Tablettenphobikerin
Als wir nach Omas Hinscheiden ihre Sachen im Krankenhaus übernahmen, fand mein Onkel in ihrem Bademantel die komplette Sammlung Medikamente, die sie in dem ca. dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt nach dem dritten Herzinfarkt bis zu ihrer letzten Woche auf der Intensiv gehortet hatte. Ich glaube übrigens nicht, weil sie keine Lust mehr hatte. Nein, Oma hatte zeitlebens ein Problem damit Tabletten zu schlucken. Dabei ging es nicht Ressentiments bezüglich ihrer Wirkung. Das Schlucken war das alleinige Problem.
Netterweise hat sie mir diese Macke vererbt. Ich habe früher natürlich auch mit der Pille verhütet. Allerdings immer mit dem Problem, dass das tägliche Miniaturding spätestens nach drei Monaten braver Einnahme für mich die Größe eines Lkws hatte. Gleiches Problem habe ich mit meiner jetzigen Medikamentation natürlich auch.
Ärzte verstehen das nicht. Als ich in der Klinik mein Problem ansprach, landete in den Köpfen der anwesenden Weißkittel (und offensichtlich so auch in meiner Akte) „hat ein Problem mit Medikamenten”, was dann in der Folge der bei mir kontraproduktiv wirkenden ersten Medikamentengabe dazu führte, dass man mein Problem nicht für voll nahm. Für die hatte ich ab dem Moment meines Geständnisses so ein generelles Problem mit Medikamenten. Meine beschriebenen Nebenwirkungen halt was vom Kopf verursachtes Ding. Dabei aber habe ich das Problem mit Medizin nicht. Im Gegenteil. Wenn mir etwas flink aus der Bedrouille hilft aus der ich mich mit eigener Kraft nicht befreien kann, nehme ich solche Hilfsangbote gerne an, bevor ich mich lange quälen muss.
Es geht alleine um das Hinunterschlucken einer Tablette als solches. Um den physikalischen Akt. Darin bin ich nicht gut. Mich quält das. Mich quält das so, dass ich heute nach seit ungefähr drei Uhr wach lang, weil ich wusste, ich muss heute wieder über den Tag verteilt drei (!) von diesen Dinger irgendwie runterbringen. Und über die nächsten Tage verteilt zwanzig Mal. Und ich komme nicht drum herum.
Wobei ich 2 Zentimeter irgendwie auch generell leicht übertrieben finde.
Echt, ich wünschte mir in dem Punkt hätte ich lieber die Geninformation meiner Mutter übernommen. Die konnte jede Tablette schlucken wie Smarties.