Maratea – an der Küste der Basilikata
Die Basilikata – eine einzigartige Landschaft
Was mich in der Basilikata überwältigt hatte? Das ist ihre naturgegebenen Erscheinung, die keinen meiner Wünsche an Natur offen lässt. Wie oft habe ich in den drei Tagen gedacht: „Hier will ich wandern gehen!” oder „Menschenskinder, jetzt hier Rad fahren dürfen!” Je nach Jahreszeit öffneten sich uns weite flache Landschaften, auf denen die Landwirtschaft blüht. Alte Weizensorten wiegen im Wind, Mohnblumen blühen satt. Weinreben und alte Olivenbäume sortieren sich in klaren Linien.
Immer wieder durchbrochen von den kleinen lukanischen Dolomiten, an denen sich kleine Dörfer schmiegen. Die Bergketten der Apenninen sind manchmal von einer harten Kargheit geprägt, laden auf ihren Erhebungen aber unbedingt ein, die angesiedelten kleinen Dörfer zu besuchen. Einige von ihnen sind verlassen, wie das alte Craco, das nach Erdrutschen 1963 evakuiert werden musste. Die umgesiedelten Bewohner der Altstadt haben am Fuße der Erhebung in Craco Peschiera ihre neue Wohnheimat gefunden. Aber die Geisterstadt oben am Berg lockt heute einen stetigen Strom von Touristen an.
Die von den lukanischen Calanchi geprägte Landschaft, sie ist besonders beeindruckend.
Steile Hänge mit wenig Vegetation und lockeren Sedimenten – in der Basilikata sind sie aus Lehm und daher sehr anfällig für Erosion. Niederschläge haben tiefe Furchen im Gestein hinterlassen – ich fühle mich bei ihrem Anblick ein wenig wie auf den Mars versetzt.
An anderen Orten sind die Gebirge der Basilikata dicht bewaldet. Der längst erloschene Vulkan Monte Vulture hat dieser Region die übliche Fruchtbarkeit der Lavaböden geschenkt. Nicht gesehen habe ich z. B. die Laghi di Monticchio, die Nicoletta von Sonoitalia schon besuchen konnte. Die Basilikata lädt in ihren beiden großen Nationalparks Parco Nazionale del Pollino und Parco Naturale di Gallipoli Cognato e della Dolomiti Lucane zu traumhaften Wanderungen in (fast) unberührter Natur ein. Teilweise von Flüssen durchzogen, locken auch beeindruckende Wasserfälle. Die Tier- und Pflanzenarten, die es hier zu entdecken gibt, einzigartig! Der höchste Berg der Basilikata ist der Sirino mit einer Höhe von 2005 Metern.
Maratea – eine bezaubernde Perle an der Küste der Basilikata
Und dann … ist da noch die Küste. Der Golf von Taranto im Ionischen Meer und der Golf von Policastro im Tyrrhenischen Meer umspielen die 70 Kilometer lange Küste der Basilikata ganz im Süden in der Provinz Potenza. Schroffe Steilküsten, tief ins die Felsen laufende Buchten und Grotten erwarten uns am Golf von Policastro im Südwesten der Basilikata. Im Südosten locken weiße, weite, lange flach ins Meer laufende Sandstrände mit dem türkis schimmernden, glasklaren Wasser. Mit einer Besonderheit lockt die schöne Küstenstadt Maratea: der Spiaggia Nera, ein Strand mit schwarzem vulkanischen Sand.
Maratea war unser letzter Anlaufpunkt unserer Pressereise. Ein Wettertief gab in den hohen Lagen alles und vermittelte uns eine Idee, wie nass es in den Bergregionen doch sein kann. Nachdem ich in Castelsaraceno im Zwischenhoch mein Selbstbewusstsein pushte und mich über die tibetanische Brücke traute, fuhren wir durch beeindruckende Regenschauer die Serpentinen hinunter zu dem traumhaft schön gelegenen Küstenort, der als der schönste Badeort der Basilikata gilt. Die Küste empfing uns indes – wie ich es für uns alle auch beschlossen hatte – im strahlendem und wärmenden Sonnenschein mit ihren vielen Blautönen!
Knapp 5.000 Einwohner zählt diese kleine Gemeinde. Ihre besonderen touristischen Attraktionen sind – natürlich – die traumhaft schöne kleine Altstadt, der schon erwähnte Spiaggia Nera, die Christus-Statue aus weißem Marmor und als neueste Errungenschaft der Skywalk von Maratea. Entlang der Küste sind sieben historische Leucht- und Wachtürme aufgereiht. Teilweise restauriert und begehbar – oder man findet von ihnen nur noch die Reste einer Ruine.
Maratea wird auch liebevoll die Stadt der 44 Kirchen genannt. Wer sich für diese Kultur interessiert, wird in der Stadt Schätze aus dem 16. und 17. Jahrhundert besichtigen können. Die Stadt lebt vom Tourismus, der sicherlich immer noch eher von Italienern wahrgenommen. Allzu viele Touristen verirren sich noch nicht aus dem Ausland – aber wer gerne wandern geht, gerne gut isst, die Ruhe wertschätzt und natürlich den Wassersport liebt, wird in Maratea einen traumhaften Urlaub verleben!
Der Bahnhof des Ortes liegt an der Linie Salerno-Reggio di Calabria. Die nächstgelegenen Flughäfen liegen in der Nachbarprovinz Calabrien. Von Neapel aus kann man in drei Stunden hierher gelangen. Aber man kann auch ab Bari mit dem Zug in den Süden der Basilikata reisen. Mit dem Zug ab Bari gelangt man in ca. sieben Stunden hierher.
Die jüngste Sehenswürdigkeit – der Skywalk von Maratea
Wir besuchen als Erstes den Skywalk von Maratea. Er wurde entlang eines historischen Naturwanderwegs angelegt, folgt dem Küstenverlauf entlang des Tyrrhenischen Meeres und bietet den Besucher*innen einen traumhaften Blick über die Küste des Golfes von Policastro. Er ist brandneu, nämlich 2024 (dem Jahr unserer Pressereise) erst eröffnet worden.
Ein ausgebauter Übertritt mit Glasboden liegt direkt über dem Meer und kann bei Besucher*innen den Blutdruck leicht heben. Barrierefrei angelegt ist der Skywalk nicht sehr lang und es locken auch einige Bänke für ruhige Momente an diesem Ort.
Wer auf ihm unterwegs ist, hat das Gefühl, von der Natur völlig umarmt zu werden.
Ein entspannender Ort, an dem man vom Duft der Macchia, der hinter ihm hochwachsenden Berges begleitet wird, vom flüsternden Wind und dem an die unteren Felsen mit beruhigender Regelmäßigkeit schlagendem Meer, dessen Geräusche den Herzschlag sofort senken lassen. Wir atmen tief durch und genießen das Bild, das sich uns mit der langsam sinkenden Sonne bietet.
Natürlich kann man auf dem Skywalk grandiose Sonnenuntergänge erleben.
Il Christo Redentore di Maratea
Oder man bewegt sich doch wieder in die Höhe – was wir natürlich tun. Hierzu fahren wir zuerst eine Passstraße hoch, die eindeutig alle visuellen Zeichen der 70er Jahre trägt, nicht immer schön – aber historisch durchaus wertvoll! Ein Parkplatz sichert dem eigenen Auto den Stellplatz, ein Schulbus aus vergangenen Tagen fungiert als Shuttlebus ganz nach oben – und mit dem zu fahren, das ist ein Vergnügen für sich!
So haben wir ganz ohne Anstrengung den Monte San Biagio erklommen. Was man durchaus aber auch tun könnte, wandert man durch das Gelönde. Hier auf seinem Gipfel hatte sich vor vielen Jahren die Stadt Maratea angesiedelt, davon finden sich hier nur noch Ruinen. Die Stadt ist später ins Tal gewandert. Es ist ein angenehmer Ort – man hat einen grandiosen Überblick auf Maratea, die weite Aussicht über die Küste und das Meer. Hier können sich allenfalls die Wolken vor den Sonnenuntergang schieben – und ihn damit auch einzigartig gestalten.
In 624 Metern Höhe steht hier „Il Christus di Maratea” eine Christusstatue nahe an der Küste. Ihre Besonderheit: Sie blickt nicht auf das Meer, sondern guckt auf die „Perle des Tyrrhenischen Meeres”, die Stadt Maratea zu ihren Füßen und scheint diese mit ihren ausgebreiteten Armen von insgesamt 19 Metern Länge umarmen zu wollen.
Christus ist beeindruckend groß: Mit seinen 21,13 Metern Höhe ist er so groß wie ein typischer Berliner Altbau aus dem 19. Jahrhundert mit vier Stockwerken. Er besteht aus einer speziellen Mischung von Flocken aus weißem Carrara-Marmor und Zement.
Der Marmor sieht nun nach 60 Jahren Standfestigkeit den Naturgewalten und Vogelliebe ausgesetzt etwas angegraut aus. Der Kopf dieses Christus ist alleine drei Meter groß. Die Statue, deren Fundament mehr als zehn Meter in dem Boden verankert liegt, wiegt 400 Tonnen! Ihre Größe beeindruckt.
Diese Statue wurde zwischen 1963 und 1965 errichtet, ihr Schöpfer ist der italienische Bildhauer Bruno Innocenti. Als ein Geschenk für Maratea hat sie Graf Stefano Rivetti finanziert und erbauen lassen. Der reiche Norditaliener, ein Industrieller der Textilindustrie, verliebte sich einst in diese Stadt im tiefen Süden Italiens und siedelte, um sie aus der lukanischen Armut zu holen, seine Industrien dort an.
Diese seine Liebe zu Maratea erklärt auch, warum Christos auf die Stadt blickt und nicht hinaus auf das Meer. Und ich verstehe ihn. Es ist ein guter Ort, wir haben einen grandiosen Überblick über Matera, wie es da entspannt im Tal zwischen den Bergen liegt, deren grüße Natur die kleine Stadt umschließt. Der Bahnhof mit den ein- und ausfahrenden Zügen wirkt von hier wie eine Modelleisenbahn. Und auf der anderen Seite kann man lang entlang der Küsten sehen – bis hinüber nach Calabrien und die Weite des Meeres feiern.
Zu Füßen der Statue, die bei jedem Wetter und zu jeder Stunde anders aussieht und – natürlich – ein viel geliebtes Fotomotiv ist, liegt die kleine Kirche San Biagio – sie ist für süditalienische Verhältnisse erstaunlich neutral gehalten.
Ein wenig Restauration und Souvenirshops laden ein, einen Café zu trinken, um auf den Sonnenuntergang über dem Meer zu warten – der von hier aus natürlich eine Grandezza unter Beweis stellt, die ihresgleichen sucht.
Centro Storico
Keine Zeit! Keine Zeit! In Maratea sind wir eindeutig viel zu kurz! Wir können nur einen kurzen Spaziergang in die Altstadt machen, wo wir die beliebten Cruschi einkaufen, die sich in den letzten Tagen ganz schön in unsere Gourmetherzen geschmuggelt haben.
Uns bleibt leider gar keine Zeit für einen Vino oder Chinotto (Limonade mit Bitterorange) auf der kleinen charmanten Piazza.
Schade, denn das Centro Storico belebt sich gerade wieder zur Stunde des Aperitivo. Auch sehen wir keine der 44 Kirchen von innen.
Dafür aber die Farmacia dei sani, wo uns Giovanna, die Besitzerin, in ihrem hübschen, kleinen Delikatessenladen empfängt und wir uns sehr bereitwillig das Geld aus der Börse ziehen lassen für Cruschi, getrocknete Peperoncini und Dolce. Ivana hatte uns diesen entzückenden kleinen Laden empfohlen, um die besten Cruschi zu kaufen! Es gibt sie getrocknet, zum selber frittieren oder bereits frittiert, luftdicht verpackt und natürlich auch eingelegt. Ganz nebenbei ein traumhaft pikantes Olio di Peperoncini! Die deliziöse Farmacia ist den Besuch wert. Auch die in unmittelbarer Nähe liegende Pasticceria Pranza, die süße lukanische Versuchungen anbietet.
Agriturismo Val Sirino
Dennoch: Ciao Maratea! Wir müssen noch eine Weile fahren, um zu unserem neuen Nachtlager zu gelangen – und dort das Abendessen zu genießen. Erneut fahren wir die Serpentinen entlang nach Val Sirino, dort wartet das wunderschön angelegte Agriturismo Val Sirino. Ein Familienbetrieb, der dort landwirtschaftlich arbeitet und Naturliebhabern einfache Unterkünfte anbietet, mit dem Erlebnis echter lukanischer Küche.
Es ist bereits dunkel und wir erkennen gar nicht, in was für einer traumhaften Gegend wir angekommen sind. Wir genießen nach dem Check-in ein typisches, aber sehr schmackhaftes Abendessen im rustikalen Charme der Cucina Povera. Die einfache Küche der armen Leute Italiens, die wirklich zum Niederknien ist, wenn man sich an das eine oder andere sehr ursprüngliche Gericht traut.
Ich erhalte ein zweites Mal in diesem Jahr die Möglichkeit, Trippa zu probieren. Ich finde sie hier besser, aromatischer als im Frühling in Venetien – dennoch reicht mir ein Probebissen.
Hingegen gab es ein ähnliches Gericht, dessen Namen ich leider nicht parat habe mit der geschmorten Schwarte vom Schwein, gewürfelt und in Tomaten geschmort. Dass man dieses Essen nach einem harten, langen Arbeitstag in der sicherlich nicht immer freundlichen Natur in dieser Gegend liebt, kann ich sehr nachvollziehen! Und davon nehme mir sehr gerne noch einmal nach! Auch von den Polpette.
Natürlich werden uns auch feinste Wurstwaren zu den warmen Antipasti serviert, Käse – alles selbst produziert oder vom Landwirt nebenan. Später noch Fave mit – natürlich – Cruschi.
Die hängen im Restaurant des Agriturismus Val Sirino satt über dem Kamin. Die heißbegehrten Ciceri – die Kichererbsen eingekocht in würziger Creme. Ich bestelle mir zum Hauptgang lediglich noch einen Salat, denn das es nach den wirklich mehr als reichhaltigen Antipasti noch einen Hauptgang geben sollte – überforderte mich einfach! Ein gutes und sehr schmackhaftes Abendessen, dazu ein ehrlicher Hauswein.
So viel haben wir an diesem Tag erlebt, ich packe nur noch meinen Koffer für die Rückreise am nächsten Morgen und falle in den Schlaf in meinem kleinen, einfachen (auch hellhörigen) Zimmer – aber mit Bad en Suite.
Am nächsten Morgen stelle ich mir sehr früh den Wecker und laufe noch ein bisschen durch die Anlage des noch sehr ruhigen Agriturismo. Dort bellen mich aufgeregt die Hunde an, die letzten Rosen duften. Es summt und piept in der satten Natur. Das mitten in der Wiese vor dem Haus ein Pony im Gras knabbert, gefällt mir natürlich sehr!
Dahinter tun es ihm zwei Pferde auf der Koppel gleich. Und im Hühnerstall betteln die kleinen Katzenbabies – zum Schutz vor dem Fuchs mit Hühnern und Gänsen eingesperrt – um ihre Freilassung. Da darf ich ihnen nicht helfen – erkenne aber, wen wundert es, ihr sehr großes Niedlichkeitspotential.
Das Agriturismo liegt am Monte Sirino im Nationalpark Appenino Lucnao Val d’Agri Lagonegrese – grüne Natur, so weit man schaut. Ein traumhaft schöner Baumbestand umschließt uns.
Irgendwo im Hintergrund bimmeln die Glocken der, für mich, unsichtbaren Huftiere. Von hier aus wird man grandiose Wandertouren machen können. Sehr gerne würde ich jetzt losmarschieren und gucken, ob mir vielleicht hier und dort ein netter kleiner Herbstpilz winkt.
Das Frühstück ist wieder so reichhaltig, wie es schon unser Abendessen war. Typisch italienisch süß – aber die Marmeladen sind selbst gemacht und sehr köstlich! Gleiches lässt sich zu den selbst gemachten Käsen und Ricotta sagen. Auch der Kaffee schmeckt köstlich – und wir sind ein bisschen traurig, als der Bus vorfährt, um uns zum Flughafen nach Bari zu bringen. Hier oben kann man wirklich perfekt zur Ruhe kommen – außerhalb der Saison auf jeden Fall.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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