2023-11-19

Crypta rupereste Madonne del Soccorso in Monopoli

Monopoli – eine weitere dieser schönen Städte in Apulien, die entlang der Küste der Adria mit ihrer Schönheit und ganz eigenem Charme um die Touristen im Valle d’Itria buhlt. Drei Urlaube durfte ich bisher hier verbringen. Anfänglich auserwählt aus purem Pragmatismus, nämlich Lage an der Nord-Süd-Tangente der Bahn und finanzierbarer Unterkunft, ist mir dieser Ort mittlerweile immer mehr ans Herz gewachsen.

Ich mag es hier, die Altstadt direkt am Hafen gelegen, mit ihrem eher niedlichen Castello und dem zu Tode fotografierten alten historischen Hafen.
Und die moderneren Stadtbereiche, mit der riesigen Piazza Vittorio Emanuele II, sie gilt als einer der größten Plätze Süditaliens, ist zu jeder Jahreszeit abendlicher Treffpunkt allen urbanen Lebens. Hier verschmelzen das Centro Storico (Altstadt) mit der Neustadt Monopolis.
Demgegenüber die Piazza Garibaldi (who else?), die im Centro Storicos Mittelpunkt allen Lebens ist – früher als Zuhause des Fisch- und Gemüsemarktes diente – heute nach einer Umgestaltung mit Einrichtung des Tourismusbüros, mit der Eisdiele, Salumeria (feinster frischer Ricotta), vielen Bars und Restaurants völlig für Touristen umgewidmet wurde.
Ich weiß nicht, wie viele Kirchen diese Stadt – alleine im Centro Storico – ihr Eigen nennt. Es sind unfassbar viele! Jemand hat auf einer kleinen Fläche der Altstadt alleine schon 17 Stück gezählt. Nicht immer sind sie als das Gotteshaus, wie man es kennt, zu erkennen. Oft sind es nur mit Kunstblumen und Grabkerzen geschmückt Altäre in den Torbögen auch allerkleinster Straßen. Verbliebene Fresken – wie dieses Fresko am Zugang zum Porto Vecchio, dem La finestra sul mare
… Madonnenbildnisse, Schreine – als Zeichen frühzeitlicher Orte des Glaubens, längst überbaut.

Oder sie sind ihrem Zweck entfremdet, zwar vor dem Verfall geschützt, restauriert, dienen aber heute nur noch kulturellen Ereignissen als Zuhause. Z. B. anlässlich des internationalen Fotofestival PHEST, das jährlich in Monopoli im Herbst stattfindet. Ist eine Bar in der Nähe, können die Stufen auch als Tisch dienen. Die Integration der sehr alten Gotteshäuser in den heutigen Alltag, sie ist vielfältig.
Und dann sind es große Kathedralen mit klang haften Namen, wie die Basilika Maria Santissima della Madia (1742-72), die mit ihren erstaunlich einfachen Fassade, in ihrem Inneren und einzigartigen Überfülle barocker Pracht alles in den Schatten stellt.
Die Santa Maria Amalfitana, die ca. 1159 von Seefahrern über eine Grotte errichtete Basilika. Die Chiesa di San Francesco d’Assisi, Chiesa di San Salvatore oder hier, die Chiesa di San Domenico …
Es gibt kaum eine Straße – zumindest in der beschriebenen Altstadt – die nicht von einem historischen religiösen Bezug Zeugnis spricht. Und das macht das Spazierengehen hier auch so spannend, egal ob man gläubig ist oder nicht. Diese Vielfalt der Kirchengeschichte Monopolis zu erfassen, manchmal überladender Prunk, der sprachlos macht ob der künstlerischen Vielfalt, manchmal bröckelnder Zerfall, der Mitleid erwachsen lässt, das ist eine spannende Aufgabe für sich bei der Entdeckung dieser einzigen Stadt (gr. mono poli).
Neben den Strandausflügen, Wanderungen entlang der Küsten, Restaurantbesuche und natürlich einem Aufenthalt am Porto Vecchio, dem kleinen historischen Hafen mit den Gozzo, den blau gestrichenen einfachen Fischerbooten. Monopoli bietet viel süditalienische Schönheit – und diese zum Glück noch ursprünglich.

Mindestens zwei unterirdische Kirchen soll es in Monopoli geben. Eine befindet sich auswärts der Stadt gelegen, die andere, Crypta rupereste Madonne del Soccorso, liegt mitten in der Altstadt.

An ihr bin ich nun drei Urlaube beinahe jedes Mal vorbeigelaufen, wenn ich von meinem Ferienapartment in Richtung Bahn ging, hatte es aber bis zu diesem Urlaub noch nie geschafft, sie zu besichtigen. Entweder weil ich außerhalb ihrer Öffnungszeiten an ihr vorüberzog – oder in Eile war, weil der gebuchte Zug nicht warten wollte.

Jedoch dieses Mal nutzte ich die Chance bei einem abendlichen Spaziergang, entrichtete einen Euro an den jugendlichen Kirchenbeisitzer für ihre weiteren Pläne der Restaurierung. Es ist oberhalb der Kirche in der Via San Domenico 73 übrigens ganz charmant, denn direkt gegenüber liegt die ebenfalls von einem Herren betreute öffentliche Bedürfnisanstalt (die Altstadt besitzt zwei davon) – man trifft sich dort mit der Nachbarschaft, abends gesellen sich die befellten frei laufenden Mitbewohner der Anwohner hinzu.
Es ist ein öffentlich-kirchliches Leben eigener Art.
Heute liegt die Crypta rupereste Madonne del Soccorso sechs Meter unterhalb des Straßenniveaus und ist über eine steile Treppe zu erreichen (nein, leider nicht barrierefrei). Tatsächlich lag sie zum Zeitpunkt ihrer Entstehung, das war ungefähr im 10. Jahrhundert, oberhalb eines Kanalhafens, der später von den Normannen zugeschüttet wurde. Sie ist sehr klein, misst lediglich 7,55 x 5 m und von ihrem originalen Zustand ist lediglich ihr Grundriss erhalten.

Alle ihr enthaltenen Skulpturen wurden später aus anderen, heute nicht mehr existierenden Gotteshäusern der Umgebung hierher ins kirchliche Asyl entsandt.

Einzig im Original auch hier entstandenn ist dieses Fresko der Namensgeberin, einer – natürlich jungfräulichen – Madonna mit ihrem Kind – aber auch dieses zog wohl vermutlich 500 Jahre nach ihrer Entstehung hier ein.
Über ihre historische Bedeutung findet man bedauerlicherweise viel zu wenig. Der Text zu ihr auf der offiziellen Seite von Monopoli ist, höflich formuliert, mager. Es gibt eine Erklärungstafel in ihrem Inneren, die sich formal, immerhin zweisprachig ((italienisch/englisch), hauptsächlich dem Grundriss widmet. Aber ich hatte das Glück, für einige Momente alleine in dieser Kirche zu sein, und das ist faszinierend.


Die Skulpturengruppe wird Stefano da Putignano und dem 16. Jahrhundert zugeordnet. Ursprünglich sollen sie ihr Zuhause in der Kirche S. Maria La Nova gehabt haben, die 1529 zerstört wurde. Wo genau diese Kirche ihren Standort hatte – ich konnte ihn nicht finden.
Auch das hoch über dem Eingang der Kirche hängende Relief, das zielsicher auf ihre Existenz hinweist, ist nachträglich angebracht worden. Im Saal findet sich eine steinerne Scheidewand, von zwei Säulen und einem Rundbogen getragen. Diese Wand soll der Trennung zwischen den Gläubigen (Naos) und dem Klerus (Bema) gedient haben.
Der kleine Altar, mit einer Steinfassung vom restlichen Saal abgetrennt, wirkt in Anbetracht der gerinen Cryptagröße, faszinierend niedlich und vermittelt dem kühlen, düsteren Raum etwas Freundliches. Meine subjektiven Eindrücke.
Durch Gitter abgetrennt sind eine kleine schmale frühere Zuwegung im Felsen zur Kirche und ein tiefer gelegener Bereich, heute mit Grundwasser gefüllt.
Messen werden an diesem Ort nicht mehr gehalten, er dient ausschließlich als historische Stätte – aber die Besichtigung lohnt sich wirklich, denn es ist einfach eine ganz andere Art von Kirche – und ein Beweis der reichen Vielfalt an Gotteshäusern alleine in dieser apulischen Hafenstadt.

2023-11-16

Es ist still hier …

… ich weiß. Aber – davon abgesehen, dass ich zwei Mal verreist war, kürzer und länger – mich macht das, was gerade immer mehr und immer schlimmer in dieser Welt passiert, sehr sprachlos. Fassungslos.

Ich verstehe das Alles gerade nicht. Ich verstehe diese unfassbare Niedertracht von Menschen nicht. Ich werde es auch nie begreifen, klar. Aber wie kann man in dieser Zeit – in der wir vermeintlich alle so fortschrittlich sind – immer noch Töten aus religiösen und territorialen Befindnissen heraus? Hört dieser boshafte Schwachsinn denn nie auf?

Und: Haben wir nicht mit ganz anderen Bedrohungen zu kämpfen?

2023-09-13

Der Berliner Terrassenkönig

Michael Pankow ist Gastgeber durch und durch. In seinen vier Berliner Gaststätten am Schiffbauerdamm, der Bar A Vin, der Vincent Piano Bar und Brechts Steakhaus, kurz Brechts, finden seine Gäste kurzweilige Unterhaltung mit stilvoller Küche und Getränken, ganz nach deren persönlichem Gusto am Ufer entlang der Spree.
Flaggschiff ist natürlich die In-Adresse für französische Küche und Lebensstil im Ostteil Berlins, die Ganymed Brassserie mit ihrer historischen Bedeutung für diesen Stadtteil.
Hier trifft sich nicht nur auf Berliner Prominenz, die eine Vorliebe für die feine Küche der Grande Nation teilt. Auch die Künstler und Gäste der umliegenden Etablissements der schönen Künste wie Berliner Ensemble und Friedrichstadtpalast, genießen hier frische Meeresfrüchte auf der Étagere, eine exzellente Soup de Poisson „Marseille” und Fleischgerichte vom Lavasteingrill bis hin zu den fantastischen französischen Desserts oder die Plat de fromage.
Michael Pankow hat nun seiner Superlative „längste Terrasse Berlins” die nächste Steigerungsstufe hinzugefügt. Die – vermutlich – „teuerste Terrasse” Berlins ziert ab sofort direkt an der Restaurantseite den Straßenbereich. Auf den 250 überdachten Quadratmetern mit wärmender Technik, werden jetzt auch hier auf edlem Brandenburger Gestein Gäste mit der üblichen Professionalität des Ganymed Services die freiheitsliebenden Gäste bedient. Das ist ein Statement nach den vergangenen Jahren der Pandemie, die viele Gastronomen hatte aufgeben lassen.
Monatelanger Austausch mit Berliner Bauamt und Denkmalschutz, schließlich gilt heute mehr denn je: Wer in Berlin die Dinge gut verändern möchte, darf sich vor dessen Amtsschimmel nicht fürchten. Das war sehr sicher im Ganymed Gründungsjahr 1931 nicht anders als heute in 2023. Auflagen wie die eigene Sickergrube unter der Terrasse, Wasserablauf und dem zwingenden Verbau von Brandenburger Travertin, haben den Quadratmeter Terrasse im fast am vierstelligen Bereich kosten lassen. Knapp 200.000 Euro hat das Investment gekostet. Die dabei aufgebrachte Geduld des Gastronoms, in seiner Funktion als Bauherr in der einjährigen Bau- und Gestaltungsphase, unbezahlbar.
Hier die üblichen Personalprobleme im Berliner Bau, dort ein Wassereinbruch in die Baustelle im Wettergeschehen, diese Widrigkeiten haben Michael Pankow gefühlt milde werden lassen, wenn er über dieses herausfordernde Projekt erzählt. Natürlich wollte man die Eröffnung viel früher im Sommer feiern – es ist, wie es ist.

Denn ab sofort ist die ehemals nicht ganz ansehnliche Ecke wunderschön und bietet ruhigen Terrassenflair im typischen französischen Design Pariser Straßencafés. Im Winter dürfen sich die Gäste indes auf die legendäre Eisstock-Bahn freuen, die auf der Fläche wieder ihren legendären Platz finden wird – und sich nebenbei ganz wunderbar für die Weihnachtsfeier der Firma und geschlossene Gesellschaften empfiehlt.
Paul Bocuse soll einmal gesagt haben: „In einem Restaurant macht die Küche nur 20 % des Erfolges aus. Am wichtigsten ist das Ambiente, die Haltung des Chefs. Das große Restaurant ist ein Theater.”
Wenn das stimmt, dann hat Michael Pankow mit seinem Team – vor allem aber seinen Ideen – einen sehr guten Job in und für Berlin gemacht und perspektivisch ein Zeichen gesetzt für die Berliner Gastronomie. Persönlich möchte ich die 20 % deutlich höher ansetzen als Bocuse. Wie auch immer, die Küchencrew rund um Chefkoch Pietro Solito macht in der Ganymed Brasserie zu 100 % einen hervorragenden Job!
Zur Eröffnung der Terasse wurde die schreibende und instagrammende Berliner Food-Szene eingeladen und wie immer charmant mit den fantastischen Köstlichkeiten der Speisekarten von Ganymed und Brechts Steakhaus bewirtet. Bruschetta und Austern: nature oder gratiniert. Garnelen, Meeresfrüchtesalat. Hier und da lockten die Einflüsse der Levante-Küche des modernen Frankreichs.
Später wurden uns wundervolle puristische Fleischvariationen vom Rind und … vom Brechts-Grill angeboten am Buffet.
Begleitet von Champagner, alkoholfreiem Sekt (ich weiß nicht, wie es in eurer Stadt ist, Berlin trinkt zunehmend alkoholfrei) und guten französischen Weinen.
So ganz nebenbei sorgte der Wettergott dafür, dass wir gleichzeitig die Regenfestigkeit und Heiztechnik der Terrasse prüfen durften, daher ist bewiesen: Hier gab es keinen Mangel am Bau. Satt geworden, trocken geblieben (jedenfalls von außen) – und einen wunderschönen Abend durften wir wieder einmal bei Pankow und seinem Team verleben.
Übrigens, das Ganymed serviert schon ab 9:00 Uhr morgens von der reichhaltigen Frühstückskarte … selbstverständlich auch auf dem neuen Terrassenschmuckstück.


Ganymed Brasserie
Schiffbauerdamm 5, 10115 Berlin
phone: +49 30 28599046
web:Ganymed Brasserie
mail: reservierung@ganymed-brasserie.de

2023-09-12

Abschiednahme

Aus gegebenem Anlass einige Informationen zum Sterben.

Verstorbene dürfen in Berlin bis zu 36 Stunden (in Brandenburg 24 Stunden, das ist in den Bundesländern etwas unterschiedlich geregelt) nach dem Tod aufgebahrt werden. Zu Hause und auch im Krankenhaus. Das heißt, solange muss euch auch das Krankenhaus die Möglichkeit geben, Abschied nehmen zu können vom Verstorbenen – und zwar ohne Aktion eines Bestattungsinstitutes. Das weiß manchmal selbst das Pflegepersonal nicht (oder soll es nicht kommunizieren) – Ihr wisst das jetzt!

Das funktioniert natürlich nicht die 36 Stunden in dem Krankenzimmer, in dem der Patient verstorben ist. Aber selbst auf den Intensivstationen gibt es üblicherweise einen Raum, wo man in Ruhe rausgenommen aus dem Klinikbetrieb Abschied nehmen kann. Kurze Zeit nach dem Tod wird das Pflegepersonal natürlich versuchen, dass man das in dem aus den Krankenbesuchen bekannten Zimmer tun kann. (ITS ist immer eine andere Hausnummer.)

In unserem Fall (mein Nachbar ist Freitag um die Mittagszeit verstorben) haben sie es ermöglicht, dass man bis zum Abend gegen 20:00 Uhr ihn noch im Zimmer hätte sehen und Abschied nehmen können. Der größte Teil der Familie traf am Nachmittag dort ein.

Üblicherweise haben Krankenhäuser hierfür einen Aufbahrungsraum, Krankenhäuser mit religiösem Ursprung sowieso immer eine Kapelle. Die sind dann meist in Nähe der Pathologie, wo Verstorbene bis zur Abholung durch den Bestatter in der Kühlung aufbewahrt werden. Aber es gibt sie, in Berlin ist es den Krankenhäusern gesetzlich vorgegeben, einen solchen Raum zu haben, wo man würdevoll Adieu und Danke! sagen kann. Und ja, da muss man ggfs. Zeitabsprachen treffen – diesen Raum muss man sich möglicherweise mit den Hinterbliebenen anderer Verstorbener teilen. Aber bis zu 36 Stunden nach dem Tod muss euch – in Berlin – jedes Krankenhaus die Möglichkeit dazu geben, Abschied nehmen zu dürfen.

Ganz ohne an die Bestatter zu verweisen.

Das heißt übrigens auch – dazu benötigt man dann natürlich einen Bestatter – dass man den geliebten Menschen für diese Zeit nochmals nach Hause holen kann und dort in der vertrauten Umgebung sich die Familie und Freunde verabschieden können. Auch das darf man tun. (Leider sind im Förderalismus die Bestattungsgesetze in den einzelnen Bundesländern immer noch ungleich. Aber es geht viel.) Es passiert auch da nichts mit dem Verstorbenen, sie können auf Kühldecken gelagert werden (Bestatter) bei längerer Aufbewahrung.

Gerade bei verstorbenen Kindern kann es für die verwaisten Eltern sehr wichtig sein, das Kind noch einmal im eigenen Kinderzimmer und Bett zu sehen bzw. bei sich zu haben. Und das geht!

Zurück zum Tod im Krankenhaus: Es gibt übrigens genau gar keine Eile sofort einen Bestatter beauftragen zu müssen. Zu Hause muss ein Arzt zuerst den Tod feststellen, bevor Bestatter tätig werden. Gleiches gilt auch für das Krankenhaus. Hier liegt der Verstorbene in der Kühlung, da passiert nichts mit dem Körper. Auch in Krankenhäusern muss es eine Leichenschau geben und der Totenschein ausgestellt werden. Wie wir dieses Mal lernten (Todesfall am Freitag) hat dieser Teil der Verwaltung eh am Wochenende frei. Also keine Eile schon aufgrund bürokratischer Verfügbarkeit und Prozesse.

Nehmt euch die Zeit, Abschied zu nehmen und hinsichtlich der Beerdigungen und Trauerfeierlichkeiten in Ruhe Ideen zu überlegen, die euren Wünschen entsprechen – oder denen des Verstorbenen, so sie bekannt sind. Es ist übrigens auch nicht pietätlos hinsichtlich der Beerdigung Preise zu vergleichen. Es gibt Preisunterschiede. Natürlich kann man auch für Beerdigungen viel Geld ausgehen, wenn es da ist und wenn man es möchte. Aber niemand muss sich unter zeitlichen Druck setzen lassen – auch beim Tod gilt es marktwirtschaftliche Möglichkeiten für sich auszuloten.

Gerade bei unerwarteten Todesfällen ist es sehr hilfreich erst einmal in sich hinein zu hören, was man für den Verstorbenen sich wünscht. Und für sich. Klar kommen auf die neue Situation. Man möchte aktiv werden, um dem Schock der Nachricht zu begegnen. Aber auch einige Nächte darüber zu schlafen und sich auf die neue traurige Situation in Ruhe einlassen, ist absolut erlaubt. Diese Zeit hat jeder. Sie kann euch niemand nehmen! Es gibt keinen Grund, sich Druck machen zu lassen. Weder vom Krankenhaus noch von Verwandten.

Es ist auch völlig in Ordnung, nach dem ersten Telefonat oder dem Gespräch vor Ort – wenn es nicht passt, dem Gefühl nach – aufzustehen und zu gehen, sich einen anderen Bestatter zu suchen. Das darf man tun. Noch einmal, der/die Verstorbene liegt vermutlich im Krankenhaus in der Kühlung (oder in der Gerichtsmedizin) – also hört auf euer Bauchgefühl.

Gut Abschied nehmen zu dürfen, ist im aktuellen und späteren Trauerprozess wahnsinnig viel wert! Und stellt Fragen, äußert eure Wünsche. Oft geht viel mehr als man vermutet in einem solchen traurigen Fall.

2023-09-10

Mathe ganz einfach

Diese Woche ein Gespräch gehabt am Spielplatz mit den Nachbarmädels. Eine ist letztes Wochenende eingeschult worden, eine in die zweite Klasse gekommen, eine jetzt in die Vorschule. Ein viertes Mädchen, noch zu jung, findet unser Gespräch langweilig.

Die Mädels fangen an sich untereinander zu battlen, wer wie schon rechnen kann. Die Zweitklässlerin kann natürlich schon zweistellig rechnen, die anderen sind auch schon ganz gut dabei. Die Vorschülerin hat aber Probleme mit 40 plus 40, 4 plus 4 beherrscht sie perfekt.

Also erkläre ich ihr, dass man 40 und 40 wie 4 plus 4 rechnen kann und einfach die Null dahinter hängt, die wir vorher der 40 zur 4 weggenommen haben.

Oder wie die Zweitklässlerin souverän meint: „4 plus 4 und das zig dran!”

2023-09-07

Kleiner Tipp am Rande …

… wenn ihr oder Familienangehörige, Freunde einmal eine Diagnose erhaltet, die auf das Leben sich sicher begrenzend auswirkt, dann guckt euch frühzeitig Hospize in eurer Gegend an und lasst euch frühzeitig dort auf die Warteliste setzen.

Das kann man über mehrere Jahre hinweg tun und sich immer wieder auch nach hinten schieben lassen – aber in dem Moment in dem es dringlich wird, ist man ziemlich sicher dabei. Und das ist bei der aktuellen gesundheitlichen Versorgung nicht die verkehrteste Maßnahme.

Übrigens stirbt man nicht immer sofort in einem Hospiz. Oft kann man nach einer Krise – weil man dort intensiver gepflegt werden kann als im Krankenhaus derzeit – wieder in die heimische Umgebung und ggfs. dort mit einer Heimhospizpflege lange Zeit gut betreut werden – auch dort sterben.

Aber man sollte einen Fuß drinnen haben. Wenn man das Thema erst im letzten Moment angeht, was auch logisch ist, weil man damit beschäftigt ist um jeden Tag zu kämpfen, wird es viel schwieriger.

Übrigens: Was ich dieser Tage gelernt habe, man muss nicht in einem Hospiz im eigenen Wohnbezirk bzw. Stadt sich anmelden. Möchte man z. B. zurück in die Heimat, weil dort die Familie lebt, die mitversorgen kann oder man viel lieber z. B. am Meer gehen möchte, dann ist eine Anmeldung auch außerhalb des eigenen Wohngebietes möglich. Nur der Transport muss dann im Zweifelsfall noch privat organisiert werden können.

2023-08-30

Gerne gelesen: Geheimnisse meiner italienischen Küche von Anna del Conte

Es ist manchmal so. Da kommt jemand aus der Ferne und verliebt sich, wandert aus in ein anderes Land, erlebt dessen Küche … und schreibt dann einfach in der fremden Sprache Kochbücher über die Küche des eigenen Heimatlandes. So ist der Werdegang von Anna del Conte zu beschreiben – und sie ist mit ihren Büchern über ihre italienische Heimatküche weltbekannt worden. Del Conte hat die längste Zeit ihres Lebens in Großbritannien verbracht, geboren 1925 in Mailand, zog es sie mit 24 auf die grüne Insel. Und gilt derweil im englischsprachigen Raum als die Nonna der italienischen Küche.
„Geheimnisse meiner italienischen Küche” ist im Erscheinungsbild sehr italienisch. Einfach und reduziert. Wenig Fotos – um nicht zu schreiben: sehr wenige Fotos. Jedem Kapitel wurde eines spendiert, insgesamt also nur 20 gleichzeitig. Gleichbedeutend sind das sehr viele, eben 20, umfassende Kapitel!

Mehr naive Illustrationen, dafür viel Text zur Küche Italiens, über Zutaten und liebevolle, ausführliche Rezepte, die die sehr ursprüngliche italienische Küche vermitteln. Tatsächlich war der Mangel an Fotografie von allen Lesern, mit denen ich über dieses Buch sprach, der hauptsächliche Kritikpunkt. Mammamia! Und dann haben sie auch noch den Farbfilm vergessen!
Und wir wollen doch die Farben Italiens gedruckt sehen in einem italienischen Kochbuch – dafür sind sie doch schließlich da in all ihrer wunderschönen Pracht im Sonnenschein. Dieses gefühlte Manko verliert sich jedoch sehr schnell, steigt man tiefer in die Geheimnisse von Annas Küche ein, lauscht ihrem umfassenden historischen Fachwisssen zu Produkten, nimmt man teil an ihrer eigenen Entwicklung der Rezepte.
Ein Kochbuch soll über Rezepte funktionieren und das tut dieses Buch auf fast 330 Seiten mit großer Sorgfalt und Vielfalt. Mit del Contes „Geheimnisse meiner italienischen Küche” hält man ein derartig fundiertes Buch der italienischen Kochkunst in der Hand, dass es problemlos als einziges im Regal dieser vielfältigen Landesküche seinen Stellenwert behaupten kann, ohne jemals ausgelesen, nachgekocht oder überholt zu sein.

Ich mag es, wie sie zu vielen Rezepten über ihre persönliche Entwicklung in der jahrelangen Kochexpertise erzählt. Zum Beispiel, wenn sie entdeckt, dass ihre Maronensuppe in der seit Jahren gekochten Lieblingsvariante zu einer noch köstlicheren Version gerät, wenn man den Hauch von französischem Einfluss einer Crème double zulässt. Oder die „Salsa di miele e noci” – eine köstliche Honig-Senf-Sauce mit Walnüssen, die kalt zu Fleischgerichten serviert, erwachsener wird mit der Zugabe von Pinoli, Pinienkernen.

Anna del Conte veröffentlichte dieses Buch im Alter von 64 Jahren, nach einem Leben voller Küchenerfahrung, Geschmacksexpertise und Entwicklung der eigenen Kochkunst. Diese Substanz ihrer Erfahrungen ist nicht überlesbar.
Von dieser Expertise profitieren zu dürfen, das ist das besondere Geschenk ihres Werkes. Ihre Rezepte sind von einfach bis umfangreich gehalten und zur Kenntnis genommen, dass in del Contes Minestrone alleine 17 Zutaten verwendet werden – übrigens exklusive dem Pesto – der versteht, was genau der italienischen Küche diese Relevanz in den Küchen der Welt beschert hat. 17 Zutaten – von jedem Rezept irgendeiner anderen internationalen Küche, würde man von einem prätentiösen Rezept sprechen. Wer würde behaupten, eine Minestrone sei prätentiös?

Ich gebe zu, meine Vision der italienischer Küche hat sich mit diesem Buch komplett verschoben. Wie schön, an Annas Kochtalent partizipieren und mitwachsen zu dürfen!

Nebenbei lernt man derartig viele italienische Wörter und alle Produkte auch auf italienisch kennen, das Buch könnte glatt in seiner zweiten Bestimmung als Dictionary durchgehen. Und wenn Nigella Lawson, die so etwas wie die britische Martha Stewart next Generation ist, bekennt, dass Anna del Conte, neben ihrer eigenen Mutter, die wichtigste Einflussgeberin war für ihre Kochexpertise, ist das natürlich ein hübscher Werbespruch. Einer der wenigen der glaubwürdigen Sorte.

Dieses Buch ist schon 1989 im Original als „Secrets From An Italian Kitchen” erschienen und zu Recht nun endlich in Deutschland aufgelegt worden im Ars Vivendi Verlag. Anna del Conte wird 2025 (hoffentlich) ein ganzes Jahrhundert alt. Wir dürfen ihr vertrauen. Und dafür sorgen, dass ihr Kochbuch in den Regalen aller Fans italienischer Küche steht.


„Geheimnisse meiner italienischen Küche”
Autorin: Anna del Conte
Verlag: ars vivendi
ISBN: 978-3-7472-0413-9