2006-08-17

Ab heute

rufen die Hyänen an. Hyänen sind für mich die, die sich die letzten Jahre weder um sie kümmern wollten, noch den Kontakt zu ihr aufrecht erhalten wollten. Da mich meine Mum aber zu einem freundlichen, fairen und toleranten Menschenkind erzogen hat, bin ich nach langer Überlegung zu dem Entschluß gekommen, doch jeden über ihren Abschied zu informieren und diesen Leuten selber zu überlassen, ob sie ihr auf Wiedersehen sagen wollen oder nicht. Gestern habe ich die Karten, die in erster Hinsicht Einladung zu ihrer Abschiedsfeier und in zweiter Linie Information über ihren Weggang (die im Leben meiner Mum aktiven Menschen haben es von mir eh telefonisch erfahren) ist, weggeschickt.

Also werden die Hyänen ab heute bei mir anrufen und natürlich zutiefst betroffen tun sein. In Wirklichkeit wollen sie nur sensationslüstern wissen, was eigentlich passiert ist.

Habe ich eine Lust …

Rechts ist auch 'ne Spur!

Rechtsüberholen lohnt sich ab sofort wie nie! Wann immer man sich über diese 'Linkspenner' auf der Autobahn ärgert, Blinker rechts setzen und vorbei ziehen, die neue 'Dränglervorschrift' legt es einem ganz nahe:

Drängeln: € 250,–, und 4 Punkte und 3 Monate Fahrverbot
Rechts überholen: € 50,– und 3 Punkte
Einen weiteren Punkt spart man sogar, wenn man statt der rechten Spur gleich die Standspur benutzt:
Seitenstreifen zum Zweck des schnelleren Vorwärtskommens € 50,– und 2 Punkte.

Wird einem ja sonst nichts mehr geschenkt auf den Straßen, nech?

2006-08-16

cats on the run



die tapfere Kirsten bekommt dieser Tage Fellträger-Besuch und bittet um Ratschläge zur Frage, 'wie vergolde ich der armen verlassenen Katze die vierzehn Tage?' Diese Frage zu beantworten, nichts ist leichter als das – für mich:

Du weißt im Vorfeld, was 'la diva' oder 'el divo' am liebst ißt und gibst jeden Cent nur noch dafür aus. Unter Umständen ist es sinnvoll, vorher schon dem Fleischer oder Fischhändler in der direkten Umgebung fröhliche Avancen zu machen. Du tust das nicht nur der Katze, sondern auch Deiner Seelenruhe zuliebe. Das sind zwei völlig verschiedene Dinge mit absolut gleichberechtiger Priorität. Trotzdem ist die Katze immer wichtiger.

Außerdem hängst Du Dir ein Band/eine Schnurr an den Gürtel, das immer schön über den Boden schleift, wenn Du durch die Wohnung läufst. Gehe barfuß und kremple möglichst die Hosen hoch. Dein Gekreische, wenn die zärtliche Katzenpfote Dir ins Fleisch spielt, wird die Katze als Zustimmung empfinden und später begeistert den zurück gekommenen Dosenöffnern von dem tollen lebendigen Kratzbaum erzählen.

Erkläre dem armen, verlassenen Fellträger 36 Mal am Tag, das sie die größte, schönste und klügste* Katze der Welt ist, erhöhe auf 72, wenn es sich um einen männlichen bzw. um 172, wenn es sich um ein ehemals männlichen Fellträger handelt. (*streiche das Wort 'bekloppt' aus Deinem Vokabular, auch wenn es Dir ständig im Zusammenhang mit ihr auf der Zunge liegt).

Katzen tun, gucken, handeln manchmal sehr doof. Sie sind es nicht. Sie tun immer nur so. Dahinter liegt System und wenn Du in diesem erst einmal gefangen bist, kann Dich niemand mehr retten. Niemand!

Möchte der Fellträger von den zwei Wochen Ferienzeit zehn Tage unter dem Schrank liegen, kann es sein, dass der Fellträger einfach traurig ist. Es kann aber auch sein, daß er Deine Wohnungseinrichtung für eine persönliche Zumutung hält. Abhilfe schafft im ersten Punkt, wenn Du Dich jede Nacht dazu legst – shiet egal, was die Band-
scheiben dazu befinden – und Geschichten vorliest. Es gibt mittlerweile haufenweise gute und schlechte Katzenkrimis. Die mögen sie, sie setzen sich Dir gerne nach der Lektüre morgens um vier Uhr auf die Brust, halten Dir die Pistole an die Schläfe und grummeln mit finsterer Stimme 'Hände hoch! Du bist festgenommen!'. Dann musst Du mitspielen, das macht ihnen Freude. Blöd von Dir wäre, wenn Du deswegen einen Herzinfarkt bekämst, denn Du würdest damit ihre gute Laune riskieren und außerdem können sie Dir sowieso nicht den Notarzt rufen. Abhilfe im zweiten Punkt schafft übrigens nur der Anruf beim Entrümplungsdienst, die Bank zwecks Wohnungseinrichtungs-
kredit zu kontaktieren und bei den Möbelhäusern auf Sofortlieferung zu drängen.

Lasse niemals die Allergietabletten offen herum liegen, Katzen verstecken sie. Vor allem, wenn Du sie wegen ihnen dringend benötigst.

Katzen lieben es ehrlich irgendwo in den Urlaub zu ziehen, denn sie können sich 14 Tage lang richtig von vorne bis hinten verwöhnen lassen und sich dabei von ihrer echten fiesen Seite zeigen – die sie komischerweise immer pünktlich drei Tage vor der Heimkehr des Besitzers zurück fahren, damit die 'schöne' Zeit mit dem Tier beim Katzensitter in frischerer Erinnerung bleibt. Außerdem können sie ungesühnt auf total zickig machen, wenn die Besitzer wieder zurück kommen, die sie daraufhin auch nochmal 14 Tage lang (wegen dem schlechten Gewissen) von vorne bis hinten verwöhnen werden. Das gefällt Katzen sehr gut. Sie kalkulieren das bereits in ihre Jahres-
planung mit ein und halten deswegen auch immer schon kurz vorher sehr bewußt Diät. Natürlich verkaufen sie diese Maßnahme dem eigentlichen Dosenöffner mit traurigem Blick als 'ich spüre, Du wirst mich bald wieder verlassen, nur weil Du Deinen Spaß haben willst. Siehe Dir an, wie ich leide!', damit dieser sich im Urlaub nur angedeutet erholen kann.

Selbstverständlich hast Du diese Hinweise niemals von mir erhalten! Dieses Post zerstört sich übrigens nach dem Lesen selbstständig.

Mein Horskop

diese Woche. Ich habe vier wundervolle Sterne auf meinem Weg abhängen und solle doch bitte diese wunderbare Phase genießen!

Ja. Klar. Mache ich. Hatte auch sonst nichts anderes vor.

Nachlese



Da Ihr ja alle mehrheitlich auf das Foto in diesem Post neulich so abgefahren seid, habe ich beim letzten Besuch noch mal einige Details festgehalten. In ihrer realen Anmut, Schönheit und ihrer natürlichen Farbgebung selbstverständlich.



Gestern habe ich ihre Sterbeurkunde abgeholt. Wenn die Behörden den genauen Todeszeitpunkt nicht feststellen können, dann liegt dieser auf der Sterbeurkunde festgehaltene zwischen dem Zeitpunkt an dem sie laut den Ermittelungen zum letzten Mal Kontakt mit der Außenwelt hatte und dem Zeitpunkt, in dem sie genau gefunden wurde. Mit dem Familienstammbuch nehme ich auch die Sterbe-
urkunde meines Vaters erstmals bewußt zur Kenntnis. Sein Todes-
zeitpunkt wird mit 19 Uhr 20 angegeben. Der Zeitpunkt als er tot in seinem Krankenzimmer gefunden wurde, der genaue Todeszeitpunkt wird auch ein anderer gewesen sein. Es ist also – wie schon oft festgestellt – alles relativ. Im Grunde auch so unwichtig. Alleine das überhaupt gestorben wurde, ist so wichtig. Es verändert alles.



Ich hätte gestern auch ihre Urne mitnehmen können. Ich war aber noch nicht im Urne-Mitnehmmodus. Ich werde das bald tun (müssen). Einerseits stelle ich mir das sogar schön vor, noch einmal in Ruhe Zwiesprache halten zu können. Andererseits stelle ich mir das sehr schwierig vor. Es ist nur Asche, sie soll heller als die übliche Asche sein, etwas perliger und sich angenehm anfühlen. Nein, ich werde bestimmt nicht mit ihrer Asche spielen. Ich werde mir auch nichts davon abfüllen und aufbewahren. Ich werde sie einfach dem Meer übergeben.



Ich bin ausdrücklich im 'stellt die Zeit bitte um ein paar Wochen zurück-Modus.'

2006-08-14

Tiefe Dankbarkeit

empfinde ich, wenn ich wie heute auf spiegel.de lese, wie sich der Körper von Ariel Sharon nun entgültig verabschiedet. Sie können den Mann einfach nicht in Würde gehen lassen, obwohl er doch fast achzig Jahre alt ist. Jedem, der sich auch nur ansatzweise in das Krankheitsbild eines Strokepatienten eingelesen hatte, war bereits nach der zweiten Operation klar, das kann (zumal in dem hohen Alter) nichts mehr werden. So liegt der Mann nun seit Anfang Januar im Koma auf der Intensivstation und die Maschinen arbeiten für ihn. Der Sprecher wollte sich nicht dazu äußern, ob bei nun akuter doppelseitiger Lungenentzündung und zunehmendem Nierenversagen unmittelbare Gefahr für Sharons Leben besteht. Wenn beide Lungenflügel den Kollaps haben, leidet der Mensch, das Atmen ist keine Freude mehr. Wenn die Nieren aufhören zu versagen, sollte man einen Menschen einfach gehen lassen – der Körper will einfach nicht mehr.

Das Krankheitsbild meiner Mama hätte früher oder später in der Konsequenz aufgrund der Erkrankungen und auch aufgrund ihrer medikamentösen Therapien Erblindung, möglicherweise dem Verlust von Extremitäten, Nierenversagen, Leberversagen, Herzinfarkt und Schlaganfall zur Folge gehabt. Da sie in den vergangenen Jahren nicht den unbedingten Willen und die Kraft besessen hatte, gegen ihre Krankheitsbilder aktiv anzugehen, hätte sie das im Falle eines Infarktes oder eines Schlaganfalles das noch weniger geschafft. Sie wäre ein Pflegefall geworden. Etwas wovor ich ihr – und ganz egoistisch auch mir – zuliebe wirkliche Angst hatte. Sehr große Angst.

Ich weiß, was langes und fürchterliches Sterben bedeutet. Wie es dem Sterbenden ergehen mag, kann man nur erahnen. Die Ahnung, das Zusehen meldet nichts Gutes. Ich weiß aber, was es für die Menschen bedeutet, die das Sterben eines lieben Menschen miterleben müssen. Ich kenne den Zwiespalt am Krankenbett zu sitzen und zu hoffen, das es doch bitte endlich vorbei sein soll und den Schrecken über genau den Gedanken, denn er bedeutet doch gleichzeitig jemandem, den man liebt, den Tod zu wünschen. Ich habe meinen Opa und meinen Vater an den Krebs verloren. Ich habe eine Oma noch tagelang auf der Intensivstation im Koma erlebt, nach einem dritten Herzinfarkt. Ich habe gehofft, ich habe resigniert, ich habe den Wunsch nach dem entgültigen Ende gespürt, ich habe die grenzenlose Angst vor dem ulimativen Ende gefühlt. Das alles kenne ich. Genau.

Nein, sie ist zusammen gebrochen und gestorben. Vielleicht lag sie noch einen Moment im Koma. Die Umstände deuten daraufhin, dass es einfach schnell vorbei war, sie zumindest gar nichts mehr bewusst mitbekommen hatte von ihrem Zustand. Keine Intensive. Keine Maschinen. Keine Pflege. Kein Rollstuhl. Kein Dahinsiechen. Kein Leiden mehr. Keine Schmerzen mehr. Keine Demenz bis zum Nichterkennen ihres sozialen Umfeldes.

Danke! Inständig und aus dem allertiefsten Herzen dafür Danke!

Salatvariation von verschiedenen Katzen an Mauseschwanzcreme mit TroFu-Croutons

Den drei tieffliegenden Fellträgern geht es den Umständen ent-
sprechend gut. Gelegentlich vergessen sie sogar schon, dass sie sich nicht leiden können. Wobei, so kann man das auch nicht sagen, denn der neue geerbte Kater findet die Katzenmädels sehr knuffig. Er will mit ihnen spielen, sie jagen und viel Spaß mit ihnen haben. Die beiden Katzenmädels wollen auch spielen, sich jagen und Spaß haben – finden aber Riesenbabys doof und teilen seine Sympathie nur sehr eingeschränkt bis unsichtbar und quieken unberechenbar, sobald er sich ihrer Fön-Frisur nähert. Andererseits hat der freundliche junge Mann in schwarz-weiß den besseren Katzenbaum und eine sehr charmante Bürste mitgebracht und die neue Sorte Trockenfutter, die mit ihm kam, ist auch cooler – weil exklusiver, von eleganterer Form und natürlich teurer. Ganz so 'unhip' kann er also nicht sein.

Meiner persönlichen Vorsehung nach kann ich heute schon behaupten, ich werde einmal nicht an Herzversagen oder an den Folgen irgendeiner Krebserkrankung versterben, eines Tages ertrinke ich sehr schnöde in Katzenspielzeug und tauche einfach nicht mehr auf.

Zum Spielzeug ist zu sagen, dass alle drei Katzen gemeinsam immer ein Faible für das eine Spielzeug haben, das bringt in gewisser Weise die drei Fellhaufen auch zueinander, noch endet es zwar immer in Tränen (fauchen) und einer schmeisst auch immer zum Schluss bockig die Sandschaufel in die Ecke den Faden hin. Es passiert aber zunehmend häufiger, dass die eine Katze gelegentlich in die Hochburg (Wohn- u. Arbeitszimmer) der anderen (Schlafzimmer) eindringt. Und geduldet wird bzw. geduldet werden. Momentan liegt Nishia in der Sonne auf ihrem Kratzbaum in seinem Zimmer. Beide tun gerade so, als seien sie total entspannt. Ich sage ihnen nicht, wie lächerlich sie dabei wirken – ich kann die riesengroß geöffneten Augen bei beiden Katzen nämlich sehen.

Sie können mich schon zu dritt im kleinen Flur an der Tür begrüssen, sich dabei lässig am Schnäuzchen beschnuppern – ohne sich direkt zu zerlegen. Sie können auch bereits zu dritt auf dem kleinen Balkon sitzen und gemeinschaftlich in trauter Einigkeit auf die nächste Meise warten, ohne direkt in Matrix-Manier 'Waffen' zu rufen und sie gegen sich zu richten.

Riesenbaby ist wonnig, er hat bis jetzt jeden um den Finger gewickelt, der mich besucht hat. Mich überfordern gerade drei Katzen, von denen jede einzelne grundsätzlich je eine Stunde am Tag a l l e i n e mit mir spielen will, sich a l l e i n e von mir streicheln lassen und a l l e i n e von mir gebürstet werden möchte, die sich untereinander im Verhältnis 2:1 nicht verstehen wollen, insofern viel Aufmerksamkeit und gepushtes Ego brauchen, leicht. So drücke ich allen, die vorbei kommen, direkt Linos Bürste in die Hand und schicke sie zu der Stelle, wo es etwas gegen Schnurreinlage zu tun gibt. Bis jetzt hat jeder indirekt zugegeben, ohne dieses kleine zu groß geratene schwarz weiße Wonnepröppchen nicht mehr leben zu wollen. Ich möchte an dieser Stelle behaupten, er hat schon mindestens 324,5 Gramm abgenommen.

Er muss jetzt nur noch lernen, die Mädels nicht immer anzuspringen, wenn sie gerade auf dem Klo viel wichtigeres zu tun haben. Das mögen sie nicht. Ich auch nicht. Ich vor allem morgens um 5.00 Uhr nicht. Er liebt es. Vor allem morgens um 5.00 Uhr.

Ich gehe jetzt die Nase in Nishias Fell stecken und werde ihr erzählen, wie unglaublich mutig sie ist. Es gibt kaum einen schöneren Duft als der einer Katze, die in der Sonne brät. Dafür habe ich sie ja.