2020-06-26

Carlo Carlà – ein Leben für den Radsport!



Carlo Carlà ist eine italienische Radentwicklerlegende. Er ist der Erfinder des Leichtbaurahmens (Aerodynamik) von Fahrrädern, hat den Radsport revolutioniert und mit dieser Erfindung den Grundstein für heutige Radtechnologien gelegt!



Der heute hochbetagte Mann schraubt immer noch in seiner kleinen Werkstatt Carlà Bici in Monteroni di Lecce, Apulien. Unfassbar viele Geschichten kann er rund um den europäischen Radsport erzählen! Der Besuch bei ihm ist ein Geschenk für jede radbegeisterte Person, mir wurde es im November 2018 gemacht, als wir Journalisten und Blogger im Rahmen einer Educationaltour vor seiner kleinen Werkstatt vorfuhren, die in einem alten unscheinbaren Flachbau untergebracht ist.




Novello in Festa – Geschichte, Kultur und Tradition im Gebiet von Arneo” ist der besondere Titel unserer Reise. Arneo wird im Salento auch liebevoll „Land der Sonne” genannt. Diese Region liegt im Südwesten des Salentos in der Nähe von Porto Cesareo. Der Kosename der Region ist Programm, hier ist es selbst im November tagsüber immer noch sehr warm. Die ersten Regengüsse des Herbstes haben aber die Landschaft in ein unerwartetes Grün gezaubert. Überall zwischen auf den Olivenbaumplantagen ist die Kraft spendende rote Erde unter einem grünen Teppich verschwunden, ein eigenes Farbenspiel, das der Salento jetzt zaubert. Bei guter Wetterlage erlebt man jetzt einen zweiten Frühling im Jahr – und das im November! Dem Monat in dem der Salento leidenschaftlich und fröhlich den neuen Wein feiert.

Im Ionischen Meer kann man tagsüber sogar noch sehr gut baden. Ich weiß das, denn ich bin teilweise noch vor Sonnenaufgang hinein gegangen. Anfänglich mit etwas Überwindung – aber dann ist es im Wasser wunderschön. Zumal man nun das Meer und die Strände weitestgehend für sich alleine hat. Salentiner würden zu dieser Jahreszeit keinen Fuß mehr hinein setzen.

Vielleicht ist diese Zeit die schönste Jahreszeit, um den Salento zu bereisen? Für Radsportler allemal! Es spricht so viel für einen Radsporturlaub in Apulien im späten Herbst. Diese Landschaft, immergün, denn jetzt fangen die Pflanzen der frühen Artischocken an zu wachsen, das warme Wetter gelegentlich mit kurzen Regengüssen umschmeichelt, die Touristenströme des Hochsommers glänzen durch Abwesenheit und die Straßen sind deutlich weniger befahren als zur Ferienzeit …



Wir nutzen diese Reise, um viele kleine traditionsreiche Handwerksbetriebe im Salento zu besuchen, deren leidenschaftliche Betreiber uns nicht nur fantastische Geschichten zu erzählen haben. Genauso ist es eine Freude für mein fotografisches Auge in diese alten Gemäuer und Handwerk einzutauchen. Hier wird noch so viel mit den eigenen Händen gebaut, geschraubt, gebacken! Destilliert wird wie vor vielen – in manchen Familiengeschichten seit fast 100 – Jahren schon von den Großeltern produziert wurde, die überall auf Fotos streng guckend das heutige Treiben ihrer Enkel und Urenkel begleiten. In Apulien wird noch sehr häufig traditionell aber mit offensichtlich großer Begeisterung in die familiären Fußstapfen getreten. Eine dieser besonderen Werkststätten besuchen wir also in Monteroni di Lecce und so haben wir diese besondere Freude auch Carlo Carlà kennenlernen zu dürfen.



Auf dem Weg von Arneo in die Provinzhauptstadt Lecce bietet sich die Möglichkeit viele kleine interessante Gemeinden kennenzulernen: Veglie, Leverano, Copertino, um nur einige Beispiele zu nennen. In Lecces Speckgürtel liegen die kleinen Ortschaften Arnesano und Monteroni di Lecce. Hier ist also Carlo Carlà zu Hause und er nimmt sich Zeit für uns.

„Maestro Carlà” wird er liebevoll in ganz Italien genannt – im Salentiner Dialekt „Mesciu Carlo”. Er ist einer der ganz großen Konstrukteure und hat italienische Historie mitgeprägt. Bereits als sechsjähriger Junge half er seinem Vater in dessen Werkstatt beim Schrauben. Später schreiben seine eigenen Rennrad-Konstruktionen Sportgeschichte.



Heute noch ist Carlà Ehrenmitglied der FIAB, der Federazione Italiana Ambiente e Bicicletta. Sie setzt sich als Umweltschutzorganisation für die Verbreitung des Fahrrads als ökologisches Verkehrsmittel im Rahmen einer ökologischen Neuqualifizierung der Umwelt in ganz Italien ein. Auf Intervention von der FIAB Gruppe Monteroni wurde ein neuer Radweg gebaut, der im Januar 2018 eingeweiht wurde. Er führt entlang der Provinzstraße Lecce-Monteroni zwischen Ecotekne und der Stadt Lecce. Auf dieser Strecke ist die Werkstatt von Carlà so etwas wie ein Wallfahrtsort für die Radsportler. Nicht selten enden organisierte Radtouren genau hier – und das beschreibt wohl am Besten Carlàs Bedeutung für den italienischen Radsport.



Maestro Carlà treffen wir in einer traurigen Lebensphase, seine Frau ist erst kurz zuvor verstorben. So beginnt unser Besuch unerwartet emotional als ihm der uns begleitende Bürgermeister nochmals sein Beileid ausspricht. Carlá zieht sich für einen kurzen Moment in die hinteren Räume seiner Werkstatt zurück und muss sich sichtlich sammeln. Das tiefe Leid dieses Mannes, die 80 hat er lange überschritten, er wird 2020 90 Jahre alt sein, legt sich wie ein Schleier über die beiden Räume. Dennoch kommt er nach einem kurzen Moment zurück zu uns aus seiner Trauer und führt uns klaren Geistes durch seine Lebensgeschichte. Wir bieten ihm willkommene Abwechslung und unsere Begeisterung über dieses Treffen mit ihm, an diesem besonderen Ort sein zu dürfen, lenken ihn bald ab. Er gibt zu, dass ihm seine Werkstatt in dieser schweren Zeit hilft, seinen Schmerz zu heilen.

Trotz seines hohen Alters ist der Mann mental wach wie ein 18-jähriger. Er ist immer noch Erfinder, Schrauber, Mechaniker aus Leidenschaft. Auch Autokarosserien hatte er früher entworfen bis er beim Fahrrad hängen geblieben ist. Er hat dem Radsport den Leichtmetalbaurahmen geschenkt. Erfindet heute immer noch, baut z. B. große Uhrenskulpturen – natürlich aus Radteilen. All dies übrigens als Autodidakt. Er wäre heute gerne noch viel produktiver, erklärt er, und zeigt uns bekümmert seine von der Arthrose gezeichneten Hände, die ihm mittlerweile das Arbeiten sehr schwer machen.





Über die Jahrzehnte seines Schaffens hat er alle (nicht nur) italienischen Radsportlegenden – Masi, Pogliaghi, Colnago, De Rosa – persönlich getroffen. Viele von ihnen haben sich am Ende ihrer Profisportlaufbahn auch der Radindustrie zugewandt, haben selbst Fahrräder unter ihrem Namen vertrieben – und für sie alle hatte Carlo Carlà Rennräder entwickelt, hatte sie von seinem Fachwissen profitieren lassen. Nicht jeder von ihnen hatte später die Größe dies auch zuzugeben, wollte Carlàs Erfindungen als eigene verkaufen.





Von all diesen Geschichten, Begegnungen und Entwicklungen erzählt heute noch seine wundervolle Werkstatt.



Überall lauern in den Ecken kleine Reliquien des italienischen Radsports. Radrahmen hängen in der Luft, Werkzeug wartet auf seinen Einsatz, handgeschriebene Entwicklungsskizzen hängen an den Wänden. Eine faszinierende Kombination aus Ordnung und Chaos beherrscht von der Geschichte in magerem Licht.





Es ist ein Raum voller Leidenschaft und der ganz besonderen Intelligenz dieses stillen und bescheidenen Mannes. Sein professioneller Rat ist heute noch im Radsport gefragt. Wir stehen hier mit einem der ganz ganz Großen seines Sports und seinem Lebenswerk!






Das sich nur wenige Straßen weiter erstaunlich modern präsentiert. Denn hier hat Mesciu Carlo noch sein Ladengeschäft, wo er bzw. sein Enkel heute noch die wundervollen handgeschmiedeten Carlà-Fahrräder verkaufen – und den Kunden gleichzeitig ein im Laden integriertes kleines Museum bieten.





Teilweise noch mit der guten alten Technik, die nie aus der Mode kommt beim Rad: Ungummierte Bremszüge, Stempelbremsen, Stahlschutzbleche … wunderschöne ästhetische Radgeschichte. Aber auch das Singlespeed-Rad hat hier längst Einzug gefunden. Carlo Carlà Bici Monteroni spielt immer noch mit auf dem Fahrradmarkt und lebt den Zeitgeist.



Das alles wird hier passend von einem Fiat 500 im Laden bewacht, der aussieht als wäre er gestern erst produziert worden.



Jeder leidenschaftliche Radfahrer möchte sich hier kreuz und quer kaufen, das hier sind nicht nur Fahrräder, hier wird Fahrradkunst gelebt.

Die Legende Carlo Carlà lebt – meine Freude ist immer noch groß, ihr begegnet zu sein!

2020-06-12

Der Ribāt von Monastir in Tunesien



Disclaimer: Presse- bzw. Influencerreise – Ich durfte 2019 auf Einladung des Fremdenverkehrsamtes Tunesien und mit Sponsoring von FTI Touristik eine knappe Woche lang entlang dem Golf von Hammamet, die Küste Tunesiens bereisen.

Die tunesischen Küstenstädte Monastir und Sousse waren im 8. Jahrhundert vor Christus die ersten Städte am Mittelmeer, die von den Phöniziern besiedelt wurden. Die Meereslage im Süden des Golfes von Hammamet ließen die Häfen der Städte schnell wachsen – und dementsprechend wuchs ihre wirtschaftliche Bedeutung.



Wer heute Monastir besucht, kommt am Ribāt von Monastir nicht vorbei. Erhaben liegt diese riesige islamische Festungsanlage direkt am Meer vor der Medina Monastirs, umgarnt von einer Moschee und dem Grabmal des tunesischen Präsidenten Habib Bourguiba – es sind imposante Bauten, ein jedes für sich selbst – und in ihrer Gesamtheit bilden sie einen unbedingten Grund Monastir zu besuchen!



Der Ribāt von Monastir schützte die Stadt vor den feindlichen Eindringlingen vieler Epochen, die über das Meer kamen. Immerhin gilt er als der älteste Ribāt Afrikas und wurde von arabischen Eroberern während der muslimischen Übernahme des Maghreb errichtet. Gebaut wurde er auf den Ruinen des Wehrklosters, dem „Monasterium”, der alten phönizisch-römischen Stadt Ruspina, das der Stadt Monastir ihren Namen gab.



Es ist meinem Erleben nach einer der hellsten Orte an denen ich je gewesen bin – überall strahlt die Sonne ihr helles Licht auf den Sandstein und lässt ihn noch viel heller scheinen. Dieses Strahlen schleicht sich nach und nach in die eigene Stimmung, die einfach nur glücklich und ausgeglichen sein kann an diesem ganz besonderen Ort!

Der Legende nach kam jeder Kämpfer, der in diesem Ribāt drei Tage lang Wache halten durfte, unweigerlich ins Paradies. „Monastir ist eines der Tore des Himmelreichs", heißt es in einem auf den Propheten Mohammed zurückgeführten Spruch.



Da kann etwas dran sein! Hier sein zu dürfen, das war einer meiner emotionaleren Aufenthalte während unserer Reise in Tunesien. Ein echter Sehnsuchtsort. Der größte Teil von uns Teilnehmern gehört der Generation „Das Leben des Brian” von Monthy Pyton an. Dieser legendäre Film wurde weitestgehend in diesen historischen Gemäuern gedreht, und die Tatsache trieb uns schon im Vorfeld ein seeliges Grinsen in unsere Gesichter.



Andererseits dann kann man sich vor Ort der frühhistorischen Bedeutung dieser sehr gut restaurierten Anlage einfach nicht entziehen. Sie umschließt zwei Innenhöfe und erklimmt man ihre vielfältigen Ebenen erlebt man die Anlage in unzähligen Perspektiven mit zahlreichen Exponaten früherer Zeiten.



Die Stimmung, die einen überfällt, wenn man durch diese Gemäuer wandelt, ist einzigartig. Die Schönheit in der Einfachheit, die Lage, diese frühe fantastische Baukunst vor einer – für eine – Ewigkeit geschaffen, kaum vorstellbar, dass man sich nicht beeindruckt von diesem besonderen Ort verabschieden würde.

Wir hätten hier noch stundenlang bleiben wollen, einfach sein wollen – fotografieren, sich von Gedanken treiben lassen, die Aussicht auf das Meer lädt sehr zum Abschalten und Träumen ein. Ein wundervoller Ort!



Grundsteinlegung für diese Anlage war im Jahr 796 vor Christus. Komplett aus Sandstein gebaut, ruht der Ribāt von Monastir erhaben, beinahe freundlich wirkend in der tunesischen Sonne. Schmale Stiegen im Inneren führen verwinkelt von Etage zu Etage, eine Wendeltreppe sogar bis zur Spitze des einzigen erhalten gebliebenen runden Wachturmes.

Zwischen den Zinnen hat man auf den obersten Ebene eine fantastische Panorama-Aussicht:



Auf das Mittelmeer, das sich hier in schönstem Türkis von den weißen Stränden abhebt, auf Monastir, die Altstadt und den Hafen von Monastir,



einem weiß strahlenden Friedhof



(Ja, Fake -Foto. Das ist natürlich eine Aussicht auf das Ribāt vom Friedhof.)

und auf die weite Allee, die zum direkt daneben liegenden Mausoleum führt in dem der ehemalige tunesische Präsident Habib Bourguiba sich durchaus großzügig hatte bestatten lassen.



Tipp: Der Ribāt liegt in der prallen Sonne, sie wird von den hellen blanken Steinen fast spiegelartig reflektiert. Wer hier mehr Zeit verbringen möchte, sollte Sonnenschutzkleidung als auch ausreichend Flüssigkeit unbedingt mitnehmen!



Die oberen Aussichtsplattformen – für die eine gewisse Höhentauglichkeit beim Erklimmen ganz praktisch ist, zumal es neben so mancher Treppe ohne Geländer ungesund tief abwärts geht – sind so wunderschön in der Aussicht, dass man hier die Zeit vergisst – vor allem, wenn man gerne fotografiert.



Im südöstlichen Flügel, der ehemaligen Moschee, ist auch ein kleines Museum eingerichtet. Der Mihrāb, die Gebetsnische, ist dort noch erhalten. Leider fehlte uns die Zeit für einen längeren Besuch dort.





Etwas Abkühlung bringen die unteren Gemäuer des Ribāts – viele Tunnel und Wege mit Schießscharten und museale Exponate der historischen Ursprünge lassen den Besucher tiefer eintauchen in die damalige Zeit. Aber selbst hier wirkt das eigentliche Finstere der Gänge immer noch sehr strahlend auf mich, dieser Ribāt ist wie eine Quelle des Lichtes – selbst in seinen dunkeln Bereichen!





Der Eintritt in den Ribāt von Monstir mit Besuch des kleinen Museums beträgt ca. acht Dinar pro Person, das sind umgerechnet drei Euro. Dafür findet man eine sehr gepflegte Anlage mit Baumbestand im Innenhof (Schatten) und einer nachdrücklichen Stimmung.




Mausoleum des Präsidenten Habib Bourguiba

Vom Ribāt geht es zu Fuß weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit Monastirs.

Habib Bourguiba – der gute Mann war von 1957 und 1987 der erste Präsident der Tunesischen Republik und führte Tunesien in die Demokratie, nachdem es 1956 von Frankreich in die Unabhängigkeit entlassen worden war. Als Vater der Unabhängigkeit war er wohl recht beliebt bei seinem Volk, allerdings erbitterter Gegner des Islams – hatte er sich seine Grabstädte schon zu Lebzeiten konzipieren und bauen lassen. Nichts scheint wohl sicherer als der eigene Tod. Bourguiba muss ein sehr gesundes Selbstbewusstsein zu seinem eigenen besessen haben, wenn man das Ergebnis sieht.

Nun, ein wenig Narzissmus mag mit seine Persönlichkeit umspielt haben, diesem Eindruck kann man sich nicht verwehren, wenn man das Mausoleum Turbat Âl Burqîba besucht.



Eine riesige Allee, die man nur zu Fuß beschreiten kann, führt an einem Friedhof vorbei zu dem Mausoleum, dass von zwei hohen Türmen flankiert wird.



Die goldene Kuppel des Gebäudes spricht für sich und die Pracht, die den Besucher auch im Inneren des Gebäudes erwartet. Viel prunkvoller schwarzer Mamorboden, weiße Marmorsäulen und in der Halle steht der nicht minder ansehnliche Sarkopharg mit den sterblichen Überresten von Habib Bourguiba.



Beeindruckende Kronleuchter spenden Licht.

Kurz: Der komplette Wahnsinn! Aber wunderschön anzusehen.


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2020-05-25

Der schnelle Dipp



Am Vatertag hatten wir uns im Hof mit den Nachbarn zum Grillen verabredet. Mit Abstand – das funktioniert ganz gut bei uns mittlerweile. Instinktiv, wie Fotos beweisen.

Ich hatte selber Appetit auf Burger, habe ich schon seit einer ganzen Weile und kündigte an Buns zu backen, auch hier wieder die kleinere Variante für Kinder. Nach diesem Rezept, von dem ich weiß, dass viele in diesem Internet mittlerweile davon begeistert sind und es gerne auf eigenen Blogs, bei den Sozialen Netzwerken verlinken. Das freut mich sehr! Ich mag diese Buns auch sehr – sie haben den grandiosen Vorteil nicht durchzuweichen.



Und ich mag auch die kleinere Größe für die ich mich beim Backen entscheide, denn einerseits kann man sie einfach viel besser und unfallfreier essen, andererseits kann man so auch mehr als einen Hühnerbrust. Oder vielleicht Fisch. Oder Champignons. Oder sonstigem Grillgemüse.



Zu den Buns hatte ich noch eine eierfreie Rouille gemacht, das Rezept kommt in den nächsten Tagen.

Ich hatte aber auch in der Küche noch drei Sivri liegen, das sind die schmalen türkischen Spitzpaprika in unterschiedlichen Grüntönen (und Schärfegraden), die man beim befreundeten türkischen Supermarkt bekommt. Drei Spitzpaprika waren definitiv zu wenig für den Grill … so kam mir  die Idee – in Anlehnung an das schöne Buch „Meikanische Feste – Die Fiestas der Frida Kahlo”, von Lupe Rivera, der Tochter von Diego Rivera, der Muse und dem Lebenspartner von Frida – eine schnelle grüne kalte Mole zu machen.

Das ist eine Sache von zwei Minuten – allerhöchstens! Heraus kam ein frischer, leicht scharfer Dipp (die Schärfe ist natürlich von den jeweils verwendeten Sivri abhängig, wobei man sich da auf Farbe (hellgrün bis dunkelgrün) leider genauso wenig verlassen kann, wie auf die Aussagen vom Verkäufer. Was dieser als leicht scharf bezeichnet, kann für den zartbesaiteten Gaumen schon eine Qual bedeuten. Meist aber sind die hellgrünen, nicht ganz so schmalen Sivri gut essbar für in der Schärfe empfindliche Zungen.

Was man dafür braucht sind ein Standbecher und ein Mixstab. Ich bin immer noch in sehr großer Liebe zu meinem Braun Mixstab, der mir jedes Mal so viel Freude und Vielfalt in meiner Küche schenkt! Oder wer es analog mag: einen Mörser.


Zutaten



3 Sivri grüne Spitzpaprika
1 kleine frische Knoblauchzehe
1 Zitrone, davon etwas Abrieb und einen Spritzer Saft
1 Schuss Raps- oder Olivenöl
1 Schuss weißen Balsamicoessig

Salz, Pfeffer,
eine Prise Piment d'Espelette (alternativ Paprika)
Chilliflocken


Zubereitung

Von den Sivri den Stilansatz und den inneren weißen Kernstand entfernen, nicht so sehr viel TamTam machen. Bleiben Kerne liefern sie etwas Schärfe und werden eh püriert. In mittelgroße Stücke schneiden und ab damit in den Pürierbecher.



Dazu einen kleinen Schuss Öl, Balsamico, den Abrieb der Zitrone und etwas Saft (ich schneide oben einen kleinen Deckel der Zitrone ab, das reicht.) Wichtig ist, dass man nicht zu viel der Flüssligkeit verwendet. Die Siviri bestehen wie Gurken aus viel Wasser – wir wollen einen Dipp, keinen Shake!

Nun noch die geschälte Knoblauchzehe dazu – und nehmt bitte wirklich frische Zehen, die noch nicht gekeimt sind! Sonst wird es moderig im Geschmack. Mit Salz, Pfeffer und Piment d'Espelette würden. Pürieren. Mit den Chilliflocken (oder mehr Piment d'Espelette) erst nach dem Pürieren die Schärfe nachjustieren. Fertig!

Ratzfatz ist wundervoller leicht scharfer und frischer Dipp fertig, der total gut zu den Burgern passt. Oder … Nachos.



Oder zu warmen Gerichten, die grüne Mole zu Kurzgebratenem servieren, bei mir war es neulich ein Stück Hühnerbrust, das passt hervorragend. Auch sehr fein: Zwiebeln in der Pfanne dünsten, klein geschnittene Tomate andünsten, die Mole hinzufügen (dann vielleicht etwas mehr Mole machen) und z. B. Fischfilets darin kurz dünsten.

Lasst die fertigen grünen scharfen Saucen einfach im Supermarktregal stehen.

Guten Appetit!

2020-05-23

Die schöne Kunst Haltung zu bewahren … Teil 2

Natürlich habe ich den gestrigen Text mit Vorsatz geschrieben. Er sollte eine Einleitung sein. Die ist ein bisschen lang geworden. Das passiert womöglich, wenn man lange nicht mehr gebloggt hat. Und da ich nicht weiß, ob Ihr überhaupt noch lange Texte in diesem Internet lesen könnt in diesen Zeiten, habe ich gestern umsichtig einen Schlusspunkt gesetzt.

Aber es geht weiter. Ich bewahre weiter Haltung. Neu hinzugekommen dabei sind neuerdings Gespräche mit Corona-Leugnern und Maßnahmen-Ablehnern.

Zum Beispiel trage ich auch in Zeiten von Corona-Lockerungen Maske, in Situationen, an Orten in denen es gesetzlich verfügt zur Zeit nicht notwendig ist. Sie sind ein Schutz. Ich kann damit Menschen schützen, falls ich infiziert bin. Und: ein bisschen kann ich mich eben auch selbst damit schützen. Ich finde Maske im öffentlichen Raum eine prima Nummer. Ich trage sie auch in der Physiotherapie im Krankengymnastikraum, wenn ich an den Geräten arbeite.

Nachdem ich wochenlang mit allergrößtem Misstrauen und großer Fassungslosigkeit die Aussagen von Virologen und Politikern hinnehmen musste, die selbst nach Bekanntwerden der Tatsache, dass COVID-19 mindestens durch Tröpfcheninfektion übertragen wird, noch erzählten, es wäre nicht notwendig Masken zu tragen, war ich unendlich froh, als Masken im öffentlichen Raum zu einer Pflichtnummer geworden waren. Für mich sind die wirklich gerade auf psychischer Ebene eine ganz große Erleichterung – mir hat das wahnsinnig viel Druck genommen in meiner Existenz in der Außenwelt.

Zu der insgesamt desaströsen Versorgungenlage zum Thema Maske, sage ich jetzt fast nichts. Ganz großes politisches Versagen, das nun wirklich nicht erst mit der Pandemie begonnen hatte. Ein Land, dass in einer Welt in der es Ebola und SARS als Risiko immer noch gibt, nicht ausreichend Masken und Schutzkleidung für die Pflege – geschweige denn das ganze Land – vorrätig hält, das ist wirklich ganz großes Kino der Inkompetenz.

Ich trage also allermeist Maske. Nämlich auf dem Markt. Unter dem freien Himmel (wo ich derzeit bevorzugt einkaufen gehe, was finanziell ganz schön weh tut), trage ich dort auch Maske. Es sind dort Menschen unterwegs, ich weiß eben nicht, ob und wann ein Virus dieser hässlichen Art in mir womöglich aktiv ist. Es ist ein Ausdruck sozialer Kompetenz die Marktverkäufer auch zu schützen.

So bin ich also Mittwoch in Charlottenburg auf dem Markt. An einem Gemüsestand, der noch gelbe Beeten hat und als der Verkäufer an mir vorbei huscht zum Auto, um für die Kundin, die er gerade bedient, etwas zu holen, nutze ich die Chance ihn kurz zu fragen, ob ich mir das Gemüse selber aussuchen darf oder er das tun möchte. Es kommt eine typische Berliner flapsige Antwort, in Zeiten der Corona-Hygiene eigentlich die falsche. Aber gut, ich wühle auch nicht im Gemüse, sondern greife mir die Auswahl von Wurzelgemüse und höre derweil am Rande mit, wie die Kundin zu meiner Maskentragung im öffentlichen Raum meint, einen Spruch machen zu müssen, der meine Attitüde als lächerlich darstellen lässt. Der Marktverkäufer findet mich damit auch eher lächerlich, was ich zweifach unklug finde, da ich mich auch anschicke seine Kundin zu werden – über die ich nicht ablästern würde. Aber gut … jeder soll sein Vergnügen im Job haben dürfen.

Vertriebsgeschick ist nicht jedem gegeben.

Da man offensichtlich über mich spricht, denke ich mir – Haltung! – können sie auch doch auch direkt mit mir sprechen. Und ich frage beide höflich, ob sie überhaupt wissen, wie elendig diese Menschen an dem Virus sterben? Beide haben offensichtlich die Erfahrung im Umfeld noch nicht machen müssen und sie gucken mich erschrocken überrumpelt an, weil ich mich nun mal in deren Gespräch einklinke.

Sie verneinen das zwar nicht, sondern antworten mir mit …

„Aber es betrifft doch hauptsächlich nur ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen.”

Das kann ich als Argument immer noch nicht gelten lassen, weil es in sich einfach grottenmistig ist und zudem nun auch, wie wir länst wissen, nicht ganz so stimmt. Also entgegne ich zusätzlich, dass auch älteren verstorbenen Menschen womöglich trotzdem gerne noch ein paar schöne Jahre gehabt hätten – und womöglich sogar gerne gelebt haben? Und ihre Angehörigen, sie vielleicht auch noch länger in ihrem Leben gehabt hätten?

Aber ich habe hier zwei Exemplare der Menschen, die einseitig informiert und in der Person der Kundin, eine ältere Dame (was lustig ist, weil ich ja nun auch nicht ganz jung bin) aber sie ist vielleicht zehn Jahre älter als ich ungefähr. Oder auch nicht, weil einfach früher gealtert. Oder ihr distinguiertes Auftreten lässt sie für mich älter erscheinen. (Ich finde immer interessant, weil meinem Erleben nach, genau das Frauen ab einem bestimmten Alter einfach nur noch alt aussehen lässt.)

Er kommt mir nun mit dem „aber die 20.000 Grippetoten”-Argument, das, ich gebe es zu, mich mittlerweile innerlich leicht aggressiv macht, wenn ich es immer noch hören muss – obwohl nun mehrfach in unterschiedlichen Medien mehr als oft erläutert wurde, warum das einfach kein sehr sinnvolles Gegenargument in der jetzigen Pandemie ist. Ich bewahre Haltung und erkläre ihm, dass das so einfach nicht stimmt. Er begreift nicht, hört auch nicht hin und zielt nun voll darauf ab, ich würde behaupten, die Zahlen der Toten würde nicht stimmen und ob man dem RKI nicht trauen dürfe. Es ist interessant, was man aus einem „Dieser Vergleich stimmt einfach nicht.” so machen kann, wenn man sich ertappt fühlt.

Sie indes erklärt mir derweil, sie wäre in der Pflegeleitung tätig und ich könnte ihr glauben, niemand würde dort leben wollen. Was mich persönlich jetzt richtig sauer macht. Denn ja, niemand möchte irgendwann in einem Pflegeheim auf sein Ende warten müssen. Dennoch heißt das noch lange nicht, dass man in einem Pflegeheim lebend, automatisch bereit wäre für das eigene Sterben, noch zwingend Lust darauf hätte. Meiner Erfahrung nach, hängen auch sehr alte und sterbenskranken Menschen oft noch sehr an ihrem Leben. Und niemandem ist vermutlich mehr bewusst als ihnen, dass sie nur diese eine Leben haben. Ihre Meinung also auf die ihr anvertrauten Patienten ungefiltert zu projizieren – nur weil man täglich das sicherlich große menschliche Leid sieht – finde ich wirklich vermessen, geradezu sträflich! Insbesondere wenn eine Angestellte aus einem Pflegeheim daraus ableitet, in der Öffentlichkeit beim Einkauf keine Maske zu tragen und sich dann auch noch über die zu mokieren, die das tun.

Also: Ich schütze ihn. Ich schütze sie. Und indirekt schütze ich damit ihre Patienten im Heim.
Während: Sie ihn nicht schützt. Mich nicht schützt. Und ihren Patientinnen gegenüber im Heim somit Gott spielt?

Ich empfand diese Frau wirklich sehr widerlich in ihrem Handeln – und mir tut jeder Mensch leid, der in ihrem beruflichen Umfeld Opfer ihrer Überzeugung wird. Solche Menschen machen mir Angst!

Und dennoch, auch wenn mich die Ansichten der beiden sehr erschreckt haben – auf vielfacher Ebene – ich habe sie in dem was sie denken und sagen, nicht bestätigt; habe mich eingemischt und ihr deutlich zu verstehen gegeben, wie erschreckend ihre Ansicht vor allem in ihrer speziellen beruflichen Position auf mich wirkt.

Womöglich denkt sie doch darüber nach. Diese Hoffnung kann immerhin nicht von einem den Tod bringenden Virus befallen werden.

2020-05-22

Die schöne Kunst Haltung zu bewahren …

Haltung bewahren heißt für mich auch diskutieren und im Gespräch bleiben.

Hierzulande gibt es regelmäßig die Ratschläge z. B. nicht mit Nazis zu diskutieren. Nun steht mir nicht zu anderen Menschen zu sagen, was sie zu tun oder zu lassen haben (in den allermeisten Fällen.) Für mich lehne ich diese Boykott-Forderung eher ab. Denn: Nur mit verbaler Gegenwehr kann man einem Gegenüber signalisieren, dass das was sie denken, womöglich gar nicht die eine prima Lösung ihrer gesellschaftlichen Probleme sind.

Ja, die Chancen so jemanden zum Umdenken zu bewegen, sind sicherlich nicht exorbitant hoch. Weiß ich. Aber wenn ich von zehn Andersdenkenden wenigstens eine/n bewegen kann über meine Argumente nachzudenken (und nachdenken bewirkt immer etwas in einer Person, ich als Optimistin glaube fest daran, dass es auch etwas Gutes bewirkt), dann ist jeder Einwurf hier sinnvoll.

Übrigens: Die Leute, die aus der rechten Szene ausgestiegen sind – und das sind dann doch auch nicht so ganz wenige in diesem Land – taten das selten, weil sich plötzlich zwei Wolken der Humanität und Weisheit über sie ergossen haben, sondern, weil sie Menschen in ihrem Umfeld hatten bzw. diesen irgendwann begegnet sind, die gute Gegenargumente hatten – und diese in einem gemeinsamen Gespräch dem Nazi vorgebracht haben.

Darüber darf ein jeder nachdenken und seinen persönlichen Schluss daraus ziehen. Womöglich hilft miteinander reden doch?

Ich diskutiere also mit Menschen mit rassistischem Gedanken. Und wer mir diese seine Meinung auf die Stulle servieren möchte, dem pariere ich in dem ich mein lecker Brötchen mit Gutemenschenwurst anreiche. Manchmal, wenn ich gerade nicht Bock habe allzu tief einzusteigen, sage ich einfach: „Nein, stimmt nicht.”

„Nein, stimmt nicht.”, ist der Hammer in der Argumentation. Die Kommunikationprofis halten einem natürlich lange Vorträge, weil doch „Nein!” ein böses Wort in der Entgegnung ist, ein Totschlagargument, das Menschen böse brüskiert. Ich denke, Menschen, die Sympathien zu Rassismus, Hitler & Co. pflegen, die kann man ruhig brüskieren. Ich möchte gar mit denen denen in *lieb guck* freundschaftliche Interaktion treten. Ich will denen einfach nur zur Kenntnis geben, dass ich der Meinung bin, dass sie sowas von auf'm Holzweg im Winter sind. (Ist diese nicht ganz so sichtbare Metapher für braunes Denktum nicht bonfortionös?) Und das ist ein „Nein, stimmt nicht.” super!

Wenn man dann dem Gegenüber fest dabei in die Augen guckt, freundlich, bestimmt. Dann rattert es in deren Gehirnen. Keine Ahnung in welche Richtung ihre Gedanken abdriften, ob sie sich meinen „Nein!” interessiert stellen möchten, wir Argumente austauschen, da sollte man natürlich gesunde Gegenargumente haben. Oder ob sie einen in die Schublade packen, weil ihr feiges Ich sich dem „Ich bin nicht Deiner Meinung” intellektuell nicht stellen können oder wollen.

Das ist mir beinahe die Lieblingsmöglichkeit, denn sie gehen unbefriedigt aus dem Gespräch. Sie haben nicht bekommen, was sie wollten mit ihren Aussagen: Zustimmung. Keine Zustimmung zu erhalten, das ist wie Liebesentzug. Und wir kennen das in der menschlichen Soziologie – für viele Menschen ist gerade der Mensch, der ihnen keine Liebe schenkt, der viel interessantere Mensch als der, der sie ihnen nachträgt. So ein oft gelebtes Schema, ich habe keine Ahnung warum.

Schenkt also keine Zustimmung (Liebe), das schafft ganz schön viel Aufmerksamkeit. Ich habe hier einen Nachbarn, der ist ein netter Typ, aber braun in seiner Gesinnung wie der legendäre Muckefuck. Man trifft ihn oft, er ist Hundebesitzer. Er versucht es immer wieder bei mir und anderen. Immer wieder kommt er an und immer wieder beinhaltet sein dritter oder vierter Satz eine Spitze gegen Türken, Zuwanderer, Ausländer, Flüchtlinge, Menschen mit Hautfarben, die seiner nicht ähneln. Er kann einem so leid tun. So viel Groll gegen so viel unbekanntes Schönes. Und jedes Mal entgegne ich ihm: „Nein, das ist nicht richtig.” Oder: „Nee, stimmt nicht. Stimmt einfach nicht.”

Er hängt an der Angel. An meiner. Er bekommt von mir seine heiß ersehnte Bestätigung nicht. Das wird ihn ganz schön nerven, mit anderen Worten: beschäftigen. Und wenn sich solche Leute damit beschäftigen müssen, dass ihr Gedankengut von anderen abgelehnt wird, dann müssen sie darüber nachdenken, warum das so ist. Das ist die halbe Miete für den Weg vom Nachdenken zum Umdenken. Mühsam. Will man auch nicht immer. Aber ich gebe dem kein Stück ab von meiner Insel an seinen Rassismus.

Es geht nämlich gar nicht um kapitalistische Masse, hinsichtlich des „es lohnt nicht mit denen zu reden.” Wenn ich eine Person in zehn Jahren zum Umdenken dadurch bewegen kann, dann war es jedes Mal auch bei denen wert, die das nicht tun können.

Und umgekehrt: Ich wertschätze es sehr, wenn Menschen mich ernst nehmen und mir Entgegnung entgegen bringen, wenn sie der Meinung sind, ich tue oder sage etwas, das man so vielleicht nicht tun oder sagen sollte. Wertschätzung, immerhin traut mir jemand zu, ich könnte umdenken. Das funktioniert natürlich nicht immer, kann es nicht, ist auch gar nicht immer sinnvoll (aus meiner beschränkten Sicht) aber gelegentlich ist es sehr wohl ein guter Einwurf – und ja, beim nächsten Mal kann ich, wenn ich das verstanden habe, die Dinge besser gestalten. Für mich. Für Andere.

2020-05-19

Doch, doch … ich lebe noch!

Aber es ist zur Zeit … puh … ja, was soll ich sagen, schreiben, was Ihr nicht schon selber wissen würdet?

Es geht mir relativ okay. Ich liege nicht auf irgendwelchen Intensivstationen nach Luft japsend. Oder eben gar nicht japsend im kritischen Zustand, was wohl das Besondere an diesem Virus sein soll, was ich sehr gruselig finde. Also im gesamten gruseligen Ausmaß.

Auch – das war sehr faszinierend zu erleben – hatte sich zum Anfang des Lockdowns im Grunde, das, was ich in meinem Leben eher als negatives Vorzeichen erlebt habe, sehr plötzlich zu einem positiven Vorzeichen gewandelt. Auch wenn ich von sehr wenig Geld lebe, wusste ich, ich bin finanziell abgesichert – ich kann zum nächsten Ersten meine Miete bezahlen. Diese Art der Existenzängste, die viele Millionen Menschen in diesem Land, in der ganzen Welt, aushalten mussten – und müssen – musste ich nicht ertragen. Das macht demütig und dankbar!

Aber eben auch, dass ich in dieser Situation jederzeit professionelle Ansprechpartner – wenigstens telefonisch – hatte, um über meine Ängste, Sorgen sprechen zu können, das war sehr hilfreich und Kraft gebend. Ich habe in den letzten drei Monaten so viel telefoniert, wie in den letzten drei Jahren zuvor nicht. Na gut, weil man nun auch eher mit FreundInnen telefoniert. Doch, gerade auch in dieser Situation war ich im Vergleich zu vielen anderen Menschen sehr dankbar.

Die Sorge um die mir wichtigen Menschen, die ist schwierig auszuhalten. Natürlich geben wir uns alle Mühe aber es ist sehr schwer.

Der Umstand, dass wir zu Beginn des Lockdowns (im Berliner Raum) durchaus mehr als passables Wetter hatten, wir hinaus gehen durften, wenigstens, um sich die Beine zu vertreten oder etwas Rad zu fahren, hat mich das gut ertragen lassen. Da ich ja nun Kontakte nach Spanien und Italien habe und weiß, wie deren Leben extrem anders in der Zeit ausgesehen hatte, kann ich kein bisschen verstehen, warum hierzulande die Leute gerade abdriften in ihren Vorwürfen an den Staat hinsichtlich der verhängten Maßnahmen.

Das Ganze – so schrecklich dieses Virus wütet – finde ich indes wissenschaftlich und medizinisch sehr spannend. Naja, als unbetroffene Beisitzerin natürlich nur. Die letzten Wochen waren für mich ein einziger sehr intensiver Bildungsurlaub hinsichtlich Virologie, Pandemie und … hierzulande … Förderalismus und Menschlichkeit.

Immer wieder dankbar bin ich für meine Wohnsituation hier – dass ich Besorgungen fußläufig machen kann ohne die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen zu müssen, hilft mir sehr im Aushalten. Ich möchte momentan wirklich nicht mit der BVG fahren. Wenngleich mir ein fahrender Untersatz zum „raus fahren” gerade sehr fehlt. Dieses weiter draußen vor den Toren Berlin wandern zu können, das fehlt mir sehr! Natürlich haben wir hier in unserer kleinen Enklave den nachbarschaftlichen Kontakt gehalten, uns immer wieder draußen getroffen mit den Nachbarkindern, die ausgelüftet werden mussten (nochmal mein Respekt hier an die Menschen in Spanien und Italien). Das hat natürlich enorm geholfen, täglich jemanden zu sehen und zu sprechen. Mit Abstand – aber tägliche minimiale soziale Interaktion. So wichtig und heilsam!

Somit bin ich dankbar für meinen Balkon und das Vorgärtchen. Wieder für die guten Wetterverhältnisse. So fühlte ich mich nie eingesperrt – im eingesperrt sein. (Was wir hierzulande nie wirklich waren.)

Wenn der tägliche Baulärm von nebenan nicht gewesen wäre, wäre es fast Urlaub gewesen. Beim nächsten Lockdown wäre ich dafür gesetzlich aufzunehmen, dass Baustellen in Wohngebieten das gesamte Wochenende über zu ruhen haben.

Ich habe die Schnauze von so manchem Politiker voll! Was für Idioten wir hier und dort in politische Leitungsfunktionen gewählt haben – aber eben auch, was für sehr kompetente Menschen uns an den politischen Spitzen in dieser harten Zeit gut (und unter den auch für sie völlig neuen Umständen) geführt haben. Das sieht ja auf anderen Kontinenten eher komplett haarsträubend aus. Da musste ich, das merkte ich selber, mich zugunsten meiner Seelenhygiene die letzten Wochen öfter aus dem Nachrichtengeschehen raus halten. Politische Talkshows habe ich für mich schon vor sechs Wochen bewusst abgewählt.

Dieses Virus macht mit uns allen etwas. Da muss man gut auf sich aufpassen. Das Bloggen fiel mir sehr schwer, gebe ich zu. Ich hätte hier viel zu sehr das Virus zum Thema gemacht, hatte aber auch einige Zeit kaum Synapsen frei für andere Dinge. Die letzten Wochen konnte ich mich wieder etwas freier fühlen, konnte wieder etwas backen, einkochen, Pasta machen (ganz lieben Dank für das schöne Buch an den Diätfutterbeauftragten, habe mich wahnsinnig gefreut darüber) – mich still beschäftigen.

Ich habe sehr wenig entrümpelt und auch immer noch nicht die Fenster geputzt. Gestern habe ich endlich das alte Ikea-Regal rausgeschmissen, das schon so lange gehen sollte. Bücher sortiert, kaum Platz. Ein paar Sachen bei ebay Kleinanzeigen hinein gestellt. Aber wenigstens den Balkon fertig und bin sehr verliebt in ihn in diesem Jahr (mich sehr über Ikea geärgert, andere Geschichte.) Fotos reiche ich nach.

Was mich wahnsinnig schmerzte, das war die Absage der Pilateskurse seitens der VHS. Die und meine tolle Lehrerin vermisse ich unendlich, psychisch und physisch. Ich war da auf so einem guten Weg und nein, so ganz alleine bekomme ich das nicht gut gewuppt. Liegt halt mit daran, dass ich immer gegen Schmerzen antrainiere. Nach vier Wochen Physiotherapie-Pause (von mir gewählt, auch weil ich den Physiotherapeuten schützen wollte), bin ich wieder hingekrochen. Das musste ich tatsächlich lernen: Ohne geht es nicht mehr. Doof. Da war immer noch ein kleiner Keim namens Hoffnung in dem Punkt die Krankheit zu besiegen. Aber da ist wohl „chronisch” nicht nur der verwalterische Begleiter meines Daseins.

Ich bin sehr glücklich, Shiinchen an meiner Seite zu haben. Sie schien mir anfänglich etwas genervt von meiner ständigen Anwesenheit aber mittlerweile hat sie mich ganztägig akzeptiert. Sie ist weiterhin unfassbar niedlich und unterhaltsam und gibt mir das Gefühl ab und an nützlich zu sein. Vermutlich kommen Menschen mit Haustieren besser durch diese Zeit. Hier ist es auf alle Fälle so! (Danke auch an alle Nachbarhunde, die sich in den letzten Wochen schwanzwedelnd über mich freuten!)

So, lange Schreiberei, ich hoffe so sehr, dass es Euch allen gut geht, dass Ihr Eure Lieben wieder sehen könnt, gesund seid und bleibt. Ich denke, wir haben den ganzen Mist hier in diesem Land erstaunlich gut hinbekommen bis jetzt. Ich bin darüber sehr froh! Lasst uns das so beibehalten, wenn irgendwie möglich!

Alles Liebe an Euch alle da draußen!

2020-03-11

Hm …

Notärzte, die auf Twitter berichten, dass das halbe Personal in der Notaufnahme Erkältungssymptome zeigt, sie aber seitens des Hauses alle nicht auf SARS CoV2 getestet werden, weil … ja weil was? Die Geschäftsführung des Krankenhaus weiß, dass man dann das Krankenhaus dicht machen muss?

Wenn dann die z. B. Ehepartner auch als Ärzte in einem anderen Krankenhaus in der Onkologie arbeiten, wie in dem Tweet einer Ärztin berichtet, dann … das ist in so vielen Richtungen körperverletzend, weil wir nur noch den Mangel verwalten. Und wir stehen doch erst am Anfang des Infektionszeitraumes.

Bundesgesundheitsminister Spahn, der gestern im Fernsehen noch einmal eindringlich an alle Menschen im Land appelliert sich rücksichtsvoll zu verhalten, möglichst zu Hause zu bleiben und in erster Linie damit seine Sorge über eine zu schnelle Überlastung der Intensivstationen bzw. des Fachpersonals zum Ausdruck bringt – nur ja nicht etwa seine Sorge über die Gesundheit der Bürger des Landes dem er als Bundesgesundheitsminister vorsteht kommuniziert?

Heute erstmals, seit Wochen, nachdem uns wochenlang erklärt wurde – aber wirklich nur in diesem Land – Atemschutzmasken würden gar nicht wirklich schützen, durfte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ein Facharzt für Hygienemedizin klar sagen, dass diese Aussagen nicht stimmen würden. Und durfte demonstrieren, wie man die Masken sachgerecht benutzt.

Natürlich mit dem den Bericht abschließenden Hinweis, dass es keine Atemschutzmasken mehr für Normalsterbliche zu kaufen gibt.

Deutschland hat keinen Plan. Deutschland verwaltet allenfalls medizinischen Mangel in einer Pandemie-Situation.

2020-03-07

Merci!

Solll ich, lieber Diätfutterbeauftragter, von Shiina ausrichten.
Und von mir sowieso!



Sie – sieht man im Foto – ist schon ganz schmal geworden …! Nein, ein Scherz aber sie hat wirklich schon etwas ihr Gewicht reduziert und ist deutlich leichter, wenn man sie auf dem Arm nimmt. Sie hat halt wirklich auch das Pech – bei ihrem Fell – dass man es ihr nie ansieht!

Also … dankeschön!