2008-06-18

Eben …

angefangen einen längeren Blogeintrag mit viel Nonsens schreiben zu wollen, bereits im zweiten Satz abgebrochen. Keine Lust. Warum auch? In Zeiten des alljährlichen wiederkehrenden Blogsommerlochs, dieses Jahr verstärkt durch die vielen Blogger, die nunmehr lieber auf Twitter-Turkey sind, fragt man sich für wen man eigentlich noch schreibt? Ist die Antwort ein ehrliches: für Dich, dann kann man in der Tat auch nur für sich schreiben. Da braucht man keine Sorge haben, abgemahnt zu werden. Oder irgendjemanden, der die Philosophie des Bloggens für sich noch nicht ganz begriffen hat oder dem des anderen Humor zu fremd ist, auf den Schwanz der Empfindlichkeit zu treten.

Ich indes teile gerne. Lieber Freude und Spaß als Leid, das ist klar. Dabei ist egal, wieviele lesen und kommentieren und ist es nur noch ein einziger Leser, dann ist genau der das wert, es immer weiter zu tun. Manchmal jedoch geht die Lust einfach flöten. Bei mir zur Zeit vor allem deswegen, weil ich selber leider kaum zum Lesen noch zum Kommentieren komme. Da merke ich, wie wichtig das Bloggen geworden ist und was für ein Loch es ins Leben reisst, wenn es sich – aus welchen Gründen immer – eine Zeitlang aus demselben zurück zieht.

Neulich las ich in den Kommentaren bei Patsy Jones als sie ihre (zum Glück nur kurze) Blogpause ankündigte im ersten Kommentar dieses ewig wiederkehrende «Das Leben ist wichtiger!». Nebenan rät ein Journalist in seinem in Blogkreisen viel diskutierten Schreibdingsda über das Bloggen überheblich therapeutisch abschließend «Im Übrigen empfehle ich Menschen, sich nicht mehr als 30 Minuten täglich mit Blogs zu befassen. Das Leben ist draußen.»

Umgekehrt wird der Schuh aber erst zum Paar, denn wer sein Leben nicht lebt, hat gar nichts zu bloggen!

Und um auf solch einen Spruch von Thilo Baum noch mal einzugehen, ich arbeite mit Computern seit meiner Ausbildung 1986, tippte damals die OP-Befunde auf einem Schneider-PC – damit war ich damals die Sensation in der Berufsschule. Ich war 1988 eine der ersten Frauen in Deutschland, die Macs verkauft hat (ja wir waren noch etwas rar gesät zu dieser Zeit), die Firma in der ich ab 1994 wieder arbeitete war einer der allerersten ISPs in Deutschland, unser Geschäftsführer hat, von Pixelpark für die ersten Monate des Projektes eingekauft, Wildpark hochgezogen. Ich kenne das Internet noch aus Zeiten, als jeder große Apple-Händler gerade zwei Apple-Link-Mailadressen zugeteilt bekam.

Meine Generation ist die erste Generation, die mit Computern und dem Internet leben und zwar seit frühester Zeit damit Geld verdienen, ihre Kreativität damit entdecken, ausleben, Wissen teilen, Wissen aufnehmen; das Schlechte, dass das Web mit sich bringt sehr wohl sehen, verhindern, kämpfen, forschen, entwicklen, kommunizieren, teilen – und bloggen. Rechner und Internet sind unser Leben. Ein Leben «da draußen» indes hatten wir immer. Wer allen Ernstes glaubt, dies ließe sich für Menschen wie uns mit unserem Bildungsgrad und selbstgewählten beruflichen Lebensweg trennen, denkt völlig irrational dieses Thema betreffend. Oder lasst es mich höflich abmildern: hat keine Ahnung und Vorstellung! Der hat nur sehr wenig verstanden von der Zeit in der wir leben. Und hat offensichlich auch nur wenig Ahnung von den Menschen, die ihn umgeben. Hier in diesem Internet.

Mögen sich künftig die Menschen ihre Sprüche à la «Get a Life!» verkneifen, sich auf die Zunge beißen, bevor sie ihn aussprechen oder alternativ ins Internet schreiben, wo dann alle Menschen mitbekommen, wie sich der Autor gerade selber demontiert – sofern er selber bloggt, könnte man sogar schreiben sich diskreditiert.

Der Witz dabei: gerade in den letzten Monaten habe ich viele bloggende Menschen in diesem sogenannten Leben «da draußen» getroffen über deren Einzug in meinem Leben ich mehr als froh bin, deren Kontakt ich um nichts in der Welt mehr missen möchte. Mir sind bis dato in noch keiner Kommunikationsform des Internets soviele Menschen begegnet, die großes Interesse haben, die Vertreter der Bloggs, die sie lesen auch persönlich treffen zu wollen, dies mit Freude und völlig unverkrampft tun und in den meisten Fällen begeistert wieder auseinander gehen, um weiter deren Bloggs zu lesen, zu kommentieren, sich wieder treffen – also miteinander leben auf allen Ebenen. Eine gewisse Soialverträglichkeit gehört da natürlich dazu. (Ja. Witzigerweise bringen PC-Nerds davon mehr mit als so mancher Schubladendenker es sich vorzustellen vermag.)

Aber vielleicht muss man wirklich echtes Multitasking können, um im Internet zu bloggen und dieses Leben «da draußen» zu haben. Allen Menschen, die sich damit noch schwer tun, wünsche ich viel Kraft, Intelligenz und Kampfgeist!

15 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Geht mir genauso, diese Blogunlust zur Zeit. Es gäbe zwar genug Themen, über die ich bloggen könnte, nur die Leidenschaft fehlt einfach. Aber ich bin sicher, das geht vorbei; bis dahin erlebe ich einfach das Leben da draußen, dann ergibt sich ganz von allein neuer Blogstoff.

Anonym hat gesagt…

Nichts muss, alles kann. Solange DU kannst, lese ich hier gerne weiter.

Auch wenn ich nicht immer kommentiere, lese ich alle deine Artikel. Alle!

Und sollte es Menschen geben, die nur dann bloggen, wenn ihr Leben gerade mal sonst nichts hergibt, ist das zwar auch legitim, aber schon bezeichnend.

Anonym hat gesagt…

So ein Blogloch, da fiel ich jüngst auch hinein. Verbuchte das unter normalen Turbulenzen, weil Anderes sich plötzlich schnell drehte, dahinraste und pochte, unter anderem das Herz ;-)
Ich kenne nichts so Unblogbares wie die Liebe.
Und bin nun neugierig, wie sich die Blogpause niederschlagen wird: bis jetzt hab ich da jedesmal Inspiration draus gezogen.
Zu allem anderen, das unterschreib ich sofort und schließe mich Kosmars "Gefangen im Digital" bei den Blogpiloten an.

tyndra hat gesagt…

also ich sehe auch oft den erhobenen zeigefinger zu ebendieser augenbraue und eine leicht mitleidige belehrende stimme sagt dann: "das leben muss so oder so sein".

ich finde, dass dieses "echte leben" sehr schön mit dem "virtuellen leben" harmonieren kann. ich habe auch menschen kennengelernt, die ich "im echten leben" nie getroffen hätte. und menschen aus dem "echten leben" wiederum melden sich auch "im virtuellen leben" zu wort.

das problem liegt, glaube ich, immer nur im extrem.

und dass man manchmal mehr und ein andermal weniger lust oder ideen fürs bloggen hat, ist menschlich und normal. wir sind ja keine nachrichtenredaktionen oder unterhaltungsmedien. sondern immer noch menschen. zum glück.

danyo hat gesagt…

Der zweite Absatz spricht mir soooooo aus der Seele! Danke dafür =)

Anonym hat gesagt…

Ich lese hier nach wie vor mit Vergnügen, auch wenn ich mich auf die Zeit freue, wenns wieder weniger um Fußball geht... ;-)

Ralf

Anonym hat gesagt…

...wenn ein Blogloch solche Artikel auslöst, dann wünsche ich mir mehr davon... ;-)
Für mich darf es gern auch um Fussball gehen, mir gefällt deine Beschreibung von Gefühlen rundum den Ball.

Anonym hat gesagt…

"In Zeiten des alljährlichen wiederkehrenden Blogsommerlochs, dieses Jahr verstärkt durch die vielen Blogger, die nunmehr lieber auf Twitter-Turkey sind,..."

genau das habe ich die Tage auch mal gedacht. Die Kommentare in den Blogs gehen heftigst zurück seit viele lieber gleich twittern und wer twittert hat da genug zu tun den Überblick zu behalten und dort zu twittern, da bleibt dann weniger Zeit auch noch in Blogs zu kommentieren. Schade für diejenigen, die nicht bei Twitter sind - aber so ist das im Leben und je weniger Kommentare kommen, desto mehr freut man sich, wenn doch mal wieder welche "aufschlagen"

Im Übrigen erwäge ich gerade eine Sommerpause einzulegen. ;o)

Anonym hat gesagt…

schöner text, weil er so leicht daher kommt. irgendwo hast du mich ja auch angesprochen, möglicherweise, als eine, die zu empfindlich auf die bloggerei der anderen regiert. bloggen, heißt ja nicht nur schreiben, sondern auch und vor alem lesen. nachdenken und so weiter. bloggen kann ich prima. arbeiten am computer daheim gar nicht mehr so gut. aber da muss ich was finden, wenn das bein wieder o.k. ist.

Anonym hat gesagt…

wahre worte...die schlauen menschen, die auf da draussen verweisen, sollten mal überlegen, was da draussen eigentlich ist. da draussen isses oberflächlich -klar, nichts neues. und dort lernt man nur mit viel glück menschen kennen, die auf der gleichen wellenlänge liegen, die über das gleiche nachdenken und sich darüber austauschen.hätte ich nicht angefangen zu bloggen, hätte ich ewig gedacht: die normalen menschen sind überall, nur nicht da, wo ich bin....

Quintus hat gesagt…

Ich weiß nicht, ob es - zumindest für mich - ein Sommerloch ist. Eher geschieht sehr viel, allerdings so im Privaten, dass es nicht den Weg ins Blog finden kann.

Und auch die Kommentare halten sich derzeit in Grenzen. Eher ein "Ping! Bin noch da." Gelesen wird aber fleißig - auch hier :-).

So absurd wie es klingen mag, ich habe mittlerweile ein ganz privates Blog auf meinem Rechner für mich ganz alleine, bei dem ich auch als einziger kommentiere, wenn sich meine Einstellung geändert hat. Sozusagen Tagebuch 2.0. Meist kommentierter Artikel ist der, bei dem es darum geht, ob ich pragmatisch oder techniksüchtig bin ;-).

Anonym hat gesagt…

positiv gesehen trennt sich die spreu von der langeweile, respektive einfaltslosigkeit - oder so…

in diesem sinne: get a mähdrescher!

Anonym hat gesagt…

zum bloggen muss man auch echt in Stimmung sein. Sowohl das Schreiben als auch das lesen will dannwenn man es macht nämlich mit Hingabe gemacht werden.

Ich freue mcih, dass hier offensichtlich gegen den Sommerlochtrend gearbeitet wird. :)

Anonym hat gesagt…

Keine Angst, es lesen immer noch Menschen mit. Ich zum Beispiel :-)
Aber auch mir geht es so, dass ich kürzere Sachen, die ich sonst gebloggt hätte, mal eben einfach twittere. Und mich auch immer frage, ob ich "das Leben" nicht vernachlässige. Aber Bloggen und Twittern gehört momentan zu meinem Leben dazu, und da mich meine Autorentätigkeit eh am Rechner hält, fände das Leben draußen eh ohne mich statt ;-)
Und mir geht es ebenso, dass ich so viele nette Menschen aus dem Internet IRL kennengelernt habe.
Nachbarn kann man sich nicht aussuchen - mit wem man im Netz und darüberhinaus kommuniziert dagegen schon. Das ist einfach genial :-)

Anonym hat gesagt…

Unsere Generation ist die erste, die mit dem PCs und Internet von Anfang an gearbeitet hat (ich habe meinen ersten PC 1986 gekauft und meinen Compuserve-Account 1992, dann Gopher am Grossrechner auf der Arbeit in der Uni und ab 1989 BBS/Fido per Modem - die Institutsverwaltung ist regelmässig Amok gelaufen angesichts de Telefonkosten). Aber wir wissen auch noch, dass es auch ohne geht. Ich habe wissenschaftliches Arbeiten noch mit Karteikarten und Fernleihe gelernt.

Ich denke das macht den Unterschied aus. Man kann im Grunde den Wert des Internets und der PCs nur schätzen, wenn man es ohne erlebt hat. Die - nennen wir es Dankbarkeit - sopürt man in den Blogpostings der Genereration 40+.

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