2008-10-24

Idiotentest

Wir sitzen mit dem Freund im spanischen Restaurant, er ist gebürtiger Brasilianer, lebt seit Jahren in Berlin und erzählt im Laufe des Abends mit einem strahlendem Lächeln, er habe jetzt einen deutschen Pass. Und er hätte diesen Einbürgerungstest gemacht. Und 99 Prozent der Fragen richtig beantwortet. Er sei abschließend zu einem Gespräch gebeten worden und der Gesprächspartner hätte zu ihm gesagt: «Herr H. Sie haben 99 Prozent der Fragen richtig beantwortet.» Der Freund erzählt mit seinem strahlenden Lachen wie er da saß, sich über sein hevorragendes Ergebnis freute und antwortete «99 Prozent? Das ist ja toll!» Sein Gesprächpartner aber antwortete: «Nein, das ist nicht toll. So ein Ergebnis hatte noch niemand bisher und wir gehen davon davon aus, dass Sie dabei betrogen haben. Sie müssen den Test noch einmal unter Beobachtung machen.»

Der Mann spricht acht Sprachen, lernt zur Zeit nebenbei noch Schwedisch («… und Norwegisch, die Sprachen sind sich so ähnlich, kann ich gleich mitmachen.»). So hat sich das Bundesministerium des Innern das mit dem Einbürgerungstest vermutlich nie vorgestellt, dass tatsächlich intelligente kultivierte Menschen nach Deutschland kommen und ein immens hohes Interesse und Spaß an ihrer neuen Heimat haben könnten.

Ich war gestern sauer, als ich seine Geschichte gehört habe. Sie haben ihn nicht während des Tests angesprochen und vorgehalten, er hätte irgendwo abgeguckt. Es gab während des Testablaufs keinen Verdachtsmoment eines Betruges gegen ihn: außer ein zu gutes Resultat.

Er sagte nur lapidar «Ist mir egal, ich gehe da hin, mache den Test nochmal. Und dann mache ich 102 Prozent! Und zwar unter Beobachtung.» Und lachte laut und aufs Köstlichste amüsiert.

10 comments:

V[ee] hat gesagt…

Die Reaktion Deines Freundes bestätigt vollends das Testergebnis! Und zwar 102 Prozent! :-)

Gratulation!

Anonym hat gesagt…

Wird wegen Gutmütigkeit ausgebürgert. (Er hat die deutsche Mentalität nicht verstanden.)

Anonym hat gesagt…

Abgesehen davon, daß es in der Sache natürlich eine Riesenschweinerei ist (Kann man dagegen nicht klagen? Das wäre jedenfalls typisch deutsch!), würde mir ein Ergebnis von 99% richtigen Antworten auch sehr -- wie sagt man? Spanisch! :) -- vorkommen. Der Test hat 30 Fragen, eine einzige falsche Antwort, und Du bist bei 97%. Alle richtig sind 100%. Wie schafft man 99%? :-)

Anonym hat gesagt…

Das ist schon wieder so ein Moment, wo man sich richtig für sein Heimatland schämen muss.
Fürchterlich.

Schöne Grüße, er soll da bloß nicht sein Portemonnaie mit Monatskarte vergessen! :)

creezy hat gesagt…

@buntklicker

Klar kann man klagen, wie beim Asylverfahren. Da wird grundsätzlich abgelehnt, denn man vertraut , dass 50 % aus den unterschiedlichststen Gründen erst mal nicht klagen werden

Der Multiple-Choice-Test enthält 33 Fragen aus einem Katalog von 310 Fragen, von denen 17 richtig beantwortet werden müssen. Doch krumm geht.

Anonym hat gesagt…

Krumm geht, aber 99% geht nicht. Ausgeschlossen. Du hast recht, es sind 33, nicht dreißig. Aber es bleibt dabei: ~97% oder 100% richtig. (Oder weniger -- aber nicht bei Deinemm Freund. :) )

Vielleicht sollte der Freund erst den Test wiederholen (und bestehen), und danach den Sachbearbeiter vom ersten Mal wegen Verleumdung anzeigen. :)

Anonym hat gesagt…

Überrascht mich nicht, wahrscheinlich haben unsere Heimatschützer den Test selbst versucht und sind grandios gescheitert. Dass dann auch noch ein "Ausländer" 99 % schafft können unsere Beamte einfach nicht nachvollziehen...

creezy hat gesagt…

Ach so, Du glaubst 33 Fragen = 33 Punkte. Nee, so einfach bewerten die nicht (wir wissen nichts Genaues über den internen Punktevergabeschlüssel, soweit ich weiß, hat sich das BMI bisher nicht darüber ausgelassen), die werden sehr sicher intern einzeln beantworteten Fragen und deren Komplexität einen unterschiedlichen Punktelevel zuordnen. So wie auch bei der theoretischen Führerscheinprüfung, Zitat wikipedia:

Die theoretische Prüfung erfolgt meistens mit Fragebogen aus Papier, die nach dem Multiple-Choice-Verfahren beantwortet werden. Die Fragen setzen sich aus dem Grundstoff für alle Fahrerlaubnisklassen und dem klassenspezifischen Zusatzstoff zusammen. Die einzelnen Fragen sind je nach ihrer eingeschätzten Wichtigkeit mit zwei bis fünf Fehlerpunkten belegt. Beim Überschreiten der zulässigen Fehlerpunktzahl (z. B. zehn Punkte bei Klasse B) ist die Prüfung nicht bestanden, oder wenn zwei Fragen mit jeweils fünf Fehlerpunkten falsch beantwortet werden. Weiterhin wird die Prüfung bei Täuschungen oder Täuschungsversuchen als nicht bestanden gewertet.

Anonym hat gesagt…

Einfach unverschämt - führen eigentlich solche Anschuldigungen zu einer Ausbürgerung des Testers...? ...

Hanne aus Regensburg hat gesagt…

Eine Frage: Ist derartiges in anderen Tests möglich? Ich meine in Schulen, Unis ...? Aber derb ist das schon. In der Schule würde so was - wenn überhaupt - nur bei schlechten Schülern passieren. Der Mann wird doch im Grunde verdächtigt, blöd zu sein, weil er Ausländer ist. Insofern sicherlich ein Klagegrund wengen Rassismus. Oder sehe ich das falsch?
Gruß, Hanne

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