2018-09-10

Traumabearbeitung

In der Maßnahme für den Plan für Glück und Lebensfreude, Abteilung Therapie, gehen wir gerade mein Thema Traumabewältigung an. Bis Donnerstag muss ich eine Zeitskala meines Lebens erstellt haben auf der ich alle Traumata eintrage.

Funfact: Als wir darüber sprachen, war im Geiste dieses Blatt ratzfatz mit Inhalten gefüllt. Demgegenüber gehört zur Therapiemethodik gleichfalls die an mich gestellte Aufgabe ein dementsprechendes Blatt zu erstellen auf dem ich alle positiven Lebensereignisse eintrage. Gehört zum Krankheitsbild, dass dieses in meinem Geiste vorerst weiß blieb. Das ist natürlich genauso nicht, mein Leben ist voller schöner Erlebnisse. Aber es gehört zu mir dazu, liegt in der Zeit, dass ich das eine Blatt vollgeschrieben sehe, das andere Blatt ganz leer.

Eines meiner Traumata ist dieses hier. Und das habe ich ganz lange Zeit gar nicht begriffen. Weil es uns alle betroffen gemacht hatte, war mir gar nicht bewusst, wie wirklich sehr tief und schlimm dieses Erleben auf mich einwirkte. Heute weiß ich, dass sich danach mein Leben verändert hatte. Und nicht zum Guten.

Auch jetzt, wo sich dieser Tag wieder jährt, und ich morgen besser keine Medien an mich heranlassen werde, merke ich, wie gerade wieder alles so schwer und dunkel wird. Der Stein auf der Brust wird wieder größer und schwerer – und das gilt es bis November auszuhalten und durchzustehen, wenn das nächste traumatische Erlebnis um Erinnerung bettelt.

All das ist auszuhalten und durchzustehen. Aber es kostet Kraft. Energie. Und Leichtigkeit.

Die Haut ist sehr dünn gerade. Und es tut mir leid, wenn ich damit gerade anderen Menschen auf den Geist gehe.

2018-09-08

Herbstliches Einkaufstrüffelschwein



(Enthält unbezahlte Werbung.) Gestern war Markttag. Ich war die letzten Wochen schon recht fleißig und habe Tomatensugo en masse eingekocht, Feigensenf mit frischen Feigen gemacht, Dattelessig (frei) nach Magentratzerls Rezept. Den muss ich jetzt langsam abseihen und abfüllen. Für diesen Essig haben ich getrocknete Datteln genommen.

Zur Zeit aber gibt es überall auf dem Markt und bei den befreundeten türkischen Supermärkten frische Datteln. Von getrockneten Datteln (und auch Feigen) muss mich niemand mehr überzeugen. Aber frische Datteln (Vitamin B und D) gucke ich mir ständig an, finde sie sehr interessant – nur habe mich nicht an sie ran getraut. Gestern habe ich mir auf dem Markt ein Herz gefasst und den befreundeten türkischen Obstverkäufer nach frischen Datteln ausgefragt und mir von ihm eine zum Kosten geben lassen. Dann bin ich stante pede (ist das nicht ein tolles Wort für sofort? Wir sollten alle viel öfter stante pede schreiben!) zur Bank gegangen, weil ich mein mir zugeteiltes Marktbudget schon ausgegeben hatte (davon allerdings auch für Schere und Stecknadeln für meine neue Nährfreundin vorausgelegt) und habe mir ein Kilo frische Datteln gegönnt. Die müssen jetzt zwar noch etwas liegen und nachreifen. Denn tatsächlich sind sie erst reif, wenn sie dunkelbraun gefärbt sind und so aussehen, wie wir hierzulande sozialisiert Obst eher nicht kaufen wollten. So wie sie auf dem Foto meiner reichhaltig gefüllten Markt-Obstschale aussehen, sind sie noch unreif. Aber das ändert sich in ein paar Tagen, hat mir mein türkischer Freund versichert.

Ich sage übrigens viel lieber Freund, denn auf dem orientalischen Markt sind wir üblicherweise alle per Du, weil immer Bruder und Schwester, aber mit Bruder tue ich mich aufgrund meiner persönlichen Bruder-Erfahrungen etwas schwer.

Kauft frische Datteln, denn sie schmecken köstlich und machen sehr glücklich! Ich werde Dattelsenf machen, Dattellikör, Dattelmarmelade … hach! Oder Datteln selber trocknen und dann mit Marzipan selber füllen zu Weihnachten. Die Welt wird so viel größer und schöner, wenn man erst einmal frische Datteln probiert hat!



Ich kaufte auch Birnen! Wie schon oft erwähnt, liebe ich Birnen. Ich sortiere Birne auf der Obstliebeskala vor dem Apfel. Und jetzt ist Birnenzeit, also brauche ich Birnen zum Einkochen in Hälften. Und ich möchte Birnenmus machen. Birnenlikör. Getrocknete Birnen benötige ich auch unbedingt. Es ist einfach so eine schöne Zeit, wenn reife Birnen in den Marktauslagen liegen, Wespen glücklich kreisen …

Tapferen Herzens habe ich gestern die frischen Feigen liegen lassen. Dieses Jahr ist ein fantastisches Feigenjahr. So großartig und aromatisch haben sie selten geschmeckt. Ich kenne den Genuss reifer Feigen direkt vom Baum in Südfrankreich gepflückt, daran kommen Feigen im Handel ganz ganz selten. Aber dieses Jahr ist das Feigenjahr schlechthin! Ich habe schon zwei Mal Feigenmarmelade eingekocht. Und welche eingeweckt. (Für den Winter z. B. heiß zum Pistazieneis!) Und überlege es noch ein drittes Mal zu tun – denn auch die Feigenmarmelade ist köstlich wie nie und den Geschmack sollte man sich wirklich für lange Zeit erhalten.

Bei Pflaumen hingegen ist es dieses Jahr schwieriger. Es ist ein reichhaltiges Pflaumenjahr, das ist bewiesen. Aber sie wurden auch sehr früh reif und ihnen fehlt einfach der Geschmack. Meinen erster Pflaumenkauf war ein Reinfall, weil unreif. Mein Fehler, Pflaumen sollte man immer probieren. Aber die habe ich nun im Dunklen nachreifen lassen. Diese Woche habe ich an einem Stand vier Kilo Pflaumen erworben und zu Pflaumenmus im Ofen eingekocht. Das Rezept wird noch folgen. Ich nehme dafür immer weniger Zucker als in meinem Inspirationsrezept angegeben, weil ich es eh nicht so süß, dafür lieber würziger mag. Aber selbst mit der wenigen Menge schmeckten die Pflaumen nach zwei Stunden Dörre im Ofen viel zu süß und nach den Gewürzen. Und das ist mein Pflaumenproblem in diesem Jahr: sie haben irre viel eigenen Zucker jedoch kaum intensiven Pflaumengeschmack.

Ich habe dieses Problem aber gelöst bekommen in dem ich noch einmal zwei Kilo Pflaumen nachkaufte, damit konnte ich den zugefügten Zucker strecken und die beigefügten Gewürze, wie es sich gehört hinter den eigentlichen Pflaumengeschmack in den Hintergrund verweisen, nun ist sogar etwas natürliche Säure wieder im Spiel.



Interessant, dieses Jahr – so reichhaltig die Hitze bei einigem Obst einwirkt – sie stellt einen dennoch in der Küche vor interessante neue Herausforderungen, denn normalerweise ist gerade Pflaumenmus ein Selbstläufer. Sechs Kilo Pflaumen, acht Gläser Mus. Das sollte erst einmal reichen.

Und dann hatte ich gestern noch wirklich große Gewürzfreude. Ihr erinnert Euch an mein Senfpost? Es gibt gelbe, braune und schwarze Senfsaat. Dijon-Senf zum Beispiel wird aus gelber und schwarzer Senfsaat hergestellt, die originale Moustarde – der grobe Senf – enthält alle drei Saaten. Hierzulande erhält man vorrangig nur die gelbe Senfsaat. Ich habe die letzten Wochen wirklich tapfer versucht, offline erfolgreich zu sein.



Wo ich noch nicht nachgefragt hatte: bei Dhani Masala! Besucher des Marktes am Maybachufer kennen den Gewürzstand von Dahni Masala seit Jahren, schätzen sein profundes Wissen über Gewürze und lieben seine Curry-Mischungen (probiert die Curry-Mischung mit Mango! Und: wenn scharf bei den Currys steht, dann sind die scharf). Ich behaupte, dass man nirgendwo sonst so guten Zimt erhält in der Stadt wie hier! Die Gewürze, die man hier kauft, sind in kleinen Mengen abgepackt – was einfach sinnvoll ist, denn keinem Gewürz tut lange Haltbarkeit gut. Natürlich sind die Gewürze teurer als im Supermarktregal, dafür untadelig. Und: wer auf den Markt geht und dort am Stand hängen bleibt, geht deutlich klüger vom Stand weg. Immer!

Ich habe schon erlebt, dass Touristen extra wegen ihm einen Kurzurlaub in Berlin eingelegt haben, um Nachschub zu kaufen. Aber das hat sich geändert, einerseits hat sich Dhani Masala sehr guten Nachwuchsverkäufer heran gezogen, um auf den Berliner Märkten expandieren zu können – und es gibt mittlerweile auch einen Online-Shop: Zimt und Pfeffer!



Also stoppte ich gestern dort am Stand, fragte nach schwarzer Senfsaat. Bingo! Köstliche scharfe kleine Senfkörner (schwarzer Senf hat eher die Größe von Mohn.) Klar, die wurden gekauft. Dann aber hatte der Marktstand noch besondere Zimt-Angebote parat, alleine anzusehen sehr speziell: Königszimtstangen. Riesige Zimtstangen, eher Zimtäste, die man sich problemlos auch als Deko oder Kunstobjekt in die Wohnung stellen kann. Überzeugt Euch selbst!





Zimt ist ein tolles Gewürz – und ich benutze ihn ganzjährig, z. B. zu Hackfleischgerichten (ja, keine Boulette ohne Zimt!). Etwas Zimt im Kaffee, hebt sein Aroma. In heißer Schokolade sowieso. Zimt in kleiner Menge begleitet Blumenkohl und Kohlrabi. Er ist ein Begleiter, dem viele Heilkräfte nachgesagt werden. Für mich ist es einfach ein sehr feines Gewürz, das in kleinen Mengen vielen Speisen nur Gutes tut – und schon gar nicht nur zur Weihnachtszeit in der Küche verwendet werden sollte. Nee ne, in Hinsicht auf die Benutzung von Zimt sind uns die Vietnamesen, Araber und Inder einfach weit voraus in der ganzjährigen Verwendung!



Also habe ich hier natürlich zugeschlagen! Man kann Stangenzimt auch kauen und das ist tatsächlich ein wundervolles Erlebenis: ein klitzekleinen Splitter in den Mund nehmen, dann schmeckt man als erstes im Vordergrund viel Süße (wer Zimt verwendet, kann Zucker einsparen), dann kommt der Zimtgeschmack und am Ende, wenn das Stück eingespeichelt weicher geworden ist, kaut man es und dann kommt eine intensive Schärfe durch, die sowas von die eigenen Lebensgeister weckt! Wenn man das macht, merkt man auch gleich, was Zimt im Organismus alles in Bewegung versetzt. Der kann nur gut sein für uns!



Also von mir eine absolute Kaufempfehlung. Das Zimt-Angebot vom Marktstand habe ich auf der Homepage jetzt nicht finden können. Ich bin mir aber sicher, dass sie das auf Nachfrage Euch sicherlich anbieten werden. Bezieht Euch einfach auf dieses Blogpost. Die Zimtstange hält ewig, kann auch dekorativ in Eurer Küche aufbewahrt werden – sollte nur nicht zu warm stehen Einfach mit der Muskatreibe frisch ins Essen reiben. Ein Traum!

2018-09-06

Kiez

Neulich läuft hier ein Kater zu. Ich stehe Sonntags auf und sehe auf der Straße einen Vater mit seinen beiden Kindern und einen Kater spazieren gehen. Dann sehe ich den gleichen Vater auf der anderen Straßenseite, wie er diesen Kater im Hof wieder versucht los zu werden.

Keine halbe Stunde maunzt es kläglich bei uns im Hof und dann gehe ich ungewaschen, dafür auf die Schnelle angezogen, hinunter, um den Schreihals zu suchen. Der sitzt gegenüber vor der Nachbarn Tür, wo schon eine Nachbarin aus dem Fenster guckt und mir bestätigt, er würde wohl eher nicht in deren Haus gehören. Also spreche ich ihn an und er kommt freudig auf mich zu und so nehme ich ihn auf den Arm und erst einmal mit hoch. So selten und ungerne ich freilaufende Katzen anspreche und mitnehme, hier habe ich das Gefühl, es nicht mit einem Freigänger zu tun zu haben – und nichts ist schlimmer als irgendwann von einem vermissten Tier zu lesen, dass man rechtzeitig hätte greifen können.

Kater ins Haus und Shiina zeigt Laune. Kater erst mal eingesperrt und Futter gegeben, davon Shiina etwas abgegeben – weil ich doch Waage bin und Gleichberechtigung mein zweiter Vorname ist. Shiina hat aber immer noch Laune. Ich fotografiere den Kater, der großen Hunger hat und einer zweiten Portion nicht abgeneigt ist, Shiina, die nun nichts mehr bekommt, hat noch mehr Laune. Ich stelle den Kater im Nachbarschaftsforum als auch bei ebay Kleinanzeigen ein. Sowie auf Twitter. Und bekomme alle Ratschläge, was man nun alles mit dem Kater tun müsse/solle/könne, um die ich nicht gebeten habe, jetzt aber alle kassiere – weil ich sie wohl selbst professionell ungefragt in solchen Momenten verteile. Karma, Baby! Ich entwerfe Zettel mit netten Texten über zugelaufene Katzen und motiviere die Nachbarin J. von gegenüber, sie mit mir aufzuhängen. Ich rechts herum, sie links herum. Wir treffen uns wieder und ich gehe noch mal mit ihren restlichen Zetteln und von mir neu ausgedruckten Zetteln los. Ich habe einen drolligen, voll gefressenen, sehr freundlichen Kater zu Hause, eine sehr übel gelaunte Shiina und habe langsam Sorge, mir etwas einfallen lassen zu müssen für die Nacht – ohne das Tier gleich im Tierheim abgeben zu wollen bzw. müssen.

Ich komme nach Hause, der letzte Zettel hängt, das Telefon klingelt und ein freundlicher Herr glaubt, ich könnte wohl seinen Kater haben. Ich erfahre des Katers Namens und man verspricht ihn gleich abzuholen.

Zehn Minuten später kommen zwei junge Männer, die über die Straße wohnen – dort, wo sich die Menschen in ihre schönen Gärten hinter dem hohen weißen Tor verschanzen und wo die beiden einen Garten haben, den der Kater sonst nie verlässt, seit er vor sechs Jahren aus dem Tierheim zu ihnen zog, außer: neuerdings. Neuerdings, wenn Kinder im Hof sind, die er wohl über alles liebt, geht er einfach mit ihnen mit. So wie heute. Und dann vergisst er den Rückweg. So wie heute. Also an diesem Sonntagheute.

Ich habe eine Flasche Rosé mehr, einen Kater weniger, eine begeisterte Shiina, darf die Zettel wieder einsammeln und habe einen Aushang gefunden, wo für eine Bewohnerin eines Wohnprojektes der Caritas bei uns im Dreh, von dem ich gerade zum ersten Mal höre, jemanden sucht, der mit dieser Bewohnerin näht, weil sie das gerne tut.

Ich rufe in der Woche dort an und verabrede mich mit der Betreuerin zum Kennenlernen. Es sind fünf Wohngruppen von Menschen mit geistigen Behinderungen, vier für Kinder und Jugendlich und zwei für Erwachsene. Und das Haus ist sehr schön und die Leute sind alle sehr nett und die Bewohnerin, wir nennen sie jetzt S., findet mich gut und so verabreden wir uns zum Nähen die Woche drauf.

Die Woche drauf war letzte Woche und da haben wir gemeinsam Kissen genäht, das kann sie schon ganz gut. Man muss ihr nur gut zureden, dass sie nicht ganz so schnell näht, dafür ordentlicher – und hier und da mal bügelt. Die Betreuerin hatte ihr zu Weihnachten eine Nähmaschine geschenkt, hat aber selber im Alltag wenig Zeit mit ihr zu nähen und die andere Betreuerin, die mit ihr früher nähte, gibt es dort erst einmal nicht mehr.

Sie freut sich sichtlich sehr, wenn ich komme und sagt mir das auch 20 Mal in zwei Stunden und heute schlug ich vor, dass sie Brotbeutel nähen könne, denn das wäre etwas anders als immer Kissen. Was sie auch sehr begeisterte und sehr gut erledigt hatte. Generell sind dort alle schnell zu begeistern, das finde ich sehr schön, weil das meine Kernkompetenz nicht so ist.

Auf dem Rückweg treffe ich die Nachbarin T. mit Sohn S. beim Discounter und später die Eltern mit den Nachbarskindern E. und E. und wir schlendern zurück, während uns Nachbar B. einholt und wir schlendern weiter und quatschen bei uns im Hof über künftige Baumaßnahmen auf dem Nebengelände (endlich wieder Baulärm). Da stößt Nachbarin F. mit Tochter J. und Hund M. zu uns.

Ich erzähle von dem Typen, den ich noch nachmittags von unserem Hof zur Hölle geschickt habe, weil er meinte, sich auf unserer Parkbank eine Koksline reinziehen zu können. Während auf der anderen Seite auf dem Spielplatz ein Exhibitionist, der sich dort einen rubbelte von der Polizei abgeführt worden war, psychisch krank, 66. Festnahme, seit Mai keinen Wohnsitz mehr in seiner ehemaligen Unterbringung im Heim für Menschen mit psychischen Erkrankungen, wie F. uns erzählte. Nun gesellt sich Nachbarin B. zu uns, die kürzlich mit Elly verwaiste Nachbarin, die am Wochenende im Norden bei der Schwester von deren Züchterfreundin einen Scheidungshund über das Wochenende aufgedrückt bekam in den sie sich natürlich verliebt hatte. Wir uns auch aufgrund der Fotos und sie ihn Anfang der Woche in vierzehn Tagen holen wollte, was ich frech fand uns gegenüber, weil zu lange, während wir doch schon rund um den Hund planen und nun holt sie Ava schon morgen, was alle Nachbarn und Nachbarskinder und hoffentlich auch Nachbarhunde gut heißen!

Dann sage ich „Tschüss” und gehe hoch und gehe nochmals mit meinen Kartons runter zum Müll auf die sich Nachbarjunge E. mit Freude stürzt, weil er sich daraus einen Drachen basteln möchte. Dann kommt Nachbar R., der lange im Urlaub war, mit einem Roller und kann sich nicht heimlich ins Haus schleichen, weil schon von den Kindern entdeckt und in Hofgesprächgeiselnahme genommen werden muss.

Schlimm. Diese große anonyme Stadt.

2018-09-05

Shiinas …

… „Du-hast-Gambas-im-Kühlschrank-für-mich-ich-weiß-es-genau!”-Blick.

Wer* könnte ihm widerstehen?



*Ich nicht. Sie ist (m)eine lebende Fernbedingung!

2018-09-01

Gestern war Tag der Liebe. Und der Stinker.

Ich bin gestern U-Bahn gefahren. Das war gruselig und schön. Beides gleichzeitig. Gruselig … ich wohne an der U-Bahnlinie, die vom Wedding ins Neukölln führt, das sind – für Nichtberliner erklärt – beides Bezirke die ein gewissen Potential bieten im Berliner Gemeinschaftsleben. Während es in anderen Bezirken betont grün oder betont elitär zugeht, geht es in diesen beiden Bezirken bevorzugt rauh, von Drogen supportet und immer sehr bodenständig zu. Das bedeutet eben auch, dass auf die Linie gerne gedealt wird und man kann live beim Zusehen lernen, wie man sich auf einem U-Bahnhof den Schuss setzt. Beides möchte ich nicht empfehlen.

Dort, wo diese Dinge passieren, verfällt leider auch der Mensch. Und dort, wo der Mensch verfällt, ist dieser Mensch gezwungen um Geld zu betteln. Das tut er – nachvollziehbar – in der U-Bahn. Wenn ein Mensch verfällt, fängt er irgendwann an bei lebendigem Leib zu verwesen. Das riecht, was es sehr schwer macht, diese Menschen im geschlossenen Raum auszuhalten, bei allem Verständnis für deren Not und bei allem Mitleid.

Da mich solche Schicksale, der Hochsensibilität geschuldet, problemlos aus meiner Tagesform kicken können und prima zurückwerfen können in meinem hart erarbeiteten „mir geht's halbwegs gut”-Dasein, habe ich nun in der Maßnahme gelernt, solchen Dingen aus dem Weg zu gehen. Irgendwie. Das gelingt mir mittlerweile relativ gut, wenn ich nur sehe, bis jetzt. Aber es ist durchaus Luft nach oben. Kommt zum visuellen Effekt aber noch ein olfaktorischer, bin ich relativ flink schachmatt gesetzt. Ich habe da einfach ein echtes Problem, ich bin einerseits voller Mitleid für diese Menschen – aber ich kann sie nicht gut ertragen, weil sie mir meine Kraft ziehen und in Zustände katapultieren in denen ich nicht mehr sein möchte. Also blende ich aus, so gut es geht. Das geht nur bei halbwegs guter Tagesform. Oder indem ich fliehe.

Gestern kam so ein bekanntes Gesicht ausgerechnet den Moment die Treppe hinunter als die U-Bahn einfuhr, die ich nehmen wollte. Eine später zu nehmen, war keine Option, da der Takt vergleichsweise lang war zur nächsten. Und dann war es eine durchgehende Bahn. Da siehste dann immer die Leute nach vorne oder hinten fliehen, wenn der Freund zu steigt. Ihm Geld geben will niemand, weil man es in seiner Nähe einfach nicht aushält. Es ist eine so fürchterliche Misere. Wir leben in einer Gesellschaft in der Menschen öffentlich verfallen, während wir ihnen dabei zusehen. So fährste also U-Bahn und flüchtest nach vorne in der Hoffnung, er kommt Dir die nächsten zwei Stationen nicht zu nahe. Und Du siehst diese beiden Stationen die Menschen auf den Bahnhöfen nur noch fliehen. Und alles, einfach alles, tut Dir fürchterlich leid.

Bei meinem Rückweg hielt eine U-Bahn auf der gegenüberliegenden Seite, eine mit noch einzelnen Wagons. Da sprach der Fahrer durch die Anlage, die Fahrgäste mögen bitte nicht in den ersten Waggon einsteigen, weil es dort unerträglich riechen würde.

Ja.

Dafür am gleichen Bahnhof an der Stelle, wo man von einem Bahnsteig zu anderen bzw. in das darüber liegende Kaufhaus geht: Türen. Dergestalt, dass man sie aufhalten muss. Wir haben gestern aufgehalten, auch dergestalt, dass Menschen sogar relativ lange verweilten und die Tür hielten, bis die nächste Person heran gekommen war. Und diese Personen – das wird ja leider immer weniger in dieser Stadt – sie lächelten vor Freude und bedankten sich. Man war untereinander freundlich zueinander. Ein „Danke!” hören! Das war sehr schön.

All diese Dinge, sie liegen so eng beieinander!

2018-08-31

IFA 2018: GPO Retro

Ich denke, bei den Fotos erübrigt sich jeder Kommentar zu den hübschen kleinen Musikmachern im Retrolook – mit digitaler Technik. Als ich den GPO Retro-Stand entdeckt habe, hatten die Jungs gerade wohl eine Schaffenspause – insofern kann ich wenig Infos liefern. Aber gelegentlich reicht auch nur Angucken und glücklich grinsen.













Die Leute von likehifi.de hatten etwas mehr Glück als ich und konnten schon ein paar Infos zum Ghettoblaster erfahren.

Gedankensprünge

Aretha Franklin wird aufgebahrt in einem farbenfrohen Kleid mit dazu passenden High Heels und man hat ihr lässig die Beine übereinander geschlagen im Sarg. Diese eine Foto geht um die Welt und es gäbe sehr viel dazu zu sagen. Aus Sicht des Respekts vor der Künstlerin, die Sängerin war, weniger Tänzerin. Aus Sicht der Fotografie. Aus Sicht des Anstands. Aus vielerlei Sicht.

Kneife ich mir. Mich hat das Foto auf die Idee gebracht, dass immerhin eine Möglichkeit besteht, dass auch ich versterben werde (sehr sicher!) und eventuell Menschen auf die Idee kommen könnten, mich nach meinem Sterben nochmals ankleiden zu lassen (nicht sehr sicher!). Aber die Idee, man könnte mich mit Schuhen, die ich ein Leben lang nie sonderlich gerne getragen habe, weil ich immer der Typ barfuß war in einen Sarg legen, die behagt mir nicht. Möchte ich an dieser Stelle öffentlich feststellen.

Barfuß. Meinethalben mit roten Fußnägeln. Aber: barfuß bitte!