2019-01-16

Mein Geburtstagsessen: Pekingente im Orania

Eine sehr liebe Freundin hatte mir zum Geburtstag ein feudales Essengehen geschenkt. Ich durfte mir etwas aussuchen. Einzige Voraussetzung: es sollte etwas Besonderes sein. Ich schlug einige Restaurants vor und da mich beim Besuch von Robert bei dem uns Chefkoch Philipp Vogel erzählte, wie schwer es war, die richtige Entenrasse für die perfekte Pekingenten-Haut und den richtigen Produzenten für diese Enten zu finden, sein Menü der XBerg Duck im Orania schon sehr fasziniert hatte – zumal das Restaurant von unseren Dockingstationen fußweit gelegen ist, Frau maske_katja eh mal wieder einen Fuß nach Kreuzberg setzten (s)wollte, war die Entscheidung vergleichsweise schnell getroffen. Zudem das XBerg Duck-Menü gerne für zwei Personen serviert werden möchte. Wir haben durchgezählt: eine Frau maske_katja, eine Frau creezy = zwei sehr neugierige Menschen mit Hunger.

Der Termin dafür wurde jedoch häufiger vertagt. Reise hier, Erkältung dort, Dienstpläne da, zwischendurch das sehr feine Essen im Volt (und ich bin durchaus der Meinung, dass ein großartiges Essen im Monat genügen sollte, das Jahr hat bekanntermaßen noch so viele andere traurige Monate im Jahr, die durch ein feines Essen aufgewertet werden möchten) im November, gefolgt von selbst produzierten Enten-Menüs im Dezember aus festlichen Gründen. Ich behielt meinen Essengutschein wie einen heiligen Schatz. Letzten Samstag war es dann doch so weit. Wir fielen quasi einmal quer über den Oranienplatz und waren schon dort.



Bei der Tischreservierung hatten wir bereits unser Interesse am Pekingentenmenü angedeutet (das Orania schätzt hier Voranmeldung für eine gewisse Mengenkalkulation), wurden freundlich empfangen bei Kaminfeuer und freuten uns an dem von uns gewählten Aperitif, einem Riesling-Sekt. Ich versprühte mein halbgares Wissen über Perlage und Gläser. Da aber unser Menü gesetzt war, wurde meine Gastgeberin schnell verschont und es ging alsbald los mit den einzelnen Gängen –



selbstgebackenes Brot mit Nussbutter und Salz als zurückhaltender Begleiter.



Der Enten Dashi mit einem Dim Sum, gefüllt mit den Innereien der Ente. Sehr intensiv im Geschmack. Und – wie nur ein Dashi das nun mal kann – gleich das Gefühl von Unsterblichkeit vermittelnd. Es gibt Lebensmittel, die wirken sofort, jenseits der Tatsache, dass sie sehr fein schmecken.



Dann wurde unsere Ente an den Tisch gerollt. Der Anblick rollender Enten sollten uns noch sehr häufig begegnen an diesem Abend, denn der zweite Gang im XBerg Duck-Menü wird am Tisch zelebriert.

Unsere Ente wurde am Tisch hauchdünn komplett ihrer Haut entledigt und mit Crêpe (oder wie wir in Kreuzberg sagen: Eierkuchen) tiefdunkler Hoisinsauce, Rettich und Frühlingszwiebeln, eingelegtem Ingwer bastelt man sich mit der Haut der Ente vorzügliche Crêpes selbst.



Begleitet von sehr würzigen Gurkenscheiben, kräftig in einer Knoblauchmarinade mit Nuss serviert. Der Gang ist spektakulär und sehr fein!



Währenddessen erzählten Frau maske_katja und ich uns unsere eigenen Histörchen zum ehemaligen Kaufhaus Brenninkmeyer, dem Haus, in dem das Hotel Orania mit seinem Restaurant heute residiert. Ich als Westgirlie konnte von Kreuzberger Nächten im Seitenflügel des heutigen Hotels erzählen, wo in den Achtziger Jahren in der Bauruine ein Club existierte namens Trash. Dort hatten Westberliner Grufties ihr Zuhause und ich bin damals gerne raus gegangen mit meinem damaligen Freund. Dorthin, weil dort viel elektronische Musik gespielt worden ist. (Wir und die EBM-Szene hatten ja damals nix.) Ich kenne das Haus also vergleichsweise lange. Frau maske_katja indes lernte den Platz aus stadtgeschichtsbekannten Gründen – als Mauer bekannt – die Seite Berlins leider erst nach der Wiedervereinigung kennen und konnte von Einkäufen im dortigen Penny-Supermarkt erzählen. Ein besonderer Genuss, den ich irgendwie nie in Anspruch genommen hatte.

Das Haus stand dann eine sehr lange Zeit leer, wurde teilrestauriert bis den vormaligen Besitzern das Geld ausgegangen ist; stand wieder lange Zeit leer mit kurzfristigen Zwischennutzungen für Kunstausstellungen und öffnete grundsaniert mit viel Elefant im Dekor im August 2017 seine Pforten als Luxushotel. Somit hat es in Kreuzberg natürlich keinen leichten Stand, was teilweise leider auch einer unglücklichen, bisschen zu arroganten Außenkommunikation der Geschäftsführung geschuldet war. Lange Rede: natürlich fliegen in Kreuzberg in Gegenwehr zur Gentrifizierung Steine. Hätte man aber vorher wissen können, wenn nicht immer jeder, der von Außerhalb Berlins käme, glaubte, die Stadt bräuchte an allen Ecken Kommerz und man müsse ihr nur zeigen, wo es lang geht.

Trotzdem bin ich froh, dass dieses Haus nun wieder eine Seele hat; wer es sich leisten kann, ist dort sicherlich ganz wundervoll über Nacht untergebracht. Es gibt fast jede Nacht an der Bar Live-Musik und das Haus ist trotz allem der Umgebung angemesssen unprätentiös: man fühlt sich auch als Nichtbewohner ebenso an der Bar bzw. Lounge willkommen. Ganz hervorragend aber ist das offene Restaurant zu (fast) jeder Tageszeit unter der Leitung des nicht nur ungemein talentierten, sondern auch extrem netten Philipp Vogel, der schon sehr früh ein Verfechter der Nose-To-Tail-Küche war. Bei ihm habe ich vorvergangenen Jahr erstmals Schweineschwanz essen dürfen. Überzeugt.



Nächster Gang: Brust – von der Ente in Pfeffersauce dazu einen fantastischen Pak Choi, gedünstet mit frischem grünem Apfel und Pfeffer. Die Ente supergut,



dieser Pak Choi zum niederknien – nur leider definitiv eine vielvielviel (!!!) zu kleine Portion für zwei Personen.



Gefolgt „Dit Been” („Lange Beene hat die Kleene”) von knackigem Bratreis mit dem Fleisch der Entenkeule und einem Eigelb. Fantastisch würzig und knackig.



Frau maske_katja entschied sich zum Dessert für Tapioka.Passionsfrucht.Tamarine – und fand es sehr lecker.



Mich machten Topfenknödel in Semelbröselbutter, ein Vanilleeis auf Marille unglaublich glücklich.



Was für ein wunderschöner Abend! Was für ein tolles Geburtstagsgeschenk – und wie wunderschön eigentlich es im Januar nachgereicht zu bekommen!

Eine absolute Empfehlung, Vogels' XBerg Duck sollte man sich auf alle Fälle gönnen.

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