Kleine Änderung
Den inflationär häufig ausgestrahlten Werbespot (dem einen von den momentan massenhaft im Fernsehen beworbenen Medikamenten gegen Sodbrennen) für das Medikament „Antra“ von Bayer Vital gegen Sodbrennen hat man dieser Tage unauffällig im Text korrigiert neu aufgelegt.
Während in der früheren leicht antiquiert Version der schnittige junge Chef seiner älteren, auf old fashioned getrimmten Sekretärin (vermutlich wollte man mit diesem Muster den mütterlich besorgten Habitus der Frau besonders herausstellen *seufz*) frisch motiviert zuruft, „sie solle den Arzttermin nun wieder absagen, denn nun hätte er das supi-dupi wirkende Hilfsmittel seiner Wahl für sein Problem mit der aufsteigenden Magensäure“, geht es in der tonal neu gestalteten Variante nur noch darum, dass er jetzt nur kein „Rezept mehr vom Arzt für das Sodbrennen-Mittel bräuchte, denn es gäbe ja jetzt das rezeptfreie Produkt in der Apotheke.“ Das visualisiert die Abwahl der ärztlichen Notwendigkeit natürlich etwas unauffälliger.
Ja, was ist denn hier passiert?
Meine Vermutung: Da hat die Lobby der deutschen Ärzteschaft Bayer deutlich auf die Füße getreten und die Möglichkeit, „wenn Ihr uns so offensiv als unnötig bewerbt, dann können wir völlig entspannt künftig ausschließlich die Medikamente der Konkurrenz verschreiben“ dem Hersteller in Aussicht gestellt. Das könnte wohl dem Pharma-Riesen ganz schön weh tun.
Vielleicht haben aber auch nur die an unserer Gesundheit tatsächlich noch interessierten Gesundheitsverbände ihr Veto erhoben, denn über eine längere Zeit auftretendes Sodbrennen kann sehr wohl ein dringendes Alarmsignal für ernsthafte Erkrankungen im oberen Gastro-Intestinal-Trakts sein – das gehört insbesondere ab einem bestimmten Alter tatsächlich erst einmal abgeklärt.
Also beim Auftreten von Sodbrennen: Kaffee von der Liste streichen, Zigaretten und Alkohol sowieso, Diät leben und mal einen Takt runter schalten. Wenn's dann besser wird, weiß man, dass man an dem Symptom selber schuld ist. Wenn das Sodbrennen nicht aufhört, schnellstens zum Arzt gehen – und sich eben nicht nur mit einem Medikament abspeisen lassen. Sehr wahrscheinlich hätten wir in Deutschland ein paar Speiseröhren- und Magenkrebstote weniger, wenn man die ersten Symptome sich nicht werbebeinflusst einfach wegschminken würde.
Und was lernen wir aus dem Spot sonst so?
Der Jungmanager von heute findet zwar den Weg in die Apotheke, ist aber a) zu feige zum Arzt zu gehen und b) zu doof, um selbst für sich einen Termin auszumachen.
Das Modell Sekretärin way back 1965, das dort verkörpert wird, habe ich im realen Leben schon seit ewigen Zeiten nicht mehr aktiv erlebt. Und das ist auch gut so.
6 comments:
Besonders lecker ist auch in diesem Zusammenhang die Selbstmedikation mit OMEP.
Da treibt man Teufel mit Beelzebub aus, Sodbrennen ist zwar weg, dafür hat man hinterher Schäden an Augen und Knochen.
Aber was solls, was anderes wird das dann schon wieder richten... usf...
Ich krieg die Krise bei soviel Gesundheitsvorsorge.
bel
Antra ist alles andere als harmlos. Vor etwa 20 Jahren durfte ich dessen Nebenwirkungen erfahren. Ein Witz, dass so etwas aus der Rezeptpflicht entlassen wird.
@bel
Antra ist Omeprazol!
Gerade Sodbrennen ist – sofern keine ernsthafte Krankheit vorliegt – ein Warnsignal für schlechte Lebensweise. Mir ist nicht klar, warum man bei einem solchen Symptom überhaupt mit Medizin reagieren sollte. Da tut Änderung des Lebenswandel not.
@lamiacucina
Das tut mir sehr leid zu hören, kann ich mir aber gut vorstellen.
Mich erstaunt zunehmend, welche Medikamente hierzulande immer mehr als rezeptfrei gelten, die früher schlicht rezeptpflichtig waren. Zum Beispiel Cortison …
'tschuldigung, daß Antra OMEP ist, meinte ich ja, hab ich mich mistverständlich ausgedrückt.
Ist doch der Hammer, wurde übrigens auch vonner ÖKOtest *bauklötzestaun* als sehr gut getestet und empfohlen.
bel diagnostiziert akutes Porzellanmangelsyndrom. (zu gut deutsch: nicht mehr alle Tassen im Bord.)
@ creezy: wann gehen wir mal Frau Behrens und ihre Torten besuchen? Jobbe z.Zt bis 17 uhr
gruß bel
Ich würde gerne mal die Evidenz der von der Auorin empfohlenen Verhaltensänderungern erfahren. Nach den S3-Leitlinien zur Therpie der Gastroösophagealen Refluxkrankheit ist lediglich Konsens der Experten, dass Intoleranzen gegenüber bestimmten Nahrungs- und Genussmitteln sind zu berücksichtigen sind. Studien, die Faktoren für einen Erfolg von Verhaltensänderungen zeigen, fehlen.
Dass früher rezeptpflichtige Medikamente aus der Verschgreibungspflicht fallen ist ein normaler Vorgang. Denn die Bewertung, die vom BfArM vorgenommen wird, ist eine reine Risikobewertung. Die Frage ist, ob die Diagnose und Überwachung der Anwendung des Arzneimittels durch den Arzt notwendig ist. Kriterien:
- Direkte Gefährdung (Nebenwirkungen usw.)
- indirekte Gefährdung (Maskierung von ernsten Grunderkrankungen, usw.)
- Selbstdiagnose (richtiges Deuten durch den Verbraucher, usw.)
Eine positive Bewertung kann es daher nur geben wenn im Laufe vieler Jahre Erfahrungenn und Studienm gesammelt werden. In den 80er Jahren sind viele "Blockbuster" auf den Markt gekommen, wie die PPIs. Daher ist es verständlich, dass nun, 20+ Jahre später, bei einer Reihe von Wirkstoffe der switch aus der Verschreibungspflicht zu beobachten ist.
@anonym/Wolf
Nach den S3-Leitlinien zur Therpie der Gastroösophagealen Refluxkrankheit ist lediglich Konsens der Experten, dass Intoleranzen gegenüber bestimmten Nahrungs- und Genussmitteln sind zu berücksichtigen sind.
Das ist lediglich der Konsens der Experten bei der nichterosiven Refluxkrankheit.
Im Vorfeld merkt die LL unter der allg. Symptomatik sehr wohl an:
Die Beschwerden werden oft ausgelöst oder verstärkt durch: Essen, längeren Nüchternzustand, süße Speisen, Alkohol, gebückte Körperhaltung, Liegen.
Wer braucht da allen Ernstes eine Evidenz, um nicht von alleine auf die Idee zu kommen, dass man bei auftretenden Beschwerden sich selber Gedanken um sein Lebensstil machen sollte und noch bevor der Arzt die üblichen Diätmaßnahmen fordert, damit schon mal damit von ganz alleine anfängt?
Es gibt schon noch Menschen geben, die es schaffen auch ohne Evidenz um die Ecke zu denken.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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