2012-11-29

Unterm Strich …

In der Sendung 37 Grad am 27. November 2012 werden zwei Töchter mit ihren Müttern vorgestellt. Beide Töchter arbeiten bzw. arbeiteten als Sexarbeiterinnen, die Sendung setzt sich insbesondere mit den Gefühlen der Mütter zu den Jobs ihrer Töchter auseinander. Eine der Frauen arbeitet in der Herbertstraße. Sie wirkt visuell relativ verunstaltet nach mehrfachen Brust-OPs und aufgespritzten Lippen und bedient dabei so typische Klischee einer Sexarbeiterin im Millieu mit großer Hingabe. Die andere, ehemals als Escort-Girl oder -Lady arbeitend, wirkt dagegen ganz natürlich, fast bieder bis langweilig. In letzterem Fall kommt es zu einem Wiedersehen mit der Mutter nach über zehn Jahren und nachdem die Tochter aus diesem Beruf ausgestiegen ist. Gerade diese Frau geht sehr offensiv mit ihrem Beruf um und begreift ihr „Outing” als guten Schritt hinsichtlich ihrer persönlichen Entwicklung, weil sie Heimlichkeit und gesellschaftliche Ablehnung gegenüber den Frauen, die diesen Beruf ausüben, als den eigentlichen Makel aus dieser ihrer persönlichen beruflichen Zeit versteht.

Es gab schon bessere Sendungen aus diesem Format. Unterm Strich aber begegnet man zwei Frauen, die ihren Beruf mit einer selbstbestimmten Selbstverständlichkeit ausüben.

Eine der Frauen, unter dem Pseudonym Vanessa Eden arbeitend, hat mittlerweile ihr Abitur nachgeholt und studiert Psychologie. Sie arbeitet selbst nicht mehr als Escort-Lady und erscheint in dem Format offen und souverän, ein wenig zu abgeklärt, als sie auf ihre Mutter nach der langen Zeit trifft. Sie coacht heute Frauen, die den Beruf im Escortbusiness ergreifen wollen und wird im Februar kommenden Jahres hierzu einen Ratgeber veröffentlichen. Markus Lanz bietet ihr in seiner dem Format folgenden Sendung an, in der sie teilnimmt, dann wieder mit ihr sprechen zu wollen – man kann ihr nur herzlich wünschen, dass dies nicht geschieht.

In dem Gespräch, dass sie mit Markus Lanz führt, beantwortet sie offen und positiv alle Fragen und verweigert sich direkt den Versuchen des Moderators, sich auf die Stufe seiner biederen Ansicht zu diesem Beruf ziehen zu lassen. Wurde jemals Markus Lanz in all seiner Inkompetenz und Pseudoneutralität gnadenlos vorgeführt und das mit erstaunlicher Frische, gelassener Souveränität und Liebenswürdigkeit, dann von dieser junge Frau, die in dem Gespräch ständig intellektuell unterfordert wirkt.

Man sollte ihr einen Moderatorinnenjob anbieten. In einer Talkshow. Einer mit Tiefgang.

3 Kommentare:

GSt hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
GSt hat gesagt…

Ab und an findet jeder seinen Meister ;)

Scholli hat gesagt…

Dass Du Dir den angucken kannst... Ich bekomme sowas gar nicht mit, weil ich den nicht ertrage. Also den Lanz. Jetzt finde ich das zum ersten Mal fast schade.

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