden Apuliens!

Und um es vorneweg zu nehmen: Ich bin begeistert von dieser Gegend! Mattinata ruht in dem Tal, eingebettet von den Hausbergen Monte Sacro und den Monte Sant'Angelo.
Etwas über 6.000 Mattinetesi leben am Golf von Manfredonia. Die Stadt schmiegt sich um den langen Kieselstrand mit seinem klaren, türkisfarbenen Wasser, dem ein kleiner Hafen vorliegt, und ist seitlich von Steilküsten und im Hinterland von dem Berg Monte Sacro (874 m) umringt.
Die Küste von der Hotelresidenz Il Porto, rechts hinten im Meer die Reste vom historischen Hafen Mattinatas

Vor der Küste wurden Überreste der antiken Siedlung Matinum sul Gargano aus der Römerzeit freigelegt. Sie liegen nun vor dem Strand, vom Meereswasser umspült. Das alte Mattinata wurde vermutlich durch eine Flutwelle infolge eines Seebebens zerstört. So baute man den Ort, zwei Kilometer von der Küste entfernt, jetzt von einer Anhöhe geschützt, erneut auf. Das wunderschöne Meer scheint hier trotzdem sehr nahe, denn läuft man durch die Altstadt, blitzt überall am Ende der Straßen im Hintergrund die Adria auf …
Ähnlich wie im weiter südlich gelegenen Ostuni sind auch hier die meisten Häuser weiß gekalkt. Früher im Glauben an den Schutz vor der Pest zelebriert, hält man heute gerne an der Tradition fest, weil das Weiß in der Sonne für eine gewisse Eleganz und Fröhlichkeit steht – und natürlich gut vor der hiesigen Sommerhitze schützt.
Aufgrund ihrer Form, wie sie da so im Tal liegt, sprechen die Einwohner liebevoll von Mattinata als „La farfalle Bianca del Gargano” – den weißen Schmetterling des Garaganos!
Und genau so lang wie der Schlag eines Schmetterlings währt, erlebt man hier in kürzester Zeit wie die prähistorische Vergangenheit auf die heutige lebenslustige Moderne dieser Stadt trifft. Die Vielfalt ist dabei enorm, denn diese kleine entzückende Küstenstadt mit ihrem aparten Centro Storico, das mit kleinen Palazzi lockt, trägt viele historische Schätze und besondere Geschichten in sich.
Das Bürgeramt und die Bibliothek von Mattinata

Ein Beispiel hierfür sind die Palazzi. Oft nach den Regionen benannt, wo die Mattinetesi im vergangenen Jahrhundert als Gastarbeiter ihr Geld verdienen mussten. In diesen langen Jahren haben sie für ein Haus in ihrer Heimat gespart. So begegnen uns hier also Häuser, die den Namen Hamburg, Bayern oder Städte aus den USA tragen.
Den Mattinetesi, die Einwohner*innen dieser Stadt, die über viele Jahrhunderte abgeschieden durch die sie umragenden Berge lag, sagt man nach, aus der Zeit der sehr frühen Einsamkeit der zurückgezogenen Lage ihre heutige Offenheit, Gastfreundschaft und Feierleidenschaft entwickelt zu haben!
Sie erlebt man in den kleinen Restaurants oder Bars entlang der Hauptstraße in der Altstadt, dem Corso Mattina. Seinen kleinen Querstraßen zu Fuß folgen, das heißt wahrlich aufzusteigen. Auf und ab, ab und auf.
Das Training hält vor allem die älteren Einwohner Mattinatas sichtlich lange fit! Viele von ihnen erkennen unsere Herkunft und begrüßen uns freundlich in deutscher Sprache. Bleiben wir stehen, erzählen sie uns von ihrer Geschichte in Deutschland, wo sie lange Jahre gearbeitet haben. Damals als, mit dem wenig charmanten Begriff, Gastarbeiter eingeladen, stehen sie heute für das neue europäische Leben für das gerade sie einst den Grundstein gelegt haben!

Noch zur Zeit des Zweiten Weltkriegs war Mattinata lediglich über das Wasser von Vieste aus erreichbar oder man gelang über den Höhenzug Monte Saraceno mit einem Esel nach z. B. Manfredonia, die heutige Kreisstadt Mattinatas. Beide gehören zur Provinz Foggia. So wie heute, sehr schnell durch einen Tunnel über die Bundesstraße (Foggia-Vieste) erreichbar, ist Mattinata tatsächlich erst seit den 1980er Jahren. Für die allererste befahrbare Straße über die Berge zeichnete sich noch Mussolini verantwortlich.
Mattinata hat die tollsten Schornsteine!

Mattinata ist eine entzückende kleine Stadt, die mich schon wegen ihres hohen Türkis-Anteils in allen möglichen Details eingefangen hat.
Oder generell wegen der kleinen Schätze, die ich bei dem Spaziergang durch sie entdecken durfte.

Und natürlich wegen …
Das allerallerärmste Kätzchen von Mattinata – auf den Balkon gesperrt und zu dick, um durch die Gitter entfliehen zu können!

Der nächstgelegene internationale Flughafen ist in Bari der Aeroporto di Bari-Palese “Karol Wojtyla”. Von dort gelangt man mit der Bahn via Stazione Bari Centrale nach Foggia. Ab dort verkehrt ein Bus Richtung Mattinata, bei günstiger Verbingung ist das in drei Stunden zu schaffen (ab Bari Centrale). Mit dem Mietwagen fährt man von Bari aus entlang der Küste und Salinen über Manfreddonia ca. 90 Minuten.


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2024-06-30

Köstliches Mattinata, Teil 1

Mein Aufenthalt in Mattinata war ein wenig wie Urlaub machen, denn auch zwei wundervolle Food-Events haben mein Herz höher schlagen lassen. Ein langgehegter Wunsch wurde mir erfüllt, endlich durfte ich bei der Mozzarella-Produktion dabei sein!

Gracia und Rafaele Devida, Mutter und Sohn, halten in ihrer Azienda Agricula Caseificio de Vita nicht nur selber Ziegen, Kühe und Büffel, sie führen auch eine Käserei mitten in Mattinata. Hier wird im Hinterzimmer die Milch der eigenen Tiere verarbeitet, um direkt im Vorraum als frischer Ricotta und Mozzarella verkauft zu werden.

Und Matteo Granatiero hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Er bietet Verkostungen von Olivenöl und Weinen an, die in der Region produziert werden. Dies hier war nun wirklich nicht meine erste professionelle Olivenöl-Verkostung – dafür die, die am interessantesten aufbereitet worden ist. Und, ganz nebenbei, auch die in der schönsten Umgebung!


Landwirtschaft im Gargano

Im Gargano wird wie überall in Apulien viel Vieh- und Landwirtschaft betrieben. Das Mikroklima ist hierfür natürlich ideal, wenn auch der Boden und die Sommerhitze den Produzenten ein Leben mit sehr harter Arbeit abringen. Die Landschaft ist übersät mit den klaren Linien der Olivenbaumreihen. Und, wie neulich schon erwähnt, gelegentlich begegnen sie einem in der Landschaft an Orten, wo jeder mit einem Hauch Sicherheitsbedürfnis nie welche gepflanzt hätte.

Und sind es nicht die Alberi di ulivi, dann ordnen sich die Weinstöcke ordentlich ins landschaftliche Bild ein. Nero di Troia, Bombino Bianco oder Bombino Nero – so heißen die autochthonen Reben, die hier köstliche Weine in die Gläser bringen. Als Rosé ausgebaut, ein fantastischer Sommerwein in traumhaften Farbtönen, der eher mit erstaunlicher Tiefe, anstatt Leichtigkeit erfreut. Und einer der wenigen Rosado, der Kirchenfenster ins Glas malt! Selbstverständlich werden auch im Terre del Gargano die Weine Apuliens überhaupt angebaut: Primitivo und Negroamaro.


Alles Käse – Azienda Agricula Caseificio de Vita

Letzter Tag, am frühen Nachmittag droht unsere Abreise. Leider. Wir fahren noch einmal von unserer schönen Unterkunft, Residence Il Porto, hinein in die Stadt Mattinata. Gracia und Rafaele Devida haben bereits einen halben Arbeitstag hinter sich – obwohl es noch früh am Tag ist. Die beiden haben mindestens ihre Ziegen und Kühe gefüttert und gemolken.
Deren Milch steht in den riesengroßen Kübeln auf offenen Gasflammen auf dem Boden, wo sie auf Temperatur gebracht werden. Auch das Wasser, in dem der vorbereitete Käsebruch zu saftigem Mozzarella gezogen wird, ist vorbereitet.
Rafaele hat in der kleinen Käserei schon als Kind seinen Eltern beim Käsen zugesehen. Jetzt führt der junge Mann den Laden gemeinsam mit seiner Mutter. Und den landwirtschaftlichen Betrieb, denn die Milch kommt von den eigenen Ziegen, Büffeln bzw. Kühen.
Die Azienda Agricula Caseificio de Vita hat auch außerhalb von Mattinata einen sehr guten Ruf. Wie und was sie produzieren, stellen sie unter den Richtlinien der „Slow Food”-Bewegung her. Beide sind wieder so unglaublich freundlich, wie die Menschen in Apulien sind, und teilen ihre Kunst des Käsens mit uns. Und später, liebenswerterweise, auch ihren Käse.

Mozzarella, Ricotta, Stracciatella, Caciocavallo, Scarmozza, Cacioricotta … die Käsetheke im kleinen Verkaufsraum, durch eine Glasfront von der Produktion getrennt, ist voller Köstlichkeiten.

Ich bin in meinem kleinen Foodiekosmos wie im Himmel! Draußen ist ein wunderschöner und sehr warmer Frühlingstag. Drinnen brennen drei große Gasflammen und machen die Hitze beinahe unerträglich. Wie muss es erst im Hochsommer sein? Mich faszinieren Menschen, die dieses Handwerk ausüben – denn es ist nicht nur die täglich harte Arbeit. Es sind doch auch die Umstände, in denen die Menschen diese Produkte für uns alle schaffen. Es gebietet großen Respekt.

Etwas streng riecht es nach dem Käse, einige von uns fliehen immer wieder nach draußen in die Sonne, während ich gar nicht genug bekommen kann, Davide dabei zuzusehen, wie er die erwärmte Molke – aus der zuvor der Bruch für den Mozzarella hergestellt wurde – für den Cacioricotta mit pflanzlichem Lab abbindet und später in die Behälter abschöpft.
Cacioricotta wird vor allem in Süditalien noch jung – nach einer Reifezeit von zwei Monaten – gerne als Tischkäse serviert. Zwei Jahre gereift, ist er sehr würzig und wird in Apulien, im Latinum oder Kalabrien gerne für alles verwendet, wofür man in Norditalien einen Parmigiano vorzieht.
Für unsere Kameras zelebriert Rafaele seine Arbeitsschritte mit geduldiger Hingabe. Ein Arbeitsprozess, den er sonst in wenigen Minuten abgehandelt hat, wird so eine Aufgabe für fast eine halbe Stunde.
Pasta Filata, gesponnener Teig bzw. Käsebruch, so bezeichnet man den Prozess der Mozzarella-Produktion. Hierfür wird der Käsebruch, der in der Molke einige Stunden reifen durfte, für den Mozzarella mit heißem Wasser (95 Grad Celsius) übergossen und zu einer zusammenhängenden Masse mit einem langen Holzstab geformt.
Danach wird gezogen, und – mozzàre – abgeschnitten. Traditionell wird mit den Händen ein Stück Käse von der Masse abgetrennt und geformt – zu kleinen und großen Kugeln.
Das Tempo, mit dem Rafaele den Käse abtrennt und ihn zu pituresken Nodini flechtet, der zu einem oder mehreren Knoten geformte Mozzarella, ist beeindruckend!
Und während wir dem Prozess beiwohnen, serviert uns Gracia Devida kontinuierlich und sehr großzügig ihre Käsesorten. Wir probieren den frischen süßlichen Ricotta,
gereift als würzigen Cacioricotta, wir dürfen den sehr frischen Mozzarella kosten – und natürlich auch die fantastische Stracciatella, die hier auch produziert wird.

Eine leckere Freude! (Nicht weit von dem Käseladen führt die Familie natürlich auch noch eine Fleischerei in Mattinata.)

Olivenöl-Verkostung mit Matteo Granatiero in der La Vineria

Wir laufen noch etwas durch Mattinata und finden uns in der La Vineria in der Via Vittorio Emanuelle II 2 an der Ecke zum berühmten Corso Matino wieder.

Dieses Lokal ist mir schon bei unserem ersten Spaziergang durch Mattinata aufgefallen. Wunderschöne – liebevoll zu dem Türkisblau der Adria passend gestrichene Möbel – stehen auf den Stufen der hoch führenden Straße und machen direkt gute Laune. Strohhüte an den Wänden, bunte Tischdecken – hier hat jemand viel Spaß an Dekoration. Um die Ecke in einer kleinen Gasse kann man etwas ruhiger sitzen – weiße aufgespannte Regenschirme schützen vor der Sonne. Ein extrem charmanter Ort in Mattinata!
Hier hat für uns Matteo Granatiero seine vielen geheimnisvollen Becher mit Deckeln und Olivenöle aufgebaut. Er berät Touristen, wie auch Restaurants in ihrer Weinauswahl und organisiert Verkostungen für Olio und Vino – wo immer man sie diese erleben möchte.

Matteo serviert uns später einen Aperitivo mit einem in der Farbe traumhaft schönen Rosado (Rosalia Nero di Troia I.G.T. Puglia)
und feinste Antipasti, die er mit der Sorte Olivenöl übergießt, die wir nach unserer Verkostung als passend für das jeweilige Gemüse definiert haben.
Nach einer kurzen Einführung zum Anbau der Oliven in der Region rund um Foggia im Gargano und der Geschichte – wie immer sind die Griechen „schuld”, die die Frucht 1000 Jahre vor Christus nach Italien gebracht haben – lässt uns Matteo durch einen kleinen Spalt der verschlossenen Becher schnuppern. Dahinter verbergen sich Gemüse wie Tomaten, Ruccola, Artischocken u.m. – wir riechen und „erschnuppern” quasi blind die Aromen, die wir, unter seiner Anleitung, später genau so aus den Olivenöl-Proben der jeweiligen Flaschen wieder erkennen. Um sie dann mit den Antipasti nach unserem Gusto zu vergesellschaften Neudeutsch: Pairing).

So Olivenöl zu erfahren, macht Spaß und ist mir eine neue Erkenntnis, wie ich das perfekt passende Öl für das jeweilige Food-Produkt finde.
Natürlich zeigt er uns, wie man für ein Olivenöl-Tasting, das Öl zunächst mindestens mit der Hand oben verschließt und unten im Glas (hier Becher) durch die Wärme der Hand leicht erwärmt, um das Bouquet zu verdichten. Denn auch Olivenöl riecht man zuerst, bevor man es schmeckt – wie man es wie Wein mit Luft einzieht und im Mund etwas kaut, bevor man es schluckt, um alle Aromen zu erfassen. Mit Muße genießen. Eine fast heilige Prozedur.
Drei Öle aus der Serie „Monocultivar” der Azienda Agricola Bisceglia probieren wir. Es sind keine Cuvées, sondern jedes Öl ist auch nur einen Olivensorte hergestellt! Für eine Verkostung ideal gewählt. Gelb: Ogliarola; hellgrün: Peranzana; grün: Coratina. Wir schmecken ein fruchtiges und mildes, dann ein aromatischeres mit viel Grüntönen und ein sehr tiefgründiges, pfeffriges Öl. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Die Azienda existiert seit 1857 und wird heute in der vierten Generation wird von drei Schwestern geführt.

Die Olivenöle Apuliens gelten als besonders würzig und haben meist Tiefe. Die Leichtigkeit eines z. B. umbrischen Olivenöls – die können die Öle aus dem Süden einfach nicht. Dafür sind sie fruchtig und sie bringen die Aromen in die Flasche, die in ihrer nahen Umgebung auch mit angebaut werden. Nicht selten dominieren hier grüne Aromen wie Gras und Artischocke, dazu Mandel und Zitrusfrucht. Ihr Abgang ist bitter, pfeffrig bis scharf. Ein Ausdruck ihrer Qualität.

Das Tasting macht Spaß. Matteo gießt das Öl reichhaltig über unsere Antipasti: Pane mit Fave e cicoria – das Gericht Apuliens, hier sehr gut abgeschmeckt und lecker
– oder Bruschetta mit Tomaten und Ruccola. Natürlich kann man mit etwas mehr Zeit im Gepäck in der Azienda auch Führungen buchen und deren feinen Öle bzw. sonstigen Köstlichkeiten können online geordert werden.
Das war eine feine Verkostung, spannend aufbereitet in einer traumhaft schönen Location! Mit diesen beiden Erlebnissen, war unser letzer Vormittag im schönen Mattinata perfekt und intensiv genutzt vor unserer Abreise. Und die La Vineria ist sowieso ein must go in Mattinata.


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