2008-08-09

Sichtweisen

Gestern haben wir – wie immer zum Abschluss eines Modules – uns die Projekte von allen angeguckt. Eine sehr nette Frau mit der ich jetzt das dritte Modul zusammen hatte, kommt aus >Kolumbien und ist Dokumentarfilmerin. Sie hat im Vorfeld eine Dokumentation über die Kindersoldaten von Kolumbien gedreht und Material aus diesem Film für ihr After-Effects-Projekt, ein Art Trailer, verwendet. Aufnahmen von Leichen. Gefolterte und ermordete Menschen, in einer Art zugerichtet, dass man den Mensch hinter dem Klops Fleisch nicht mehr als Mensch erkennen konnte, die Ahnung das muss mal ein Gesicht gewesen sein. Leblose Körper mit geöffneten ausgeschlachteten Brustbeinen. Entstellungen, die offensichtlich machen, dass der Tot eine Erlösung gewesen sein muss.



Im späteren Verlauf des Nachmittages Grillfest im Hof anlässlich der Sommerpause. Wir sitzen in lockerer Runde zusammen und reden über dies und jenes. Die Mitschülerin ging hier auf die Filmhochschule zur gleichen Zeit mit einer anderen Teilnehmerin (dieses Modul war, wie ich schon schrieb, Treffpunkt der Ehemaligen). Wir reden über die kulturellen Unterschiede in den einzelnen Ländern, sie erzählen sich über Mitschüler aus der FH-Zeit und kommen später zu denen, die ihren Abschluss knapp oder gar nicht erlebt haben, weil sie zu früh verstorben sind. Einer davon mit gerade begonnender viel versprechender Regisseurkarriere, hatte sich selber umgebracht. Ein Erlebnis, das die Kolumbianerin sehr berührt hatte, denn kannte überhaupt zwar aus ihrer Heimat, dass junge Menschen dort andere richten aber nicht sich selber. Ihr Leben zu früh einfach wegwerfen. Wir kommen zu dem Schluss, dass man in einem Land in dem man den Tag beginnt und nie sicher sein kann, ob man dessen Abend noch erlebt, weil dort für weniger als nur ein Glas Bier gemordet wird, dieses eine Leben wohl in einer ganz anderen Weise schätzen, als wertvolles Geschenk empfinden.



Gelernt, dass die Probleme, die wir hier als für uns manchmal zu groß und schwer empfinden an anderen Orten dieser Welt überhaupt keine sind. Deren Probleme beginnen viel weiter unten auf der Skala und sind tatsächlich von existentieller Bedeutung im ursprünglichen Sinn.

1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Leider sind Depressionen trotz moderner Medikamente immer noch sehr schwer zu behandeln und leider sind sie ein weltweites Phänomen. Vielleicht erscheinen sie in einem Land wie Kolumbien, in dem so viel Gewalt ist nebensächlicher und scheinen eher persönliches oder privates Unglück zu sein.

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