2022-11-28

Rezension: La Vita È Dolce von Letitia Clark

La Vita È Dolce – das Leben ist süß – ist ein Traum von einem Buch für alle Italienfans und natürlich für alle Menschen, die die Schönheit und Freude, die Desserts, Torten, Kekse und Gelato in unser Leben bringen können als solche erkannt haben und mit geöffneten Händen, Augen, Nasen und Mündern begeistert in ihr Leben lassen. Letitia Clark beschreibt das sehr treffend mit den Worten „Es lässt sich nicht leugnen, dass jeder Tag dazu gewinnt, wenn man weiß, dass man irgendwo in einem Schrank, einer Dose oder im Kühlschrank etwas zum Naschen finden kann.”

Und wer nun doch gleich wieder die Stirn runzelt und an die allzeit gegenwärtigen Gefahren des Zuckergenusses erinnern möchte, dem möchte ich die klugen Worte von Letitias Freundin Cecilia aus Neapel gleich noch hinterher zitieren: „Weißt Du, Letitia, das, was du gern magst, wird in kleinen Mengen auch guttun.”
Italien ist das Land, das der Passeggiata frönt. Die Italiener nehmen sich am Nachmittag die Zeit und genießen bei einem kleinen Spaziergang durch die Stadt oder entlang des Lungomare, der natürlich zufällig immer vorher an einer Gelatteria oder Pasticceria vorbei führt, etwas zartes Süßes auf die Hand. Man trifft sich, genießt den Sonnenschein, hält ein Schwätzchen mit den Nachbarn und genießt dabei ein Eis, Cannoli oder Zeppole, denn: La Vita è dolce! Dieser charmanten Leidenschaft ist dieses Buch gewidmet. Vielleicht wären wir hierzulande weniger verkniffen unterwegs, würden wir einer Passeggiata viel öfter in unseren Wochenalltag Einlass gewähren – und nicht nur auf den Sonntagsspaziergang vereinzeln?

Es ist ein kleines sehr intensives Studium der italienischen Dolci, dieses wunderschöne Buch mit zahlreichen Anekdoten. Die Autorin, gebürtige Britin und 2017 nach Sardinien ausgewandert, hat dabei den perfekten Blick dafür, welche Informationen für Menschen, die nicht die italienische Küche mit der Muttermilch aufnehmen durften, so wichtig sind und welche kleinen Geheimnisse sie sich erst noch erarbeiten müssen.

Letitia Clark lässt keine Hilfestellung aus, sie erklärt die Basis-Rezeptur sei es für die zarten Mürbeteigtartes, die karamellisierte Zitrus-Crostata oder Biskuit-Torten (Torta ricotta e pere),
Biscotti (Cannolli), Hefegebäck – gebacken oder frittiert, wie die wundervollen Chiacchiere: Natürlich fehlen die Rezepte für Gelato (Schoko-Toffee-Eis mit Mascarpone) nicht und für Dolci al cuchiaio – alles wofür man ein Löffelchen benötigt (Cappucino-Pannacotta mit Espressokaramell).

Man versteht endlich, warum es in italienischen Salumerien immer auch Manitobamehl gibt, wann man besser auf Mehl Tipo 0 oder 00 zurückgreift. Dass eine perfekte Pannacotta an das sanfte Wackeln der Brüste zu erinnern hat. Ach und Ricotta, wirklich: Ricotta ist doch so viel mehr als immer nur eine Ravioli-Füllung!
Ich liebe zum Beispiel ein Foto zu ihrem Tiramisu-Rezept. FÜNF Schichten Löffelbiskuit und Mascarpone! Mit den Fotos im Buch hat mich der Verlag sowieso bekommen: Available Light-Fotografie schmeichelt der rustikalen Stilistik im Foodstyling - ach, wie sehr schätze ich einen ordentlichen harteen HighNoon-Schattenwurf auf ungebügelter Tischdecke. Echte Lebendigkeit und der landestypische italienische Purismus wird beibehalten, ich mag das sehr. Habe mich übrigens auch schon dabei erlebt, wie den sehr schönen edel geprägten Einband streichele, in La Vita È Dolce steckt spürbar viel Liebe.
„Cantuccini, Cannoli & Cassata – die Welt der italienischen Süßspeisen” ist übrigens der Untertitel und ich fühl(t)e mich berufen für euch das Rezept der Cantuccini zu backen und mich euch zu teilen. Andiamo!

Wie uns Letitia erklärt, wird das Wort „Cantuccio” (verborgener Winkel, Ecke) gerne umgangssprachlich verwendet für Brot mit viel Kruste, also das, was wir in z. B. Berlin gerne einen „Kanten” nennen. Dieses Gebäck aus der Toskana ist wirklich einfach zuzubereiten – schmeckt den ganzen Tag über und hat das Talent einen Hunger auf Süßes sehr schnell unkompliziert zu bedienen, denn sie sind so herrlich haltbar und stehen daher immer zur Verfügung in ihrer Einfachheit!

Praktisch übrigens: Man kann den Teig komplett mit den Händen verarbeiten. Ich habe ihr Rezept auf 500 Gramm Mehl hochgerechnet. Aus Gründen.

Ach ja: Letitia hat hier – als eben nicht gebürtige Italienerin – untypisch das Cantuccini-Rezept mit blanchierten Mandeln verfasst. Nach meiner Recherche kenne ich nur Rezepte von Italiener*innen mit unblanchierten Mandlen, sie werden lediglich vorher im Ofen geröstet. Und nur wenn deutsche Bäcker*innen sich an Cantuccini versuchen, müssen die Mandeln plötzlich blanchiert sein.

Entscheidet es selbst. Ich halte es mit den Italiener*innen, nehme Mandeln mit Schale und röste sie vorher in der Pfanne. Die Mandeln sind nachher in den Cantuccini versteckt, es ist ihnen egal, wie sie aussehen – und im Zweifelsfall gilt auch hier wie immer: Womöglich steckt in der Schale das geschmackliche Gold?

Zutaten

500 g Mehl (Tipo 00, ersatzweise 405)
3 Eier ((ein Eigelb zum Bestreichen)
200 g Zucker
100 g weiche Butter
200 g Mandeln
Schale einer abgeriebenen Orange (ersatzweise Zitrone)
1 kleines Gläschen Marsala (ersatzweise Amaretto, non-alcohol: 5-6 Tropfen Bittermandelöl)
1 Prise Salz
1 TL Backpulver

Zubereitung

Den Ofen auf 170 Grad Ober-/Unterhitze erhitzen und die Mandeln 8-10 Minuten rösten, herausnehmen und abkühlen lassen. Den Ofen nun auf 180 Grad (150 Grad Umluft) stellen

Das Mehl mit dem Salz und Backpulver sieben und beiseite stellen.

Die Eier, geriebene Orangenschale, Marsala in eine Schüssel geben und verquirlen, die Butter zerlassen und hinzugeben, alles mischen. (Ich zerlasse die Butter nicht wie Letizia, gebe alle Zutaten [außer Mehl] in eine Schüssel und vermenge alles mit den Händen.) Nach und nach das Mehl mit den Händen hinzu geben und unterkneten, das macht alleine schon so eine duftende Freude, wie sich der Teig unter den Händen verändert.

Bekommt der Teig langsam die festere Konsistenz, dann die Mandeln hinzugeben und zwar mit einer Hand voll Mehl auf ihnen. Damit die Mandeln leicht umstäuben bevor sie in den Teig geknetet werden.

Tipp: Das Mehl um die Mandeln gelegt sorgt dafür, dass die Mandeln beim Backen nicht auf den Boden sinken! Den Tipp kann man sich auch für Clafoutis, Stollen etc. merken. Ein Hauch Mehl oder Speisestärke um die Früchte bewirkt schwebende Wunder.

Den Teig zu einer großen Rolle formen, davon vier Teile abstechen und diese zu Rollen formen, die ca. 4-5 cm dick sind und ungefähr so lang, wie sie auf ein Backblech passen. Alle Rollen mit etwas Abstand auf das Backblech (auf Backpapier) legen und mit dem einen verquirlten Eigelb bestreichen. (Habe ich übrigens, wie man auf den Fotos perfekt sehen kann, vergessen!)

Das Besondere an Cantuccini ist, dass sie, wie Zwieback oder Friselle, doppelt gebacken werden.
In der ersten Runde backen wir sie bei 180 Grad Ober- und Unterhitze (150 Grad Umluft) 30 Minuten. Dann aus dem Backofen nehmen, etwas abkühlen lassen und in leicht schräge Scheiben schneiden. Nochmals im Ofen bei gleicher Temperatur ca. 10-15 Minuten backen. Wie lange, das entscheiden die Bäcker*innen je nachdem wie knusprig und dunkel die Cantuccini werden sollen.

Luftdicht verpackt halten sie theoretisch ewig lang. Tun sie aber nicht. Aus Gründen. Schon gar nicht, wenn sie auf ein Glas Vino Santo treffen. Oder einen Caffè oder …

Ach gönnt euch dieses Buch! Es hat das Zeug zu einem italienischen Dolce-Klassiker.

„La Vita È Dolce”
Autorin: Letitia Clark
Verlag: Dorling Kindersley Verlag (DK)
ISBN: 978-3-8310-4341-5

2022-11-22

Noumi-Noodles goes Prenzelberg

Das Noumì – Colorful Asian Flavors dürfte Berlinern und Fans asiatischer Küche ein Begriff sein – denn die handgemachten farbenfrohen Nudeln in den Pho-Suppen und vielen klassischen indonesischen Gerichten in dem Restaurant in der Jägerstraße (Nähe Hausvogteiplatz) sind einmalig gut.

Nun freut sich das Noumì-Team ab heute seine Gäste in der neuen Dependance in der Prenzlauer Allee 52 (Ecke Chodowieckistraße) in dem größeren und wahnsinnig gemütlich eingerichteten zweiten Noumì-Restaurant begrüßen zu dürfen.
Es gibt die gleichen feinen veganen, vegetarischen und fleisch- oder fischlastigen Gerichte mit ausschließlich frischen Zutaten und den farbenfrohen Nudeln nach Wahl wie im Noumì 1 – aber mit etwas Zuwachs auf der Speisekarte. Alle Nudeln sind übrigens bis auf die schwarzen NOIR Mì (Sepia) vegan! Das Noumì-Feature spricht für sich: Bei allen Nudelgerichten der Karte wählt der Gast aus, welche Nudelsorte bzw. -farbe er sich auf dem Teller wünscht. Coloursoul dining! Ich mochte auch sehr die Drinks – ob mit oder ohne Alkohol, lecker, toll anzusehen, stehen sie in ihrer Farbpracht in die Regenbogenfarben des Noumì Nudel Guides in nichts nach. Pink Matcha, Cucumber Cooler und in der zweiten Runde Mango Soleil oder den Strawberry Hugo – wir hatten sehr viel Spaß mit ihnen! Chapeau! Letzten Sonntag durfte ich nämlich mit Ute (Frau Indica) schon einmal beim ersten Opening exklusiv für Freunde die Gastfreundschaft und tolle Küche im neuen Noumì genießen! Von der Vorspeisenkarte teilten wir uns die fleischlastige Variante NOUMì for 2, u. a. mit Garnelenteigtaschen, gebackenen Reispapierrollen und Portobello-Pilz, Cole Slaw … … sowie … Veggie for 2 mit gedämpften Gemüseteigtaschen, gebackenem Bio Tofu und Taro-Reiskuchen u. v. m. – sehr zu empfehlen! Vor allem, will man die reichhaltige Vorspeisekarte erst einmal ausprobieren.

Und ihr seht's ja selbst: Colorful Asian Flavors ist hier wirklich kein leeres Versprechen! Selbst wenn noch gar keine Nudeln im Spiel sind. Während am Nebentisch die Pho-Suppen wahnsinnig lecker zu uns hinüber dufteten, kamen unsere Hauptspeisen Perfect Match mit Lachs, Garnele und frischem Gemüse in Mekong Rotwein Soße (links unten), Capitane Canard mit Barbari Entenbrust in Hoisin Sauce mit Romanesco, Spargel, Pak Coi, Babymais, pinkem Blumekohl und Koriander-Pesto (oben rechts) und das vegane Seitan Satè mit gebratenem Bio Seitan mit buntem Gemüse der Saison und Satè Soße (oben links) auf den Tisch. Alle drei Grichte waren so unterschiedlich wie lecker wie besonders gewürzt.

Das vegetarische Gericht konnte vor allem wegen der leichten Schärfe und tollen Würze des Saitans unsere besondere Zuneigung gewinnen. Und Ute sah sich wieder in ihren vorherigen Noumì-Erfahrungen bestätigt – fleischlos kann die Küche von Bien und Tuyen besonders gut! Auch den Nachtisch haben wir uns geschwisterlich geteilt, Ute schwört auf den Matcha-Cheescake – ich natürlich auch – aber noch mehr auf Tripple Chocolate mit drei Schokoladenschichten auf Oreo Biskuitboden. So gute Schokolade! Und das ist mit das Besondere am Noumì – dass hier die Desserts selber gemacht werden und sie sich daher in ihrer Rafinesse deutlich abheben vom üblichen Klebereis in asiatischen Restaurants. Unbedingt probieren! Mit der Eröffnung heute können sich alle Prenzlauer (und natürlich auch alle anderen Berliner) wirklich auf etwas Tolles freuen in ihrem Kiez – und übrigens: Kinder sind herzlich willkommen! Geöffnet Montag bis Sonntag von 12:00 bis 22:00 Uhr.

Noumì Prenzelberg
Prenzlauer Allee 52
10405 Berlin
Mail: pberg@noumi-noodles.de

Noumì Mitte
Jägerstraße 35
10117 Berlin
Tel.: +49 30 206 490 07
Mail: contact@noumi-noodles.com

2022-11-20

Ravenna – einfach köstlich!

Unbestritten ist, dass man in der Emilia Romagna köstlich essen kann. Den Grubenkäse hatte ich euch schon in einem früheren Blogpost vorgestellt. In Ravenna locken also nicht nur Mosaike – überall werben Schilder für eine köstliche Piadina, dem legendären Imbiss dieser Region. Geht man hier in eines der Restaurants der Stadt, das in den vielen Stadtpalästen untergebracht ist, passiert es nicht selten, dass man vorne in ein auf den ersten Blick vermeintlich unscheinbares Haus eintritt, das sich räumlich nach hinten erstaunlich weit zu einem riesigen Palazzo entwickelt und mit Decken- und auch Freskenmalereien an den Decken überrascht, dass einem glatt der Mund offen stehen bleibt. Der kann natürlich gleich gefüllt werden. Aber irgendwo lockt garantiert auch Mosaikkunst, die Ravennati können so wenig ohne Mosaik wie sie ohne Piadina können. Fakt.

Und an der Piadina kommt man nicht vorbei. Der Teigfladen aus Weizenmehl regiert hier aber so etwas von in der Küche!
Entweder wird sie als Brot trocken warm in kleine Stücke geschnitten zu den fantastischen Antipasti der Romagna serviert. Oder sie wird frisch zubereitet gefüllt mit Ruccola, gedünstetem Gemüse oder mit den herrlichen Schinken oder Salami der Region und natürlich Squacquerone, dem cremigen Kuhmilchkäse der in der warmen Piadina schön schmilzt und sie mit den weiteren Zutaten der Füllung verbindet. Und aus der Hand verspeist. Wir wollen hier nicht über Kalorien reden – aber der Nährwert einer Piadina ist unumstritten. Selbstverständlich verträgt sie sich auch mit süßen Füllungen, aber das muss ich wohl nicht erst erwähnen?!

So eine Piadina ist selber sehr einfach zuzubereiten. Die Zutaten sind für ca. fünf Piadini

500 Gramm Mehl Tipo 0, maximal 00 (z. B. von Caputo)
250 ml lauwarmes Wasser (zu kaltes/warmes Wasser verändert die Teigstruktur zu sehr)
80 Gramm Schweineschmalz (vegetarisch/vegan: ca. 75 Gramm Olivenöl)
1 Gramm Backpulver
10 Gramm Salz.

Mehl auf die Arbeitsplatte geben – in die Mitte das Schmalz und Salz und Backpulver und dann mit dem Wasser das Schmalz in das Mail einarbeiten. 15-20 Minuten den Teig kneten und dann in Folie eingewickelt 30 Minuten rasten lassen, damit das Gluten seine Klebeeigenschaften entwickeln kann. Im Grunde ist es das gleiche Verfahren wie bei einem Pastateig.

Nun den Teig noch einmal kneten und zu einer Rolle formen und Stücke abschneiden, die ca. 180 Gramm schwer sind. Die Teigstücke in eine runde Form bzw. Kugeln wirken und nochmals alle Kugeln in Folie eingewickelt wieder 30 Minuten ruhen lassen. Piadina-Profis haben natürlich Maschinen, die diese Kugeln in eine runde Teigform pressen.

Die gestandene Hausfrau der Emilia Romagna, die Azdore, sie begrüßt euch am Beginn dieses Blogposts, rollt den Teig mit dem Matterello, dem italienischen Nudelholz, das dünner, dafür länger als unseres Pendant ist, zu einem ca. 3-4 cm dicken Teigfladen aus. In einer sehr heißen Pfanne, am besten aus Gußeisen wird die Piadina nun auf dem Herd ohne Fett gebacken. Auf jeder Seite ca. 3-4 Minuten, bitte nicht ständig dabei wenden, sonst gerät sie zu trocken. Die Piadina muss leicht biegsam bleiben. Alles in allem also keine Hexerei.

Wenn man sie jetzt mit dem Squacquerone füllt, streicht man den auf eine Hälte der Piadina, klappt sie in der Mitte und legt sie nochmals für drei Minuten in die Pfanne bis der Käse in ihr zu schmelzen beginnt. Den Rest macht die Füllung aus – und deren Variationen können so unendlich gut wie vielfältig sein. Ich hatte sie z. B. noch mit einer gebratenen Salsiccia dazu mit zum Flughafen genommen, sehr fein!


Mercato Coperto Ravenna

Frisch gemachte vor den eigenen Augen zubereitete Piadina bekommt man natürlich ganz frisch in der Piadineria der Mercato Coperto. Diese Markthalle liegt zentral auf der Piazza Andrea Costa und ist ein must-go, wenn man in der Stadt weilt. Sie ist ein bisschen wie die Berliner Markthalle IX im nobleren KaDeWe-Chic!

Fantastische frische Lebensmittel (ein Supermarkt ist integriert) wie Pasta, Fleisch, Fisch, Weine, Back, Käse- und Wurstwaren gibt es an den einzelnen Ständen zu kaufen und natürlich laden Imbisse als auch Restaurants zum Verweilen ein. Die Steaks aus dem Reifeschrank werden direkt nebenan in der offenen Küche auf dem Grill zubereitet!

In der oberen Etage gibt es Räumlichkeiten für kulturelle Events, die regelmäßig hier stattfinden. Z. B. lädt nun in den Wintermonaten einer der Lido-Besitzer in der strandfreien Zeit alle drei Wochen Freitagabend zu einem Club-Event mit Fine Dining und DJ. Lesungen, regelmäßige Verkostungen und Workshops finden regelmäßig statt. Gerade zu den Veranstaltungen zu gehen, lohnt sich sehr als Tourist. Es gilt dort klassisch gesehen und gesehen werden – wenigstens auf einen Aperitivo schaut dann die feine Gesellschaft von Ravenna hier vorbei! Besser und leckerer kann man die Menschen in Ravenna gar nicht kennenlernen!


Ca’ de Vèn
Die mit Abstand beste Piadina – hier als Brotbeilage zu den Antipasti – die ich in meiner Zeit in Ravenna probieren durfte, gab es im Ca’ de Vèn, das praktischerweise direkt gegenüber unseres Hotels liegt und somit in der gut besuchten Via Corrado Ricci. Es ist schon erstaunlich, wie sehr ein eigentlich so einfaches Produkt viel oder weniger Spaß machen kann! Das Ca’ de Vén gibt es übrigens … schon immer.
Zumindest das Haus in dem es Gäste willkommen heißt, existiert seit dem 15. Jahrhundert. Und so entpuppt sich hinter der rustikalen Tür ein spannender Mix zwischen Rathauskeller (zu ebener Erde) mit sehr modernem Flair in den hinteren Bereichen des sehr großen Restaurants. Ein Blick zu den gemalten Decken entzückt, auch die riesigen Weinregale lassen der Weinliebhaber Herzen höher schlagen! Ich fand hier die Piadina toll, die Antipasti toll, den Squacquerone angenehm würzig, den Wein gut und die Pasta fantastisch, den Service italienisch rasant und auf den Punkt. Hier wird regionale bodenständige Küche mit hoher Qualität serviert – sehr gut. In diesem Restaurant muss man einfach einkehren, wenn man in Ravenna weilt. Aus ganz vielen Gründen!


Osteria del Tempo Perso

Zur Osteria del Tempo Perso gab es in unserer Gruppe eine einhellige Meinung: Das beste Restaurant unserer Reise! Hierher sind wir von der charmanten Kunstdezernentin der Stadt Ravenna, Maria Grazia Marini, anlässlich der Eröffnung der Bienale di Mosaico Contemporaneo eingeladen worden, die uns auch beim Dinner alle Fragen zur Biennale beantwortete. In dem kleinen gemütlichen Restaurant fühlt man sich sofort wohl, es liegt unweit der (unfassbar schönen) Basilika San Vitale und in der Nähe der Via Cavour, die als die Shopping-„Meile” von Ravenna gilt.

Seit 2004 führen Sivia Piccari (Chefkoch) zusammen mit Massimo Serena Monghini (Service) dieses charmante Restaurant in dem vorrangig feine delikate Fischgerichte auf der Speisekarte stehen, natürlich gibt es auch Gemüse- oder Fleischvariationen. Oder feine Desserts!

Es gab – nur unter andereem – Tortino di squacquerone su fonduta di zafferano (Käseflan aus Squacquerone mit geschmolzenen Zwiebeln) und Gamberi in pasta kataifi, riso nero e coulis di zucca (in Kataiffi [Engelshaar] gewickelte frittierte Garnelen mit schwarzem Risotto und einem Orangen-Tomaten-Coulis). Wir haben uns festgesessen und sehr gut gegessen und charmante Weine getrunken. Und sollte mich nochmals mein Weg nach Ravenna führen – hierhin dann sehr sicher auch!

2022-11-02

Gekauft und nicht gekauft

Rad aufgepumpt und zu den Märkten gefahren (Mittwoch lohnt sich es immer besonders, da kann ich auf meiner Strecke Schöneberg/Charlottenburg drei abfeiern). Noch einmal Zwetschgen gekauft. Und frisches Sauerkraut.

Bauveränderungen der alten Wohngegend der Kindheit bestaunt.

Kein Katzenfutter bekommen, weil nicht ausgepackt, weil man zu wenig Personal hat. Vielleicht sollte man die Personalsuche attraktiver gestalten als nur mit einem lieblos handgeschriebenen Zettel auf DinA4 irgendwo hingeklebt? Ich weiß es auch nicht. Mir ist nur aufgefallen, dass der Discounter mit dem L das jetzt z. B. relativ attraktiv mit klarer Benennung der Fakten macht, sprich Gehälter benennt – und eben über Mindestlohn bezahlt.

Sonne schön befunden. Keine gefüllten Lebkuchenherzen gekauft und auch keine Rosinenschnecke. Mich selbst an Banane und Weintrauben zu Hause verwiesen. Lieblingsspanischer Supermarkt um die Ecke ist weg. Gab es keinen guten Kaffee von denen auf den ich mich eigentlich gefreut hatte.

Nun denn, dann jetzt selbst gebrühter Kaffee.

2022-10-26

Die Sehenswürdigkeiten von Classe

Anlässlich der Eröffnung der Biennale Ravenna Mosaico 2022 durfte ich auf Einladung zu einer Pressereise von Ravenna Tourismo die Stadt Ravenna und ihre Sehenswürdigkeiten sowie die umliegende Ortschaften Classe, Milano Marittima, Cervia und Comacchio in der Emilia Romagna besuchen.
Wer erstmals Classe besucht, wird kaum auf die Idee kommen, dass dieser Vorort von Ravenna einmal ein großer militärischer Hafen war, dem eine große Flotte von 240 Schiffen vorstand.

Nun, wir sprechen von den Jahren in denen Kaiser Augustus I. regierte. Dem Kaiser, der schon vor aber auch noch ein paar Jahre nach Christus sein bewegtes Leben lebte.

Die natürlichen Kanäle und Lagunen ließen damals dort nicht nur die Verteidigungsflotte des oberadriatischen Meeres als ihren Ausgangshafen (Classis lat. Flotte) entstehen, sondern auch den Handel mit dem Orient florieren. Doch schon im IV. Jahrhundert n. Christus versandeten die natürlichen Wasserwege und gaben diesen Hafen als Stützpunkt dem Verfall preis. Zwei Jahrhunderte später war der Hafen nicht mehr brauchbar, ein Überfall der Langobarden machten Classe beinahe dem Erdboden gleich.

Classe ist heute klein und von den früheren Stadtmauern oder Hafenanlage sieht man nichts mehr. Es hält aber für den an Kunst- und Historie interessierten Besucher zwei interessante Ausflugsziele bereit: Die Basilika Sant’Appolinare mit ihren wundervollen Apsis- und Mittelschiffmosaiken und ihrem zylindrischen Glockenturm. Sowie das Museo Classis Ravenna – Museo della Città e del Territorio. In einer ehemaligen restaurierten Zuckerfabrik untergebracht erzählt es von der langen Geschichte von Classe und Ravenna. hält zahlreiche Fundstücke der frühen Epochen bereit.
Ein Ausflug von Ravenna aus hierher lohnt sich absolut! Nur sechs Kilometer entfernt liegt Classe im Speckgürtel der Provinzhauptstadt, der Bahnhof von Classe – der als visuelles Horsd’œuvre ein kleines Freiluft-Eisenbahnmuseum (darf man überhaupt noch Freiluft sagen oder muss man schon von Open Air sprechen?) bereit hält – wird von der Provinzhauptstadt aus mehrmals täglich in nur drei Minuten für € 1,50 angefahren. Die Basilika und auch das Museum sind vom Bahnhof Classe fußläufig erreichbar.


Basilika Sant’Appolinare
Die Basilika verdankt ihre Existenz dem Wirken des Heiligen Appolinaris, dem man zeitlich seine Existenz vor Ort nicht so ganz genau nachweisen kann. Es wird beschrieben, dass dieser 79. n. Chr. in Ravenna sein Leben verlor und so wird er geschichtslogisch auch im I. Jahrhundert n. Chr. im Hafen von Classe angelandet sein. Er gründete dort die erste christliche Gemeinde und trieb die Verkündung des Evangeliums über die ganze Emilia voran, was ihn auch zum allerersten Bischof von Classe machte.

Selbstverständlich konnte der Heilige Appolinaris Tote wieder zum Leben erwecken, Blinde sehend machen, Kranke heilen – das übliche Heldentum jener Zeit war ihm nicht fremd und er überzeugte damit die syrischen Handelsleute, die seinerzeit Classe vorallem bevölkerten. Gedankt wurde ihm sein religiöses Schaffen schlussendlich schlecht, er starb unter Folter für seinen Glauben und fand dort, wo heute die Basilika gebaut wurde auf dem Friedhof vor den Stadtmauern von Classe seine (erste) letzte Ruhe.
Der Mann bzw. seine Reliquien scheinen in den späteren Jahrhunderten noch ziemlich weit herum gekommen. Interessanterweise liegen seine Reliquien heute im Altar dieser Basilika – und gleichzeitig sein Kopf wohl in Düsseldorf, dessen Stadtpatron er ist. Während weitere Anteile seiner Gebeine sich in einem Sarkophard in Remagen aufhalten sollen. Nun, die Jahrhunderte kann man natürlich leicht den Überblick verlieren, wessen Gebeine wo für immer ruhen.

Das soll uns aber nicht von der wundervollen Mosaikkunst ablenken, die in diesem Bau die vielen Jahrhunderte überdauert hatte.

Unter Kaiser Justinian wurde der Bau der Basilika durch den Bischof Ursicinus initiiert und am 9. Mai 549 von Bischof Maximian eingeweiht. Tatsächlich war sie als letzte Ruhestätte für den Saint'Appolinares gedacht.
Sie steht heute in der flachen, sehr grünen Landschaft und wird von einer beeindruckenden Kuhherde bewacht wird. Ein Kunstprojekt, die Rindviecher sind statisch und man verliert dann doch recht schnell die Angst vor ihnen.

Die Basilika beeindruckt mit einer erstaunlich einfachen Fassade aus rotem Ziegelstein. Die offene Vorhalle (Ardika) der Basilika wurde Anfang des 20. Jahrhunderts restauriert, beherbergt einige Exponate der früheren Basilika. Von den rechts und links zur Ardika angeordneten turmartigen Bauten (Risalite) existiert heute nur noch die linke Variante – und beherbergt den Kassenraum. Die in der oberen Fassade beeindruckende Originaltrifore (dreibogiges Fenster) soll sogar noch im Original erhalten sein!

Das zur Basilika gehörende Kloster wurde 1512 völlig zerstört, dessen Nachfolger neu aber direkt in Ravenna errichtet. Zum rückseitigen linken Seitenschiff angeordnet steht der bemerkenswert hohe (37,5 Meter) Glockenturm. Er ist – wie nur für die Gegend um Ravenna üblich – in zylindrischer Form gebaut und ist nicht für Besucher zugänglich. Sein Durchmesser misst ca. 6,17 m, davon beträgt an einigen Stellen die Mauerdicke mindestens 1,91 m. Ein Durchgang ermöglicht den Zugang zum Seitenschiff der Basilika.
Diese wirkt in ihrem Innern erstaunlich weitläufig, wenn man sie betrifft. In einigen ihrer Fenster wird noch die ursprüngliche Verglasung vermutet. Die beiden Seitenschiffe trennen jeweils beeindruckende zwölf monolithische Säulen vom Mittelschiff. Die Säulen finden ihren oberen Abschluss in byzantinischen Kapitellen in Form von Akanthusblättern, stehen unten auf viereckigen Postamentbasen.

Die zahlreichen Versuche über die Jahrhunderte die Basilika zu zerstören, letztmals 1944 im zweiten Weltkrieg haben sie leider ihres originalen Fußbodens und der Decke beraubt. Ein kleiner Bereich des originalen in Mosaik gestalteten Fußbodens findet sich im rechten Seitenschiff der Basilika. Er lässt vermuten, dass der ursprüngliche Basilikaboden früher mindestens 30-40 cm tiefer lag.
Die gesamte Decke besteht heute aus einer schmucklosen Holzbalkendecke, sie soll früher mit Kassetten geschmückt gewesen sein. Auch die mit Marmor verkleideten Wände der Seitenschiffe existieren so nicht mehr.
Dafür stehen in beiden Seitenschiffen elf Mamorsarkophage aus unterschiedlichen Epochen, die unbedingte Aufmerksamkeit verdienen. Sie dienten vorrangig, zwei Kindersarkophage ausgenommen, als Gräber den ravennatischen Bischöfen bis in das VIII. Jahrhundert. Nicht immer kann deren Zugehörigkeit eindeutig bestimmt werden und da man auch hier und da mehr als ein Skelett bzw. zwei Schädel in einem der Steinsärge vorgefunden hatte, ist auch hier die reale Zugehörigkeit der Gebeine zumindest fraglich.
Sich von einer fachkundigen Person in einer Führung die Unterschiede der sakrophalen Steinkunst erzählen zu lassen, ist sehr zu empfehlen.
Die besondere Schönheit der Basilika Saint’Appolinare sind aber wirklich die in Technik, Farben und Geschichte beeindruckenden Mosaike, die die zum Mittelschiff zugewandten oberen Wände der Seitenschiffe zeigen. Vor allem natürlich das große gesamte Mosaik, das die Apsis der Basilika vollends auskleidet und mit dem das Licht der Fenster zu jeder Tageszeit – besonders hübsch am Morgen – spielt. Demgegenüber wirkt der Altar aus Marmor oberhalb der Treppe, der Jungfrau Maria gewidmet, erstaunlich klein, zierlich und zurückgenommen.
Man sieht im unteren Bereich der Apsis in chronologischer Reihenfolge die ravennatischen Bischhöfe um die Zeit des Heiligen Appolinaris dargestellt. Dem einen oder anderen von ihnen soll das Antlitz des Appolinaris nachts im Gebet begegnet sein, was zu deren Darstellung hier legitimierte. In dem Altar werden also (auch) die Reliquien dieses ersten Bischofs aufbewahrt und die dahinter hängenden Mamortafeln erzählen von seinem Wirken und der Überführungsgeschichte seiner sterblichen Überreste.

Die Apsismosaike werden zeitlich dem VI. Jahrhundert zugerechnet und gehören zum auslaufenden frühchristlichen ravennatischen Zyklus. Sie sind in zwei Zonen aufgeteilt, Im oberen Bereich wird die Geschichte Christi am Berg Tabor erzählt, wobei Christus hier als Symbol in Form des Kreuzes deklariert wurde mit einem nur ganz kleinen Antlitz mitten im Kreuz. Wir sehen Moses und Elias. Als drei Lämmer dargestellt und seitlich aufgeteilt die Aposteln Petrus, Jakob und Johannes. (Wie immer: click aufs pic makes it big!)
Im unteren Bereich grüßt der Heilige Appolinaris betend aus dem Paradies – zumindest aus einer paradiesischen Landschaft. Auch ihn begleiten Lämmer, hier zwölf an der Zahl, die wohl die christliche Glaubensgemeinschaft symbolisieren.

Die Szenen wirken realistisch, wenn auch etwas naiv dargestellt. Überall finden sich Motive aus der Pflanzen- und Tierwelt wieder. Und seitlich aus dem Zentrum heraus tretend werden rechts und links Szenen aus dem Alten Testamente erzählt. Es ist alles in allem eine farbliche Vielfalt, die viele Jahrhunderte überdauert hatte, stellenweise überarbeitet und Blattgold lässt häufig grüßen.

Es ist eine faszinierende Welt voller kleiner Steine. Sehenswert ist dieser Ort, dieser Kunstschatz auf jeden Fall!


Classis Ravenna – Museo della Città e del Territorio
Keine zehn Fußminuten von der Basilika Saint’Appolinare entfernt wartet das Classis Ravenna – Museo della Città e del Territorio mit einem anderthalb Hektar großen Park und einer Ausstellung auf 2600 Quadratmeter Fläche darauf, Besucher in die besondere Geschichte von Classe und somit ein Stück weit auch Ravennas zu entführen.
Die modern gestaltete Exposition zeigt multimedial ganz modern aber auch im herkömmlichen Ausstellen der archäologischen Exponate und früher verwendeten Technologien eine nie langweilige Reise zurück in weit entfernte Jahrtausende. Interessierte Besucher*innen begegnen den etruskisch-umbrischen Wurzeln der Stadt, der Ausweitung von Classe in der römischen Phase, der gotisch-byzantinischen Epoche bis in das Mittelalter.
Der Eintrittspreis für beide Sehenswürdigkeiten, also Basilika und das Classis Ravenna Museo, beträgt zusammen derzeit 8 Euro. Für die Basilika wählt man ein Zeitticket, das Museum kann den ganzen Tag von 10-17 Uhr besichtigt werden. Ermäßigungen sind möglich, Kinder bis sechs Jahre haben freien Eintritt.

Weitere Informationen zu den Sehenswürdigkeiten in und rund um Ravenna findet ihr auf ravennantica.it.

2022-10-03

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Als ich vor ca. einem Jahr in Apulien Urlaub machen durfte bei meiner Freundin Carmen, da trat eines Tages diese Jacht vor dem Hafen von San Focca auf. In den Hafen kann das Schiff nicht. Dieses Schiff kann wohl in die allermeisten normalen Häfen nicht einlaufen, so ein Koloss ist das.

Die Yacht A in einer Kieler Werft gebaut. Dreimaster, acht Decks mit 142,81 Metern wohl die längste Segelyacht der Welt. Stahlrumpf.

Wir waren alle fasziniert. Das Schiff ist wirklich schön – und seine Beschichtung lässt es je nach Sonnenstand weiß, silbern oder wie hier goldig scheinen. Ich kann es beurteilen, die Yacht A lag zwei Tage vor dem kleinen Badeort. Nur liegt sie wohl in Triest vor Anker, beschlagnahmt. Denn sie gehört dem Oligarchen Andrei Melnitschenko. Und damit schließt sich der Kreis. Hätte ich letztes Jahr gedacht, dass wir eine Weltsituation wie diese heute hätten?

Ich hatte keine Vorstellung. Gar keine! Wir alle wohl nicht. Ist das nicht alles unglaublich schräg?

Sei es drum. Es ist ein Jahr rum. Und ich hatte gestern Älterwerdung. Kann man nix machen. Oder ist einfach dankbar. Vermutlich so ein Ding dazwischen. Und wieder einmal wird mir klar, das Leben ist sehr unvorhersehbar. Es war persönlich eigentlich ein sehr schönes Jahr und ich hatte lang nicht mehr so viel Zuversicht mein Leben betreffend, wie in diesem Jahr. Bis nun … naja.
Ich mache mich heute wieder auf in dieses schöne Land Italien, das uns mit den letzten Wahlen auch den europäischen Gesamtschock versetzt hat. Aber ich werden mich wohl auf das Gute konzentrieren. Ein paar Tage Apulien, ein paar Tage Emilia Romagna nach Ravenna und wieder ein paar Tage Apulien. Ich freue mich. Und vermisse Shiina jetzt schon!
Im Hintergrund seht ihr den Turm der Liebenden (bei Otranto). Liebe. Ist es nicht das, was wir zur Zeit ganz besonders brauchen? Also bitte: Macht etwas daraus.

2022-09-26

Christian Lindner

Wenn Christian Lindner jetzt in die Kamera spricht, die Gasumlage wäre das falsche Mittel, denn sie würde die Gaskosten verteuern, dann frage ich mich ob der Bundesfinanzminister intellektuell im Sinne seiner beruflichen Position noch ganz fit ist?

Sollte ihm das nicht schon bewusst gewesen sein – als Bundesfinanzminister –, dass x-viele Cents auf die Preise für Gas und Strom erhöhen?

Sollte ihm wirklich nicht vorher schon bewusst gewesen sein, dass er damit mitten in einer Inflationen Haushalte und Unternehmen mit der Gasumlage in die Privatinsolvenzen/Insolvenzen/Stilllegungen entsendet?

Sollte ihm nicht bewusst gewesen sein – hier aber auch in Gemeinsamkeit mit dem Bundeswirtschaftsminister – dass der kurz- und langfristige Schaden für die deutsche Wirschaft Stillstand und Rückschritt verursacht? Wobei ich dem Bundeswirtschaftsminister zugute halten möchte, dass seine Idee zur Gasumlage letztendlich aus Lindners Weigerung, die Schuldenbremse nochmals um ein Jahr auszusetzen, resultiert.

Und jetzt kommt Lindner plötzlich geläutert und lahmfromm um die Ecke, da ihm deutlich wird, dass er in Niedersachsen höchstwahrscheinlich um den Einzug in den Landtag fürchten muss? Und er natürlich nun versucht, Habeck als den Trottel darstehen zu lassen, nur um ihn ein paar Punkte abzuluchsen?

Er ist, meiner Meinung nach, nur erbärmlich. Dieser Christian Lindner macht keine Politik für dieses Land. Er ist immer noch im Modus der langjährigen Opposition gefangen, die ihm als Grundhaltung Verweigerung gelehrt hat.

Dieses Mal hat er mit der Entscheidung für die Gasumlage, dem in dieser Zeit strunzdämlichen Festhalten an der Schuldenbremse aber vorrangig damit seinen eigenen Wählerkreisen in die Hinter getreten, nur weil er für den kleinsten Teil seiner Wähler (1 %) keine Reichensteuer abtrotzen müssen. Und hat das nicht vorhersehen wollen?

Er ist in einem Dilemma und nicht wirklich Willens für das Land eine konstruktive Finanzpolitik zu gestalten, um Deutschland in dieser besonderen Zeit mit geringsten Schaden zu bringen. Vor allem ist er nicht Willens in einer solchen Zeit auch von den Reichsten im Land gesetzlich die sinnvolle Unterstützung der Landesfinanzen abzufordern.

Er ist ein Schaumschläger. Hängt sein Mäntelchen in den Wind und knickt bei der kleinsten echten Brise ein.

Ich finde Christian Lindner gruselig!