2009-10-10

Grüner Flughafen

Nachdem ich im Sommer gemeinsam mit 6.000 anderen Berlinern angeschrieben wurde, an einer Bürgerbefragung mit meinen Ideen zum Nutzungskonzept des Flugfeldes des ehemaligen Flughafens Tempelhof teilzunehmen, gab es vorletzte Woche wieder Post: man hätte ausgewertet und würde die Bürger gerne am Ort des Geschehens über erste Ergebnisse informieren und ihnen vor allem das Gelände zeigen. Was in der Hauptsache heißt: endlich rauf auf das Flugfeld zu dürfen! Angekündigt waren Begehungen zu Fuß als auch mit Bustouren. Das Ganze angekündigt für das letzte und dieses Wochenende, die Buchtouren waren online zu buchen. Ich tat das für letzten Samstag in der maximal verfügbaren Menge und so haben wir am Nachmittag – nachdem sich das Wetter dankenswerterweise doch zu blauem Himmel und Sonne entschieden hatte – uns das Flugfeld erobert.

Für jemanden wie mich, die ich seit über zwanzig Jahren in unmittelbarer Nähe dieses Flughafens wohne, früher also noch die amerikanischen Schwergewichtsflugzeuge auf mein Badezimmerfenster habe zufliegen sehen, seinen Füchsen nachts gute Nacht gesagt habe, am Ende der Startbahn den Flugzeugen beim Starten und Landen zugesehen habe, mich von ihm bei Krokusse fotografieren ablenken ließ, war das ein besonderer Moment. Da ist diese Geschichte der Stadt mit der Geschichte dieses Flughafens mit meiner eigenen Geschichte verknüpft und nun einmal auf die andere Seite des Zaunes zu dürfen – solange noch alles ganz ursprünglich ist – das ist ein sehr besonderer Moment gewesen.

Die Bustour war dementsprechend spannend und informativ, der Sprecher zeigte uns die frühen Warmlaufplätze, als es noch keine Lande- und Startbahnen gab und die Flugzeuge „kreuz und quer“ auf der Wiese immer gegen den Wind gestartet sind. Es gab enorm viel Informationen über das alte und nie gemäß seiner Planung fertig gebaute riesige Gebäude vom Flughafen. Wir bekamen die Stelle gezeigt, an der es 1923 mit dem Flughafen überhaupt begonnen hatte, die eigene (sich längst nicht mehr in Betrieb befindende) Müllverbrennungsanlage mit denen um sie herum immer noch gelagerten Altlasten. Mehr will ich gar nicht schreiben, das ist so sehens- und erfahrenswert, das sollte man sich selbst gönnen. Auch sind die Bustouren bei dieser Bürgerbefragungsrunde zwar kostenlos aber deutlich kürzer als die, die ab nächsten Wochenende für alle Bürger zu buchen sind und dann ganze 90 Minuten dauern werden. Natürlich machte der Busfahrer sich mit uns den Spaß mit maximaler Geschwindigkeit einmal die Süd-Landebahn in Richtung Abheben lang zu brettern. Ich fand das cool, naja, ich bin halt nie von Tempelhof geflogen!

In der Führung ging der Sprecher auch darauf ein, warum man das Gelände des Flugfelds, das immerhin einige wenige Hektar größer ist als der Tiergarten, nicht von heute auf morgen für die Bürger zugängig machen konnte: das Gelände muss gängig gemacht werden – die Wiesen sind wohl noch uneben, teilweise unterhöhlt (ich vermute, die müssen auch noch mit modernerem Equipment doch noch mal nach Blindgängern suchen). Die Altlasten müssen erst entsorgt werden und ein besonderes Problem der natürlichen Art besteht: die Wiesen auf dem Flugfeld haben sich zum größten Bodenbrütergebiet Europas entwickelt, die Feldlerche brütet dort und in der Konzeption muss man sich besonders darüber Gedanken machen, wie man diese Lebensarten geschützt in das Öffnungs-Konzept integrieren kann. Bis Mai kommenden Jahres will man das Gelände soweit aufbereitet haben, um es in der Ausschreibungsphase für die Parkkonzeption bereits den Berliner zugängig zu machen.

Rauf auf's asphaltierte Feld kann man aber bereits sofort. Aber: unbedingt sehr warm anziehen! Es ist unglaublich windig auf dem freien Flugfeld. Das glaubt man gar nicht, aber dieses Phänomen macht spürbar deutlich, wie wichtig dieses Bereich für das Klima dieser Stadt ist. Im Hangar werden die ersten Ergebnisse der Bürgerbefragung präsentiert, zumindest dieses Wochenende kann man sich daran vor Ort auch noch selbst beteiligen.

Übrigens hat sich Berlin an der Ausschreibung für die Internationale Gartenausstellung beworben, die soll dann auf dem Tempelhofer Feld statt finden. Die Vergabe ist morgen, Sonntag, 11. Oktober 2009. Bitte Daumen drücken! (Berlin hatte den Zuschlag bekommen und die Gartenausstellung dann doch nicht auf dem Wettbewerbsgelände durchgeführt. Üblicher Berliner Politsumpf.)

Abhängen im Hangar

creezys allererster Moment auf dem Tempelhofer Rollfeld (Landebahn Süd). creezy säääähhrr berührt! (Busfoto)

Relikt aus alten Zeiten, die kleinen Wetterstationen (rechts im Bild) sind noch in Betrieb.

Das ist so eine Wetterstation. Hinten rechts der olle Funkturm … äh Fernsehturm, übrigens an dem Tag 40 Jahre gerade alt geworden. (Und ist damit vier Jahr und einen Tag jünger als ich, die Wutz!)

Foto von einem der alten Taxiways, das waren die alten Rollbahnen, auf denen die Flugzeuge zu ihren Warmlaufplätzen rollten. Die Taxiways haben unter der enormen Fluglast während der Luftbrücke sehr schnell technisch bedingt den Geist aufgegeben, weshalb man auch die beiden Landebahnen installierte.

Das ist die alte Müllverbrennungsanlage, natürlich schon ewig nicht mehr in Betrieb. Tolles Gebäude, was würde ich geben, das mal aus der Nähe fotografieren zu dürfen! (Busfoto)

Altlasten neben der Verbrennungsanlage. Bereiten im Moment noch Kopfschmerzen. (Busfoto)


Wir jetzt mit 100 km/h über die Landebahn Süd. (Busfoto – har har har!)
Zu Fuß auf der Landebahn Süd – das Kreuz ist im Oktober letzten Jahres aufgebracht worden. Erste Amtshandlung nach der Schließung, um Piloten zu zeigen: dieser Flughafen ist stillgelegt. Im Notfall dürfen sie hier natürlich immer noch landen – sie würden nur wahrscheinlich so schnell nicht mehr die Maschine von diesem Ort weg bekommen.

Eine der Lampen auf der Rollbahn, klappt natürlich aus in Betrieb. Ist jetzt aber im Ruhestand.

Die ehemaligen Erholungs- und Campingplätze der US-Amerikaner aus der Zeit als der Flughafen noch den US-Alliierten gehörte. Sieht aus wie auf jedem gepflegten Péage-Rastplatz in Frankreich. Diese Plätze durften aus Sicherheitsgründen seit dem 11.9.2001 nicht mehr genutzt werden. Dahinter liegen die Sportanlagen, die auf dem Gelände installiert sind und mittlerweile von einem Verein übernommen wurden. (Busfoto)

Das älteste sich noch in Betrieb befindliche Gebäude auf dem Flughafengelände: die Radiostation. (Liegt geographisch in der Nähe vom Columbiadamm.) (Busfoto)

Nun sind wir zu Fuß unterwegs: diese Erhöhung ist das Gelände, wo 1923 der Flughafen erstmals installiert wurde. Dort liegt ein …
Schießübungsplatz, der wohl auch noch in Betrieb war vor der Schließung,

… als auch diese alte Maschine, die der Flughafenfeuerwehr für Trockenübungen diente. Man kann vermuten, dass dieses Flugzeug es flugtechnisch hinter sich hat.

Unglaublich windig! Selbst bei schönem Wetter. Man sieht sehr schön, was die Gezeiten auf dem Gelände mit dem Stromkasten angestellt haben.


Pentax K20 D mit Bodenkontakt der Landebahn Nord. Denkwürdiger Moment! Ganz viele kleine schwarze und grüne Raupen auf den Landebahnen.

Viel Strecke … von der äußersten Landebahn zum Hangar: 2 Kilometer.

3 comments:

Foxxi hat gesagt…

Ja fürwahr, schöne Fotos ...und sicher sehr informativ. Muss ich auch mal machen, schließlich habe ich ja auch ein paar Jahre daneben gelebt und bin sogar einige Male davon abgehoben und gelandet und mein Großvater hatte mit der Luftbrücke zutun und ...ach egal!

Uns' Uwe hat gesagt…

Das war ja dann doch eine etwas ausführlichere Tour als ich sie beim letzten Mal hatte. Damals konnten wir gar nicht aus dem Bus, und eine Startsimulation gab's auch nicht.

Muss dann wohl morgen doch mal wieder auf den Flughafen schauen...

Ach ja: tolle Fotos, wie immer!

Mechatroniker hat gesagt…

Superklasse Bericht; echt gute Fotos (auch von den Krokussen)!
Aber einen hab ich noch: die Rollfeldlampen. Zumindest das, was auf dem Foto sichtbar ist, fährt (und fuhr) nicht aus, Stichwort Unterflurbefeuerung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Unterflurfeuer

Liebe Grüße,
der Mechatroniker.

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