Die Basilikata fliegend erleben mit dem Volo dell'Angelo
Ich hatte zwei tolle und sehr luftige Erlebnisse in den Bergregionen der Basilikata. Am ersten Tag führte uns Ivana Scilipoti nach Castelmezzano und Pietrapertosa. Beide Orte liegen in den lukanischen Dolomiten und sind mit zwei (!) Ziplines verbunden. Natürlich heißt das hier nicht schnöde Zipline, sondern mit typischer italienischer Romantik: Volo dell’Angelo – der Engelsflug.
Der Volo dell'Angelo – hier fliegt ihr doppelt und lange!
Die Besonderheit: Wer will, kann hier gleich zwei Mal fliegen – und legt insgesamt knapp drei Kilometer als fliegender Engel zurück! Und das in einer bezaubernden Landschaft mit hohen Bergen und tiefen Schluchten:
Im Vorfeld unserer Pressereise wurden wir natürlich gefragt, ob wir damit auch fliegen möchten. Nach meiner sehr guten Erfahrung im Piemont mit meinem Zipline-Flug, der mich (das sollte sich allerdings erst später zeigen) tatsächlich von meiner Höhenangst geheilt hatte, habe ich sofort zugesagt – und mich von dem Moment an meiner Vorfreude hingegeben. Vor Ort stellte sich heraus, dass ich die einzige Teilnehmerin war, die fliegen wollte.
Castelmezzano liegt auf ca. 750 Metern Höhe. Ein sehr hübsches und farbenfrohes Dorf in dem man einige Stunden verbringen kann – auch ohne die fliegende Attraktion zu buchen. Die anderen Presseteilnehmer hatten auch eine gute Zeit und schöne Aussichten, während sie auf mich warten durften und in der Zeit die eine oder anderen Attraktion öfter besucht.
Die Station, an der wir von dem freundlichen Team zum Abflug präpariert wurden, liegt indes auf 1019 Meter Höhe. Dazwischen lagen ein Ticketkauf in dem kleinen Ort, eine kurze Fahrt mit dem Shuttlebus – und dann der Aufstieg in den Berg zur Abflugstation auf einem gut präparierten Schotterweg.
Muss denn immer der Weg das Ziel sein?
Sagen wir es so, den Volo dell’Angelo erarbeitet man sich hier mit viel Schweiß. Der Aufstieg der Peschiere-Linie hat es durchaus in sich. Der Weg ist hervorragend ausgebaut und zwischendurch schenkte er uns auch die eine oder andere flache Schleife und immer tolle Aussichten in zirpender und duftender Natur. Aber zwischendurch muss man sich hochkämpfen. Ende September kann man hier durchaus noch Außentemperaturen um die 30 Grad haben. Und ja, es war sehr warm, die Sonne leuchtete uns intensiv den Weg zum Fliegeglück und ab und an (ständig) war ich wirklich am Schnaufen.
Tatsächlich hatte ich nach den nur ersten dreißig Metern gedacht: „Nein! Mache ich nicht! Ich drehe mich um und fahre mit dem nächsten Shuttlebus zurück!” Mich beschlich ein leichtes Verständnis für die eine teilnehmende Bloggerin unserer Reise – die dieses Erlebnis schon früher einmal erleben durfte – es nicht noch einmal tun wollte. Es lag eher nicht am Flug!
Auf diesem Foto sieht man einen Teil des Weges – ganz oben ist die Station. Und bevor man dieses Foto (keuchend und durchgeschwitzt) machen kann, hat man schon eine gute Anhöhe hinter sich gebracht:
Auf dem Weg und am Leben erhalten hatte mich dann die Erkenntnis, dass es den anderen Passagieren, die mit mir in dem Bus saßen – und um einiges jünger waren als ich – genauso keuchten und ihre Pausen brauchten. Und wir alle viel, viel Wasser unterwegs. Das wäre mein unbedingter Tipp: Nehmt auf jeden Fall immer eine Flasche Wasser mehr mit, als ihr denkt, dass ihr sie brauchen werdet. Was von unserem Leid aber durchaus ablenkte, die Aussicht:
Mich packte dann auch der dumme Ehrgeiz, nachdem ich eines der jüngeren Paare überholt hatte, wollte ich mich auch nicht mehr überholen lassen von ihnen. Das macht die Sache für mich auch nicht entspannter.
Oben angekommen, konnten wir uns erst einmal akklimatisieren und uns über unser erlebtes Leid austauschen. Wir guckten uns in die hochroten Gesichter, stöhnten und schnaubten gemeinschaftlich. Von Trinkpausen unterbrochen.
Dannk wurden wir mit Haarnetz und Helm ausgestattet, unser Gewicht erfragt – bei 180 cm und 80 Kilo heißt es dann über das Walkie-Talkie an die Bodenstation „Una donna grande”. Prompt wird man in den Sicherungsuit gesteckt, an das Seil gehängt und bekommt demonstriert, wie wir die Arme zu halten haben (dicht am Körper). Ab geht die Reise mit einem herzlichen „Bon Volo!”
Ein Erlebnis – unbezahlbar!
Bon Volo! heißt, ich flog 1.452 Meter nach Pietratosa mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 120 km/h. Diese Strecke ist eine der längsten Ziplines in Europa – und das wunderschöne Gefühl ist langanhaltend, die Blicke über die Schluchten mit ihrem satten Grün und der Blick auf Pietratosa atemberaubend. Es ist absolut verständlich, wenn man zwischendurch „Juchu!!!” schreit oder laut „Wow!” denkt. Ein riesengroßer Genuss und das Erlebnis machte mich sehr frei im Kopf und glücklich im Herzen.
Tipp: Sich mehr Zeit in Pietratosa nehmen
Drüben in Pietratosa angekommen, kann, wer mag, für kleines Geld sich ein paar Fotos aussuchen, die auf der Station beim Reinflug von uns aufgenommen wurden – sie werden einem dann per E-Mail zugeschickt. Hinter der Station sammelte uns ein neuer Shuttlebus wieder ein und fuhr uns ins Dorf. In Pietratosa folgt man den kleinen Gassen zur zweiten Abflugstation (wer will).
Auch hier geht es die Straßen und Treppen herunter und wieder hoch. (Über Barrierefreiheit brauchen wir nicht spekulieren.) An dem Berg ist es ein sehr hübsches, freundliches kleines Dorf – und ich wäre hier sehr gerne noch etwas länger geblieben, aber in Castelmezzano warteten schon die Anderen und das Mittagessen auf mich.
Also ging ich auch hier einen letzten kurzen, dafür wieder steilen Aufstieg (befestigte Straße mit Stufen) zur Station, wo uns das gleiche Anzugsszenario wieder erwartete. Aber die freundlichen Mitarbeiter haben eine Ahnung, was ihre Kund*innen gerade hinter sich haben und signalisieren, dass man sich ruhig Zeit nehmen möge. Ich folgte dann einem kleinen Weg mit dem persönlichen Aufhängegewicht unter dem Arm (Una donna grande!) zur Abflugstation.
Der Rückweg der San-Martino-Line ist etwas kürzer. Wir starten in 1020 Meter Höhe und kommen nach 1415 Metern bei ca. 110 km/h auf 859 Meter wieder an. Diese Strecke führt mehr über die Dörfer – hat also auch ihren sehr berechtigten Reiz. Auch hier sammelt ein Shuttlebus die Verrückten, die das Adrenalin glücklich grinsen lässt, wieder ein und bringt sie zurück zum Parkplatz nach Castelmezzano kurz vor dem Dorfeingang.
Es war so toll! Diese Flüge sind grandios, weil eben so erstaunlich lang. Die Glückshormone, die man dabei ausschüttet, halten sehr lange an. Die Aussichten, die man bei den Flügen hat, sind sensationell. Und alleine, dass man nach dem ersten Flug weiß, dieses Erlebnis gleich noch einmal haben zu dürfen – das ist ein unfassbares Vergnügen!
Im Spätherbst und Winter ist Pause!
Die Flüge des Volo dell’Angelo finden von Mai bis November statt. Sie sind die Haupteinnahmequelle der Ortschaften – und daher gut nachgefragt. Die meisten der mit mir fliegenden Personen kamen z. B. aus der Nachbarregion Apulien. Der Volo dell’Angelo ist also durchaus auch außerhalb der Basilikata bekannt. Man sollte, wenn irgendwie möglich, sich seine Flüge rechtzeitig (online) reservieren und sich in der Hauptreisezeit auf Warteschlangen einstellen. Tatsächlich werden mit Ticketkauf auch etwaige Abflugzeiten auf die Tickets händisch geschrieben als Richtwerte, um einen guten Zeitablauf für alle Teilnehmer zu garantieren.
Jetzt im Herbst, im September und mitten in der Woche, sowie relativ früh am Morgen bin ich gut – heißt ohne lange Wartezeiten – durch beide Flugerlebnisse durchgekommen. Man kann die Flüge alleine erleben oder als Paar. Man wird liegend fliegen – und es sind einige Richtlinien hinsichtlich der Kleidung (z. B. kein Tank Top, Rucksackgröße eher klein und leicht), des Alters und Körpergewichtes zu berücksichtigen.
Alle Informationen zum Volo dell’Angelo, den ich als ein traumhaft schönes, das Leben durchaus bereicherndes Erlebnis empfunden habe und somit empfehlen würde, findet ihr auf der offiziellen Homepage. Wenn ihr beide Flüge machen möchtet, kalkuliert ungefähr einen halben Tag Zeit ein. Zusammen mit all den organisatorischen Stationen etwas Wartezeit und die Aufsstiege berücksichtigend.
Ach ja, die Anreise erfolgt mit dem eigenen Auto oder einem Bus, eine Linie, Sita, fährt ab Potenza nach Castelmezzano. Eine andere, Renna, ab Potenza nach Pietrapertosa.
Adressen
Tourismusverband: Entdecke Basilikata!
Volo dell'Angelo: Homepage
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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