2008-10-25

Ganz milde klingt heute die Abendluft,

weil so unverhofft warm auf dem Weg zum Supermarkt, der mit güldenen Kerzenelchen lockt, dem das eine Ohr abgebrochen wurde und deswegen darf, will, muss er nur ganz wenig kosten als ob es darauf ankäme. Auf anne Ohren oder nicht anne Ohren. Beim Elchen. Und überhaupt wurde eben auf dem Laufsteg der weihnachtlichen Eitelkeiten ausgerufen: hübscher Filz zu Weihnachten, das ist die Mode der gestrigen. Es kommt etwas Neues in diesem Jahr, was genau, das weiß man nicht. Aber der Filz, der muss nun gehen. Raus. Darf beschmücken die Weihnachtsbäume der Weihnachtfeierer, die kein Wert legen auf Mode oder nicht modern. Mitgenommen habe ich ihn, den Filz, was soll's, schließlich sammele ich seit Jahren den Weihnachtsschmuck der vergangenen Feiern und ich halte auch meine Weihnachtspyramide in Ehren, der neulich nett erst Kerzen vermacht wurden von Frau Indica, bei der über Nacht die Fenster eingezogen sind, die letzten und zwar einfach so und ohne ein Wort zu sagen, also weder auf deutsch noch auf polnisch. Und so, liebe Leute, geht es ja nun mal nicht. So ein Fenster gehört ausgebaut, durch die Tür getragen und wieder eingebaut. Aber nicht so! Nicht so ohne ein Wort einfach plötzlich eingebaut. Was, bitteschön, soll man denn jetzt denken von polnischen Fenstern?

Die Freundin, die aus Spanien, die mir den Abschied von meiner Mum im letzten Jahr so herrlich schön und ein bisschen einfacher machte, ist zu Besuch und was habe ich mich gefreut auf sie und was freue ich mich immer noch über sie und was bin ich meiner Mum doch dankbar, dass sie diese Fähigkeit hatte über die Jahre immer hier und da, sich sehr besondere Menschen aus dem Heer der besonderen Menschen zu picken und sie sich zu erhalten und mir von ihnen abzugeben, so dass sie nun in meinem Leben sind. Immer noch, was gut tut und wofür man auch wieder gar nicht genug dankbar sein kann. Und der Freundin, der geht es gut, nach langen harten Jahren auf dieser Insel, die zwar schön ist und meist perfektes Wetter garantiert aber den Menschen dort enorm viel abverlangt und umso mehr, wenn man dort als alleinerziehende Mutter seine beiden Kinder durchbringen muss. Aber nun geht es ihr gut, der Mann steckte ihr neulich einen Ring an den Finger und trauen wollen sie sich im kommenden Jahr und das Glück steht ihr gut, verdammt gut. Es kann einen also auch treffen, wenn man eben nicht mehr jung ist und das Träumen gelegentlich schon schwerer fällt, dann klopft so einer plötzlich an die Tür und sagt, «Guten Tag! Ich bin Dein Traum von gestern aber nun ist heute und da bin ich wahr, lass mich ruhig rein und mache mir Kaffee, wir haben etwas zu erleben.»

So ist das und während die Freundin die Unmengen an spanischen Conditioner (den mit der tollen Farbe) mitbrachte, «Weißt Du, so gut und so preisgünstig, gibt es den hier einfach nicht», weil's den eh schon gar nicht hier gibt und sich auch nicht im Internet kaufen lassen möchte, weil manchmal, manchmal haben's die Spanier nicht so drauf also mit dem Einkauf – im Internet jedenfalls nicht –, gingen wir gestern zu H&M, weil «Weißt Du, bei uns sind die H&Ms einfach nicht so wie bei Euch, viel kleiner”, da war ich da mit Brian Connolly und Cindy Lauper und das war auch okay auf der Bank vor der Umkleidekabine zu sitzen und Stylingberaterin zu spielen und tatsächlich habe ich seit langer, langer Zeit dort so etwas wie Mode hängen sehen zu der sogar ich glatt gesagt hätte, «okay, Dich nehme ich mit, Du gefällst mir.» Das ist erst mal noch finanztechnisch utopisch, aber das kommt, da bin ich optimistisch und überhaupt ist erst mal noch ein paar Mal simpelstes Joggen gehen gar nicht von schlechten Eltern, denn wer will schon Hosenfrust so kurz vor Weihnachten, wenn der nach Weihnachten garantiert wieder wie angegossen sitzt. Der Frust also, nicht die Hose.

Die Hose, die macht nämlich was sie will. So wie die Katzen machen was sie wollen, denn der Freundin habe ich selbstverständlich das bequeme Bett gelassen und mir das Futon ins Nebenzimmer gerollt mit dem festen naiven Glauben, da kämmen auch selbstverständlich drei Katzen mit umgezogen, wie sich das gehört. Und was sich gehört, das weiß der kleine grazile schwarz-weiße und im übrigen spanische Riesenkater ganz genau und daher bin ich stolz auf ihn. Aber über zwei Katzenmädchen schreibe ich hier mal besser nichts, denn es kann ja wohl nicht angehen, dass die mich nicht mal suchen kommen, bei fremden Frauen im Bett liegen und sich morgens von mir den Kaffee ans Bett bringen lassen. Ungerührt, sich höflich an gewohnter Stelle in fremden Armen breit grinsend dann von mir AUCH NOCH den Bauch kraulen lassen, während verschlafener Besuch mir erklärt, wie süß die doch seien. Wo sind wir hier eigentlich? Und wer noch mal bezahlt Logis, Katzenfood und sonstige Annehmlichkeiten? Ansonsten lese ich gerade die Biographie von Helmut Newton und was kann der Mann humorvoll schreiben über die Jahre nach 1936, davon abgesehen, dass er auch ungemein humorvoll über die Zeit davor – und ich vermute sehr sicher – auch über die Zeit danach schreiben wird. Soweit bin ich noch nicht aber immer noch ist klar, er fehlt mir, kein Fotograf fehlt mir so wie er. Am meisten fehlt er mir in seinen Interviews. Charmante Aura, wo gibt es das denn noch heute so klar zu sehen?

Übrigens bin ich zwischendurch in diesem Text noch einmal zum Supermarkt hinüber geschlichen, der vergessenen Butter wegen und weil die Luft einfach zu mild klingt, immer noch ganz warm und leise dem Sommer ein letztes Adieu zuhaucht mit soviel Zärtlichkeit, dass es einem ganz warm ums Herz wird und das wird es einem auch, wenn man dieser Tage den Neobazi besucht, der ganz andere Probleme hat als wir, die wir gerade traurig sind in unseren Blogs oder generell dem Bloggen hier und da herbstlich sentimentale Abgesänge erteilen, wenn auch wunderschöne auf ihrer eigenen Art, dabei ist das Bloggen so ungemein wichtig. Und wie wichtig, das hat mir gestern der Neobazi deutlich gezeigt. Aber lest das doch bitte respektvoll selbst und glaubt mir, wir haben im Grunde die kleinsten Sorgen neben all den großen Sorgen, die nicht wir aber dafür die anderen haben. Uns geht es doch fast allen gut. Und immerhin, schließlich und darüber hinaus haben wir doch uns?!

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