2012-10-16

Bei Miele waschen nur junge Frauen in HighHeels …

Dass die gute alte Waschmaschine hier deutlich in ihren finalen Zügen hängt, erwähnte ich bereits. Gnädigerweise gönnt sie mir noch etwas Karenzzeit, damit ich ein paar Euronen sparen und mich über ein neues Modell ausgiebig informieren kann. Das tue ich im Internet, gehe aber gerne auch in Geschäfte, die vorzügliche weiße Ware anbieten. Ich wundere mich teilweise sehr über die mangelnde Vertriebskompetenz von Verkäufern, habe meinen Spaß und bin nach wie vor unentschieden. Was bei mir natürlich nichts Neues ist. Unentschieden sein, kann ich prima.

So lag neulich bei einem Händler ein Prospekt der Firma Miele aus, den ich mitnahm, denn ich lese grundsätzlich sehr gerne Fachprospekte. Bei Miele kann man die PC-tauglichen Modelle der neueren Generationen noch nach Jahren einem Software-Update unterziehen. Und aus irgendeinem dummen Grund, den ich jetzt im Nachgang selber nicht mehr verstehe, traue ich Miele daher ein hohes Maß an Emanzipation in die gleichgeschlechtliche Richtung zu. Diese Updates gibt es für vergleichsweise wenig Geld, und man ist danach in der Lage auf alle neuen softwaregesteuerten technischen Funktionen zugreifen zu können, was ich schon sehr spannend und zeitgemäß finde. Für so eine Menschin 2.0 wie mich, ist das natürlich ein kleines innovatives Highlight.

Was ich allerdings wenig spannend, kaum nur innovativ und ehrlich gesagt, überhaupt nicht zeitgemäß finde, das ist ein Waschmaschinen-Prospekt in dem nur Frauen Werbeträgerinnen sind. Das mag sicherlich im Jahr 1950 stimmig gewesen sein, ist es 2012 nicht. Überhaupt nicht mehr!



Dieses Bildnis zeigt den Prospekt, den Miele herausgebracht hat anlässlich des eigenen „Feiern Sie mit uns – 111 Jahre Wäschepflege”-Feierlichkeiten. Dieser Fachprospekt informiert also über die Waschgeschichte der Firma Miele, deren Claim lautet „Immer besser” und präsentiert die sieben Sondermodelle, die das Unternehmen zur Feier des Jubiläums auf den Markt gebracht hat, namentlich die sogenannte Edition 111.

Man sieht auf der Vorderseite zwei Geräte von Miele, einen Trockner und eine Waschmaschine – ganz im Stil von Garry Larsson „Zuerst die Hose, dann die Schuhe”, wird hier zuerst getrocknet und dann gewaschen. Das ist aber natürlich nur eine kleinscheißerische stilistische Aufmerksamkeit* von mir, die ich bei einem Shooting als Fotografin zumindest angesprochen hätte.

(* Man möge diese Aufmerksamkeit meiner hohen fachlichen Kompetenz als Waschfrau zuordnen. Danke!)**


**Dass die Verteilung wohl sehr wohl Sinn macht aufgrund der Türöffnungen bei Miele, vor allem für Menschen mit Handicaps, hat Matcha in Kommentar Nr. 5 pragmatisch logisch erklärt, insofern streiche ich den vorangegangenen Absatz und nehme das gerne zurück, nur: warum zur Hölle bewirbt ein Unternehmen diese Eigenschaft nicht?

Um diese Geräte, auf denen eine Torte justiert ist, gruppieren sich vier junge Frauen, schätzungsweise kaum älter als 25 Jahre, bis auf eine Ausnahme alle langhaarig, in Partykleidung auf HighHeels stehend, dem Zuschauer mit Sektgläsern zuprostend. Im Hintergrund liegen roten Rosenglätter auf dem Boden, die dort auch noch durch die Luft wedeln. (Bei welchen Feierlichkeiten außer Hochzeiten und Miele-Geburtstagen regenen eigentlich sonst noch Rosenblätter?)

Es ist kein Mann zu sehen.

Auf Seite 3 des Prospektes wiederholt sich die Szene in klein, dieses Mal ohne Rosenblätter.

Es ist kein Mann zu sehen.

Auf Seite 6 sitzt die junge Frau mit kurzen Haaren auf der Waschmaschine, mit einem Blumenstrauß in der Hand. Der Ausdruck schönster Wäscheromantik ist dank Rosenblätter auch wieder im Bild.

Es ist kein Mann zu sehen.

Seite 11, die Damen prosten sich zu, die Rosenblätter fallen. Eine Dame hält ungemein aktiv den Arm in die Luft, zwei der Damen stehen fotomodellüblich in grotestker Beinhaltung. Eine Dame, die mit den kurzen Haaren, hat sich sogar ihrer Jacke entledigt.

Es ist kein Mann zu sehen.

Seite 13, die Jacke ist wieder angezogen und zwei Modelle sitzen nunmehr bunte Luftballontrauben haltend auf einem Trockner und freuen sich.

Es ist kein Mann zu sehen.

Seite 15, das Fotomodell mit den kurzen Haaren und der wieder angezogenen Jacke präsentiert die Torte auf der Waschmaschine – ohne Rosenblätter – und freut sich immer noch.

Es ist kein Mann zu sehen.

Im Shooting wurden mindestens zwei unterschiedliche, wenn sich auch ähnliche Torten verwendet.

Es ist kein Mann zu sehen.

Gut, ich kann jetzt nicht behaupten, dieser Prospekt sei 100%ig XY-Chromosmen gecleant, denn in den Bildern im redaktionellen Teil gibt es zwei Fotos auf denen ein Kind zu sehen ist, dies ist jeweils eindeutig ein Junge. Einer im Gras sitzend hält grinsend den Daumen hoch, beim Thema Energiesparen (klar, Männerthema) und ein weiterer Junge hält das Ohr an das Bullauge einer Waschmaschine beim Thema Funktion Extra Leise (klar: ausschlafen nicht im Haushalt helfen, auch Männerthema). Und trotzdem, weil der Knirps noch weit vor der Geschlechtsreife und deutlich noch nicht alt genug, um eine Waschmaschine bedienen zu können:

Es ist kein Mann zu sehen.

Ich könnte jetzt lang und breit zynische Sichtweisen kommunizieren, letztendlich treibt mich aber doch nur eine einzige Frage um: was zur Hölle soll ich mit einer Waschmaschine, die nur von Frauen befeiert, bedient werden kann und die offensichtlich nur die Wäsche von Frauen wäscht?

Und noch eines, Waschmaschinen um die ständig Rosenlätter regnen in der Küche, finde ich auch eher doof und unpraktisch als nett und romantisch.

Entschuldigt bitte Miele, Ihr mögt ja tolle Waschmaschinen bauen und klar, natürlich hätte ich sehr gerne so ein Schnuckelchen wie eine WT 2790. Aber Eure Marktingabteilung hat schlicht und einfach den Schuss der Neuzeit nicht gehört.

13 Kommentare:

fotoralf hat gesagt…

Unsere AEG von vor über zehn Jahren war auch schon updatefähig. Es hat nur nie ein Update gegeben.

Trotzdem habe ich mit AEG nur gute Erfahrungen gemacht. Unsere erste AEG-Spülmaschine habe ich mit 27 Jahren in Rente geschickt.

Ralf

Uns' Uwe hat gesagt…

Dass bei Waschmaschinenwerbung immer so auf Frauen abgezelt wird, habe ich nie verstanden. Eine Waschmaschine doch ein technisches Gerät, dass einem viel anstrengende Arbeit abnimmt. Also eigentlich sowas von einem Männerthema...

Uwe (Siemens Siwamat C10, Bj. 1997)

Jekylla hat gesagt…

Da bin ich jetzt froh, dass ich eine Bosch habe. Für alte Frauen mit Fellpuschen.

creezy hat gesagt…

@fotoralf
Das ist eine interessante Information mit dne AEG-Updates. Und irgendwie auch ein Skandal.

@Uns' Uwe
Ich verstehe das auch nicht, gerade WaMa und deren Bedienung waren in meinen Beziehungen immer ein gemeinschaftliches Ding. Und insbesondere bei den vielen Singlehaushalten, kann mir niemand erzählen, Miele hätte bis heute nicht begriffen, dass die Zielgruppe für Waschmaschinen eine deutlich weitere sei.

@Jekylla
*like it
(Sie tragen Fellpuschen, nicht wahr? Aus Nachbarskatze ;-) )

Matcha hat gesagt…

> Man möge diese Aufmerksamkeit meiner hohen fachlichen
> Kompetenz als Waschfrau zuordnen. Danke!

Nun, creezy, um Dich mit den Produkten vertraut zu machen: Die Anordnung von Trockner links und Waschmaschine rechts ist bei Miele völlig normal. Miele-Trockner haben den Türanschlag (soweit nicht wechselbar) auf der linken Seite und die Waschmaschine rechts. Nun können also beide Türen je um 180° geöffnet werden und die Wäsche von WM zu TR ohne störende Tür dazwischen umgefüllt werden, sowohl für Links- als auch für Rechtshänder und sofern die Geräte auf einem Podest stehen auch für Rollstuhlfahrer geeignet. Freundin meiner Frau hat sich als Betroffene deshalb ganz besonders Miele Geräte gekauft, obwohl sie eigentlich nicht das Geld dafür hatte, bei allen anderen Geräten müsste entweder die Tür gewechselt werden, was nicht immer möglich ist, oder es wäre eine Tür im Weg gewesen. Es hat deshalb schon Sinn, besonders für Behinderte.

Anonym hat gesagt…

Creezy, ein Schuft, wer nach Lektüre der Broschüre denken würde, dass Wäsche und Haushalt in der Gesellschaft noch immer weitgehend für ein Frauenthema gehalten wird...diese Zeiten sind doch vorbei, oder?

creezy hat gesagt…

@Matcha
Gut, mit der Erklärung kann ich sehr gut leben und nehme alles zurück. Mache gleich einen Vermerkt oben.

@Anonym
Ein Schuft wäre das, aber zum Glück sind diese Schufte ja längst ausgestorben, nicht wahr? ;-)

susa hat gesagt…

Das hier macht die Sache aber auch nicht besser, oder?;o)

http://www.youtube.com/watch?v=mGs4CjeJiJQ

Maren hat gesagt…

Mhh, in unserem Haushalt ist Waschen und Bügeln reine Männersache. Soll ich das mal Miele schreiben?

Matcha hat gesagt…

> warum zur Hölle bewirbt ein Unternehmen diese Eigenschaft nicht?

Werbung ist kein leichtes Geschäft, siehe junge Damen, die Party feiern. ;)
Der Fettnapf ist nicht weit und Werbung mit behinderten Menschen ist sehr schwierig, der Markt dafür ist klein.

Vielleicht in großen Teilen der Bevölkerung auch noch nicht angekommen/wahrgenommen. Alle sind aktiv, fit und fröhlich, dies wird in der Werbung und im Kopf (noch) nicht unbedingt mit behinderten Personen verbunden.
Autowerbung: PS/KW ist wichtig, Fahrspaß - ich habe da in Deutschland noch keine Person im Rollstuhl in der Werbung gesehen. Hier schon und ist seit Jahren eine Selbstverständlichkeit. Nachfolgend ein Beispiel, soll keine Werbung sein, gibt andere Firmen, Fahrzeuge usw. und ist so auch in der öffentlichen Werbung zu sehen:

http://toyota.jp/welcab/vellfire/friend/index.html
http://toyota.jp/welcab/vellfire/s_liftup/index.html

Was die Miele Werbung angeht:
Es gab Männer in solchen Katalogen, aber Miele ging es ähnlich wie Henkel mit den Ultra-Weißmachern: Papa wäscht, Mama und Kinder spielen auf der Wiese, Papa hängt die Wäsche auf, wie das so passiert, also Hemden, Hosen, Blusen, Unterwäsche usw...aufhängen, glatt ziehen, Papa freut sich, alles frisch und weiß, Sonne scheint, Rasen grün, Kinder und Frau fröhlich, dann kam die Werbetochter(unter)wäsche und ... wuff, das Gebell der Aufpasser war da, das Verhältnis Papa zu Tochterwäsche ist werbetechnisch nicht darstellbar, weil in den Köpfen der Aufpasser (nicht der Werbemacher oder Zuschauer) etwas passiert. Die Beispiele für Männer und Fettnapfwaschen und geringe Akzeptanz sind Legion und bevor sich irgendwer in Deutschland auf solch ein Eis begibt, wird lieber verzichtet. Laut Weißwarenhersteller sind angeblich 80% der Kundschaft Frauen, eine Ladies-only-Party zum 111. damit nicht unwahrscheinlich.


Paula hat gesagt…

1. Assoziation: Da gibt es auch einen anderen wunderbaren Spot, in dem junge Männer eine Anzeige schalten und die Haushaltsgeräte sind so wunderbar, dass die Babes Schlange stehen, um den Jungs den Haushalt zu schmeißen. Ich finde es leider gerade nicht auf youtube.

2. Assoziation: Werber funktionieren immer stereotyp. Zwei Aussagen, die ich selbst gehört habe.
a) Aussage eines Automobilbeauftragten. "Ich brauche noch ein sportliches Bild vom Modell XY, aber das hier kann ich nicht nehmen, da sitzt eine Frau am Steuer."
b) Aussage zu einem Brillenmodell, zu dem versucht wurde Außergewöhnlichkeit über Frauen mit Wind in den Haaren auszudrücken. Aussage des Verantwortlichen: "Welche Frau mag schon Wind in den Haaren?"

Anonym hat gesagt…

Hallo creezy!

Aber natürlich ist da kein Mann zu sehen, überleg doch mal:
Der sitzt ja vor dem Fernseher mit nem Bier... Uuuund? Hat Miele Fernseher im Angebot auf welcher er sich die Bundesliega reinziehen kann? Neeeee!!!!
Braut Miele das billige, nach Abwasser schmeckende Pils von Supermarkt welches sich der Göttergatte der stolzen Miele Haushaltsgeräte Besitzerin (ja welche der 4 ist es eigentlich?) seit Stunden reinzieht? NeiiiiiiinNeeeeeNeiiinnnn!!!

Welcher fröhliche Anlass könnte hier aber dargestellt worden sein?

Freundinnen machen ja gerne so Sachen wie "Kaffeeklatsch, Fütterung des begehbaren Kleiderschranks und solche Dinge". Vielleicht machen die 4 so ne Art Waschparty im wöchentlichen Wechsel? Und lästern dabei über die dreckigen Unterhosen ihrer besser-besoffenen Hälften ab: "Deine Miele bekommt die braunen Bremsspuren echt viel besser raus als meine alte Privileg!" Ja... Mieles innovatives (seit Firmware 2.43a verfügbares) "BW Programm" (BraunWäsche) ist wirklich klasse, braucht aber je nach "Färbungsgrad" bis zur doppelten Menge Waschmittel und Energie!"

creezy, du willst einen Mann in einem Miele Prospekt sehen? Dann blättere doch mal weiter zu den Kühlschränken, ich meine: Das viele Bier muß muß ja irgendwo gekühlt werden ;)

Parsifal362 hat gesagt…

Zum Thema Miele Waschmaschine und der monotonen Erwähnung von Frauen als Werbeträgerinnen wollte ich gerne hinzufuegen, dass in der Mielebibel geschrieben steht, dass nur Frauen als Zielgruppe in Frage kommen.

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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!