Oller Mief In Da Satz-House
Bevor es weiter geht, sei mir ein kurzer Exkurs in dieses ganze Regularium der Typographie gestattet. Das beantwortet vielleicht auch den einen oder anderen Kommentar zum ersten Eintrag. Fakt ist, es gibt in der Tat keine Deutsche Industrie Normung für Satzregeln. Es gibt eine Normung für den Schriftsatz die DIN 5008, sie regelt den deutschen Musterbrief und sowas wie Abkürzungen und Gebrauch von Satzzeichen im deutschen Schriftverkehr.
2005 wurde die noch mal ein bisschen aufgehübscht und nach internationalem Standard angeglichen. Seht Euch mal die neue Schreibweise des Datums an: auch wir in Deutschland sollen es neuerdings seit längerem nach internationalem Standard schreiben: Jahr-Monat-Tag (2006-10-26). Ich wünschte im übrigen, auch der allerletzte Behördendokumentegestalter würde endlich kapieren, dass das «den» im Datum so mausetot ist, dass es schon pulverisiert daher kommt. Angabe des Ortes fällt auch flach – die Herkunft eines Briefes erklärt bereits der Absender.
Die Satzregeln aber sind also nicht genormt. Trotzdem sollte man nicht vergessen, alles was im Desktop Publishing diesbezüglich heute praktiziert wird, ist das Ergebnis jahrhundertelanger Sprachentwicklung und ihrer schriftlichen Publikation. Warum es ein ß gibt, warum es so aussieht, warum hier etwas direkt zusammengeschrieben wird, dort mit Leerzeichen zur Trennung versehen … alles keine Willkür. Es dient ausschließlich einer besseren Lesbarkeit. Und somit jedem Text, der gelesen werden möchte. Na, jedenfalls war das so bis 1989 die Fontpage auf den Markt kam.
Ob also hier und da ein Font in der Satzgestaltung durch Spartionierung weiter läuft, dort das Fragezeichen zur schöneren Ansicht doch einen klitzekleinen Platzhalter spendiert bekommt – alles eine Frage des guten Geschmacks, vor allem aber des fachlichen Know Hows des Gestalters über die verwendete Schrift, den Satz und wie sie wirkt im jeweiligen Schnitt und letztendlich im Layout. Um dafür einen Blick zu haben, gibt es Menschen, die jahrelang Design studiert haben. Das ist nichts, was man mal eben lernt, wenn man sich kurz durch die Wikipedia liest – hütet Euch vor solchen Menschen, falls ihr Aufträge zu vergeben habt.
Keine festgeschriebenen Regeln. Alles ist mehr oder weniger freiwillig. So freiwillig, dass der Layouter schnell seinen Job verlieren würde, kennt er die Satzregeln nicht in- und auswendig und setzt er sie ein. Der Laie hat aber relativ großen Freiraum – nur – dadurch, dass er diesen ausnutzt, macht er sich eben auch als Laie verdächtig. Jeder, der diese Reihe hier nur halbwegs interessiert mitliest, wird künftig die Werbeplakate in den öffentlichen Verkehrsmitteln mit anderen Augen sehen – dabei ziemlich häufig erschrecken – und einsehen, warum es sinnvoll sein kann, auf den kleinsten Flyer noch einmal ein Fachmann einen Blick werfen zu lassen. Freestyle in der Typo kann man sich erst leisten, wenn man sie beherrscht, sonst wird «ich kann das selber auch meinem PC, da ist so eine Software, die macht mir das schön bunt» schnell zum Freakstyle.
Ist der Einsatz von Satzregeln nun wirklich so eine entspannte Spielwiese auf der im Prinzip alles erlaubt ist wie in dem Zuschauerraum des legendären Woodstock-Festivals? Nö! Und lasst Euch nichts anderes einreden – auch nicht von der eigenen Faulheit oder knappen Flexibilität. Vergesst niemals, dass die Lesbarkeit am Screen im Vergleich zu jedem Printmedium (na gut, englische Paperbacks lassen wir jetzt einmal außen vor) nicht annähernd so komfortabel ist. Dieser Text hier zum Beispiel, ist für einen Blogtext bereits zu lang. Ein Teil der Leser sind vermutlich bereits beim Anblick des dritten Absatzes ausgestiegen. Wer vor allem lange Texte in Blog publiziert, sollte daher halbwegs ordentlich auf Satzregeln zurück greifen. Es vereinfacht die Lesbarkeit deutlich. Der Blick dafür, dass Text auch schön aussehen kann und wie gut das tut, der kommt noch.
Eines sollte man auch nicht vergessen: Die Darstellung von Webseiten als auch Blogs unterscheidet sich frappant je nach dem, welcher Monitor (Auflösung), welches Betriebssystem und welcher Browser vom Leser eingesetzt werden. Dazu kommen die subjektiven Rechnereinstellungen vom User hinzu. Eine Regel ist euch garantiert sicher: so wie Euer Blog auf Eurem Rechner aussieht, wird es bei den meisten anderen Usern sehr wahrscheinlich nicht aussehen. Das kann gelegentlich ein richtiger Schock sein!
Setzt Ihr beispielsweise in Eurem Text eine Uhrzeit: 18:00 Uhr ohne zwischen der Ziffer und dem Wort ein geschütztes Leerzeichen zu setzen, das einen etwaigen Umbruch verhindert, dann mag das bei Euch im Blog schick aussehen. Bei Eurem nächsten Leser aber schon steht die 18:00 am Ende einer Zeile, das Wort «Uhr» „umgebrochen“ am Anfang der nächsten. So etwas sieht nicht nur »schrottig» aus – es stört den Lesefluss.
Ein weiteres Beispiel: keine Wörter von Hand trennen in Blogs! Wenn Ihr glaubt, in Euren Texten Wörter trennen zu müssen, weil sie in Eurer Ansicht nicht mehr in die Zeile passen und große Lücken im Text verursachen, dann macht das und wählt in der Browsersoftware über Darstellung die Option «Schrift größer/kleiner» aus – und schon wuseln die getrennten Wörter hässlich überall im Text mit komplett unsinnigen Trennungen herum. Irgendeinen Blogleser gibt es dann garantiert, der danach fest daran glaubt, Ihr raucht komisches Zeug.
Sich etwas mit Satzregeln auskennen, ist Dienst am Leser. Und das sind die, die sich doch in der Hauptsache in unseren Blogs wohl fühlen sollen oder?
Teil 1 Proudly pesents: die Ellipse
9 comments:
Da fallen mir immer unsere Sekretäinnen ein, die am Anfang am PC nach jeder Zeile ein hard return gesetzt haben. Gut, ist eine Weile her, als Schreibmaschinen noch nicht ganz exotisch waren.
@anonym
Da fällt mir prompt „Gabi“ ein
Ja, die Handtrennung ...
daran habe ich mich anfangs in einigen Einträgen versündigt. Wenn ich irgendwann mal das Theme oder das Layout wechsle wird mir das noch übel aufstoßen
Tja, mein Chef mag ja auch die automatische Silbentrennung bei Word nicht. Aber alles von Hand korrekt zu trennen - das ist das doch etwas aufwändig. Da lebe ich gerne mit der Schreibti-schlampe. Falls Word da wirklich trennt.
Das 2007-08-23-Datum (das sich auch prima zum Beschriften von Dateien eignet, die sich dann automatisch nach Datum sortieren) hat uns übrigens die EU beschert, die das Datum in der ganzen Gemeinschaft vereinheitlicht hat.
Dummerweise hat man wohl vergessen, die alten Schreibweisen gleich zu verbieten!
ich hab gestern meine alte, kiloschwere, aber höchst dekorative schreibmaschine abgestaubt. dabei habe ich auch den schlitten - oder wie heißt das ding nochmal, oben das, mit dem papier drin? - bewegen müssen. himmel, was hab ich mich erschreckt als es auf einmal bimmelte.
Wagen.
Ok ok, mit oder ohne Buchstaben ist ja alles egal wenn es DRUCKERPROBLEME gibt:
http://www.myvideo.de/watch/2157330
gruß von bel
Was ist so schlimm an der noch weit verbreiteten Schreibweise des Datums? So mausetot ist das "den" auch nicht. Für mich ein Muss in einem handgeschriebenen Brief.
@engl
Genau, die spaziergehende Walze nennte man dann Wagen oder auch Schlitten. Hach, ich wünschte ich hätte meine gute alte IBM noch … die könnte ich ab und zu tippen und dann den Katzen erzählen, wie gut und leise sie es heute doch haben.
@bel
Oha, der hat sein Problem in der Tag gelöst … ,-)
@claudia
Du kannst Deine privat Post schreiben wie Du möchtest. Natürlich kann auch jedes Unternehmen korrespondieren wie es mag. Von einer Behörde verlange ich aber, dass sie sich an den Musterbrief hält – und seien wir ehrlich: es ist doppelt verquaster Unsinn oben im Absender den Ort zu haben und dann kurze Zeit später nochmals auf ihr hinzuweisen. Und dann kann man sich das den auch schenken. Ist ein reines unsinniges Füllwort. Ich habe im übrigen bereits in meiner Ausbildung gelernt, dass das „den“ nicht mehr gebräuchlich ist. Das war vor gut 24 Jahren … immerhin.
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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!
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