Hello Fresh-Tütentesting
Vorab: ich bin so etwas von überhaupt nicht die Zielgruppe von solchen „wir geben Euch ein Rezept vor und packen alle Zutaten in eine Tüte und ihr müsst nur noch kochen”-StartUp-Geschäftsmodellen. Ich koche gerne und ich gehe häufig genug ohne eine Idee für mein Mittags- oder Abendessen einkaufen und lasse mich dann vom (Sonder-)Angebot im Geschäft zu einem Gericht verführen, kreiere also noch im Laden mein Rezept.
Des weiteren käme ich nicht nicht auf die Idee – solange ich noch alle Sinne beisammen habe und halbwegs selber kriechen kann – meine Einkäufe von Dritten erledigen zu lassen, denn ich bin eine sehr kritische und auswählende Käuferin. Außerdem könnte ich, wäre ich nicht selbst vor Ort, gar nicht obiges Spielchen der kurzfristigen Verführung spielen. Für mich bedeuten diese Geschäftsmodelle Abwahl meiner autarken Speiseplangestaltung, dafür eine gehörige Portion Bevormundung. Okay, ich bin da nicht flexibel. (Ich fahre halt auch zu gerne selber Auto und möchte nicht autonom bewegt werden – wenn ich auch in den Sinn dahinter begreife). Ich mag es einfach nicht, wenn man mir alles abnimmt. Mich macht das dumm, träge und unkreativ. Zumindest ist meine große Sorge, dass mich diese „Hilfestellungen” das machen werden.
Bei Hello Fresh kommt im Besonderen hinzu, es ist ein Rocket Internet-StartUp und ich habe aus eigener Historie so meine Meinung zu den Samwer Brüdern, was mich bevorzugt nicht Kundin von StartUps werden lässt in denen die ihre Finger oder Geld stecken.
Also ich bin wirklich so was von nicht die Zielgruppe. Ich möchte mich mein Essen betreffend nicht bevormunden lassen. Dass andere diese Services als für sich sinnvoll erachten, ist deren Ding und sollen sie ruhig so machen und so tun. Für mich ist es im Begriff mehr Strafe als Freude.
Nun hatte ich aber neulich im Goodie Bag vom foodiemeetup eine Hello Fresh-Tüte und somit hatte ich die Chance, a) die Tüte zu verschenken, b) zu vernichten oder c) das Spiel mitzuspielen und Tüte, Rezept und Inhalt auf ihre Kernkompetenz zu testen. Was ich dann getan habe. Here we go!
Ich erhalte also eine braune Papiertüte auf der vorne eine Art Rezeptkarte angebracht war, die mir erklärt, ich würde ein gelbes Thai-Curry mit Kokosmilch und Basmatireis kochen. Kochzeit 30 Minuten, Kochgrad Stufe 1 – also leicht. Lustige Bilder zeigen mir, was ich in der Tüte zu erwarten hätte. Auf der Rückseite der Karte wird aufgelistet, was für Mengen an Zutaten für jeweils zwei oder vier Portionen (hier wird von Personen gesprochen) zu verwenden sind. Ich darf demnach für zwei Portionen … äh … Personen kochen. Die Nährwerte werden ausgewiesen, zudem wird darauf hingewiesen, dass einige Zutaten – nicht welche – Allergene enthalten könnten. Es wird empfohlen Gemüsebrühe, Salz, Öl, Zucker und Pfeffer im Haus zu haben. Wer küchenbedingt restfinal verblödet ist, dem wird auch vorgesagt, welche Kochgeräte zu verwenden sind. Soweit so umsichtig.
In der Tüte befinden sich: 1 Zwiebel, 1 Mohrrübe, 150 g grüne Bohnen, 1 Limette, 150 g Champignons, 1 Packung Basmatireis, 1 kleine Packung (250 ml ), 1 Chili, 10 g Petersilie, last but not least eine Packung fertige gelbe Thai-Currypaste.
Hm … also Thai-Curry habe ich nun schon mehrmals selber gemacht und auch bzw. vor allem auch die Paste. Insofern kneife ich mir nach der vorgegebenen Anleitung zu kochen und regele das direkt nach meinem Style. Was unter anderem heißt, ich mache mein Curry mit Hühnerbrust und gehe diese also noch einkaufen.
Was mich beim Auspacken der Zutaten ein bisschen irritiert, ist die Anwesenheit einer normalen Küchenzwiebel und einer herkömmlichen roten Chili-Schote. Keine Thai-Echalotten und keine Thai-Chili, wie sie normalerweise verwendet würden in einem originalen Umfeld. Auch in der Tüte: äh … Petersilie? Koriander, liebe Hello Freshler, hätte das sein dürfen. Naja, da wird wohl gemainstreamt oder es haben zu viele Menschen in irgendwelchen Marketingumfragen erklärt, sie mögen keinen Koriander. Da kann man schon mal ursprüngliche Rezepte abwandeln.
Ich koche also etwas anders als im Rezept angegeben. Ich schäle und schneide die Zwiebel an und schmeiße sie weg! Unter der Schale ist sie schon schleimig, sie riecht streng nach „morgen keime ich” und sieht in ihrem Inneren auch so aus. Eher eklig als sexy. Erster Tütenbestandteil also durch im Haus vorrätiges Gemüse ersetzt.
Dann schneide ich die Hühnerbrust in kleine Filetstreifen, füttere mit der einen Hälfte die mit den kleinen befellten Hufen scharrenden Katzen und werfe die andere Hälfte in den Topf, in dem ich die Kokosmilch zusammen mit der Curry-Paste aufgesetzt habe und der Färbung der Milch durch das sich in der Hitze auflösende Curry beigewohnt habe. Die Milch köchelt also leicht. Natürlich sind 250 ml Kokosmilch auch für zwei Portionen lächerlich wenig, weswegen ich um eine weitere Packung – im Hause immer vorrätige – Packung gleicher Größe und vom gleichen Produzenten erhöhe. Und ich gebe die gesamte Packung Currypaste hinzu, laut Rezept wird empfohlen auf die 250 ml plus 100 ml Gemüsebrühe die 1-2 TL der Paste in einer Pfanne anzubraten. Ist natürlich bei gelbem Curry sowieso eher naiv aber ich mag mein Curry gerne mit etwas Bums, deswegen darf der gesamte Inhalt des Päckchens baden gehen.
Jedem sein Curry, wie er es mag. Ich finde 500 ml Flüssigkeit dürfen es auch bei zwei Portionen durchaus sein. Auch wenn man die Gesamtmenge nicht, wie ich es mache, durch Zugabe von Fleisch etc. erweiternt würde. Jedenfalls finde ich dies dem Original eher nahekommend als die im Rezept ausgesprochene Idee, die Menge mit Gemüsebrühe zu ergänzen.
Ach ja. Der Basmatireis wird gespült, dann in einen Topf gegeben und mit Wasser aufgesetzt. Die Papierpackung vom Reis ist – zumindest kurzfristig wasserfest – ich gieße den Reis auf, in dem ich die Packung zwei Mal mit Wasser auffüllte. Etwas Salz hinzugegeben, einmal aufkochen lassen und bei geschlossenem Deckel bei sehr niedriger Temperatur quellen lassen. Soweit so einfach der Reis.
Nachdem die Currypaste gut aufgelöst ist, die Zwiebeln und Hühnerbrust kurz vor gar gekocht sind (geht sehr schnell), der Reis schon fertig ist, gebe ich an die Currykokosmilch das klein geschnittene Gemüse wie Möhre (jede Nicht-Biomöhre vom Discounter hat mehr Geschmäckle), die grünen Bohnen und Champignos hinzu. Ach ja, ich gönne dem Ganzen neben Hühnerbrust zusätzlich noch eine halbe rote Paprikaschote in Streifen geschnitten. Nur noch sehr kurz kochen lassen, ich möchte das Gemüse knackig.
Am Ende wird mit etwas Limettensaft abgeschmeckt (keine Kafir-Limettenblätter anbei), etwas von der klein geschnittenen Chili-Schote hinzugegeben und die Petersilie keines Blickes gewürdigt. Reis und Curry werden angerichtet und gegessen. Ich weiß aufgrund der mir vorliegenden Informationen nicht, ob die Limette ein unter biologischen Maßstäben so produziertes Gemüse ist, dass ich die Schale problemlos verwenden könnte (im Rezept wird nur ihr Saft verwendet). Ich schmecke nicht mit Salz und Pfeffer ab, wie im Rezept beschrieben. Ich vertraue der industriellen Paste.
Das Curry schmeckt ganz gut. Ich mache meine Currypasten deswegen gerne selbst, weil sie dann nicht so künstlich schmecken, wie diese fertigen Currypasten es leider meist tun. Das tut diese Paste hier nicht. Also da: volle Punktzahl. Der Rest … naja, Curry halt. Ich mag den Reis nicht, der schmeckt irgendwie … muffig. Nee, ich hatte schon deutlich besseren und gut duftenden Basmatireis. Die Zwiebel, wie gesagt, war Ausschuss. Im Großen und im Ganzen ist es ein okayes Essen, dessen Zutaten ich allerdings auch so größtenteils im Haus gehabt hätte – dafür bräuchte ich den Servie von Hello Fresh eher nicht.
Laut dem Rezept soll man das Gemüse mit einem Teelöffel Zucker zur Kokosmilch hinzugeben. Ich bin mir sehr sicher, dass in der Paste schon dementsprechende geschmacksverändernde Stoffe enthalten sind. (Habe ich mir bewusst nach dem Motto „was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß” nicht näher angeguckt.) Über diese Zuckernummer ärgere ich mich ein wenig. So unnötig.
Da Hello Fesh diese Testtüten nicht im Verkauf anbietet, kann ich nichts sagen zum Preis-Leistungsverhältnis. Es war okay, der Inhalt mit kleineren Mängeln behaftet. Schade finde ich einfach, dass man sich bei einigen Zutaten – die hierzulande erhältlich sind – nicht im Ganzen der Zutaten der Originalküche bedient. Genervt bin ich bei solchen Lieferdiensten einfach sehr von dem Mehraufkommen an Müll. Plastiktütchen hier für kleinste Mengen Gemüse, Plastikbox da, Umverpackung dort. (Die Kritik betrifft nicht nur den o.g. Anbieter, generell, was StartUps vor allem in dem Nahrungssegment zum Teil an Verpackungsmüll produzieren, das kommt auf keine Tofuhaut. Ärgerlich. Wir haben keine zweite Welt im Rucksack. Kommt mal wieder runter von dem Trip, bitte!)
Wie schon gesagt, ich bin nicht die Zielgruppe, nicht vor dem Test und auch nicht nach dem Test. Wer es mag. Ich mag mich auch nicht dem ganzen „poste das Foto von Deinem Essen auf Instagram etc.”-Schnullidulli-Community-Gedöns anschließen und habe daher heute kein Foto für Euch!