2013-05-24

Schweden

Seit Jahren erklären mir die hiesige Regierung als auch die hiesigen Medien: in Schweden wäre alles so toll. Kinderbetreuung: toll. Das Leben von Alleinerziehenden: toll. Die Arbeitssituation: toll. Der Alkoholkonsum: toll. Die Alkoholsteuer: okay … kann ja nicht alles perfekt sein. Die Schulsituation: toll. Die Ausbildungssituation: toll. Migrationsprogramme: toll.

Nur, wenn sich in Schweden Jugendliche und Jugendliche mit Migrantenhintergrund schwerste Straßenkämpfe liefern mit den üblichen für Ordnung sorgenden Gewalten, wird es erstaunlich leise im Blätterwald und auch die Politik übt sich in verlegenem Schweigen.

So langsam beginnt das große europäische Märchen zu glühen … zu verglühen.

2013-05-23

Bei modulor …

modulor (professioneller Bastellladen insbesondere für Designstudenten die Muss-Adresse in Berlin) liegt lediglich 200 m von meiner Wohnung entfernt. Dort erstand ich den Hasendraht für die Katzentür. Und kaufe wöchentlich die Spanngummis für dieselbe nach.

Heute bin ich dort wieder aufgeschlagen, weil die alten Gummis mal wieder „peng” und „zong” gemacht haben. Außerdem hoffte ich dort (weil immerhin ein Nähinstitut angeschlossen ist, es dort also auch Stoffe und Nähutensilien gibt) Schnittpapier zu bekommen. Negativ. Ich unterhielt mich ein bisschen mit einer sehr netten Verkäuferin, die mir lieber (sauteure) Blaupause verkaufen wollte aber nur weil wir uns missverstanden.Wie auch immer: Schnittpapier war nicht.

Schlussendlich bin ich dann noch einmal ins Nähstudio in der Hoffnung die Lehrerin wüsste vielleicht, wo das noch liegen könnte. Ich traf auf eine sehr fröhliche strahlende große Schwedin bei der ich sofort einen Nähkurs buchen wollte, alleine wegen ihrer guten Laune, die mir dann sehr pragmatisch auf braunes Papier zeigend erklärte: „Du, wir nehmen da immer nur Packpapier. Das findest Du den Gang runter links.”

Packpapier! Da kosten zehn Meter mal einen Meter knappe drei Euro. Meine in Zukunft zu nähenden Röcke pfeifen doch auf weißes Papier. Mal ehrlich, hat die Frau Recht?

Bin dann weitergezogen und über die neue Austellfläche mit Lampenschirmen gestolpert. Man kann dort für vergleichsweise wenig Geld nun Drahtlampengestelle erwerben und die selbst mit Papier oder Stoffen, Gipsarbeiten oder whatever selbst gestalten. Da mir nach wie vor noch die Lampe im Wohnzimmer fehlt, habe ich mich für eine dort hängende Variante entschieden für die man zwei Vierecke verschoben übereinander legt, so dass ein Stern entsteht. Und aus einem x-beliebigen leicht fallenden Stoff einen Kreis schneidet, in der Mitte ein Loch für die Fassung und schwups hängt er in sehr aparten Falten als Lampenschirm. Kann man nach Jahreszeiten wechseln. Oder nach Laune. Meinethalben auch nach dem Zyklus. Oder zu- und abnehmenden Monden.

12 Euro ohne Stoff für zwei Gestelle. Stoff gibt es morgen für maximal drei Euro auf dem Markt. Fassung hängt ja. Günstiger als die unliebsam in engeren Wahlen aufgenommen Ikea-Modelle, die hier alle nicht wirklich gepasst hätten …

Und ein tolles zwei Meter langes und einen Zentimeter dickes Filzband entdeckt. Finden alle drei Katzen göttlich. Ist nämlich lang und sehr leicht im Flug …

… ein sehr gelungener modulor-Abend.

2013-05-22

Stehe eben …

… bei Kaiser's (nicht meine Apostrophidee!) an der Bäckertheke und gucke gemütlich auf eine Waschmaschine, die im Hintergrund läuft. So schön mit schaumigen Wasser, das immer wieder an der Fensterscheibe hochtanzt – nur dass das Bullauge groß und eckig ist.

Waschmaschine? Denke ich und langsam dämmert mir, dass hier irgendwas nicht zusammen passt. Ich will schließlich Kaisers's (Hah!) Kruste und nicht gekochte Wäsche. So sehe ich zum ersten Mal, dass sich diese Öfen, die die dort installiert haben offensichtlich voll automatisch reinigen. Mit Wasseranschluss und Schaumreiniger.

Fehlt nur noch der Bäckermeister im engen Tanga lasziv die Scheiben polierend.

Strange! Was es nicht alles gibt.

2013-05-20

So einfach ist das.

Den Bruder angerufen und zum Geburtstag gratuliert. Der mir erzählt, seine Tochter, meine Nichte, 11, hätte „Herzlichen Glückwunsch” zu ihm gesagt. In ihrer eigenen Sprache. Da hätte er geweint.

Meine Nichte wird nie in der hiesigen Sprache „Herzlichen Glückwunsch” sagen können. Und sie tut es dennoch. So einfach ist das nämlich.

Wir pfeifen in dieser Familie auf die Normen!

2013-05-14

Es gab heute …

Milchreis. Mit Apfel- oder Rhabarberkompot. Und Kartoffelpuffer. Morgen gibt es Bootsfahrt. Auf Kasse.

Nicht fragen.*

(*Ging so. Nicht so schlimm, wie befürchtet – aber ausreichend ulkig.)

2013-05-13

So kurz …

… vor der morgigen Einweisung in eine Klinik, habe ich derzeit dieses eine Problem: das Gefühl nämlich, mir würde es super gehen. Das ist natürlich eine impertinente Lüge und lediglich äquivalent zum altbekannten Phänomen „Zahnschmerz, der wie von selbst verschwindet, hat man endlich den Zahnarzttermin und sitzt man auf dessen Behandlungsstuhl.”

An der Stelle bleibt mir natürlich die Vermutung auszusprechen, dass wir womöglich enorm viel Geld diesem Gesundheitssystem ersparen könnten, bekäme man deutlich schneller Arzttermine oder Plätze in Kliniken zugewiesen? Oder auch nicht.

Whatever. Ich bin ein bisschen angespannt, zickig, übellaunig, ängstlich, sorgenvoll und griesgrämig. Ich habe heute früh, als ich einen Termin absagen musste und mir anhören musste, das sei jetzt aber doof, richtig rumgepflaumt. Laut. Tue ich sonst nie. Fühle mich dummerweise jetzt auch nicht besser, sonst würde ich das Rumpflaumen sehr gerne in mein Repertoire aufnehmen. Beziehungsweise das Rumpflaumen selbst fand ich total super – aber dass man damit eine andere Person klein macht, ist unangenehm im Nachgang und ist auf jeder Ebene verbesserungswürdig.

Pflaumen. Kann es sein, dass heute ein Tag ist nur für Milchreis mit Zucker, Zimt UND Pflaumenkompott?

2013-05-12

Bundestagswahl

Seit Jahren gehöre ich zu den Wählern in diesem Land, die längst schon nicht mehr mit voller Überzeugung einer Partei die Stimme geben können. Seit Jahren wähle ich nur noch das kleinere Übel.

Das werde ich in diesem Jahr erstmals nicht tun. Ich werde zur Wahl gehen. Und werde meinen Stimmzettel ungültig machen.

Meine Stimme ist eine wichtige Stimme und diese hat keine dieser Parteien verdient. Und ich möchte nicht mehr zurückbleiben nach einer Wahl und die folgenden vier Jahre ein schlechtes Gefühl mit mir herumtragen, wie ich es seit mindestens zwanzig Jahren nur noch tue.

Deutschland, ich winke dankend ab!

[Edit: Ich habe dieses Vorgehen für mich vor ca. drei Tagen entschieden. Mich erstaunt wie groß die Änderung in meinem Alltag ist, die ich dadurch erfahre. Ich weiß, ich kann den Wahlkampf, das leere BlaBla ignorieren; die immer wiederkehrenden Lügen werden mir dieses Mal nicht erzählt, weil ich nicht hinhören muss und erstaunlich schnell nicht mehr tue. Wer mich kennt, weiß, dass ich sicher alles, nur kein unpolitischer Mensch bin. Dieser Mensch fühlt sich seit drei Tage frei und fähig entspannt durchatmen zu können, weil ich das kommende Schmierentheater abgewählt habe. Mittlerweile bin ich fast positiv gestimmt (den persönlichen Umständen angepasst.) Das tut merkwürdig gut, diese meine Bürgerpflicht bewusst an den Nagel zu hängen.]