Dass die gute alte Waschmaschine hier deutlich in ihren finalen Zügen hängt, erwähnte ich bereits. Gnädigerweise gönnt sie mir noch etwas Karenzzeit, damit ich ein paar Euronen sparen und mich über ein neues Modell ausgiebig informieren kann. Das tue ich im Internet, gehe aber gerne auch in Geschäfte, die vorzügliche weiße Ware anbieten. Ich wundere mich teilweise sehr über die mangelnde Vertriebskompetenz von Verkäufern, habe meinen Spaß und bin nach wie vor unentschieden. Was bei mir natürlich nichts Neues ist. Unentschieden sein, kann ich prima.
So lag neulich bei einem Händler ein Prospekt der Firma Miele aus, den ich mitnahm, denn ich lese grundsätzlich sehr gerne Fachprospekte. Bei Miele kann man die PC-tauglichen Modelle der neueren Generationen noch nach Jahren einem Software-Update unterziehen. Und aus irgendeinem dummen Grund, den ich jetzt im Nachgang selber nicht mehr verstehe, traue ich Miele daher ein hohes Maß an Emanzipation in die gleichgeschlechtliche Richtung zu. Diese Updates gibt es für vergleichsweise wenig Geld, und man ist danach in der Lage auf alle neuen softwaregesteuerten technischen Funktionen zugreifen zu können, was ich schon sehr spannend und zeitgemäß finde. Für so eine Menschin 2.0 wie mich, ist das natürlich ein kleines innovatives Highlight.
Was ich allerdings wenig spannend, kaum nur innovativ und ehrlich gesagt, überhaupt nicht zeitgemäß finde, das ist ein Waschmaschinen-Prospekt in dem nur Frauen Werbeträgerinnen sind. Das mag sicherlich im Jahr 1950 stimmig gewesen sein, ist es 2012 nicht. Überhaupt nicht mehr!

Dieses Bildnis zeigt den Prospekt, den Miele herausgebracht hat anlässlich des eigenen „Feiern Sie mit uns – 111 Jahre Wäschepflege”-Feierlichkeiten. Dieser Fachprospekt informiert also über die Waschgeschichte der Firma Miele, deren Claim lautet „Immer besser” und präsentiert die sieben Sondermodelle, die das Unternehmen zur Feier des Jubiläums auf den Markt gebracht hat, namentlich die sogenannte Edition 111.
Man sieht auf der Vorderseite zwei Geräte von Miele, einen Trockner und eine Waschmaschine – ganz im Stil von Garry Larsson „Zuerst die Hose, dann die Schuhe”, wird hier zuerst getrocknet und dann gewaschen. Das ist aber natürlich nur eine kleinscheißerische stilistische Aufmerksamkeit* von mir, die ich bei einem Shooting als Fotografin zumindest angesprochen hätte.
(* Man möge diese Aufmerksamkeit meiner hohen fachlichen Kompetenz als Waschfrau zuordnen. Danke!)**
**Dass die Verteilung wohl sehr wohl Sinn macht aufgrund der Türöffnungen bei Miele, vor allem für Menschen mit Handicaps, hat Matcha in Kommentar Nr. 5 pragmatisch logisch erklärt, insofern streiche ich den vorangegangenen Absatz und nehme das gerne zurück, nur: warum zur Hölle bewirbt ein Unternehmen diese Eigenschaft nicht?
Um diese Geräte, auf denen eine Torte justiert ist, gruppieren sich vier junge Frauen, schätzungsweise kaum älter als 25 Jahre, bis auf eine Ausnahme alle langhaarig, in Partykleidung auf HighHeels stehend, dem Zuschauer mit Sektgläsern zuprostend. Im Hintergrund liegen roten Rosenglätter auf dem Boden, die dort auch noch durch die Luft wedeln. (Bei welchen Feierlichkeiten außer Hochzeiten und Miele-Geburtstagen regenen eigentlich sonst noch Rosenblätter?)
Es ist kein Mann zu sehen.
Auf Seite 3 des Prospektes wiederholt sich die Szene in klein, dieses Mal ohne Rosenblätter.
Es ist kein Mann zu sehen.
Auf Seite 6 sitzt die junge Frau mit kurzen Haaren auf der Waschmaschine, mit einem Blumenstrauß in der Hand. Der Ausdruck schönster Wäscheromantik ist dank Rosenblätter auch wieder im Bild.
Es ist kein Mann zu sehen.
Seite 11, die Damen prosten sich zu, die Rosenblätter fallen. Eine Dame hält ungemein aktiv den Arm in die Luft, zwei der Damen stehen fotomodellüblich in grotestker Beinhaltung. Eine Dame, die mit den kurzen Haaren, hat sich sogar ihrer Jacke entledigt.
Es ist kein Mann zu sehen.
Seite 13, die Jacke ist wieder angezogen und zwei Modelle sitzen nunmehr bunte Luftballontrauben haltend auf einem Trockner und freuen sich.
Es ist kein Mann zu sehen.
Seite 15, das Fotomodell mit den kurzen Haaren und der wieder angezogenen Jacke präsentiert die Torte auf der Waschmaschine – ohne Rosenblätter – und freut sich immer noch.
Es ist kein Mann zu sehen.
Im Shooting wurden mindestens zwei unterschiedliche, wenn sich auch ähnliche Torten verwendet.
Es ist kein Mann zu sehen.
Gut, ich kann jetzt nicht behaupten, dieser Prospekt sei 100%ig XY-Chromosmen gecleant, denn in den Bildern im redaktionellen Teil gibt es zwei Fotos auf denen ein Kind zu sehen ist, dies ist jeweils eindeutig ein Junge. Einer im Gras sitzend hält grinsend den Daumen hoch, beim Thema Energiesparen (klar, Männerthema) und ein weiterer Junge hält das Ohr an das Bullauge einer Waschmaschine beim Thema Funktion Extra Leise (klar: ausschlafen nicht im Haushalt helfen, auch Männerthema). Und trotzdem, weil der Knirps noch weit vor der Geschlechtsreife und deutlich noch nicht alt genug, um eine Waschmaschine bedienen zu können:
Es ist kein Mann zu sehen.
Ich könnte jetzt lang und breit zynische Sichtweisen kommunizieren, letztendlich treibt mich aber doch nur eine einzige Frage um: was zur Hölle soll ich mit einer Waschmaschine, die nur von Frauen befeiert, bedient werden kann und die offensichtlich nur die Wäsche von Frauen wäscht?
Und noch eines, Waschmaschinen um die ständig Rosenlätter regnen in der Küche, finde ich auch eher doof und unpraktisch als nett und romantisch.
Entschuldigt bitte Miele, Ihr mögt ja tolle Waschmaschinen bauen und klar, natürlich hätte ich sehr gerne so ein Schnuckelchen wie eine WT 2790. Aber Eure Marktingabteilung hat schlicht und einfach den Schuss der Neuzeit nicht gehört.