2015-10-18

Nähmaschiniges II und meine stille Fassungslosigkeit

Fairerweise möchte ich meine kritischen Anmerkungen zum Thema neue Nähmaschinen und ihre Haltbarkeit von letzter Woche etwas zurücknehmen und mein Urteil über die dort speziell angesprochenen Brother-Nähmaschinen etwas revidieren. denn der Kurs hat mir wieder einmal gezeigt, wie Frauen sich emanzipieren. Oder eben auch nicht. Kurz: Frauen und Technik!

Tag zwei hat mir auf vielen Ebenen die Augen geöffnet.

Wir hatten die beschriebenen Probleme mit den Nähmaschinen und am zweiten Tag spitzte sich das irgendwie immer mehr zu. Einer Kursteilnehmerin, die mir sehr nahe saß, versagte die Maschine komplett den Dienst. Sie ließ ständig den Unterfaden reißen. Da ich meine Nähmaschine mitgenommen hatte, konnte ich ihr wenigstens die Maschine aus meinem Schrank überlassen. Die eine von zu Hause mitgebrachte Singer der Teilnehmerin rechts von mir gab am Vormittag komplett auf, ihre Lustlosigkeit deutet sich bereits den Tag zuvor an. Somit musste auch diese Teilnehmerin auf eine der VHS-Maschinen umsteigen, was von Problemen begleitet war; die ich allerdings auch geneigt wäre einer gewissen persönlichen Auseinandersetzung der nähenden, ganz reizenden aber recht speziellen Protagonistin mit dem neuen Gerät zuzuordnen.

Wieder eine andere Teilnehmerin musste dann neuen Faden auf die Unterspule holen und bis das funktionierte, ging eine gute dreiviertel Stunde ins Land. Bis sie sich mit der Technik auseinander setzte und es sich zeigte, dass unterhalb des Spulenaufsatzes ein oder mehrere nähende Teilnehmer den Faden quasi in der Maschine aufgespult hatten – und diesen nicht mehr entfernt hatten. Als sie dann ein mehrfarbiges Fadengespinst unterhalb der Spule aus der Maschine raus operiert hatte, wanderte ihr Problem mit den Fadenresten in den Mülleimer. Das Problem, dass ihre Maschine nur noch einen einzigen Stich rückwärts nähen wollte, blieb allerdings bestehen.

So wie diverse Probleme einiger anderer Teilnehmerinnen, weil die Maschinen nicht so sauber nähen wollten, wie es die eigene Maschine zu Hause tat.

Während wiederum eine Teilnehmerin, die sicherlich von allen das aufregendste und überhaupt nicht triviale Projekt sich vorgenommen hatte, ämlich eine Transporttasche für ihr Spinnrad zu nähen, ihrer Nähmaschine ein paar hübsche Herausforderungen zumutete, wie sehr festes, recht dickes Fließ, Füllwatte und festen Stoff zu nähen bzw. zu quilten – und beide das erstaunlich gut auf die Reihe bekamen.

Genau sie war es, die sich dann in einer ihr selbst von ihrem Projekt verordneten Pause, an die erste defekte Maschine setzte und schlicht und einfach mal die Transportplatte hochnahm (uiuiui Einsatz von Schraubendreher!), das Ding reinigte und dann die Dozentin fragte, ob sie ein paar Tropfen Nähmaschinenöl hätte. Was die Dozentin verneinte. Was mich faszinierte, denn sie ist eine der dort am häufigsten lehrenden Kursleiterinnen und es war spürbar, sie hatte null Bock darauf sich den Maschinen einmal von der technischen Seite zu nähern. Der Einsatz der Kursteilnehmerin zahlte sich jedenfalls aus, die Maschine nähte wieder – auch wenn ein anderes Problem bestehen blieb. Nun, es war aber eben auch kein Öl im Haus!

Also ein Raum voller Nähmaschinen ohne Nähmaschinenöl. In einem Raum in dem täglich mehrfach unterschiedliche Näherinnen unterschiedlicher Nähkompetenzen (was eben auch bedeutet Nähmaschinenkompetenzen), konnte man also die Nähmaschine bei Bedarf nicht ölen. Das fand ich dann doch spannend. Denn mir hat auch nie jemand die pflegende Auseinandersetzung mit meinen Nähmaschinen beigebracht, aber das ich sie mindestens einmal im Jahr reinigen und ölen sollte und wie das funktioniert, das hat mir die Bedienungsanleitung erklärt. Und genau die hat auch sehr deutlich gemacht, dass das Ölen der Nähmaschine ihr very best friend ist.

Und dass Motoren und Metalle, die sich reiben hier und da Öl brauchen, ich glaube, das ist doch nun allgemeines Schulwissen oder? Während dann die Dozentin den Schlamassel entschuldigte – im Sinne von wegen moderne Technik und Maschinen wären viel im Einsatz und unterschiedliche, nicht immer sachgemäßge Bedienung – meinte ich dann lapidar, das sei alles klar aber unter solchen Bedingungen gehörten Maschinen doch erst recht mindestens einmal im Jahr in die Wartung. Da guckte sie groß. Ich hab's dann verstanden. Ich habe ja in dieser VHS noch keine Dozentin kennengelernt, die wirklich Bock auf diese neuen Maschinen hatte, ergo wird sich auch keine von ihnen um die Maschinen kümmern. Ggeschweige denn für das relativ schmale Gehalt sich in der Freizeit hinsetzen und die Maschinen reinigen und ölen. Der Fachbereichsleiter wird das auch nicht auf dem Plan haben (zumal es Geld kostet) und so sehen diese Maschinen im Rahmen ihrer Beanspruchung einfach auch keine Sonne. Das Resultat … nun ja … Ärger auf allen Seiten.

Aber ich denke eben auch nicht, dass es der Job ist von Teilnehmerinnen die Maschinen zu warten oder? Obwohl ich es als Dozentin eines jeden Anfängerkurses zum Kursinhalt machen würde.

Zumindest wollte die Dozentin daraufhin anregen, dass die Maschinen während der Herbstferien in die Wartung sollten. Was man vermutlich nicht erwarten sollte, dass das so kurzfristig tatsächlich geschieht. VHS planen ihre Budgets sehr knapp.

Am Schlimmsten fand ich dann aber in der Diskussion von uns Teilnehmerinnen, die sich dem Thema dann anschloss. Wie nämlich durch die ganze Bank weg Kommentare kamen an die Frau (zwei Schrauben gedreht, Staub entfernt), wie toll es sei, dass sie sich der großen technischen Herausforderung stellte. Und wie mutig und frau (sic!) selbst könne das ja nicht (mehrfach bestätigt). Und das würde immer „mein Mann” machen, denn „ich habe es mit Technik nicht so am Hut.” Wie auch es anscheinend die Männer immer waren, die den Frauen die Nähmaschinen kauften. (Und da wundere ich mich, dass auf Amazon nicht wenige Männer die Nähmaschinen-Rezensionen für ihre Frauen schreiben.)

Dann hört man so Sätze wie „mein Mann schenkt mir eine neue Nähmaschine, weil meine alte kaputt ist” und wenn ich frage, was die Maschine denn habe, kommt ein: „weiß ich nicht, sie nervt mich einfach.” Ja klar, wenn man der Technik nicht näher kommen will, dann wird es schwer die Technik zu begreifen und dann macht diese gelegentlich Probleme, denen man nicht entkommt – weil man sich ihnen nicht stellen will. Kurz: manchmal sitzt das Problem in der Bedienerin, nicht in der Maschine. Das wird aber ein neues Nähmaschinenmodell nicht ändern können oder?

Und die Overlock geht auch in den Second Hand-Markt, weil das Einfädeln so schwer ist. (Also das Einfädeln von Overlock-Nähmaschinen ist sicherlich nicht die witzigste Aufgabe auf diesem Planeten und an manchen Tagen sollte man es auch einfach lassen und ja, am Anfang muss man sich echt ein paar Mal durchbeißen und ein gepflegtes „Scheiße!” brüllen. Aber es gibt heute auf YouTube für jede Overlock-Marke ein „How to thread the Sewer”-Tutorial – und es gibt überhaupt keinen Grund, deswegen auf eine Overlock zu verzichten oder sie abzugeben.) Das muss man nun wirklich nur wollen!

Ich fühlte mich letzten Sonntag ein wenig in das Wohn- und Esszimmer meiner Großeltern ins Jahr 1970 versetzt, wo Oma und ich an ihrer Paff Nähmaschine saßen und immer, wenn die Maschine Fadensalat produzierte – was sie immer tat, sobald ich an ihr saß – war erst einmal Schluss mit dem Nähen, denn es war alleine der Opa, der offensichtlich die Fähigkeit besaß, den unteren Greifer vom Fadengeschwurbel zu befreien – obwohl der nie nähte.

Und offensichtlich hat sich da im Jahr 2015 gar nichts oder nur sehr wenig verändert. Frauen haben kein Interesse an Technik, noch möchten sie sich um Technik sorgen oder sich mit ihr auseinander setzen – auch oder sogar dann nicht, wenn sie alleine es sind, die diese Technik bedienen. Das muss ich zumindest als Erfahrung aus diesem Kurs mitnehmen. Und das macht mich traurig.

Und ich denke mittlerweile auch, dass die Brother Nähmaschine eine an sich ganz okaye Maschine ist. Und die Modelle hier einfach nur das Problem haben von DAUs genutzt zu werden, von den Dozenten nicht geschätzt werden und einfach nicht im Mindesten umsorgt werden, wie es ihnen unter der Arbeitslast eigentlich zustünde. Ich entschuldige mich.

2015-10-17

Ich, ein Backpulver-DAU

Nachdem ich mich aus den großmütterlichen Alarmansagen, die sich gerne selbst erfüllen in ihrer Prophezeiung, hinsichtlich der Gangbarkeit von Hefeteig befreit habe, kann ich sagen: ich kann Hefeteig zubereiten. Immer. Es ist dabei egal, ob ich quer durch das Universum menstruiere, der Vollmond rückwärts läuft, Regen von links nach rechts fällt, ein Zug durch die Wohnung fährt oder sonstige unmöglichen Lebensbedingungen, die den Übertragungen nach das Gelingen von Hefeteig unmöglich machen. Mein Hefeteig funktioniert immer.

Ich nehme immer frische Hefe, setze sie in etwas Zucker ihrem Auflösungsprozess aus, füge sie nach 15 Minuten mit den restlichen Zutaten zusammen, schlage den Teig mit großem Vergnügen, stelle den Ofen für 5 Minuten auf 50 Grad und dann wieder aus, schlage ein Tuch über die Schüssel und stelle diese in den Ofen (Sommervariante auf den Balkon).

Der Teig geht. Immer.

Aber lasst mich ein Kuchenrezept zubereiten wollen, dessen Teig fröhlich treiben möchte durch Beigabe von Backpulver und ich produziere prima Sitzenbleiber. Und ja, ich habe immer Backpulver im Rahmen seiner Haltbarkeit, unterschiedliche Varianten (also auch Weinstein).

Es muss hier irgendeinen Geist in der Küche geben, der mir und Backpulver immer in unsere Beziehung schießt. Immer. Jedes Mal.

(Aus der Reihe: *seufz*)

2015-10-16

Danke Bild!

In der Schule in den oberen Klassenstufen hatte ich einen, für unser Alter, schon recht eloquenten Mitschüler in der Klasse, dessen erklärtes Berufsbild Journalist war. Das Berufsziel hat er für sich durchgesetzt, das kann man nachlesen.

Dieser junge Mann sprach einen der wenigen Sätze, die ich überhaupt aus der Schulzeit für mich als prägend mitgenommen hatte. Als wir wieder einmal in den sozial-politischen Diskussionen die übliche gymnasiale von oben herab Litanei auf Bild und ihre Leser herabließen, sprach er den Satz „Ich lese die Bild, denn es ist sehr wichtig zu wissen, was das deutsche Proletariat denkt.”

Dem Satz ist eine gewisse Überheblichkeit gemein, dennoch steckt kluges Potential in ihm. Tatsächlich ist es wichtig zu wissen, was der deutsche Bürger denkt, der aus welchen Gründen auch immer anderen journalistischen Ergüssen nicht folgen will oder kann. An der Stelle ließ sich noch sehr viel mehr anmerken, denn ich bin überzeugt davon, vor allem über Bild und ihre Leser könnte man unendlich viel und unterschiedlich und immer interessant promovieren.

Ich habe das daher oft getan, ich habe Bild gelesen. Ich habe noch nie eine Bild gekauft aber habe natürlich immer, wenn sie irgendwo auslag, hinein geguckt. Dann kam dieses Internet und da habe ich dann deutlich öfter die Seite aufgerufen. Und das macht etwas mit einem. Es macht vor allem viele ungute Gefühle. Es macht auch sehr hoffnungslos. Und ganz oft macht es einen ekeln. Davon abgesehen, dass die Seite voll orthotypographischer Fehler wimmelt – das kann man natürlich von einem der größten deutschen journalistischen Medien nicht verlangen, dass es seinen Lesern ein Lektorat bietet.

Die Idee Das Wissen zu haben, es gibt wahnsinnig viele Menschen in diesem Land, die die Ergüsse der Bild zur Kenntnis nehmen, sie nicht hinterfragen sondern für sich adaptieren, es tut einfach nicht gut. Aber es gehört eben zu meinem Bild von Verständnis wohin dieses Land in Zukunft gehen wird, sich dem auszusetzen. Immer gab es Momente, Situationen, da habe ich mir ausdrücklich verboten diesem Medium meine Aufmerksamkeit zu schenken. Zum Beispiel bei dem Flugzeugabsturz der Germanwings in Frankreich in diesem Jahr. Ich weiß, wie Bild mit Opfern umgeht. Man weiß, es kommt aus der Ecke genau das, was man nicht lesen möchte. Bild in der Griechenlanddebatte. Das war mit das journalistisch Schlimmste, was ich aushalten musste – und man kam nicht daran vorbei, auch wenn man die Seite gar nicht angesurft ist. Das ist der Punkt: ein im Internet aktiver Mensch kommt eben nicht mehr an Bild vorbei.

Nun hat Bild.de in dieser Woche etwas gemacht, wofür ich ihnen fast die Füße vor Dankbarkeit küssen würde wollen: Sie haben mich von ihrem Online-Portal ausgeschlossen. Denn ich verwende selbstverständlich AdBlocker auf meinem Rechner, weil ich – wann immer ich das kann – mir meine Lesezeit nicht von Werbung online stehlen lassen möchte. Trotzdem werde ich noch mehr als häufig als Käuferin angesprochen, das reicht völlig. Ich habe großes Verständnis dafür, warum Werbung für manche Portale ein Mittel zum (Über-)Leben ist. Aber dumme Werbepenetranz vor allem mit PopUps habe ich mit AdBlocker abgestellt.

Bild.de möchte mich nun aber in der Großherrlichkeit zwingen meine Entscheidung zu revidieren. Gestern folgte ich einem Link, den ich vorher nicht als Bild-Link wahrgenommen hatte (wie gesagt, man kommt gar nicht an Bild vorbei) und landete auf der Portalseite und bin abgewiesen worden. Meine Entscheidung hierzu steht natürlich fest. Ich lasse mir von Springer & Co. sicherlich nicht sagen, wie ich meinen Rechner einzurichten habe.

Was sie damit vor allem aber erreicht haben, ich fühle mich wieder gut. Fast befreit. Ich kann Bild hinter mir lassen, denn schlussendlich bin ich alt genug zu wissen, wie ein Teil der deutschen Bevölkerung tickt. Ich brauche die unregelmäßige Nachhilfe dieses Portals dazu gar nicht mehr. Bild.de hat mir also geholfen, diesen Schmutz, die damit verbundene gedankliche Qual, abschalten zu können.

Das, habe ich eben festgestellt, tut richtig, fast reinigend gut. Ein sehr unangenehmes Pflichtprogramm hat sich aus meinem Alltag verabschiedet.

Da sage ich doch mal „Danke Kai!”

Übrigens gebe ich Bild.de knappe sechs Wochen, dann werden sie zurückrudern und sich über die verlorenen Klickzahlen ärgern. Den Regeln des Internets nach, haben sie sich mit der Aktion prima ins eigene Bein geschossen. Und Wundheilung kann heute etwas länger dauern.

2015-10-14

Sterbehilfe – und wirtschaftliche Interessen

Die Huffington Post zu verlinken, macht mir leichte Bauchschmerzen. Dennoch, Ludwig A. Minelli hat einen höchst interessanten Artikel darüber geschrieben, wie die wirtschaftlichen Interessen einzelner Unternehmen – und deren Stiftungen – für ein Verbot der Sterbehilfe arbeiten. Kurz: Ihr sollt nicht selbst entscheiden dürfen, wann Ihr gehen möchtet und das dann human tun dürfen, weil Kirche, Pharma- und Medizin-Industrie das Geschäft mit Euch verloren ginge.

Und falls es Euch jetzt wie Schuppen von den Augen gefallen ist, ich habe auch wieder einmal bemerkt wie unfassbar naiv ich gelegentlich immer noch unterwegs bin.

Das Allerniedlichste bei Bosch …

… ist ja, dass Dir der Servicemitarbeiter, wenn er in Deinem Haus an Deiner Waschmaschine einen Schaden diagnostiziert und Du nicht direkt den Reparaturauftrag erteilst, weil Du das erst einmal mit der Schiedstelle klären willst/musst, dass der Dir dann den Stecker von Deiner Waschmaschine zieht, weil Du sie nicht mehr bedienen darfst.

Deine Waschmaschine. Wohlbemerkt.

(Aus der Reihe: ich ärgere mich gerade warm.)

2015-10-13

Galgen

Galgen auf Demos sind scheiße. Das hängt damit zusammen, dass Galgen grundsätzlich scheiße sind. Generell und auf jeder Demo. Vor allem aber im praktizierten Habitus ihrer Aufgabe. Es ist ein Zeichen profunder menschlicher Weiterentwicklung, dass hierzulande Menschen nicht mehr gehängt werden.

Und Menschen, die für anderen Menschen den Galgen fordern, sollten sich vielleicht doch mal für ein paar Wochen ihrer Lego-Sammlung widmen, um wieder runterzukommen von ihrem Trip.

(Aus der Reihe: Man! Man! Man!)

2015-10-11

Nähkursiges

Der Wochenendenähkurs war sehr angenehm. Es waren ein paar Bekloppte im Kurs und ein paar Nette, wobei auch die Bekloppten extrem reizend und nett waren. Wir hatten einen gemeinsamen Feind, die Nähmaschinen, das erdet dann doch und verbindet im gemeinsamen Leid. Die Dozentin war so etwas von tiefenentspannt, dahin muss man auch erst einmal kommen.

Ich habe eine Tasche genäht und diverse wilde Tipps für diverse andere Nähtechniken bekommen. Alles war ein bisschen durcheinander. Aber schön durcheinander.

Heute wurde ich sogar zwei Mal dafür gelobt, dass mein Arbeitsplatz so aufgeräumt aussieht (auch während des Arbeitens). Ich nickte scheu und meinte, ich bräuchte das so. Und dachte insgeheim: „Ach guck an! Was die panische Angst davor, Deine Katzen könnten Fäden fressen oder sich Nadeln in die niedlichen kleinen Puschelfoten treten, so alles anrichtet mit einem.”

Die sollten mich mal beim Kochen sehen …

2015-10-10

Nähmaschiniges

Vor zwei Jahren besuchte ich einen Nähkurs bei der Volkshochschule. Nicht den ganzen Kurs, ich bin nach drei Tagen ausgestiegen, weil ich mit der Dozentin kein bisschen klar kam. Das war schade aber da die Frau wenig Interesse zu haben schien, uns etwas beibringen zu wollen, entschied ich mich, mich nicht weiter über sie ärgern zu wollen – und lernte weiterhin lustige Dinge zum Thema Nähen via YouTube.

Wer mein Blog schon etwas länger liest, kennt die schmerzlichen Geschichte vom Nähmaschinen-Austausch bei dieser Volkshochschule. Gute unkaputtbare Paff-Nähmaschinen wanderten zur Caritas und der Einkäufer stellte von Brother das Anniversary-Modell hin. Maschinen, die heute noch gute 300,— Euro kosten.

An einer solchen Maschine im gleichen Raum wie damals nähte ich nun heute gute zwei Jahre später in einem VHS-Wochenendekurs mit lauter Teilnehmerinnen, die bis auf zwei Ausnahmen größtenteils schon sehr viel Ahnung haben vom Nähen. Und ich kann nur sagen: die Maschinen sind nach nur zwei Jahren offensichtlich so runter gerockt, dass es keinen Spaß macht mit ihnen zu arbeiten. Noch nie habe ich so schlampig einen Reißverschluss eingenäht, eine gerade Naht scheint bei der Maschine der unmögliche Fall. Der Einfädler funktioniert alle drei Versuche einmal, bei manchen Maschinen gar nicht mehr. Ich hatte heute alleine drei gerissene Fäden (so etwas kenne ich an meinen Maschinen überhaupt nicht.) Bei einigen Maschinen näht die Maschine rückwärts, via Tastensdruck, nur noch einen Stich. Die LED-Lampen sind Funzeln (dagegen strahlt die Lampe an der Pfaff hell wie der Morgenstern.)

Meine Tischnachbarin hatte gleich – wohlwissend, sie mag die Maschinen nicht – ihre eigene Singer mitgebracht, ein etwas besseres Modell als die Aldi-Einstiegssinger, wie sie sagte beim TV-Sender eingekauft. Auch diese Maschine – auf die wohl noch Garantie ist – zeigt heute bereits erste Auflösungserscheinungen am Gehäuse und hatte zum Ende des heutigen Tages hin den Dienst direkt ganz quittiert.

Dafür piepen die Maschinen schön. Ich will nicht sagen, dass diese Brother Maschinen Schrott sind – aber wer viel nähen möchte und regelmäßig, möge davon seine Finger lassen.

Die Dozentin war irgendwann leicht verzweifelt, weil sie mehr Maschinensupport andienen musste als Hilfestellung bei den einzelnen Nähprojekten geben konnte. Was der Sinne der Sache wohl eher nicht ist. Ich denke, ich nehme morgen mein nette kleine kompakte immer willige unkomplizierte gänzlich analog funktionierende Wertarbeit-Maschine mit. Diese Brother dort tue ich mir nicht noch einmal an.

Soviel also dazu.

Lustiges Erleben nebenbei. Das Gespräch kam auf andere VHS-Nähdozentinnen und zwei Teilnehmerinnen regten sich über eine der Damen auf. Unmöglich, was die für einen Ton am Leibe hatte, habe die Teilnehmerinnen wie Lehrlinge behandelt usw. usf. Ich konnte nur nicken und wusste sofort, von wem die sprachen. Fünf von heute acht Teilnehmerinnen kannten die Dame, eine fand sie gut, vier (einschließlich meineeine) waren gar nicht begeistert, drei davon hatten ihren Kurs vorzeitig verlassen. Oder wie unsere heutige Dozentin still und leise meinte, „Frau Z. würde nicht mehr so viele Kurse geben.”

Hach ja nun näch?!

2015-10-08

Karower Riesenbovist

Neulich an den Karower Teichen einen Riesbenbovisten getroffen. Immerhin ich trage Schuhe in Größe 41.

2015-10-07

Menschenspaß mit Katzenspielzeug

Neulich überlegte ich bei einer riesengroßen Zooplus-Bestellung, bei der es dann eh auf gar nichts mehr ankam, den Katzen dieses Dingens mitzuordern. Hatten wir bisher noch nicht. Habe mich aber dagegen entschieden und lieber Raschelstinkeigel gekauft. Tally liebt Raschelstinkeigel. Nishi auch. Shiina auch. Raschelstinkeigel sind 'ne sichere Sache. Aber sowas von!

Heute räume ich ein bisschen die beiden Katzenboxen auf und fand genau so eine Türrahmenangel, die den Katzen schon geschenkt wurde. (Manchmal ist hier etwas Überangebot an Spielzeug, da räume ich dann die Geschenke für Miezen erst einmal weg. Dieses hier hatte ich wirklich vergessen.) Also die Packung eben aufgemacht und eine Türspielangelinstallation vorgenommen. (Was denkbar einfach ist. Federdingens an Gummischnurr binden, Gummischnurr an Plastiktürzargenhalterung. Plastiktürzargenhalterung an Türzarge hängen und warte, was passiert.

Nishi: Erklärt mir den Aufbau, spielt ein bisschen mit dem Federdingens, während es noch unbeweglich herumliegt, würdigt es keines Blickes mehr als es hängt, analysiert dafür höchst interessiert diese Plastiktürzargenhalterung und schreibt einen Bericht für das Qualitätsmanagement.

Tally: Meint „Naja, kann ich bitte das Gummiband haben?”

Shiina: Liegt wie Plumperquatsch unter dem Ding und lässt sich von mir das Gummiband hoch und runterbewegen, damit es ihr an die Pfoten döngelt, wo sie es dann großherzogkätzisch eventuell fängt und festhält.

Kurz: ich bin beschäftigt.

2015-10-06

So gelacht!

Neulich war ich mal wieder im Prenzlauer Berg. Der Bezirk ist für mich ein schwer zu ertragenes Pflaster geworden. Voll durch saniert, können sich die wenigsten eingeborenen Berliner dort noch Wohnraum leisten. Alteingesessene Geschäfte haben längt dem üblichen Firlefanzläden weichen müssen. Will man dort etwas essen, steht garantiert „Bio”, „Vegan” und „Superfood” irgendwo auf der Speisekarte. Und einen Großteil der Leute erlebe ich als wären sie nicht von dieser Welt. Zumindest sind sie selten von dieser Stadt. Und das Unangenehme daran: sie lassen es einen spüren. Und glauben, das mache sie besonders. Also in einen Kiez zu ziehen, in Massen, sich schick zu finden und sich eine cleane Parallelwelt in einer Stadt aufzubauen, in die sie mal gegangen sind, weil diese Stadt so laut, so rüpelig, so einzigartig war und die sie jetzt ins Bürgerliche umerziehen wollen, weil die Kinderchen in Scharen kommen und die brauchen ihr Umfeld doch nun sicher, sauber und rosarot. Und alles, was dieses mit viel Geld tot gekaufte Umfeld bedroht, ist ein Feind.

Ich berlinere im täglichen Sprachgebrauch nie. Also höchstens, wenn die Situation es erfordert. Aber im Prenzlauer Berg muss man einfach berlinern, um sich dann im Stillen erheitert anzugucken, wie unangenehm berührt diese Muttis gucken, wenn sie merken, dass sie es in ihrer Enklave mit einer Eingeborenen zu tun haben.

Aber wenn ich ehrlich bin, der kiezneurotiker hat's viel viel schöner beschrieben. Spielplatzscheiße.

2015-10-05

Oma

Mein lieber Freund Micha schickte mir zum Geburtstag ein supertolles Geschenk mit diesem lustigen Text.

Weswegen mir Amazon gleich noch einen Gutschein mit dieser Werbebotschaft beilegte.



Und WEHE es lacht jetzt hier eine/r!

(Aus der Reihe: Ich bin auch nur ein ganz kleines bisschen sensibel.)

Basilikum, ein zartes Pflänzchen …

Der Tipp in diesem Artikel „Warum Basilikum zu Hause immer eingeht” mit der Plastikfolie ist interessant und gut und deckt sich mit meiner jüngsten Erfahrung mit Minze. Nachdem ich neulich auf dem Balkon meine Minze (nach der Blüte immer der Moment in dem sie mit Läusen fusioniert) massiv zurück geschnitten hatte, die Wurzeln umgetopft (sie kommt auch schon wieder), habe ich als Zwischenlösung ein paar Töpfe (unterschiedliche Sorten) Minze für 99 Cent bei Discounter gekauft.

Einige Töpfe entnahm ich der Folie, eine – die jüngste – blieb darin, denn ich wusste, dass ich die Töpfe zügig Wochenende umtopfen wollte. Die in der Plastikfolie ist deutlich stärker und höher gewachsen als die anderen. Nun ist Minze natürlich im Vergleich zum Basilikum deutlich robuster … aber: ich habe von allen Töpfen in den ein, zwei Wochen auch geerntet.

Mein Tipp für eine gelungene Basilikum-Zucht: täglich nur wenig gießen. Wie im Artikel geschrieben, keine Staunässe, keine Austrocknung. Wobei letztere Basilikum wirklich killt. Täglich ein kleiner Schluck Wasser. Jut ises. Und immer so ernten, dass an einem Blattansatz abgeknipst wird. Dann bilden sich oben schnell wieder neue Blätter.

Proudly Presents …

Die Kartoffelknolle, die es aufgrund hochgradiger Putzigkeit nicht in die Kartoffelsuppe geschafft hat:

2015-10-04

Zuckerschnute versteckt sich …



Übrigens …

… von all diesem Thermomix, Cookpot oder Reiskocher & Co-Gedöns halte ich eine Heißluftfritteuse für mich noch am ehesten für sinnvoll.

Was ich so auch nie gedacht hätte. Ich olle Analog-Frittiererin.

2015-10-01

Wie ich mich in der Pirschheide verlief, das aber ganz schnieke fand!

Eine weitere Wanderung aus meinem Wanderführer hatte ich mir vor einigen Wochen bereits einmal ausgesucht: „Werder – Pirschheide – Potsdam” auf dem E10 (Europäischer Fernwanderweg 10) Ich entschied mich aber die Strecke rückwärts vorwärts „Potsdam – Pirschheide – Werder” zu laufen und fuhr am frühen Mittag nach Potsdam, wetterliches Fachwissen im Gepäck, dass es Abends regnen sollte. Nun regnet es in Potsdam gelegentlich etwas früher, wie ich lernen sollte. Das tat es dann auch prompt an diesem Tag, just nachdem ich den Hauptbahnhof verlassen hatte. Und zwar und wie! Also ließ ich mich den ersten Kilometer nassregnen, philosophierte warum Meteorologen immer von gelegentlichen Schauern sprechen, wenn ich die volle Kanne über Stunden abbekomme und zog mich nass in das Einkaufszentrum am Bahnhof zurück.

Neuer Tag, neuer Glück. Dieses Mal fuhr ich gleich bis Werder durch, über fünf Ecken, denn die Deutsche Bahn macht es uns in ihrem Bastelmodus auch nicht leicht. Den Bahnhof in Werder mag ich irgendwie, ich fahre dort gerne ab und komme dort gerne an. Also kam ich dort gerne an.



Der Wanderweg ist am Bahnhof gut ausgeschildert und so machte ich mich auf den Weg an der Werder Schiffsbauerwerft vorbei und ich überlegte, weswegen ich eigentlich in diesem Leben keine Schiffbauerin geworden bin? Jedenfalls war dort die Aussicht auf die Havel schon sehr hübsch!







Der Weg führt dann zu Fuß über eine autobefreite Eisenbahnbrücke über das Wasser, die mein romantisches Eisenbahnerherz in großes Entzücken versetzte – denn wo hat man das schon mal, dass man sich mit einer Eisenbahn eine Brücke teilen darf? Ich „hachzte” sehr verzückt und aus diesem Grund entschied prompt eine Eisenbahn sich mit mir die Brücke zu teilen.



Am Fuße der Treppe zeigte mir ein Wegweiser den Weg in Richtung Wildpark-West, wohin ich lt. Wanderführer gehen sollte.

Ich weiß auch nicht warum: bei „Wildpark West” hatte ich das Gefühl, ich würde mich im ehemaligen Osten in den wilden Westen begeben und ich erwartete dort aus irgendeinem Grund Cowboys, Saloons und holzige Hütten.



Tatsächlich fand ich Holzhäuser. Aber die mir begegnenden Cowboys auf dem Weg trugen alle Helme auf grauem Haar und fuhren Fahrrad. So hatte ich mich das nicht vorgestellt. Und dass mir plötzlich ein junger hübscher Jogger entgegenlief und mir ein fröhliches „Servus!” entgegen rief, entwirrte meine Verwirrung kein bisschen.



Als ich dann dieses Boot sah, entschied ich mich doch dafür im nächsten Leben Schiffbauerin zu werden.

So lief ich dann durch diesen Ort namens Geltow und bewunderte viele hübsche Häuschen und konnte mir prompt sehr gut vorstellen, auch eines dieser Wassergrundstücke zu besitzen. Wie überall, wenn man durch ehemaliges ostzonales Gebiet wandert, fällt auf, dass dort getätigte neue Bauten viel mehr von der Arroganz der – so ist es leider stark zu vermuten – zugewanderten Neubürger aus den alten Bundesländer geprägt ist als von einem Händchen und Gespür für die etablierte Umgebung. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass das eine neue Haus bei dem ich innerlich am lautesten „Boah. Wat ist dat hässlich?!!” rief, natürlich als das Besitztum einer Architektin ausgewiesen war. Grün milchige Fensterscheiben als äußeres Accessoire eines Hauses – das kann nur jemand haben wollen, der gerne möchte, dass sein Haus bereits in nur zwei Jahren deutliche Signale von „ist aus der Mode” vorzuweisen hat.

Die gute Nachricht, in Geltow dürfen auch Frauen parken.





Wie schon gesagt, wir befinden uns auf dem E10 und gelegentlich guckte doch ein bisschen der wilde Westen durch.



Mein Wanderführer befahl mich die Strecke bis „Zum Markt” zu laufen, ein niedlicher kleiner Platz an dem ein Bus wendet und mich dann links in den Amselweg zu begeben. Den Amselweg säumten rechts und links Kastanienbäume, die nichts Besseres zu tun hatten als in dieser fortgeschrittenen Jahreszeit auszuschlagen indem sie ständig mit Kastanien nach mir warfen!



Am Ende des Amselwegs wartete wie besprochen ein Feldweg auf mich und der war sehr schön, er stand saftig im Grün.



Ich lief diesen entlang und ließ mich prompt formidabel vor dem bösen Bullen warnen.



Kurz darauf warnte man mich wieder vor dem bösen Bullen, stellte mir aber auch eine schön verschrobene Bank





in den Weg und sortierte einen kleinen Tümpel vor dieser. Im Tümpel spiegelten sich aber nur die Wolken und kein Bullenantlitz. Mittlerweile bewarfen mich auf dem Weg auch nur noch die Eicheln.





Und die Luft tat richtig gut und überhaupt war es dort einfach wunderschön!



Rechter Hand traf ich einen Hochsitz und ich gestattete mir, kurz vor meinem Fünfzigsten, zu gucken wie schnell und behebe ich so einen Hochsitz noch hoch- und runterklettere – also: ob ich das noch kann. Ich kann das noch und fand die Aussicht ganz bonfortionös.





Der Wanderführer führte mich zum „Rastplatz Entenfanganlage”,



die wohl so etwas wie eine echt alte Entenmastanlage in Freilandhaltung war, wenn ich seinen Tafeltext richtig deuten durfte.



Und da gefälligst Rast zu machen ist, wo Rastplatz drauf steht, ließ ich mich darnieder und trank etwas Tee und knabberte an meinem Brötchen. Tatsächlich quakten im Hintergrund Enten. Wohl jene, die 1694 die Jagd nach ihnen überlebt hatten.

An dieser Stelle übrigens trennten sich die Wege meines Wanderführers mit meinen in der Realität. Er schickte mich irgendwohin, wo ich trotz allen Bemühens partout nicht landen sollte. Ich gab mir schon sehr viel Mühe! Eine hübsche kleine militärische Anlage wollte meinem Smartphone den Zugriff auf etwaige Erläuterung verweigern, der E10 hörte auch prompt auf mich visuell zu geleiten und so fing ich an den Begriff „vorbei am Rastplatz Entenfang” in neuer Weise zu interpretieren – nämlich indem ich zurück lief. Vorbei muss ja nicht heißen auch kreuzen. Kann ja auch heißen links liegen lassen. So begann ich an einem anderen Ausgangspunkt wieder auf den Wanderführer zu hören, der mich nun aber direkt auf ein Feld mit elektronisch grüßendem Schutzdraht führte. An der Stelle war mir jetzt der böse Bulle auch egal, denn der Wanderführer erzählte was von Bahnstrecke und Unterquerung und die sah ich in der Ferne. Also kletterte ich mit Hilfe eines Hochsitzes über den Draht (es gibt ja solche und solche) und gruselte mich ein bisschen vor dem unsichtbaren bösen Bullen.



Ich marschierte zu den Bahngleisen, fand dort eine Unterquerung die aber mal locker und lässig drei Mal so gruselig war wie ein unsichtbarer böser Bulle und gruselte mich nun aber mal so richtig im Quadrat hoch zehn



– ging da aber durch wie ein unbekümmertes Stadtkind und trat auf ein schönes sattes Feld. Ohne bösen Bullen. Zumindest war er nicht sichtbar. Dafür überall Stellen, wo sich wohl vor kurzem erst die Wildsäue prächtig amüsiert hatten. Aber die waren auch unsichtbar.

In der Ferne hörte ich eine Straße, vermutlich die, an der ich eine halbe Stunde zuvor schon gestanden hatte und hier gab ich nun auf und näherte mich dem befahrenen Ding. Nach rechts wollte ich nicht mehr, da war ich ja schon. Also ging ich nach links, durchquerte eins, zwei, Bahnlinien und war im schönen Kuhfort!



Ich beschloss mich nun gar nicht mehr um den bösen unsichtbaren Bullen kümmern zu müssen, denn auf den Namen „Kuhfort” könnte nur Verlass sein. Da stand linksseitig ein friedliches Schild, das mich zum Einkauf von Gemüse, Obst und Eiern lud. Und nachdem der Wanderführer und ich uns immer noch nicht wieder verstehen wollten, ging ich auf das Gelände, wo der Bauer elegant in einer Hollywoodschaukel lag vor einem kleinen Laptop und bestimmt seine Steuer erledigte. Um ihn, und mittlerweile auch um, mich pickten freundliche Hühner und er begrüßte mich mit einem lässigen „Na, haste Dich verlaufen?”

Hatte ich mich, da gab es ja nun nix zu beschönigen und er meinte mit Blick auf meinen Plan, ich hätte es nicht mehr so weit. Er versicherte mir, er würde mir den Weg zeigen, weswegen ich vorrangig zu meinem Gunsten beschloss, erst noch zehn frische Eier von lustigen roten ganz zufrieden wirkenden Hühnern zu kaufen. Er machte sich Sorgen, ob ich die denn auch weg bekäme aber da spielte mein Rucksack eine treue Rolle und eigentlich wollte ich auch gleich noch Tomaten und Zwiebeln erwerben. Aber dafür schien mir dann das letzte Stück weg in seiner Weite ein wenig zu ungenau.

Also: kauft Eier und Tomaten und Zwiebeln bei dem netten Bauern am Aus- oder Eingang „Kuhfort”!

Er schlurfte dann netterweise mit mir zurück an den Eingang seines Geländes, zeigte über die Straße auf den Kuhfort Damm, befahl mir dort hinein zu gehen, dort nach 20 Metern links dem Kopfsteinplasterweg zu folgen, welcher in einem Waldweg münden würde und dann solle ich immer geradeaus durch den Wald laufen. Immer geradeaus.

Ich mochte den Mann – so sehr freundlich und entspannt. Vor allem fand ich sein Lebenstempo sehr interessant. Ob ich mich jemals auf so ein Schritttempo werde runterregeln können?

Jedenfalls war ab dieser Stelle entschieden, ich würde nicht die Route des Wanderführers am Ufer der Havelbucht nehmen sondern eine nicht geplante Waldroute. Was ja auch sehr schön ist. Ich lief also geradeaus.



Und dann geradeaus.



Plötzlich stand linksseitig im Wald ein Grabstein Gedenkstein und kündete davon, das an genau jener Stelle der olle Kaiser Wilhelm I seinerzeit einen weißen „Edelhirsch” geschossen hätte.



Edelhirsch. Pah! Hätten die damals schon Wikipedia gehabt, dann hätten sie gewusst, dass weiße Hirsche nur ein Produkt der halbdomestizierten Wildparkhaltung gewesen sind. Nix mit Edel und so! Inzucht! Ich beschied so und so des Kaisers Wilhelm Jagderfolge nicht so dolle zu finden und zog weiter: geradeaus.



Der Weg macht so seine Späßeken mit mir, denn nicht immer war geradeaus so eine einfache Sache nicht. Aber den Antioniusweg



nahm ich nicht, sondern beschritt weiterhin hin den Werder Steg.



Ab und an überholten mich wieder Menschen mit Helmen auf ihren grauen Haaren auf dem Rad. Ansonsten ging mir aber die Menschheit dort nicht all zu sehr auf den Keks und die Eicheln hatten auch endlich aufgehört nach mir zu werfen.

Ich lief also geradeaus. Was nicht immer leicht war.



Am Ende nach ziemlich viel geradeaus Gelaufe



endete der Waldweg am Wildpark und die Zivilisation hatte mich wieder. Ich überlegte, ob ich nun die 2-3 Kilometer Richtung Potsdamer Zentrum bewältigen sollte oder den nahegelegenen Bahnhof Potsdam Park Sanssouci entern sollte.

Meine Füße in den erst zum zweiten Mal angehabten Wanderschuhen plädierten aber nach gut 15 Kilometern Strecke in ca. vier Stunden für den Bahnhof und so marschierte ich ganz glücklich über meine zurückgelegte Strecke auf den Bahnsteig, wo ich noch zu lernen hatte, dass es womöglich klüger ist hartgekochte Eier auf Wanderungen besser schon zu Hause zu pellen, weil es, wenn sie erst mal gequetscht wurden im Rucksack, verdammt schwierig wird das noch tun zu können. Das restliche Brötchen und der letzte Tee schmeckte auch während ich auf den Zug wartete und im Großen und im Ganzen war ich sehr zufrieden mit meiner Wanderung und die kleine Wegesänderung. Wenigstens hatte ich Eier!

Und auf dem Gegengleis kam sogar ab und zu ein Zug!

2015-09-29

Berlinmarathon 2015 – Streckenposten

Mein drittes Jahr hier in der Wohnung, die direkt an der Marathonstrecke liegt. So stand ich Sonntag etwas früher auf, sorgte für Kaffee (für mich und Nachbarn), Cola und Bananen (Marathonläufer) und stellte mich mit einem Stuhl an die Strecke – natürlich nicht ohne meine „Wir-sind-Weltmeister-Fanmeilen”-Handklatsche und der Klatsche, die die Nachbarin und ich neulich auf dem Flohmarkt an den Prinzessinnengärten aus einer „zu verschenken”-Kiste abgriffen für genau solche Marathon-Zwecke.

Ich traf auf zwei meiner Nachbarn, die in der Nebenstraße wohnen und im Laufe der Zeit sammelten sich die üblichen nachbarschaftlichen Verdächtigen um uns herum. Wir jubelten, riefen vereinzelte Namen oder ganze Ländernamen, wenn erkennbar und pushten die Leute mit „Ihr seid die Besten”, „Ist nicht mehr lange …” (bei Kilometer 14) oder „Ihr schafft das!” Erstaunlich viele Läufer hatten eben bei Kilometer 14 noch genügend Energien, um zurück zu winken, zu rufen, zu klatschen. Isch könnt' dat ja nisch'! Ein Läufer telefoniert per Freisprecheinrichtung. Kurz: wir hatten unseren Spaß! Und ich kann Euch nicht oft genug sagen, wie sehr ich mich darüber freue, dass die nachbarschaftlichen Verhältnisse hier so schöne sind!

Ich hatte mit einem mitlaufenden Blogger verabredet Bananen und Cola für ihn bereit zu stellen, die Übergabe hat auch prima geklappt. Und da ich natürlich nicht nur eine Banane bzw. einen Becher Cola hatte, konnten wir die Sachen noch mit mehreren Läufern teilen. Das war schön, die Leute aktiv – neben den Zurufen – zu unterstützen in ihrem Lauf. Und einige schienen wirklich froh darüber zu sein.

Das Wetter war wieder einmal toll, für die Läufer kühl. Für uns Beistehende vielleicht zwei Grad zu kühl. Dafür schien die Sonne und wir hüpften an unserem Standort immer zwischen Sonnen- und Schattenpunkten hin- und her.

Sehr beeindruckend ist immer die Spitze der Läufer. Kaum sind sie um 9:00 Uhr gestartet, sind sie schon auf unserer Höhe. Anders besonders, oft ein Stück weit mehr sogar, aber beeindrucken mich andere Teilnehmer. Wenn man Menschen mitlaufen/-fahren sieht, die ihre Rollstühle mit einem Arm nur bedienen können, weil es ihr einziges funktionierendes Gliedmaß ist, das erdet ungemein. Das Paar, das gemeinsam läuft. Er im Rollstuhl, so behindert, dass er wirklich nicht aktiv teilnehmen könnte, sein Partner, der ihn im Laufen schiebt und hinten auf seinem Shirt lapidar zu stehen hat: „He ain't heavy.” (Doch ja, da „hachzt” es in einem janz schön dolle!”

Wie neulich schon beschrieben, bleibe ich sehr gerne und aus Gründen dort bis zum Ende stehen. Also bis die Busse den letzten vereinzelten Läufern folgen. Denen jubeln nur wenige Menschen zu – obwohl sie es genauso verdienen, vielleicht sogar noch mehr; denn ihnen sieht man den Kampf besonders deutlich an.

In der Schlusstruppe dieses Mal ein Mann, ein alter Mann, ein sehr alter Mann. In der Literatur umschreibt man solche Männer üblicherweise als Greise. Vor ihm sind schon einige Menschen im Mittelfeld an uns vorbei gelaufen, die ganz deutlich bereits mehr als sechs Jahrzehnte gelebt haben. Aber dieser Mann war sehr besonders, er war sichtbar sehr von Arthritis geplagt. Das sah man an seinen Händen, an der Haltung seines rechten Armes, die ganze Art wie er lief. Es fiel ihm sichtlich schwer – aber er lief.

Da denkt man als bequemer Couch-Potatoe, die ich ausdrücklich auch bin, natürlich, warum tut er sich das überhaupt an? Und man denkt sorgenvoll, was, wenn er nun der Strecke bleibt? Kollabiert? Exitus? Haben wir bei diesem Event alles schon gehabt. Ich weiß noch, wie vor einigen Jahren ein wirklich alter Teilnehmer auf der Strecke verstarb. Damals dachte ich, „was für ein Wahnsinniger!”. Und irgendwas mit, ist selbst schuld, das hat er jetzt davon. Hätte doch noch so ein schönes Leben haben können.

Ich habe es aber dieses Mal angesichts diese Läufers endlich verstanden, denn im Grunde machte dieser Mann dort alles richtig. Er hat sich ein Ziel geschaffen, was, in einem so hohen Alter vermutlich nicht die verkehrteste Lebensweise ist: sich noch Ziele für sich setzen und dafür bzw. daraufhin zu arbeiten. Das ist gut und genau richtig so. Der Mann schafft sich so einen Alltag, trotz seiner gesundheitlichen Behinderung, der ihn davon abhält eben auf einem Sofa oder in einem Pflegeheim auf sein Ende zu warten. Und: er treibt Sport. Weiß jedes Kind, wer lange „jung” und halbwegs fit bleiben möchte, sollte das irgendwie tun. Geht er mit so einer radikalen Sportart womöglich einem früheren Ende entgegen? Vielleicht. Wer weiß das schon. Und selbst wenn? Wenn ich mit 80 die Chance habe in einem Pflegeheim nach jahrelangem Siechtum endlich zu gehen oder in Berlin gefühlt zu früh auf der Marathonstrecke? Welche Variante würde ich wohl für mein Leben wählen wollen?

Welche würdet Ihr wählen?

2015-09-28

Was mein Copy-Shop mit der Vorratsdatenspeicherung zu tun hat

Mein bevorzugter Copy-Shop ist der in der Dresdener Straße nahe am Kotti. Das ist übrigens auch der Lieblings-Copy-Shop von vielen anderen meiner Mitmenschen, weswegen er sehr oft sehr unangemessen voll ist. Aber dort kann sich nun wirklich keiner über Rentner beklagen, die erst um siebzehn Uhr oder früher oder später zum Copy-Shop gehen, das verbietet der ewig junge Altersdurchschnitt (selbst wenn ich die heiligen Halle betrete) und deshalb halten alle die Klappe, stellen sich an und warten brav.

Die Mitarbeiter in dem Copy-Shop haben grundsätzlich die Ruhe weg und für ein sehr illustres analoges Unterhaltungsprogramm sorgen allerlei illustrierte oder verbale Verhaltenshinweise an den damit komplett zugeklebten Wänden im oberen und natürlich auch unteren Humorniveau, die inhaltlich prima untermalen, dass das sich Beschweren in diesen heiligen Hallen verhältnismäßig ungern gesehen und daher eh strengstens ignoriert wird. Tatsächlich muss ich aber sagen, ist dort die Trefferquote im Humoristischen selbst für mich erstaunlich hoch. Es ist viel typischer Berliner Humor dabei. Ausgeschrieben.

Für den Laden sprechen somit letztendlich nicht nur die angenehm günstigen Preise, sondern seine Berliner Schnauze.

Neulich war ich dort wieder einmal vor Ort und orderte drei Farbdrucke. Ich war früh am Tag dort, es war erschreckend leer, was mich fast ein bisschen aus meiner Umlaufbahn warf. Da trat ein junger Mann in den Laden und erklärte dem Mitarbeiter am Tresen, er habe neulich beim Kopieren vor Ort seinen USB-Stick vergessen. Der Mitarbeiter nickte mächtig unbeeindruckt, ging in den hinteren Ladenbereich, kehre mit einer Kartonhälfte in DinA3-Größe zurück (diese Art Deckel, wie sie von den Umverpackungen von Kopierpapier abzuheben sind), der über und übervoll mit USB-Sticks und Speicherkarten jeder Farbe, Hersteller, Couleur und vermutlich auch Speicherkapazitäten war. Der Mitarbeiter sprach ganz gelassen: „Wenn Du ihn da wieder findest, kannste ihn mitnehmen.”

Der junge Mann wühlte und suchte und meinte dann verdrießlich „Nee, is‘ wohl nich.” Und ging. Während ich zurück blieb und noch leicht fassungslos auf diese Kiste starte und kapiert habe, warum den meisten Menschen in Deutschland ihre persönlichen Daten, und was die Regierung mit ihnen anstellt, völlig egal ist.

Es ist ihnen einfach völlig egal!

2015-09-26

Berlinmarathon

Zwei Dinge haben mich im letzten Jahr beim Berliner Marathon ganz besonders berührt:

Die Menschen, die die Strecke in Rollstühlen bzw. Handbikes bestreiten. Die starten bereits um 8.35 Uhr und leider stehen dann doch viel zu wenige Menschen schon an der Strecke, um sie anzufeuern.

Die Menschen, die Kilometer 15 (wo ich meist stehe, kurz vorm Moritzplatz) erst zum frühen Nachmittag sich errennen. Quasi die letzten Läufer vor den Müllautos sind, weil nach ihnen die Strecke bereits wieder freigegeben wird. Das sind die echten Kämpfer! Auch denen rufen leider nur noch sehr wenige Zaungäste zu und supporten sie.

Also … kommt früher, geht später! Das Wetter wird morgen übrigens gut, etwas frisch aber den ganzen Tag über soll die Sonne scheinen. Das ruft wieder nach Weltrekorden.

Aber die echten Rekorde laufen die, die ihre Schilder hochhalten mit Messages wie „XYZ Jahre Krebsfrei.”