2023-09-12

Abschiednahme

Aus gegebenem Anlass einige Informationen zum Sterben.

Verstorbene dürfen in Berlin bis zu 36 Stunden (in Brandenburg 24 Stunden, das ist in den Bundesländern etwas unterschiedlich geregelt) nach dem Tod aufgebahrt werden. Zu Hause und auch im Krankenhaus. Das heißt, solange muss euch auch das Krankenhaus die Möglichkeit geben, Abschied nehmen zu können vom Verstorbenen – und zwar ohne Aktion eines Bestattungsinstitutes. Das weiß manchmal selbst das Pflegepersonal nicht (oder soll es nicht kommunizieren) – Ihr wisst das jetzt!

Das funktioniert natürlich nicht die 36 Stunden in dem Krankenzimmer, in dem der Patient verstorben ist. Aber selbst auf den Intensivstationen gibt es üblicherweise einen Raum, wo man in Ruhe rausgenommen aus dem Klinikbetrieb Abschied nehmen kann. Kurze Zeit nach dem Tod wird das Pflegepersonal natürlich versuchen, dass man das in dem aus den Krankenbesuchen bekannten Zimmer tun kann. (ITS ist immer eine andere Hausnummer.)

In unserem Fall (mein Nachbar ist Freitag um die Mittagszeit verstorben) haben sie es ermöglicht, dass man bis zum Abend gegen 20:00 Uhr ihn noch im Zimmer hätte sehen und Abschied nehmen können. Der größte Teil der Familie traf am Nachmittag dort ein.

Üblicherweise haben Krankenhäuser hierfür einen Aufbahrungsraum, Krankenhäuser mit religiösem Ursprung sowieso immer eine Kapelle. Die sind dann meist in Nähe der Pathologie, wo Verstorbene bis zur Abholung durch den Bestatter in der Kühlung aufbewahrt werden. Aber es gibt sie, in Berlin ist es den Krankenhäusern gesetzlich vorgegeben, einen solchen Raum zu haben, wo man würdevoll Adieu und Danke! sagen kann. Und ja, da muss man ggfs. Zeitabsprachen treffen – diesen Raum muss man sich möglicherweise mit den Hinterbliebenen anderer Verstorbener teilen. Aber bis zu 36 Stunden nach dem Tod muss euch – in Berlin – jedes Krankenhaus die Möglichkeit dazu geben, Abschied nehmen zu dürfen.

Ganz ohne an die Bestatter zu verweisen.

Das heißt übrigens auch – dazu benötigt man dann natürlich einen Bestatter – dass man den geliebten Menschen für diese Zeit nochmals nach Hause holen kann und dort in der vertrauten Umgebung sich die Familie und Freunde verabschieden können. Auch das darf man tun. (Leider sind im Förderalismus die Bestattungsgesetze in den einzelnen Bundesländern immer noch ungleich. Aber es geht viel.) Es passiert auch da nichts mit dem Verstorbenen, sie können auf Kühldecken gelagert werden (Bestatter) bei längerer Aufbewahrung.

Gerade bei verstorbenen Kindern kann es für die verwaisten Eltern sehr wichtig sein, das Kind noch einmal im eigenen Kinderzimmer und Bett zu sehen bzw. bei sich zu haben. Und das geht!

Zurück zum Tod im Krankenhaus: Es gibt übrigens genau gar keine Eile sofort einen Bestatter beauftragen zu müssen. Zu Hause muss ein Arzt zuerst den Tod feststellen, bevor Bestatter tätig werden. Gleiches gilt auch für das Krankenhaus. Hier liegt der Verstorbene in der Kühlung, da passiert nichts mit dem Körper. Auch in Krankenhäusern muss es eine Leichenschau geben und der Totenschein ausgestellt werden. Wie wir dieses Mal lernten (Todesfall am Freitag) hat dieser Teil der Verwaltung eh am Wochenende frei. Also keine Eile schon aufgrund bürokratischer Verfügbarkeit und Prozesse.

Nehmt euch die Zeit, Abschied zu nehmen und hinsichtlich der Beerdigungen und Trauerfeierlichkeiten in Ruhe Ideen zu überlegen, die euren Wünschen entsprechen – oder denen des Verstorbenen, so sie bekannt sind. Es ist übrigens auch nicht pietätlos hinsichtlich der Beerdigung Preise zu vergleichen. Es gibt Preisunterschiede. Natürlich kann man auch für Beerdigungen viel Geld ausgehen, wenn es da ist und wenn man es möchte. Aber niemand muss sich unter zeitlichen Druck setzen lassen – auch beim Tod gilt es marktwirtschaftliche Möglichkeiten für sich auszuloten.

Gerade bei unerwarteten Todesfällen ist es sehr hilfreich erst einmal in sich hinein zu hören, was man für den Verstorbenen sich wünscht. Und für sich. Klar kommen auf die neue Situation. Man möchte aktiv werden, um dem Schock der Nachricht zu begegnen. Aber auch einige Nächte darüber zu schlafen und sich auf die neue traurige Situation in Ruhe einlassen, ist absolut erlaubt. Diese Zeit hat jeder. Sie kann euch niemand nehmen! Es gibt keinen Grund, sich Druck machen zu lassen. Weder vom Krankenhaus noch von Verwandten.

Es ist auch völlig in Ordnung, nach dem ersten Telefonat oder dem Gespräch vor Ort – wenn es nicht passt, dem Gefühl nach – aufzustehen und zu gehen, sich einen anderen Bestatter zu suchen. Das darf man tun. Noch einmal, der/die Verstorbene liegt vermutlich im Krankenhaus in der Kühlung (oder in der Gerichtsmedizin) – also hört auf euer Bauchgefühl.

Gut Abschied nehmen zu dürfen, ist im aktuellen und späteren Trauerprozess wahnsinnig viel wert! Und stellt Fragen, äußert eure Wünsche. Oft geht viel mehr als man vermutet in einem solchen traurigen Fall.

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