2014-10-27

Eine lange verfressene Ode an einen Hirsch aus Neuseeland!

Was passiert, wenn ein neuseeländischer Spitzenkoch und ein deutscher Berliner (!) Meisterkoch aufeinander treffen und mit Hirschfleisch zaubern, durfte ich vergangene Woche im „first flor”, dem Sterne-Restaurant des Berliner Hotel Palace erleben.

Zu Tisch gebeten hatte Neuseelandhirsch, die Vertriebsvereinigung von neuseeländischem Hirschfleisch. Neuseelandhirsch lädt aktuell zum dritten Mal zur Teilnahme am „Neuseelandhirsch Young Chefs Exchange Programm”. Vier deutsche Jungköche werden für vier Wochen nach Neuseeland geschickt, erhalten die Chance Land, Leute, Farmertun und vor allem die preisgekrönte Gastronomie zu erleben, denn sie dürfen vor Ort in unterschiedlichen Küchen der Top-Chefs arbeiten und mit der Produktvielfalt, die Neuseeland bietet, Küchenkunst kreieren. Ambitionierte junge Köche, reise- und abenteuerlustig, die im Februar 2015 Zeit haben, könnten sich bis zum 9. November 2014 über die Homepage bewerben.



Matthias Diether (re. i. Bild), gebürtiger Berliner, ist Chef im „first flor” im Hotel Palace Berlin. Dass dieser Mann bonfortionös kochen kann, beweisen nicht nur ein Michelin Stern und 17 Punkte im Gault Millau. Bei seinem Neuseelandbesuch lernte Diether Graham Brown kennen. Brown ist nicht minder verwöhnt mit internationalen Preisen und teilt mit seinen Gästen sein Können und lehrt sie die Raffinesse des Anrichtens in der eigenen Kochschule „The Cookhouse” im neuseeländischen Rangioria. Ganz nebenbei ist Graham auch Farmer, Hirschfarmer. Seine Farmertätigkeit bezeichnet er als Hobby und Ausgleich zu seinem anspruchsvollen Job.

Diese beiden Köche lernten sich Anfang dieses Jahres in Neuseeland kennen waren sich sofort sympathisch und entwickelten am BBQ feine Küchenideen rund um das zarte Hirschfleisch. Und ich war eine dieser glücklichen Gäste, die das Resultat einer jungen Freundschaft nun vollzogen genießen durfte.



Begrüßt wurden wir mit Champagner, wieder einmal der charmante Piper-Heidsieck (dem ich im dritten Gruß aus der Küche in einer gänzlich anderen Version erneut begegnete), einer kurzen Ansprache mit einer hübschen Anekdote von Matthias Diether zu seiner teuersten Orange der Welt. Die Einfuhrbedingungen in Neuseeland sind halt ziemlich strikt.

Das Menü begann mit zwei herzlichen, verheißungsvollen Grüßen aus der Küche des first flor



unter anderem ur-berlinlike mit etwas Aal.



Dem dritten Gruß machte ich im späteren Verlauf des Abends in der Küche einen Heiratsantrag (also dem Gruß und nicht gleich dem Koch!): eine Crème Brûlée von der Foie Gras mit Champagnersorbet.



Eine kulinarische Begegnung, die ich wirklich nicht hätte missen wollen. Die war so … hach!



Gunnar Tietz, Chef-Sommelier (Sommelier des Jahres 1012) verwöhnte uns zu den Gängen mit sehr feinen Weinen, vor allem aber mit einer Herzlichkeit, die so schnell nicht überboten wird.



Der erste Gang, von Matthias Diether zubereitet, ein mariniertes Neuseelandhirschfilet mit Pilzen und Kürbis.



Beachtet das schwarze Esspapier im Foto: das war Pilzaroma pur. Fein aromatisierte Fichtennadeln und ganz zartes Fleisch schmiegte sich an die Zunge. Dazu gab es einen, passend zur Historie des Hauptstädtchens einen 2012er Riesling „Auf der Mauer”, Geheimrat Dr. von Bassermann-Jordan aus der Pfalz. Ein Riesling aus der Magnumflasche (!) begleitete den zweiten Gang, jetzt von Graham Brown gezaubert.



Der Graach Josepheshöfer Riesling, Reichsgraf von Kesselstadt an der Mosel umwarb den teegebeizten und kalt geräucherten Neuseelandhirsch mit roten Beeren. Sehr intensive Geschmacksbegegnungen. Toll!



Nun muss ich gestehen, ich kannte Hirschfleisch bisher nur in deutscher, gutbürgerlicher Variante zubereitet. Entweder als einen deftigen Braten, ein wenig ertränkt in einer dicken Sauce oder als Hirschgoulasch serviert. Immer schmackhaft aber eher von grober Substanz her und im Geschmack omnipräsent. Das liegt mit daran, dass Hirsche hierzulande in der Brunftzeit geschossen werden, dann also, wenn sie voller Testosteron stolz die Wälder durchschreiten und ihre Rehe glücklich machen. Hirschfleisch aus Deutschland steht für einen dominanten Haut Goût, den ich mag. Ich verstehe aber auch, dass andere Menschen den Wildgeschmack nicht mögen.

Die Hirsche auf den neuseeländischen Farmen hingegen werden auf riesigen Weiden gehalten, ernähren sich ausschließlich von Gräsern und Blättern und reinem Wasser aus der Natur. Zugefüttert wird allenfalls in sehr kargen Wintern mit Heu, Rübe oder Grünkohl, das die Farmer übrigens selbst für ihre Tiere anbauen. Die Hirsche werden dort nicht in der Brunftzeit erlegt und generell auch nicht gejagt. Das Fleisch, das von Neuseeland nach Deutschland exportiert wird, ist höchstens 12 bis 18 Monate alt. Es ist ganz zart und mild, der Geschmack ist zurückhaltend, aromatisch, fast ein wenig süßlich. Das Fleisch vom Neuseelandhirsch drängt sich förmlich auf einer fantasievollen und abwechslungsreichen Küche zu Diensten zu sein. Interessanterweise funktioniert es auch dort, wo man Fisch erwarten könnte.

Ich war also bereits nach den ersten beiden Gängen von der Andersartigkeit und Vielfalt überrascht. Angenehm überrascht. Vor dem nächsten Gang trieb es mich in die Küche, denn beide Köche hatten meiner Bitte nach Bildmaterial vor Ort sofort zugestimmt.



Während Graham Brown für den nächsten Gang, Neuseelandhirsch und Shiitake Gyoza mit Pak Choi, das Fleisch in Tranchen schnitt, zeigte uns Matthias Diether



den Star des übernächsten Ganges:



Lange Rede: ich weiß nun, wo das Trüffelglas steht im first flor. Kurze Rede: ich habe die Macht!

Zurück im Restaurant, wir durften exklusiv im Salon La Tâche im Séparée speisen, servierte Gunnar Tietz einen Spätburgunder Rechtenbacher von 2010 und sein Team uns den Hirsch mit Pak Choi in einem wundervollen Gebilde.



Clou dieser Präsentation, die feine Sauce befand sich im Gyoza und verteilte sich am Tisch über die – wie Sashimi aus Thunfisch zubereiteten – mit Sesam umhüllten Tranchen vom Hirsch und den Pak Choi, der extrem elegant von in Salzlake eingelegter grüner Gurke umschmeichelt wurde.

Da Graham Brown uns für diesen Abend sein Können ausgiebig zelebriert hatte, entschwand er der Küche zu uns an den Tisch, genoss mit uns den zweiten Hauptgang von Matthias Diether – und stellte sich dabei unseren Fragen.



Lucky me, dass der einzige Gast, der diesem Abend fern geblieben ist, neben mir hätte sitzen sollen. So hatte ich die Freude Graham Brown die restlichen Gänge an meiner Seite zu wissen. Der ist nämlich nicht nur ein wundervoller Koch, der ist auch ein ganz reizender Mensch, der natürlich unzählige Anekdoten aus Küchen in aller Welt zu berichten hatte. Übrigens hatte ihn seine Liebe zur Wissenschaft in die Küche getrieben. Er kommt da ganz nach seinem schottischen Vater, einem Wissenschaftler, der ihn aber anhielt sich anstelle mit Forschung lieber mit einem ehrbaren Beruf über Wasser zu halten. Da Chemie und Physik in der Küche keine fremden Variablen sind, lag eine Ausbildung als Koch dann nahe. Die absolvierte Graham Brown übrigens ins Australien.

Das war ein besonders schöner Teil des Abends, der dieser Mann erzählte voller Liebe zu dem, was er da tut und – und eben auch selber produziert!

Der erste neuseeländische Wein des Abends, ein Pinot Noir Block B (Block B würde ich ja sehr gerne einmal kennenlernen!) Schubert Winery aus der Region Wairarapa von 2011, begleitete dann den letzten Neuseelandhirschgang: Zweierlei vom Neuseelandhirsch, Sellerie und Pumpernickel.



Dieses unglaublich zarte Filet zierte dann der weiße Trüffel.

Von der Vielfalt dieser Gänge war ich mehr als beeindruckt. Vor allem wie unbekümmert Hirsch die Hürde zur asiatischen Küche stemmt, empfand ich spannend und kreativ; mich hat’s wirklich begeistert! Also: serviert und kocht ruhig öfter Hirsch! Sein Fleisch bietet so viel Variationsspielraum und Möglichkeit zur kreativen Entfaltung. Es kann hier Rind locker seinen Platz streitig machen. Davon abgesehen ist Neuseelandhirsch ein sehr mageres Fleisch mit einem hohen Eisengehalt, dabei ist es arm an gesättigten Fettsäure und Cholesterin.

Und man kann sich auch guten Gewissens hier an das Fleisch aus der anderen Welt wagen. Deutschland hat einen höheren Hirschfleisch-Verbrauch als selbst bei uns produziert wird, wir importieren bei einem Gesamtverbrauch von 30.000 Tonnen jährlich 10.000 Tonnen Fleisch anderen europäischen Ländern, – und weiterhin 10.000 Tonnen aus Neuseeland. Das Fleisch wird in Neuseeland nach EU-Norm verarbeitet und verpackt und ausschließlich über den Seeweg transportiert. Die Emission an Kohlstoffdioxid ist so gering und das Fleisch kann gemütlich auf seiner Reise nachreifen. Übrigens wird das Fleisch nicht automatisch tiefgefroren. Die Reifung erfolgt vakuumverpackt, so hält es sich über Wochen frisch.



Das Küchenteam vom first floor führte mit einem feinen Gruß aus der Dessertküche den Abend nun in die Zielgerade, begleitet von einem extrem – fast auf Eisweinniveau – runtergekühlten Champagner, wieder aus dem Haus Piper-Heidsieck. Spannend einen Champagner so kalt zu trinken, in dem Moment auch überzeugend.



Matthias Diether schloss die Tore unseres Ausflugs zur Hirschweide mit einem sehr kreativen Dessert: einem Waldspaziergang. Er zauberte einen erdigen Fußbadruck auf den Teller mit Beeren, Ahorn und Nussaromen, denen er ein Steinpilzeis und hier und dort auch ein Stück desselben unterschmuggelte. Das war in der Runde gefühlt der am kritischsten diskutierte Gang, eben wegen der Anwesenheit des Steinpilzes. Ich fand ihn reizvoll und zum Thema absolut stimmig – ein perfekter Abschluss.

Ein toller Abend, eine reichhaltige intime Begegnung mit dem Hirschen von weit her. Wunderschön ins Szene gesetzt auf feinsilbig klingendem Service. Wir wurden verwöhnt von einem perfekt harmonisierenden Team. So talentierten Köchen bei der Arbeit zusehen zu dürfen – dieses Ergebnis dann auch genießen zu dürfen, das ist einfach ein besonderes Glück!

Ach, und diese Crème Brûlée … und Neusseeland. Ich fürchte, ich möchte jetzt nach Neuseeland!

2014-10-25

Es gibt …

… Kohlrouladen, Baby!

Einsicht

Der den Sommer im Garten verbringende Nachbar ist nun zurück gezogen und räumte diese Woche die Balkonmöbel in den Keller. Er erkläre mir gegenüber den Sommer für beendet. Ich kommentierte das im Stillen mit „Weichei”.

Gestern stand ich mit Nachbarn und Hund draußen und übte mich wieder im Ball werfen, da machte sich nach einiger Weile ein Gespür von leichter Unterkühlung breit. Da leistete ich dem Nachbarn Abbitte, wieder im Stillen, und resignierte. Meine Balkonmöbel überwintern trotzdem draußen, die sind doch nicht aus Zuckerwatte.

So wusch ich gestern die Winterjacke. Jetzt waschen die Rollkragenpullis (my love) und Handschuhe. Als nächstes dürfen sich die winterlichen wollenen Röcke und Schals drehen. Nishia liegt gerade glücklich auf ihrem/meinem XXL-Lieblingsstrickschal.

Überlege außerdem bereits jetzt die Weihnachtspyramiden-Installation durchzuführen. So hat man doch gleich viel länger etwas von der Weihnachtszeit. Denn was Supermärkte können, kann ich auch!

Ach!

2014-10-23

Matjes-Salsa



Aus der von mir begründeten Reihe „Matjes kann mehr als Sahne und Zwiebel” heute ein gestern von mir kurzfristig ausprobiertes Rezept, das sehr schnell angefertigt – und angemessen gekühlt – eine charmante Sommerbegleitung sein könnte: eine Salsa vom Matjes. Also Matjes in einer anderen Umgebung als gewohnt, nämlich scharf mit frischem Aroma von Limetten.

Die Menge ist für vier Portionen als Vorspeise.


Zutaten

4 milde größere Matjesfilets
2 rote kleinere Chilischoten
2 Limetten, da auch Zesten verwendet werden vom grünen Bauern
2 kleine rote Zwiebeln
3 Blätter frischer Koriander
Pfeffer


Zubereitung

Die Matjesfilets werden in sehr feine Streifen geschnitten, ca drei Millimeter breit. Sie sollten beim Vermengen nicht zerfallen. Die Chilis in feine Ringe schneiden. Wer es nicht so scharf mag, sortiert die Kerne. Die roten Zwiebeln schälen, in zwei Hälften schneiden und auch diese in sehr dünne Ringe schneiden.

Von einer halben Limette sehr feine Zesten ziehen, beide Limetten danach ausdrücken.

Alle Zutaten zusammen mit den gezupften Korianderblättern und den Limettenzesten vorsichtig vermengen und pfeffern. Den Saft der Limetten aber erst sehr kurz vor dem Servieren an die Salsa geben, damit der Fisch nicht weiter gart.

Leicht gekühlt im Glas servieren mit frittierten Kartoffelchips oder auf einem kleinen Rösti angerichtet.

2014-10-22

Mein Ende gehört mir!

Mein Ende gehört mir!” Der Slogan mit dem zur Zeit die Gesellschaft für Humanes Sterben (Freud ließ mich hier zuerst „Werben” schreiben, ich finde, Ihr solltet das wissen.) auf die aktuelle Debatte in Deutschland aufmerksam macht zum Thema Sterbehilfe. Jedes Bundesland regelt die Beihilfe eines Arztes zur Selbsttötung anders, hier soll es nun zu einer bundeseinheitlichen Regelung kommen. Debatten folgen derzeit auf politischer Ebene und werden im November in einer Anhörung vor dem Bundestag ihren ersten Höhepunkt finden. Mit einer Gesetzesvorlage und -verabschiedung muss man nicht vor Ende 2015 rechnen – wenn dann was entschieden werden wollte.

Prof. Dr. Udo Reiter, der ehemalige Intendant des MDR, der am 9. Oktober diesen Jahres sein Leben freiwillig beendete, war langjähriges aktives Mitglied der DGHS und Fürkämpfer für ein freibestimmtes Sterben in unserer Gesellschaft. Noch eine Woche vor seinem Suizid sprach er in einer im Fernsehen ausgestrahlten Talkshow darüber, dass er sich wünsche, wenn er es dann für sich für richtig halten würde, einen Cocktail einnehmen zu dürfen, um friedlich einschlafen zu können.

Ein unerfüllter Wunsch. Udo Reiter wählte, warum auch immer, die Waffe.

Menschen, die sich eine lange Lebensphase mit ihrer Gesundheit, Krankheit und somit zwangsläufig ihrem Tod auseinander setzen und für sich eine sehr persönliche und ihr Leben grundlegend beeinflussende Entscheidung treffen, wäre künftig mehr als zu wünschen, dass sie sich nicht auf so schreckliche Weise suizidieren müssen, wie sich vor einen Zug zu werfen oder sich mit der Waffe zu richten.

Ich denke dieser Tage vor allem an den Menschen, der Udo Reiter aufgefunden hat. An den Lokführer, der heute mit dem Suizid von Robert Enke für immer ganz anders leben muss, als wir alle das tun müssen. An die Menschen, die in dieser Nacht vor Ort waren und sehen mussten.

Als meine Großmutter sich suizidierte, wählte sie die Herrentoilette ihres Altenheims als Ort. Mit Bedacht, so stand es in ihrem letzten Brief, sie glaubte, dass Männer mit dem Anblick ihrer Leiche wohl besser klar kommen würden. Ich habe mit dem Freitod meiner Oma irgendwann abschließen können und kann ihre Entscheidung immer mehr nachvollziehen. Ich habe aber heute noch ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken daran, wie es dem Menschen im Nachgang ergangen sein muss, der sie so auffinden musste. Der sie noch versuchte zu retten, denn sie lebte noch, wurde auch lebend ins Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte ließen sie dort gnädig gehen in weiser Voraussicht der entstandenen zerebralen Schäden.

Sicher liegt in der Natur der Umgebung in der sich alles abspielte, dass dieser Mann diese schreckliche Erleben nicht mehr ein ganzes Leben mit sich tragen musste, begleitet wird es ihn wohl aber haben – bis zu seinem Ende.

Ich habe meinen Opa als ich zehn Jahre alt war, sehr schnell und sehr schrecklich an Krebs sterben sehen. Die Oma wählte den Freitod kurze Zeit später, ich war zwölf. Neunzehn war ich als mein Vater binnen eines halben Jahres an den Folgen seines Lungenkrebs starb, schrecklich verstarb. Mit Schmerzen. Mit Atemnot. Ein Tod begleitet durch langsames Ersticken. Und dieses Ersticken begleitet durch fürchterlichen Schmerz. Salopp gesprochen, das kann man sich ruhig klar machen, haben manche Menschen im Sterben die doppelte Ar***-Karte.

Den ersten normalen Tod, weil hier das Alter seinen ganz einfachen Tribut zollte, erlebte ich zehn Jahre später, als meine andere Oma verstarb – weit in ihren Siebzigern. Diese zwangsläufig für mich sehr frühe Auseinandersetzung mit dem Tod unter schmerzvollen Bedingungen, hat mich mein Leben lang angetrieben, mich mit dem Tod auseinander zu setzen. Ich hatte damals nach dem Tod meines Vaters für mich die Entscheidung getroffen, sollte ich irgendwann die Diagnose Krebs erhalten, dass ich ab einem bestimmten Moment der im Krankheitsverlauf ein vorhersehbares Ende meines Lebens diktiert, eine finale Entscheidung für mich treffen wollte. Und das muss man eben auch können. Ich bereitete mich also darauf vor.

Das heißt noch lange nicht, dass ich es tun werde, wenn es soweit ist. Aber ich möchte es tun können. Übrigens hat mich die Auseinandersetzung mit dem Thema Sterben und Suizid besonders in dem Erleben der Krankheit, mit der ich mich gerade auseinander setze, davor beschützt, für mich ungünstige Entscheidungen zu treffen. Meine Erfahrung ist, je mehr man sich bewusst mit dem Sterben auseinander setzt, um so näher ist man dem Leben und liebt dieses auch in dunklen Stunden – auf eigene Weise.

Und dennoch möchte ich die Freiheit haben für mich, wenn ich den unbedingten Wunsch habe meine letzte Stunde selber zu bestimmen, diese Stunde es werden zu lassen. Und zwar so, dass ich möglichst wenig Menschen durch die aktive Vorgehensweise mit belasten muss.

Denn gerade der Freitod beeinträchtigt andere Menschen noch ganz anders als die sich in der Trauer befindlichen Freunde und Verwandte. Der Lokführer, der gezwungen wird, einen Menschen zu überrollen. Der Mensch, der den sich erschossenen Menschen auffinden muss – ein ganz schrecklicher Anblick, die meisten richten die Waffe gegen den Kopf – das sind traumatische Erlebnisse für die, die aufinden, die übrig bleiben; für die, die vor Ort ermitteln und aufräumen müssen. Und mit dieser Entscheidung des Anderen dann ein Leben lang leben müssen.

Herr Münterfering, derzeit gerne in jeder Diskussion zugelassene Gegenstimme zur weiterführenden Legalisierung der Sterbehilfe, möge einmal an diese Menschen denken, wenn er von den Kranken verlangt, Verantwortung in ihrem Sterben zu tragen für die Hinterbliebenen und die, die pflegen. Herr Müntefering möge sich einmal mit der medizinischen Seite auseinander setzen, derer, die nach der Pflege eines Verstorbenen im Erleben eines schrecklichen Sterbens und Dahinsiechens traumatisiert sind. Krank werden in der Folge. Arbeitslos. In der Folge oft selbst hochgradig Suizid gefährdet.

Herr Müntefering möge sich bitte auch mit dem künftigen Erleben unserer Generation in der Pflege auseinander setzen, denn wir werden, da zunehmend vom schnöden Mammon diktiert, weder schöner noch angenehmer sterben. Da wirkt es eher zynisch, folgt er in der Debatte (s)einer Argumentation, wir mögen doch bitte auch die Arbeit des Pflegepersonals wertschätzen. Das künftige Pflegepersonal wird uns in Deutschland zunehmend in unserem Sterben nicht verstehen, weil es unsere Sprache kaum bis gar nicht spricht.

Wir sollten nicht so tun als würden diese Menschen, die selbst über ihr Sterben bestimmen möchten, das ohne Überlegung und Verantwortung tun. Diesem besonderen Wunsch gehen lange und viele Gedanken voraus, intensive Gespräche. Ich erlebe es bei einer Freundin mit einem Krebs-Rezidiv, die bei der ersten Diagnose noch von der Lösung Schweiz sprach als für sich unabdingbare Lösung. Die gleiche Freundin heute – in der Rezidivbehandlung, die bis zu ihrem Tod, begleiten wird – für sich entschieden hat, den Weg bis zum Ende zu gehen und sich heute in Richtung Hospiz orientiert und uns darauf vorbereitet.

Die Idee vom Tod unterliegt immer der eigenen Entwicklung. Die Freiheit das eigene Ende selbst bestimmen zu können, heißt doch nicht zwangsläufig, dass es auch alle tun werden. Sie bedeutet lediglich: wir können uns auch für einen anderen Weg entscheiden. Sie bedeutet Frieden. Wir alle sollten wählen dürfen. Und wir sollten uns vor allem eine Gesellschaft erhalten, in der eine solche Entscheidung nicht durch An- oder Abwesenheit von Geldern vorrangig betrieben wird.

Diese Sorge treibt mich in diesem Land viel mehr um zur Zeit!

2014-10-16

Gift und Galle spucken!

Habt Ihr diesen Monitor-Beitrag gesehen?



Es geht darin um eine junge Frau, zweifache Mutter, arbeitlos, der seitens des Jobcenters hinsichtlich ihrer beruflichen Qualifikation ein psychologischer Text aufgezwungen wurde. Hintergrund dieses Tests ist, das ist seit einiger Zeit bekannt und wird auch massiv kritisiert, dass die Jobcenter mit diesen Tests eine Aussortierung von arbeitsuchenden Menschen vornehmen. Laut Arbeitsagentur dienen diese Tests dazu festzustellen, ob ein Arbeitsuchender notwendige Kompetenzen aufweist, um an einer beruflichen Weiterbildung teilzunehmen. Es werden dabei nicht etwaige besondere berufliche Kompetenzen getestet, es wird lediglich der geistige Zustand überprüft. Er wird geprüft, ob der künftige Maßnahmenteilnehmer nicht vielleicht zu blöd ist, den Stift zu halten. Die Bewertung wird dem Bezugsempfänger nicht transparent gemacht.

Inoffiziell ist bekannt, dass die Arbeitsagentur diese Tests vorrangig dafür benutzt, um an einer Weiterbildung interessierte Bezugsempfänger, unter dem Vorwand eines Gutachtens dann abzulehnen – um Kosten zu sparen. Diese Begutachtung fällt dann tatsächlich nur manchmal auch nach einer persönlichen psychologischen Begutachtung aus. Der Bezugsempfänger muss Fragen beantworten, die in einer Art Flyer aufbereitet wurden.

Der SWR berichtete hierüber bereits im Juli 2013 im report unter dem Titel „Willkür bei der Arbeitsagentur”.

Bei dem Fall der in dem monitor-Beitrag besprochenen Frau geht die Agentur für Arbeit einen sehr interessanten neuen Weg, der in seiner Dreistigkeit wohl kaum noch getoppt werden kann. Diese Frau musste diesen Test machen, wurde laut ihrer eigenen Aussage gar nicht von einem Psychologen zum Gespräch gebeten. Man beschied ihr aber nach diesem Test laut „Gutachten nach Aktenlage” eine dauerhafte geistige Behinderung.

Das ist ein Skandal, der lt. monitor immer häufiger passiert in dieser Republik!

Noch einmal: diese Frau ist 41 Jahre alt, war immer in der Lage die ihr von der Agentur zugewiesenen 1-Euro-Jobs auszuüben, sie hat zwei Kinder groß gezogen, äußert sich vor der Kamera in klaren strukturierten Sätzen, denen man problemlos folgen kann. Sie schreibt eigenverantwortlich und selbstständig ihre Bewerbungen. Sie ist laut ihrer Aussage weder vom Sozialmedizinischen Dienst begutachtet worden, noch jemals in den 41 Jahre zuvor mit einer psychischen geistigen Behinderung diagnostiziert worden.

Das tut nun aber ihr zuständiges Jobceter. Ohne eine persönliche Begutachtung! Ohne Befugnis, ohne jegliche Kompetenz. Schon gar nicht mit der Beauftragung dieser Bezugsempfängerin, dass man an ihr eine derartige Begutachtung überhaupt durchzuführen habe.

Der eigentliche Hintergrund dieser Diagnose, davon abgesehen, dass man der Dame nunmehr keine Weiterbildung finanzieren muss, ist natürlich ein weiterer aus Sicht der Bundesagentur für Arbeit legitimer Grund: sie kann jetzt nämlich befinden, dass die Dame aufgrund ihrer Behinderung dem Arbeitsmarkt für drei Stunden am Tag gar nicht mehr zur Verfügung stehen kann und sie somit an die Bundesversicherungsanstalt verweisen mit dem Hinweis, sie möge dort um ihre Verrentung ersuchen. Die BfA jedoch wird die Dame als absolut arbeitsfähig befunden und die Dame wieder zurück an das Jobcenter verweisen. Das kann aber Leistungszahlung verweigern, weil die Dame ja nicht arbeitsfähig ist.

In diesem Prozess stecken in diesem Land sehr viele Menschen. Sie werden von den Jobcentern in Frührente geschickt, weil man Leistungen sparen möchte, weil man die Statistik beschönigen möchte, weil man nicht zugeben möchte, dass der Arbeitsmarkt für einen Großteil der Bürger dieses Landes nicht mehr existiert.

Guckt man sich diesen monitor-Beitrag an, wird man – während vor der Kamera in dem Testflyer geblättert wird – einen interessanten Testteil entdecken, nämlich die Überprüfung der Fähigkeit des räumlichen Sehens. Das ist insofern sehr spannend, weil hier offensichtlich wird, dass gegebenenfalls ein mangelhaftes Sehvermögen, das meines medizinischen Fachwissens nach eine rein körperliche Beeinträchtigung darstellt und keine geistige, womöglich in die Beurteilung der geistigen Kompetenz einbezogen wird.

Das ist schon ein starkes Stück! Ich, zum Beispiel, habe eine Amblyopie, also an einem Auge einen verkümmerten Sehnerv. Mir als Kind das „sehende” Auge zuzukleben, um den faulen Sehnerv zu aktivieren, hatte man versäumt. Sie äußert sich darin, dass ich auf einem Auge extrem kurzsichtig bin, was die andere Seite mit einer extremen Weitsichtigkeit aber wett macht. Eine Katastrophe ist das nichtn. Es wirkt sich lediglich negativ auf mein räumliches Sehen aus. Ich sehe etwas später als andere, wenn von rechts hinten etwas in mein Blickfeld rutscht. Ich spiele nicht gerne Computerspiele, die mit tieferen Ebenen daher kommen, denn das zu erfassen, sich im Bildwechsel schnell zurecht zu finden, ist für mich unangenehm anstrengend. Gestört hat es mich nie, ich kenne es nicht anders. Das Tragen einer Brille hilft nicht, denn der verkümmerte Sehnerv meldet nun mal keine scharfen Bilder an das Gehirn.

Jetzt stelle ich mir vor, ich mache diesen bekloppten Test von der Agentur und erziele womöglich beim Punkt „räumliches Sehen” keine Punkte. Vielleicht versage ich noch bei zweikommafünf Rechenaufgaben – und dann bin ich womöglich prompt geistig behindert – aus Sicht einer Behörde, die überhaupt keine Befugnis hat, solche Urteile über die ihr anvertrauten Schutzbefohlenen zu fällen? Und die sich bei einer solchen möglichen Diagnose dann auch noch als zu bescheuert heraus kristallisiert, die betreffende Person vorab einer fachkompetenten Person vorzustellen?

Seht Euch diesen Beitrag an. Nehmt diesen unglaublich inkomptenten Pressesprecher des Jobscenters zur Kenntnis.

Ihr könnt übrigens etwas tun: Ihr könnt Euren Lieblingsabgeordneten schreiben und ihn auffordern bei dieser Behörde den Test und vor allem sein Bewertungsschema zu veröffentlichen, also transparent zu machen. Außerdem könnt Ihr die Aufforderung aussprechen, die Anwendung dieser zweifelhaften psychologischen Tests – vor allem aber eine Begutachtung alleine aufgrund der Aktenlage – ab sofort zu unterbinden.

Oder könnt Ihr sicher sein, ob nicht auch Euch diese Art von Schikane treffen kann?

(Kommentare sind aus Gründen der Erfahrung aus.)

Streiklogik

Bei Streikemotionen gibt es als Betroffener zwei Möglichkeiten in der Handhabung:

1. Total sauer sein auf die Streikenden, alles doof finden was sie wollen, schmollen und am liebsten denen auf die Fresse geben und vor allem, ganz wichtig, als nichtorganisierter Arbeitnehmer in die TV-Kameras bellen, man selbst könne ja auch nicht „einfach” streiken, nur weil man mehr Geld wolle.


2. Oder man wendet sich an den Tarifpartner und erklärt ihm, man erwartet nun, dass er sich endlich auf die Forderungen der Streikenden, Arbeitnehmer etwas schneller mehr hin bewegt.

2014-10-15

Prinzessinnenblues

Hochzeitsgesellschaft unten im Engelbecken. Fototermin mit Braut und Bräutigam und den üblich wichtigen Personen – vielleicht vor islamischer Buddha-Brunnen-Kulisse. Der Bräutigam schön staatlich, die Braut in einem Kleid mit einem Reifrock, dessen Durchmesser offensichtlich mit der Kugel vom Fernsehturm konkurrieren möchte. Die Gesellschaft schreitet durch den Garten zurück zum Becken. Ein Teil der Gesellschaft. Die Braut stöckelt. Auf Kies mit Brautschuhen zu laufen, das mag am Brautttag eine der besonderen Herausforderungen zu sein.

Der Ehemann schreitet wie ein stolzer Pfau vorneweg, dahinter fünf Männer, sein Gefolge. Es folgt die Braut, alleine. Hinter ihr wieder eine Handvoll in Anzügen gewandete Herren. Man schickt sich an die seitliche Treppe hochzusteigen. Keiner, schon mal gar nicht der Bräutigam, schickt sich an, der Braut dabei helfend die Hand zu reichen.

Da ist die Frau einmal in ihrem Leben endlich die Prinzessin, von der sie vielleicht immer träumte, sie sein zu wollen. Und dann sind auf einmal alle Prinzen abwesend.

2014-10-14

Matjessalat mit Granatapfelkernen und Bratkartoffeln



Ich bin großer Matjes-Fan. Mich kann man mit einem leckeren zarten Matjesbrötchen prima glücklich machen und eine Weile ruhig stellen. Gerade habe ich eine dieser Phasen in der ich ständig Matjes essen könnte. Das führt dazu, dass ich andauernd wilde Matjes-Rezepte im Kopf kreiere.

Gerne begebe ich mich in die Küche und will dann eine dieser ominösen (im wahrsten Sinne des Wortes) Ideen umsetzen, dann blicke ich auf den Sack Kartoffeln, haben Hunger und es wird doch wieder Matjes mit Salzkartoffeln und Butter. Das liegt aber auch mit daran, dass ich es nicht weit habe hier in Berlin zu Kropp Delikatessen in der Karl-Marx-Straße, die zu den beiden Matjes Sorten, Emdener und Berliner Matjes, die weltbeste Apfel-Zwiebel-Sahnesauce anbieten. Und der zu entkommen, ist nicht leicht.

Gestern aber habe ich dem Schnippchen einen Haken geschlagen, ich kaufte den Matjes einfach woanders! Und machte Matjes-Salat. Und zwar mit Granatapfelkernen. Das ist mir nachmittags eingefallen, dass das ganz gut funktionieren könnte und zumindest mal etwas anderes wäre.

Dieses Rezept ist für maximal zwei Personen als Hauptgang.

Zutaten

3-4 Matjes (diese sollten eher milder Natur in der Salzung und Würzung sein.)
1/2 Granatapfel, also dessen ausgelöste Kerne
1 Frühlingszwiebel in sehr feine Ringe geschnitten (die ich gestern übrigens prima vergessen hatte)

Vinaigrette
2 Teelöffel Senf, mild (ich nahm Honig-Senf)
6 Esslöffel Rapsöl
2 Esslöffel Himbeeressig
1 Teelöffel Kapern
1 kleingeschnitten Schalotte
1 Prise Zucker
Etwas Zitronenzesten
Salz, Pfeffer

Auf Wunsch: frischer Meerrettich

Kartoffeln (hier am Vortag gekocht)
4 Esslöffel Rapsöl
Salz, Pfeffer

Zubereitung

Gehen wir mal davon aus, dass die Granatapfelkerne bereits ausgelöst sind – hier übrigens der weltbeste Tipp von fool for food, wie das ohne Verletzte oder anstehende Küchenneurenovierungen funktioniert –, werden die Matjes abgetupft und in schmale Streifen (Gabelbissen) geschnitten. Ab in die Schüssel mit den Beiden. Vielleicht ein paar Kerne als Dekoration zurück behalten. Gleiches gilt für die fein geschnittene Frühlingszwiebel. Also, wenn man sie nicht vergisst.



Für die Vinaigrette habe ich alle Zutaten in den Quirlbecher gegeben und mit dem Pürierstab zu einer samtigen Mayonnaise hoch gezogen. Wer die Konsistenz nicht so dicht mag, verrührt die Zutaten einfach nur mit Schneebesen, sollte dann aber die Kapern und Echalotte sehr fein hacken. Abschmecken, bei meiner Version gehörte definitiv noch die Prise Zucker daran, trotz des süßeren Honig-Senfes.

Die Vinaigrette mit dem Matjes und den Granatapfelkernen vermengen und fröhlich vor sich hin ziehen lassen.

Währenddessen wanderte die gußeiserne Pfanne auf den Herd und die in Scheiben geschnittenen Kartoffeln wurden in Rapsöl langsam von beiden Seiten knusprig gebraten. Zum Schluss wurden sie natürlich etwas gesalzen und gepfeffert. Auf Zwiebeln oder Speck habe ich ganz bewusst verzichtet bei dem geschmacksstarken Partner auf dem Teller.



Zum Schluss habe ich die Bratkartoffeln und den Matjes-Granatapfelsalat angerichtet und etwas frischen Meerrettich darüber gerieben und mit der lustigen Petersilie dekoriert. Ich habe mir seit Jahrzehnten mal wieder einen Topf krause Petersilie gegönnt, die ich sonst nie in der Küche habe und dekoriere nun ungehemmt damit alles was mir auf den Teller kommt. Krause Petersilie ist so schön retro – ist sie nicht quasi die Pril-Blume auf dem Teller der 70iger?!

Äh … das war lecker. Wirklich sehr sehr lecker! Die zweite Portion, die ich heute essen wollte, hatte den gestrigen Abend nicht überlebt. Ich denke, wichtig ist, dass der Matjes wirklich mild ist und sein Salzgeschmack nicht allzu sehr mit der Frische der roten Kerne konkurriert. Sehr fein dazu der Meerrettich. Wir sollten Matjes und Meerrettich viel öfter zusammen alleine lassen.

Das Rapsöl trat natürlich sehr höflich bei den vielen etwas divenhaft agierenden Geschmacksbeteiligten in den Hintergrund. Aber: Bratkartoffeln in Rapsöl funktionieren geschmacklich sehr gut, ich mache das ja sonst lieber mit Butterschmalz wie die Oma – aber hier darf ich dem Rapsöl ein Sternchen überreichen. Es hat den Kartoffeln ihren Geschmack gelassen – eine Kompetenz, die bei guten schmackhaften Kartoffeln ja nicht hoch genug gelobt werden kann!

2014-10-12

Maispoularde mit Chili, Zimt, gelber Beete und Raps-Tagliatelle und eine Rapsölution

Vergangenes Wochenende bin ich Rapsöl begegnet. Also neu begegnet. Rapsöl habe ich bisher immer leidenschaftslos in die Ecke „gut zum Frittieren” einsortiert. Selbst für die Mayonnaise war meine erste Wahl eher Sonnenblumenöl. Ich wäre im Leben nicht darauf gekommen mit Rapsöl eine Vinaigrette zu mixen oder es als Alternative zu den vielen Gelegenheiten einzusetzen, bei denen Olivenöl bei mir an erster Stelle stand. Während ich keine Gelegenheit auslasse, Olivenöle zu verkosten und mir gerne hier und da ein sehr Gutes gönne, hatte ich in der Küche nie die Idee, Rapsöl pur zu kosten. Alleine schon der Gedanke Rapsöl könnte anders als nur neutral schmecken, der tangierte mich irgendwie nie.

Auf der Berlin Food Week bin ich dann letzten Samstag an dem Stand von SpeiseGut hängen geblieben, denn dort gab es neben der Öl-Verkostung eine nette kleine Ölpresse, die laufend vor Ort frisches Öl produzierte. Und zwar: Rapsöl. Das es dann auch mit leckeren Brotstücken zum Verkosten gab. Just in diesem Moment hatte ich meinen persönlichen kleinen Rapsöl-Moment. Ich schmeckte ein sehr intensiv nussiges Öl mit einer recht herben Note im Abgang. Dieses war deren gefiltertes Rapsöl. Es wird nach der Pressung eine Woche in Ruhe gelagert und dann erst gefiltert.



Ich hatte nicht eine Sekunde lang Zweifel, dass man mit diesem Öl ein Bruscetta genauso intensiv schmeckend hinbekommen könne, wie gewohnt mit einem guten Olivenöl.

Das direkt vor Ort gepresste Öl, mit dem aparten Grünstich eines kalt gepressten Olivenöls, schmeckte mild aber auch nussig – jedoch im Charakter seines Geschmackes deutlich neutraler.

Ich hatte an der Stelle also meinen persönlichen Aha!-Moment. Beziehungsweise war das überhaupt DER Aha!-Moment auf der diesjährigen Berlin Food Week: Rapsöl mit viel Geschmack. Dieses Öl schien mir erstmals eine echte Alternative zum mediterranen Gold zu sein. Hier jedoch regional produziert mit von Neuland zertifizierten Zutaten, gepresst in Berlin an der Havel – im schönen Kladow, meiner alten Heimat. Es gibt bei SpeiseGut auch andere frisch gepresste Öle.

Der zu Pellets gepresste Raps wurde aufgefangen und ebenfalls verkauft. Die Verkäuferin erklärte uns, diese könne man diese als Snack knabbern, daraus ein Pesto bereiten, es zur Würze verwenden, z. B. über den Salat streuen und in Saucen montieren. Darüber hinaus hätte man auch einen hervorragenden Dünger zur Hand. Meine Begleiterin, als Veganerin solchen grünen Speiseplanerweiterungen immer zugetan, kaufte einen kleinen Sack für 2,— Euro.

Später am Tag saßen wir auf dem Heimweg, eine kleine Pause machend, in der Sonne auf dem grünen Rasen am Künstlerhaus Bethanien und knabberten erstmals neugierig so ein Raps-Pellet. Das war natürlich so recht trocken bis staubig, hatte aber eine interessant herbe vorstechend nussige Note und überzeugte uns damit. Wir waren schnell sehr angetan und bewarfen uns mit wilden Kochideen. In der Tat ließ das Geschmackserlebnis bei mir viele Ideen explodieren.



So ging ich einen Tag später noch mal zur Berlin Food Week, vorrangig mit dem Wunsch Rapsöl zu kaufen. Ich erwarb beide Rapsöl-Varianten sowie drei Säckchen Pellets. Man kennt ja den und die eine oder die andere Kochbegeisterte.



Erstmals habe ich die Raps-Pellets zusammen mit dem Rapsöl in einem Nudelteig verwendet, quasi die – soweit ich zur Kenntnis genommen habe – allererste Rapsnudel geboren. (An dieser Stelle hätte ich gerne etwas Szenenapplaus!) Here we go:

Maispoulardenbrust an Chili und Zimt mit Gelber Bete und Raps-Tagliatelle




Zutaten

Nudelteig
200 Gramm Weizenmehl grob gemahlen
100 Gramm Weizenmehl fein gemahlen
3 Eier
5 Raps-Pellets
4 EL Rapsöl (hier das ungefilterte Öl aus meiner kleinen Sammlung)
Eine Prise Salz

3 Knollen Gelbe Beete (gab es auf dem Markt, wollte mit und sollte mit)
1 Knoblauchzehe
Salz, Pfeffer
3 EL Rapsöl

2 Maispoulardenbrüste
1 Teelöffel gemahlenes Chili (hier das von McGormick)
1 Teelöffel scharfer Zimt (Zimt hat ja immer Schärfe aber dieser hier … (Geschenk einer Freundin)
1 Teelöffel Salz
Pfeffer
2 EL Rapsöl


Zubereitung

Den Teig für die Nudel setzte ich einen Abend zuvor an. Das ist nicht notwendig aber ich lasse ihn gerne länger ruhen, damit das Mehl seine Klebewirkung perfekt entwickeln kann.



Ich zerkrümelte die Pellets, gab das Rapsöl dazu und verrührte beides zu einem Pesto (auch ohne Knoblauch und Gewürze an dieser frühen Stelle mich geschmacklich überzeugend). Dieses fügte ich zu dem mit der Prise Salz gemischten Mehl, gab die Eier hinzu und knetete lang, liebevoll und zärtlich – auf dem Sofa vor dem Fernseher beim perfekten Dinner. Ich habe ja nun mal keine Küchenmaschine, die Nudelteig kneten kann und der Teig besteht ja darauf, 20 Minuten lang mit der Hand geknetet zu werden. Wat mut, dat …, näch?!



Der Teig wanderte in einen Gefrierbeutel (aka Plastikfolie) und durfte sich im Kühlschrank 24 Stunden ausruhen. Am nächsten Tag rollte ich ihn aus und überließ es der Nudelmaschine ihn in nette Streifen zu zerlegen.

Vorher lief mir auf dem Markt die Gelbe Beete zu und flugs zog die Idee ein, dass ich diese ja in Streifen geschnitten an die Nudeln geben kann. (Natürlich schielte ich dabei auch auf eine raffinierte Farbkombination „grüne Nudel an Gelber Beete”. Richtig grün wurden die Nudel mit dem Raps-Pesto dann doch nicht.)

Drei Beete-Knollen wurden geschält, in reichlich Wasser mit etwas Salz zum Kochen gebracht, bis die Beete weich war. Gelbe Beete ist natürlich deutlich weniger farbintensiv, geschmacklich auch etwas leichter in der Note als ihre rote Kumpeline. Als sie weich war und sich etwas abgekühlt hatte, schälte ich mit einem Sparschäler Streifen runter. Gleichfalls wurde die Knoblauchzehe in feine Scheiben geschnitten. Beete und Knoblauch sind, wie ich finde, ganz dicke Geschmackskumpel.

Die Brüste der Maispoularde wurden mit der Gewürzmischung eingerieben und in zwei Esslöffel Rapsöl in der Pfanne von beiden Seiten angebraten und durften dort bei leichter Hitze weiterziehen.

Währenddessen hatten sich die Rapsnudeln im Nudelwasser fröhlich kochen lassen, und hüpften abgetropft zur Gelben Beete, die sich schon mit dem Knoblauch zusammen wärmte in die Pfanne, um sich dort gemeinsam im Rapsöl zu tummeln.



Raps-Tagliatellel und Gelbe Beete wurden auf dem Teller angerichtet, die in Scheiben geschnittene Poulardenbrust angelegt und … sehr gerne gegessen!

Mein Fazit – aber ich bin großer Zimtfan und weigere mich partout dieses wundervolle Gewürz nur wie hierzulande oft üblich für die weihnachtliche Saison oder Backwaren zuständig zu sehen – die Hühnchenbrust mit dem Zimt-Chili war geschmacklich ein kleines Highlight. Die sehr nussig schmeckenden Raps-Tagliatelle an der Beete mit dem Knoblauch dazu die passende Beilage – die dem Zimt und dem Chili geschmacklich gut Paroli bieten konnte.

Dese Nudeln mit den Rapsölpesto aus den Pellets fand ich geschmacklich wirklich gelungen, die werde ich immer wieder zubereiten. Denen kann man problemlos auch die Hauptrolle auf dem Teller geben!

Langes Blogpost, kurze Rede: ich bin wirklich froh, so Rapsöl und Raps-Pellets neu für meine Küche entdeckt zu haben!

2014-10-06

Cuciniale und GourmetPilot

Untertitel: Wie ich einmal eine Ente piekte und den Champagner für mich wieder entdeckte.

(Disclosure: Im folgenden beschreibe ich ein Foodblogger-Abendessen-Event, das zu dem Zweck initiiert wurde uns Blogger ein Koch-Utensil vorzustellen; dieses Post wird also auch Produktnamen enthalten und Links zu gewerblichen Angeboten. Wisst Ihr Bescheid, näch?)



Erinnert Ihr Euch noch an meinen Thermometer-Einkaufsmarathon für meine ersten Ricotta bzw. Frischkäse-Versuche am eigenen heimischen Herd? Neulich durfte ich mich auf das nächste Küchenthermometer-Level begegnen und in einer geselligen Runde mit Schon- und Demächst-Foodbloggern den CucinialeSensor (ab jetzt kurz Cuciniale) testen, einschließlich dem GourmetPilot – die passende App zum Sensor. Ja, Ihr habt richtig gelesen; gekocht wird mit dem Touchscreen.



Der Cuciniale ist ein Gourmetsensor aus den Profiküchen adaptiert für den Normalo-Haushalt. Das Prozedere kennen wir, Geräte in unterschiedlichen Ausführungen, die von Fernsehköchen in Braten und sonstige Kochgebilde gesteckt werden und mit einer Leitung vom Offeninneren nach Außen die jeweilige Temperatur übermitteln. Das Gleiche vermag der Cucinale auch zu tun – und zwar fern des Backofens – ausschließlich am Herd.

Die Gründer der Cuciniale GmbH, die alle aus der Gourmet-Cuisine-Entwicklung stammen, haben mit dem GourmetPiloten eine smarte App dazu entwickelt, mit der man – endlich – legitimiert auch in der Küche das iPhone bzw. iPad am Mann/anne Frau haben kann.

So füttert man den GourmetPiloten ganz man am Anfang mit relevanten Daten bezüglich der Herdart, derzeit verfügbar E-Herd, Ceran- und Induktion (Gas-Herde in Vorbereitung) und kann zudem weitere spezifische Informationen vermitteln wie die Pfannenart mit der man kocht. Sein Wissen zu handelsüblichen Pfannen ist fundamental ausgeprägt. Nach diesem einmaligen SetUp kann direkt los gekocht werden.

Definiert wird dabei das Kochgut z. B. Ente, Schwein oder Rind und die Kochmethodik, also: Schmoren oder Kurzbraten. Man wählt das Wunschergebnis, also wie man das gute Stück gerne zubereiten möchte. Das Steak schön durch, die Ente blutig aber mit dunkel gebräunter krosser Haut. Dann drückt man auf Start, legt den Cuciniale in die Pfanne oder Kochtopf und prompt fängt der GourmetPilot mit netten (selbst definierbaren) Sounds – bei unserem Testkochen hatten wir ständig Lokomotiven-Alarm und ich mag Lokomotiven-Alarm – an mit dem Koch zu kommunizieren.

Sobald das Kochgeschirr heiß genug ist, kommt die Anweisung Öl in die Pfanne zu geben, befindet der Sensor dies sei heiß genug, folgen weitere Anweisungen wie „Fleisch hinzugeben”, „Fleisch wenden”, „Hitze regeln” etc. Nach dem ersten Wenden des Bratgutes wird der Sensor an die dickste Stelle im Fleisch gesteckt – und der Cuciniale misst und meldet hinsichtlich der Wünsche zum Endergebnis, wann das Stück Fleisch den perfekten Bratzustand erreicht hat. Im üblichen Kochprocedere gibt es zwischendurch noch Anweisungen, wie und wann welches Produkt in den Kochvorgang zugeführt werden soll. Sehr spannend, dass man hier und da übliche und gewohnte Griffe tatsächlich unterlassen soll, wenn der GourmetPilot sie nicht fordert. Der will halt nicht, dass das Risotto bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gerührt wird. Und wenn man langsam Schweißperlen auf der Stirn hat, weil man denkt, das Fleisch wird gleich schwarz, zeigt er ein lässiges souveränes Selbstbewusstsein, mit dem man sich erst einmal anfreunden muss.

Denken und Intuition ist also beim Kochen zunehmend out, HighTec – auch in der professionellsten Heimküche – in. Falsch machen kann man faktisch nichts mehr, denn die sechs Sensoren vom Cuciniale habe einen ziemlich guten Durchblick mit was für einer Art Fleisch und Dicke man es zu tun hat, er kennt die spezifischen Behandlungswünsche.



Bei unserem Bloggermeeting in der kleinen feinen Bio-Kochschule von Jens Friedrich durften wir in einer Art Kochduell den Cuciniale samt App testen. Holger Henke, Geschäftsführer der Cuciniale GmbH hatte es sich nicht nehmen lassen, uns das Produkt selbst vorzustellen und uns beim Kochen damit zur Hand zu gehen.



Wir dividierten in zwei Gruppen zu je vier bis fünf Personen, um den Brei ordentlich zu verderben, dieser kam zunächst in Gestalt eines Spargel-Risottos mit Forellen-Filets als Vorspeise daher. Im Hauptgang kredenzten wir uns eine Entenbrust. Je ein Team bereitete dabei den jeweiligen Gang analog, das zweite den Gang Cuciniale-basierend digital zu.



Zu diesem Zeitpunkt war ich schon schwer in den uns zur Begrüßung angereichten Champagner von Piper-Heidsieck verliebt. Dazu muss ich sagen, dass ich nach einer langjährig zurück liegenden Champagner Rosé-Nacht mit einem Freund, der diesem Getränk in herzlicher Zuneigung sehr zugetan war und in wirklich jeder Location, die wir heimsuchten in jener Nacht, eine Flasche orderte, und ich von eben solchen Getränk ganz schön die Leber voll hatte und daraufhin in den letzten Jahren mein Herz eher der Welt der Crémants eingelegt hingegeben hatte. Aber dieser Champagner war wirklich gut, sehr fein zu trinken, machte Spaß und war genau die richtige Begleitung für die warme Sommernacht – am Küchenherd. Ab sofort bin ich für mehr Champagner beim Kochen!

Selbstverständlich wurden uns später auch ganz feine Weine zum Essen selbst angereicht. Aber der Pieper-Heidsick Champagner hat mir doch glatt den Glauben an den Champagner zurück gegeben!



Nun zurück an den Herd, meine Gruppe kochte zuerst analog die größere Menge Risotto für fast alle, briet die Forelle und hatte dabei unglaublich viel Vergnügen miteinander und hat sich den Wolf gequatscht. An dieser Stelle kann man dem Champagner unterstellen, bereits einen prima Job für die gute Laune absolviert zu haben.



Wir wussten alle, was zu tun ist – der hauseigene Cuciniale-Koch; Peter Kundner, hatte bereits gut vorgeschnippelt. Es war also kochen auf allerfeinstem und bequemen Niveau.





Beim Anrichten zeigte sich, dass wir mit Doc Evas Kochlatein (ambitionierte kochende Zahnärztin und im übrigen Vox-Perfektes-Dinner-Gewinnerin) eine sehr fähige Food-Stylisten an Bord hatten, die generell ein feines Händchen für Forellen hatte.



Natürlich konnten wir beide Koch-Methoden in Form von Speiseproben direkt miteinander vergleichen – die Forellen waren absolut auf gleichem Niveau. Ich mochte unser Risotto ein wenig mehr, weil bissfester – allerdings ist gerade bei Risotto im Kochvorgang ein größere Menge zu kochen zuträglicher. Die Cuciniale-Tester übten sich derweil in dem Zubereiten von Risotto-Kleinstmengen. (Ich könnte so etwas ja nicht.)



Hier ein ganz klares Remis. Die Forelle vom Cucinale war ebenso perfekt gebraten wie unsere.

In der zweiten Runde blieb uns vom Hauptgang nur die Ente zuzubereiten. Die sehr feine Granatapfelsauce und Kartoffelbeilage waren schon vorbereitet. An dieser Stelle mein Tipp: Sagt öfter „ja!” zu Granatapfelsaucen mit etwas Schärfe zum Fleisch! Diese hier war zwar etwas flüssig, geschmacklich jedoch eine der wirklichen charmanten Begegnungen an diesem Abend (neben vielen anderen.)







Während die andere Truppe ihre Entenbrüste wie üblich erst in der Pfanne anbriet und sie im Ofen weiter reifen ließ, fütterten wir unter Anleitung von Herrn Henke den Gourmetpiloten mit den SetUp-Daten, also Herd- und Pfannenmethodik, erklärten ihm, dass wir eine Ente zu kochen gedenken, die innen sehr Rosé zu sein hatte und außen eher etwas dunkler gebräunt.





Der Mann an der Ente, Felix Keller, von Tech 'n Chili.





Der Cuciniale und Gourmetpilot im Team maßen und warfen uns hier Anweisungen und da Befehle zu, manchmal simulierte seine Soundpräsentation einen leichten Druck in unsere Richtung – schlussendlich hatten wir unsere Ente fertig gebraten, sie sah perfekt und genau wie programmiert aus und wir konnten uns erneut an den Tisch begeben und beide Kochvarianten vergleichen.

Perfekt sah unsere Version allemal aus:



Bei der Ente war ich persönlich näher an der Ente aus dem Ofen. So ein bisschen vor sich hin schmoren und ruhen, das tut einer Ente einfach sehr gut. Ich fand sie zarter und auch etwas weniger blutig – so wie ich sie persönlich mag. Dafür war sie nicht so knackig braun wie unsere, die ja lediglich ein Pfannenerlebnis ihr eigen nennen konnte. Wir hatten unsere Ente – das sei betont – im Gruppenkollektiv so haben wollen und defacto war unsere Ente tatsächlich genauso wie von uns vorbestimmt und so dem GourmetPilot als Aufgabe mitgegeben – und diese hat er tadellos gemeistert.

Der Nachtisch wurde uns vom Kochschulen-Meister und Cuciniale-Koch dann an den Tisch serviert – und ich finde, dass grundsätzlich alle Köche in den Himmel gehören, die mir einen Nachtisch doppelt servieren!



Erwerben kann man den Cuciniale ab Ende Oktober 2014 in der Premiu-Ediiton für 279,99 Euro inklusiver lebenslanger Software-Updates. Günstiger die Variante mit kostenpflichtigen Updates, da kostet die Hardware nur 149,99 Euro. Die Applikation, den GourmetPilot, gibt es kostenlos im Apple-Store.

Wer jetzt gerade überlegt, „Hm, das wäre das passende Weihnachtsgeschenk für …”, dem möchte ich noch den Tipp geben, dass der CucinialeSensor und GourmetPilot gerade online zum Einführungspreis für 129,99 € erworben werden kann.

Der Cuciniale ist sicher das Geschenk für den sehr ambitionierten Laienkoch, der gerne technisches Equipment sammelt und nutzt. Natürlich macht so ein technischer Support via Smartphone schon irre viel Spaß für sich genommen. Schlussendlich zählt das Ergebnis, das scheint mir hier absolut optimal zu sein. Für mich persönlich kommt er wohl eher zu spät, ich bin so weit mit meinem Wissen und etwas Intuition zum Kochgut prima Ergebnisse zu erzielen. Allerdings möchte ich nicht ausschließen, dass mir der Cuciniale bei einem richtig guten Stück Fleisch gelegentlich auch fehlen wird. Zum Käsen könnte er auch hilfreich sein. Natürlich wird hinsichtlich der App noch für andere Smartphones, Tablets gearbeitet.

Minuspünktchen? Optisch finde ich den Cuciniale im Design doch sehr klassisch, fast ein wenig DDResque. (Entschuldigt Jungs – aber da könnten die gestylten Pathologie-Küchen-Besitzer ein Problem haben!)

Zusammen kochen ist immer schöner als alleine kochen. Alles in allem war es also ein wirklich schöner Abend in – wie bei diesen Kochlümmeln immer üblich – sehr netter Foodblogger-Runde – der mit einem leichten Champagner-Schwips für mich in fortgeschrittener Sommernacht auf dem Rad von Charlottenburg nach Mitte radelnd ein wohliges und inspirierendes Ende fand.

2014-09-24

Kuchensozialität

Heute kam erstmals der neue nachbarschaftliche Freund, um den Teller zurück zu bringen auf dem es neulich den kleinen halben Käsekuchen mit Himbeeren mitgab, um heute auf dem gleichen Teller die vorzügliche (aber echt jetzt mal!) Birnentarte mit Guss mitzunehmen.

Da war also der Mann, der nach dem Hund riecht, nach dem ich auch neuerdings ab und an rieche. Lecker. Shiina benahm sich prompt wie ein kleiner Pudel mit perfektem Hundeschulenabschluss. Sie hörte auf das Wort, folgte bei Fuß, spielte mit dem Ball, war zu jeder Zeit topniedlich und flog dann doch zum Schluss als Katze auf, als sie ihm vergnügt ins Gesicht schnurrte.

Die beiden anderen Damen hatten Abendbrotbauch und somit wenig Interesse.

Ich teile sehr gerne meinen Kuchen mit Nachbarn im Haus oder in der Straße wohnend. Es hat einen riesigen Vorteil, denn ich backe gerne, kann aber aus logistischen Gründen nicht ständig ganze Kuchen vertilgen. Also ich kann schon aber ich ahne, das könnte Konsequenzen haben, die auf Dauer der Arzt nicht goutiert. So kann ich viel backen, immer abgeben, mache Menschen froh, oft bekomme ich sogar mit dem Teller ein Lob zurück. Ich kann dieses Konzept gut leiden.

Da ich mich eh gerade in meiner persönlichen Auseinandersetzung mit meinem Mürbeteigkarma befinde, an dem es noch viel zu feilen gibt, ist das eine sozialkalorienverträgliche Lösung. Zudem wird man sich in diesem Kiez irgendwann an mich erinnern als die komische Frau auf dem Rad mit den drei Katzen, die immer Kuchen backte.

Nicht die schlimmste Erinnerung an sich.

2014-09-18

Der Norma Tschüss gesagt

Heute war Normas Beerdigung. Meine erste Beerdigung auf einem Friedhof in Berlin-Mitte. Der II. Sophien-Friedhof in der Bergstraße. Allererste Lage, für Norma nur das Beste.

Wie es sich für die kleine Sonnenanbeterin geziemt, schien heute die Sonne hell und leuchtend. Sie tauchte die Scheiben in der kleinen Kapelle in wunderschönes Licht und wärmte uns während der Trauerrede im kalten Gemäuer die Oberkörper. Die Familie hatte zu der roten Urne ein Foto von Norma aufgestellt, das sie schon als ältere Dame zeigte. Sie trägt auf dem Foto so etwas wie das, was man heute „Fascinator” nennt. Ein Hauch von Etwas seitlich am Kopf. Sie guckt auf dem Foto genauso wie sie war, heiter bis belustigt, irgendwo in dem Gesicht und in den Augen saß immer eine Portion Schabernack. Diese Frau war noch im Alter wunderschön!

Der Trauerredner erzählte von ihrem Leben. Ich war dabei erstaunt, wie viel ich davon tatsächlich schon wusste, obwohl ich sie nicht lange kannte und wir nun auch nicht immer beisammen saßen. Aber sie hat mir in der kurzen Zeit viel erzählt. Nur vom Heinz war nie die Rede, ihre unglückliche Liebe, die kurze Ehe, die sie wohl mehrmals noch nach der Scheidung versuchte wieder zum Leben zu erwecken, was nie mehr gelingen sollte bis der Mann dann nach Westdeutschland gegangen war. Was damals halt hieß, die DDR verlassen hatte.

Aber von der Mauer und Stadtteilung war in dieser Trauerrede nie die Rede, wenn doch vom Krieg, dessen Anfang sie als 13-Jährige erlebt hatte, die Schrecken also sehr bewusst wahrnehmen musste, und dann ihren ältesten Bruder mit 17 Jahren in der Uniform am ersten Weihnachtsfeiertag verlor. Das hatte sie mir einmal – Jahrzehnte später – tiefbekümmert über die Balkonbrüstung hinweg erzählt, wie sie danach nie wieder fröhlich Weihnachten feiern konnte. Bis einer ihrer Urenkel an dem ersten Weihnachtsfeiertag geboren wurde, was ihr erst den Frieden wieder gegeben hatte.

Norma hatte dieser Tage Angst vor einem neuen Krieg aufgrund der ganzen Entwicklungen im Nahen Osten und vor allem in Russland. Der Russe im Krieg, davon haben die Menschen ihrer Generation ihr sehr eigenes Erleben. Sie erzählte mir einmal von ihrer Angst, die ich mit ihr teilen konnte. Ich stand da und hatte Gänsehaut und wusste nicht, wie ich sie beruhigen hätte können. Da habe ich lieber die Angst mit ihr geteilt und ihre ernst genommen.

Ich habe mich immer bewusst bemüht in den Zusammentreffen mit Norma keine platten Sprüche zu bringen, die man gerne älteren Menschen gegenüber anwendet, wenn sie von den Dingen sprechen wie Tod, Verlust und Müdigkeit, von denen man selbst noch nichts hören will. Ich bin froh, jetzt froh, dass ich bei unserem letzten Gespräch als sie mir sagte, dass sie müde sei, einfach nur gesagt habe, das ich das verstehen würde aber dass es mich auch traurig machen würde, wenn sie nicht mehr sei. Ehrlichkeit im Leben ist später ein prima Begleiter in der Trauer.

Der Redner sprach von der Fröhlichkeit, die Norma so ausgezeichnet hätte und dass Musik ihr ständiger Begleiter gewesen wäre, er sprach an, dass sie alle Arten von Musik liebte, im Chor gesungen hätte, gerne Klassik gehört hätte und André Rieu. Norma hatte immer den Radiosender an, der Rockmusik spielte, laut. Sie beschallte damit gerne den Hof und somit meinen Weg zum Müll, was ich doch außerordentlich reizend fand. Immer wieder.

Ich habe heute oft auf ihr Foto geblickt und musste immer denken: „Norma, Du kleiner Rocker!” Doch ja, Norma war noch mit 88 irgendwie Rock'n Roll! Die 15-jährige Tochter einer Nachbarin im Haus, heute tapfer dort die Familie vertretend, erzählte mir, dass ihre Mutter ihr immer erzählt hatte, wie sie mit Norma und einer Nachbarin „damals” nebenan in das besetzte Haus gegangen seien und mit den Bewohnern musiziert hätten.

Ich hatte Normas Tochter angesprochen und ihr gesagt, bevor sie den Gartenzwerg auf Normas Balkon wegwirft, denn die Wohnung wird ein Unternehmen auflösen, möge sie ihn bitte mir geben. Sie wollte noch ihre Enkel fragen und hat ihn mir dann neulich in die Hand gedrückt. Ich bin keine Gartenzwergliebhaberin aber dass ich nun vom Normchen den Zwerg hier stehen habe, erheitert mich und meinen Balkon. Ich erinnere mich sehr gerne an sie.

Wie der Redner sprach mit Hinweis auf die Urne, man könne eben nichts mitnehmen, deswegen gehe es im Leben vorrangig darum zu schenken: Freundlichkeit, Fröhlichkeit, Wärme und Liebe. So kurz ich diese Frau nur kannte, zweifle ich keinen Moment daran, dass sie sehr reich gegangen ist, weil sie Zeit ihres Lebens all das oft und nachhaltig verschenkte.

Nun haben wir sie begraben an einer wunderschönen Stelle, umrahmt von zwei Kirschlorbeerpflanzen mitten in ihrem Berlin. Ich habe mich bei ihr am Grab bedankt, dass ich sie kennenlernen durfte.

2014-09-10

Was die da mental mit Dir machen …

So bin ich dann vergangene Woche am Dienstag zum Jobcenter gegangen, um zu erfragen, warum ich sechs Wochen nachdem ich die Unterlagen eingereicht habe, nicht die Zahlung meines Krankengeldsatzes vom Jobcenter erhalten habe.

Ich bin morgens um Punkt acht Uhr vor Ort, mit erstaunlich wenig anderen Mitstreitern. Beim Empfang spreche ich vor und ich erhalte die übliche Zettelage, um bei einer weiteren Empfangskollegin vorsprechen zu dürfen, die mir dann wohl sagen könne, bis wann ich mit Zahlung rechnen dürfe.

Fünf Menschen im Wartezimmer vor mir, es geht schnell. Ich erkläre der nächsten Mitarbeiterin mein Problem, lege ihr den aktuellen Kontoauszug vor, der klar definiert, dass am Tag zuvor die Miete ab- und wieder zurückgebucht worden ist, einschließlich der Rücklastschriftgebühr. Die Dame guckt auf den Kontoauszug, stellt fest, dass ich ja 250,— Euro zur Verfügung hätte und somit nicht mittellos sei. Ich entgegne, dass ich mich nicht in der Lage sähe von 250,— € meinen Lebensunterhalt, Strom, Miete und Medikamente finanzieren zu können.

Sie guckt in ihren Computer, notiert wieder lustige Zahlen auf ihre Schreibtischunterlagen und erklärt mir ungerüht, sie hätte den frühesten Termin in der Leistungsabteilung am 12.09. diesen Jahres.

Ich erkläre ihr daraufhin sehr gerührt, dass die nicht ginge. Ich erkläre, dass meine Krankschreibung auf einem Trauma wegen eines Wohnungsverlustes basiert, ich seit ich in dem diesem beschissenen Jobcenter gemeldet bin, immerhin fünf Mal meine Miete nicht oder zu spät nur zahlen konnte; ich so keine Chance auf Gesundung habe, weil mich das Jobcenter regelmäßig zurück auf Null schickt. Das komplette Programm mit Tränen. Die pure Erniedrigung.

Es wird telefoniert und ich darf noch am gleichen Tag zwei Etagen weiter, dort empfängt mich eine junge Kollegin, die natürlich nicht weiß, warum mein Antrag nicht bearbeitet worden sei, der verantwortliche Kollege sei gerade nicht da (typisches Statement von Jobcenter-Mitarbeitern), sie würde das Geld sofort anweisen, ich hätte das dann am nächsten Tag auf dem Konto. Aber sie könne mir nur die Leistung ab dem 1.9. überweisen, das Geld ab Ende der Krankengeldzahlung, könne sie erst anweisen, würde ich einen Kontoauszug über die letzte Krankengeldzahlung vorlegen.

Wir erinnern uns, als ich die Unterlagen der Krankenkasse dort abgab und mich erkundigte, was ich zu tun hätte, hieß es dort: „Nichts! Das würde jetzt automatisch seinen Gang gehen.” Ich hätte die Unterlagen längst dort vorgelegt, hätte man mich überhaupt wissen lassen, dass ich das tun soll.

Das Geld hatte ich dann tatsächlich ganze drei Tage später auf dem Konto. Also das für den September. Nicht das ab Mitte August. Auch nicht das für die seit Monaten beantragten Sonderleistungen für spezielle Behandlungstherapien.

Ich bin dann jetzt soweit. Ich, die ich durch und durch pazifistisch bin, Gewalt verabscheue, Motten lieber aus der Wohnung raus setze als sie zu erschlagen, ich habe letzte Woche verstanden, warum Menschen Amok laufen. Und ich werde in Zukunft, wenn wieder ein Mensch in einer dieser Behörden die Kontrolle verliert, diesen Menschen verstehen, denn ich kann seine Verzweiflung 1:1 nachempfinden. Und ich werde ohne mich mit dem jeweiligen Fall näher zu beschäftigen, ganz lapidar sagen, sehr sicher ist dieser Mensch zu Recht entglitten. Er konnte da gar nichts für. Vermutlich hat er einfach dann einmal zu wenig „Entschuldigung” und einmal zuviel „Der verantwortliche Kollege ist gerade nicht da.” gehört und die Nerven verloren. Das passiert vor allem dann, wenn man so forciert darum ersucht bei verzweifelten Menschen.

Mir geht's also wieder seit Tagen schlecht. Zurück auf Null. Immer wieder. Nur wegen dieser einen Behörde.

2014-09-08

Beim Rad-Händler

Ich diagnostiziere mir selbst heute vormittags akute Luftabwesenheit im Sinne von die „Luft ist raus.” Es stehen nur Kleinsttermine auf dem Plan und selbst die erscheinen mir als zu schwer. Dann trete ich aus dem Haus und sehe, dass es meinem Vorderreifen offensichtlich genauso geht. Ich pumpe ihn auf, um zu erkennen, dass er binnen 60 Minuten wieder platt ist. So rolle ich das treue Gefährt vorhin um die Ecke zum kleinen Fahrradbastler, der zwei Minuten von der Haustür entfernt agiert. Eigentlich lasse ich sowas immer in der Radspannerei machen, denke aber hier bei mir, gibste dem kleinen Bastler 'ne Chance.

Das Rad sichert sich seit schon immer neben dem Schloss mit Security Locks an beiden Reifen und dem Sattel ab. Das habe ich damals bei Kauf einsetzen lassen, als die Dinger gerade erst hierzulande den Markt beschnupperten, natürlich haben sich mittlerweile irgendwelche anderen Systeme durchgesetzt. Die Bude, die mein System damals produzierten, gibt es wohl auch gar nicht mehr.

Das ist eigentlich schade, denn das System ist echt sicher. Das knackt keiner. Das ist so sicher, dass es in der Vergangenheit diverse Radreparateure, denen ich das dazugehörige Set mit Gebrauchsanleitung und Mini-Inbus an die Hand gebe, nicht aufbekommen haben. Dabei ist es ganz einfach, Tresortechnik. Jedes Lock hat drei kleine Schrauben, die codiert sind. Die Codierung geht wie beim Kofferschluss jeweils bis neun. Man muss nur mit den Inbus die drei Schrauben einmal bis zum Leerlauf stellen. Und dann nach rechts so oft klicken lassen, wie der Code vorgibt. Ist dieser also drei, dann eben drei mal leicht ratschen lassen. Mit etwas Gefühl klappt das ganz gut. Also, ich kann das mittlerweile mit links. Und Schwups ist die Kappe ab und man kann mit einem normalen 7er Inbus den Reifen lösen.

Da ich nun weiß, dass andere Menschen mit diesem System nicht oder auch nicht so schnell klar kommen und ich auch jedes Verständnis der Welt habe, dass man sich nicht mit jedem besch… Fahrrad-Security-Locking-System, das global so existiert, auskennen muss, sorge ich mittlerweile dafür, dass die Händler das Rad von mir für die zu reparierenden Stellen jeweils schon befreit erhalten. So brauchen die das hinterher nur noch einmal aufdrehen und gut ist.

So tat ich das auch heute. Ich fahre mit dem Rad vor, löse die Kappe. Erkläre das eigentliche Problem, erkläre dass ich die Kappe zur Diebstahlsicherung schon abgemacht habe, drücke dem Menschen die Sachen in die Hand und soll mein Rad in einer Stunde wieder abholen. Ich verlängere von mir aus auf zwei Stunden, will denen ja keinen Stress machen und um 15:00 Uhr klingelt das Telefon, sie bekämen das Rad nicht auf. Ob ich in der Nähe sei und ihnen helfen könne?

Nun ja, bin ich, weil eben vor der Haustür. Ich gehe hin, gucke mir das an. Hängt wieder die Security-Kappe am Rad. Die Jungs ratlos. „Ja”, sag ich zu den beiden Jungs, „deswegen habe ich Euch das ja vorher abgemacht, damit ihr das Problem nicht habt.” Ich mache die Kappe wieder ab. Die Jungs ratlos. Ich dann erklärend, „soweit ich weiß, muss man jetzt die Schraube lösen.” Sie kriegen die Schraube nicht aufgedreht. Und irgendwann kommt der Vorschlag vom Chef mit Gewalt, aber dann müsse er mir ein neues System drauf machen. Was ich quittiere mit „kein Geld für so'n Spaß.” Wir einigen uns, dass ich das Rad da vorstelle, wo neulich, also vor drei Jahren zirka neue Mäntel aufgezogen worden sind. Wir pumpen das Rad noch mal auf und ich rolle von dann zur Radspannerei, denen ich das Problem erkläre, von denen einer im Service sagt, „bringt das Rad rein, ich gucke mir das an.” Der dann an der Schraube dreht mit einem 7er-Inbus. Und die Schraube sich wie von Zauberhand überredet wird, sich so zu verhalten, wie sie soll: sie löst sich.

Soweit so schlecht. Ich bringe mein Rad, so es möglich ist, immer zur Radspannerei, weil ich weiß, dass die ihr Business verstehen, Ahnung haben, einem keinen Mist andrehen und zumeist sehr sehr nett sind. Zumeist ist Schwachsinn, die sind immer sehr nett. Punkt. Das Dumme ist, dass das mittlerweile so bekannt ist und man deswegen für akute Radreparaturen auf eine Warteliste kommt, die drei Tage lang wirken kann. Bei 'nem platten Reifen. „Es gibt so viele platte Reifen in diesen Tagen.”

So bin ich voraussichtlich die nächsten drei Tage radlos. Sprechen Sie mich also nicht von der Seite an. Wer aber in Berlin sich einmal ein neues Rad kaufen möchte, geht bitte immer zuerst da hin.. Die haben sowieso da schöne Räder mit guten Komponenten, die man sich zusammen stellen kann.

2014-09-06

Beim Paff-Händler …

Gestern bin ich in dem Nähmaschinenladen gewesen, in dem, so vermute ich, meine Oma in den 60igern ihre Nähmaschine gekauft hatte. Die Wilmersdorferstraße in good old Charlottenburg. Als mich dann der Verkäufer fragte, ob er mir helfen könne, erzählte ich ihm, dass ich nur mal gucken, weil eben meine Oma damals …

Da konnte er wenig zu sagen. Viel zu jung. Der Laden vermutlich in der xten-Generation weitergegeben. Vielleicht ist es auch gar nicht mehr der Gleiche oder ist mittlerweile umgezogen. Es wurde ja auch neu gebaut und überhaupt. Ihm war wohl auch sofort klar, dass ich mit so einer Nähmaschine als Erbe so schnell nichts Neues kaufen werde.

Dann guckte ich mir an einer Wand die Nähfüße für die neuen Pfaff-Maschinen an und stellte fest, dass die das gleiche Nähfuß-Klickmodell haben, wie die meisten Hersteller heute. Und dann habe ich gelernt, dass es für meine alte Pfaff-Nähmaschine tatsächlich einen Nähfußadapter für 14,95 € gibt, den er sogar in der Schublade hatte, mit dem ich praktisch jeden neuen Pfaff-Nähfuß an meine alte Diva bekäme.

Da war ich platt. Eigentlich wollte ich direkt zuschlagen, doch dann fiel mir dann aber ein, dass ich mehr Nähfüße für die Pfaff habe, als ich jemals gebrauchen kann. Klar gibt es auf dem Gebiet einige sinnvolle Neuerungen aber Oma hat mir schon verdammt viele Nähfüße hinterlassen. Und dann lag neulich auf dem Flohmarkt eine Holzschachtel für l0 Euro mit weiteren Nähfüßen für die gleiche Maschine, so dass ich auch den einen und andere doppelt habe. Ich saß dann an einem grauen November-Abemd am Rechner und recherchierte in den Nähforen die ganzen Nummern, die auf meinen Nähfußen eingestampft sind – und bin mir völlig unbekannten Nähmöglichkeiten begegnet.

Gerade hinsichtlich dieser Seniorin als Nähmaschine ist das Internet wie oft eine Quelle der Freude – was man da alles nachlesen und lernen kann. Ich war da wieder an einem Punkt, an dem ich dachte, was haben wir eigentlich früher ohne Internet gemacht? Dieses einfache Zufließen von Informationen – aus dem Stehgreif – von Menschen großzügig geteilt; dieses Partizipieren dürfen an den Erfahrungen anderer Menschen. Das ist alles sehr sehr großartig.

Mir hat's jedenfalls das Nähen näher gebracht. Ich wäre heute nicht so weit, wenn ich als unterstützenden Lehrmeister nicht das Web gehabt hätte bei meinen ersten Schritten.

2014-09-01

Kätzchen gesucht?

Sich ein Kätzchen (oder anderes Tier) aus dem Ausland zu holen, ist selbstverständlich eine kritische Sache, solange die Tierheime hier voll sind.

Ich habe das damals bei Shiina nicht mit leichtem Gewissen gemacht. Aber ich habe ihr Foto auf Facebook gesehen und einfach gewusst, sie gehört zu mir/uns. Das war auch die richtige Entscheidung, denn sie ist eine wundervolle Katze, die mich von Anfang an sehr geschätzt hat und das auch täglich zeigt. Dass sie nun mit den anderen beiden Damen nicht so klar kommen möchte, ist hierbei eine andere Geschichte.

Ich habe Shiina über den damaligen Verein Teneriffas Katzenwaisen vermittelt bekommen. Den Verein gibt es so nicht mehr, aber die ehemalige Vereinsvorsitzende unterstützt hierzulande weiterhin ehrenamtlich zwei Organisationen, die sich um Katzen auf Teneriffa kümmern, Fundkatzen aufnehmen, behandeln lassen, in Pflegestellen unterbringen – einfach versuchen diese vor dem sicheren Tod zu bewahren. Was die für einen guten Job machen, zeigen die Fotos in einem früheren Blogpost über Shiina. Zwischen den ersten Aufnahmen ihres schrecklichen Zustandes und der Ankunft bei mir, lagen nur sechs Wochen.

Ute hat heute die Homepage mit neuen Katzen gefüllt, die dringend ein neues Zuhause suchen. Es sind zahme, gepflegte, gesunde und bildhübsche Katzen und wenn diese besondere Eigenheiten haben, werden diese sehr offen kommuniziert. Man weiß also ziemlich genau, wen man sich als neuen liebeswerten Lebenspartner ins Haus holt. So oder so gilt immer eines: Katzen entwickeln sich ihr Leben lang. Selbst die scheueste Katze kann sich im richtigen Zuhause zu einem kleinen extrovertierten Prachttiger hinentwickeln.

Derzeit betreuen die Pflegestellen alleine 13 Katzenbabys, die nur an diesem einen Wochenende aufgesammelt wurden. Teils mit ihren Müttern, die fast völlig verdurstet die vielen Kitten nicht selbst ernähren können, teils ohne Katzenmamas, die es nicht geschafft haben. Die Babys werden nun mit der Hand aufgezogen. Das ist nicht nur für Ehrenamtler viel Arbeit, wenig Schlaf, es bedeutet auch immense Kosten. Es werden dringend Futterspenden benötigt, wer helfen mag und kann, kann das hier sehr einfach tun.

Also guckt einmal auf die Seite, empfehlt sie weiter – vielleicht fehlt ja irgendwo einem Mensch in Eurer Umgebung genau die eine Katze, die dort vorgestellt wird?

Danke!

2014-08-29

Jobcenter Berlin-Mitte

Ich bin seit dem 18.08.2014 seitens der Krankenkasse ausgesteuert worden, das heißt, dann sind 72 Wochen Krankengeldleistung erfolgt und ich muss mich an das Jobcenter wenden, die nun für die Leistungen während der Krankschreibung eintreten. Die Arbeitsagentur für Arbeit tut das nicht, weil man nicht als vermittelbar gilt, solange man krank geschrieben ist.

So habe ich per 18.07.2014 die Unterlagen beim Jobcenter vorgelegt und nachgefragt, wie das weitere Procedere sein wird. Die Antwort: „Da müssen Sie nichts weiter tun, das läuft jetzt automatisch.”

Okay, das hätte mich selbstverständlich hellhörig werden lassen müssen.

Auch das zum 18.08.2014 keine Leistung für den Monat August auf meinem Konto eingegangen ist, hätte mich hellhörig werden lassen sollen, denn normalerweise erfolgen diese Leistungen vorab. Aber da dachte ich noch, okay, die wissen, dass bis zum 15.08.2014 Geld von der Krankenkasse geflossen ist.

Heute ist die bewilligte bezuschusste Leistung, die ich seit der Krankengeldzahlung erhalte – weil das Krankengeld sehr niedrig war – auf dem Konto eingegangen. Ratet welcher Antrag offensichtlich nicht bearbeitet worden ist. Ratet, wer am Montag wieder einmal nicht die Miete bezahlen kann, dank des Jobcenters Mitte.

Wieder einmal heißt binnen zwölf Monate konnte ich dank der Schlampigkeit der dort arbeitenden Mitarbeiter drei Monate gar nicht – also nur mit externen Hilfen – und zwei Mal zu spät meine Miete überweisen.

Wenn man mal überlegt, warum ich krank geschrieben und dass die mich mit diesen Aktionen jedes Mal im Prozess meiner Gesundung zurück an den Anfang schicken …?

Die möchten, dass man sich selbst erledigt, oder?

2014-08-27

Amazon-Wunschliste

Mir hat jemand liebenswerterweise von meiner Amazon-Wunschliste am 22.7. das Overlock-Nähbuch offensichtlich geschickt. Nur … es ist hier leider nie angekommen.

Insofern kann ich mich leider nicht bedanken bzw. anderweitig Bescheid geben.

Der kleine Großcousin …

… wohnt um die Ecke und ich klingelte gestern zurück kommend vom Engelbecken nach einem netten Café am Wasser gemeinsam mit einer Freundin bei meiner Cousine, um ihr endlich die für sie bei Müller Nähmaschinen erworbene Magnetsaumführug zu schenken. Meine Cousine näht auch relativ frisch und dieses Gerade nähen ist am Anfang so einfach noch nicht.

Die Cousine freut sich, der kleine Großcousin freut sich auch über den Besuch knapp vor Badewanne und wir beschließen alle gemeinsam noch eine Runde um den Block zu drehen, die mit einem Glas Wein auf meinem Balkon enden wird, für den kleinen Großcousin endlich mit der Zusammenführung der Katzen.

Als wir los laufen, gucke ich ihn mir an: er trägt eine neue, sehr schicke Röhrenjeans, neue Puma-Sneaker in weiß-senfgelb und dazu einen weißblau quer gestreiften Kapuzenpulli. Er sieht für einen Zweieinhalbjährigen extrem schick aus und ich bewundere als erstes seine neuen Schuhe. Das findet er wiederum so passend und korrekt, dass er sich umdreht, sich mir (erstmals) in die Arme stürzt und sich ab diesem Moment tragen lässt. Der kleine Großcousin ist ein cleverer kuschliger Tragefratz. Er macht es einem sehr viel leichter, weil er einem dabei den Nacken streichelt.

Bis wir über die Straße gehen und den kleinen Weg zu meiner Wohnung hoch, wiederholt er aufgeregt „Katze! Katze”. Er mag Katzen, das ist längst bewiesen, hat aber auch erstaunlich hohen Respekt vor ihnen. Der kleine Großcousin hat im übrigen seit dem Sommerurlaub vor einigen Wochen bei seiner Familie väterlicherseits in Kroatien die Sprache für sich entdeckt. Kurz: er haut nun einen Korken nach dem anderen raus. Es ist ein tolles Alter. Vor allem für die, die ihm zuhören dürfen.

So sitzt er im Treppenhaus vor der offenen Tür im Türrahmen, guckt verzückt auf eine Shiina, die sich erstaunlich unerschrocken vor ihm auf dem Boden wälzt, guckt an die Decke meines Flures und gesteht uns allen: „Schöne Wohnung!” Dann blickt er begeistert auf die kleine graue Katze, die immer noch keine Sorgen wegen ihm zu haben scheint (Nacktkatzen-Training wirkt) und stellt fest: „Katze! Katze!”, und nach einer Weile „viel Katze”. Bei Shiina eine sehr zutreffende Anmerkung – auf mehreren Ebenen.

Wenig später, die Shiina ist mit dem Abendessen in einem Raum beschäftigt, stellen wir ihm die beiden anderen Katzen vor, die nun auch gemeinsam über dem Fressnapf hängen und erstmals bildet er für sich im Leben sprachlich bewusst den Majestic Pluralis Premiumcontentalis: „Zwei KatzeN”.

Seine Mama zeigt sich tief ergriffen. Sie ist Wirtschaftsprüferin; er kann zählen, das ist nun bewiesen.

Wir hatten im Folgenden noch viel Spaß mit ihm, einer ihrer Bestimmung zugeführten müffelnden Windel, wobei er viel Freude bewies, was immer ich ihn „Stinkebär” nannte und seiner sekündlich zunehmenden Müdigkeit, die sich ausgeprägt in einer immer lustiger werdenden Motorik erkenntlich zeigte. Überhaupt scheint er nun begriffen zu haben, dass ich nicht nur die Frau bin, die man gelegentlich im Supermarkt am motorisierten Auto trifft sondern, dass ich eine bin, auf der man ganz gut rumkrabbeln und steigen kann.

Im übrigen habe ich den kleinen Mann noch nie quenglig erlebt. Sonnenschein. Aber hallo!